§ 138 StGB Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Prüfung der Tatbestandsmerkmale
Der Wuchereinwand wird in Sachen Rundfunkabgabe häufig vorgetragen - und niemand weiß so richtig, ob das stimmt. Hier einmal ein Versuch der Analyse.
Rechtsgeschäft?
Sofern Zwangseinschreibung erfolgte, dürfte es sich um eine Geschäftsführung ohne Auftrag handeln?
Also nicht durch Gesetz, sondern im fiktiven Auftrag vollzogenes "Rechtsgeschäft" des Einschreibungs-Antrags?
Randproblem: Diese Zwangseinschreibung ist als nichtig anzusehen, weil vorgenommen durch den Kölner Beitragsservice (so laut Geschäftsbericht). Wer keine Rechtsperson hat, kann als solcher auch keine Geschäftsführung ohne Auftrag ausführen. Die Mitarbeiter haben im gleichen Sinn dort nichtige Arbeitsverträge, können also ebenfalls nicht.
Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit?
Ist wohl als gegeben anzusehen. Die völlig absurden Bausteintext-Briefe dienen erkennbar der Einschüchterung von wenig verteidigungsfähigen Bürgern - bei Geringverdienern wohl über 90 Prozent. Ferner, wer kann schon effizient beim Verwaltungsgericht klagen?
Die Zahlen belegen es: Zur Zeit klagt 1 Bürger pro 1000 Bürgern mit Zahlungsrückstand. Rund 4000 Klagen, rund 4 Millionen Zahlungs-Rückständige.
Das Niederwalzen eines jeden Widerstands ist feste Strategie, wie wir alle wissen.
Zwangslage?
Niedrig-Einkommenbezieher kommen nur frei von der Rundfunkabgabe, sofern sie einen Antrag auf Sozialhilfe stellen - mit allen damit verbundenen Nachteilen selbst, wenn sie dann kein Geld nehmen. Sie werden staatlich registriert abgestuft zur "Untermenschenkaste" der nicht autonom Lebensfähigen. Das ist also die "Brandmarkung" der Sozialstaat-Datenbank-Systeme: Die Rundfunkabgabe ist ausgerichtet auf eine eindeutig illegale "Kastenbildung" zwischen "Übermenschen" / "Untermenschen".
Die alleinerziehende Mutter, die das Geld dann nicht nimmt, kommt dann wohl sogar auf die Schwarze Liste der Mütter, die angeblich gefährdet seien, das Kindeswohl zu gefährden...
Wucher
50-%-ige Überschreitung eines normalen marktwirtschaftlichen Preises gilt im Regelfall als "Wucher" im Sinn des obigen Paragrafen des StGB. ARD, ZDF verbrennen wohl etwa 300 % mehr als das Nötige.
"Subjektiver Tatbestand"?
Wer nach entsprechendem detaillierten Hinweis (siehe vorstehend) den vorgeworfenen Wuchertatbestand nicht behebt, sondern verteidigt, ist damit "subjektiv" schwerlich entlastbar. Zwar sind Angestellte weisungsgebunden ohne das beamtenrechtliche Sonderrecht, die Gegenmeinung vortragen zu dürfen oder zu müssen. Aber irgendwer muss ja den Entscheid über die Bearbeitung Ihrer Anfrage zu verantworten haben und die die Sache entscheidende Person ist bei computer-basierten Vorgängen der Rundfunkabgabe vermutlich immer rückwirkend ermittelbar.
Gesamtwertung: "Wucher"?
Der schwächste Punkt der Sache ist die Frage: "Rechtsgeschäft".
Da aber gleichartige Leistungen durch private Anbieter am Markt existieren, könnte man ja auch einmal anders denken: "Ein staatliche aufgezwungenes Rechtsgeschäft, getarnt als Abgabe."
Wenn der Staat eine Ware (hier: Fernsehen) zum Wucherpreis verkaufen würde, so wäre das durchaus einstufbar als Wucher im Sinn des StGB. Sofern der Staat sogar so frech ist, durch Gesetz eine Zwangslage der Bewucherung zu erzeugen, wieso soll ihn das entlasten dürfen?
Wenn der Staat ein Gesetz machen würde, bei städtischen Staatsbäckereien monatlich mindestens 2 Kilo Brot zu je 9 Euro zu kauften, wieso sollte dies dann kein Wucher sein?
Konkret: Absenkung auf 6 Euro verlangbar?
Gesetzt den Fall, Bürger X trägt das Vorstehende als seine nicht verwehrbare Rechtsmeinung vor und verlangt im ersten Schritt eine Absenkung auf den Normalwert von maximal 6 Euro im Monat.
Verlangt, dass man das akzeptiere, es sei denn, man könne seine Rechtsmeinung Punkt für Punkt widerlegen mit Gerichtsurteilen, für die die Randnummern des jeweiligen Arguments zwingend anzugeben sind.
Der Bürger kann durchaus zusätzlich beantragen,
dass aus einem anderen Rechtsgrund auch diese 6 Euro nicht zu zahlen seien: Beispielsweise verdiene er so wenig wie ein Behilfenempfänger und sei deshalb nach dem Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes voll zu befreien.
Nun muss ich das leider alles kaputt machen?
In einem Forum kann man niemals empfehlen, dies oder jenes in Rechtssachen ohne vorheriges Befragen eines Anwalts zu machen. Fragt also vorher den berühmten "Anwalt Ihres Vertrauens", ob ihr das Vorstehende risikofrei machen dürft. (Anwälte, die Vertrauen verdienen, ja, das gibt es gelegentlich.)
Wer die Verweigerung wegen Wuchervorwurf vornimmt,
sollte uns alle bitte informieren, beispielsweise in diesem Forums-Thread. Vielleicht auch daran denken, mir eine Mitteilung mit dem dann entstehenden Forumslink als Nachricht zu übersenden. Je nach Erstantwort ist dann über geeignete nächste Schritte zu entscheiden.
Und sicherlich soll der Wuchergesichtspunkt sowieso aufgenommen werden bei in Vorbereitung befindlichen Landesverfassungsbeschwerden. Der Wuchervorwurf ist wie so oft wie auch hier eine Waffe mit besonderer juristischer Hebelwirkung.
Eigentlich gehört das Vorstehende eher in die Themen-Kategorien "Widerspruch" usw.. Wenn es hier in der Kategorie "Dies und Das!" nicht so recht fortwirkt, würde ich es irgendwann in einigen Wochen an anderer Stelle neu einhängen. Allerdings passt es zum FAZ-Zitat, ein sehr lesenswerter Bericht über die Statistik, die mein ständiges Argument belegt, dass wir uns in einem Prozess der leise und schleichend beginnenden Kastenbildung befinden - mit der Rundfunkabgabe als besonders empörende staatliche Mitwirkung hierbei.