Herrschaft per Fernsehen: Manipulierte Demokratie statt Militärdiktatur
... Endlich steht ein wirksameres, heimtückischeres Instrument zur Verfügung als die nackte Gewalt: das Fernsehen, die Nachrichtenmanipulation der Bevölkerung und der fernsehgerecht manipulierte Politiker mit Kurzaussagespot. Während das Buch nur langfristig die Einstellung der Leserschaft grundlegend beeinflussen kann, Zeitungen die Chance bieten, kurzfristig Emotionen zu schüren, eröffnet das Fernsehen der Politik ungeahnte neue Möglichkeiten. Gegen manipulierte Bilder sich zur Wehr zu setzen erfordert Wissen, Sachverstand, unabhängige Meinung, ein gereiftes Urteil. Darüber verfügen nur wenige Bürger, auf die es von der Zahl der Stimmen immer weniger ankommt. [...]
In den Industriestaaten, deren Bevölkerung die Komplexität der Lebensverhältnisse kaum noch durchschaut, lassen sich mit dem Instrumentarium der manipulierten Demokratie inzwischen Ergebnisse erzielen, die denen einer Diktatur in nichts nachstehen. Mit dem fernsehträchtigen Kandidaten im Schaufenster, einer wirtschaftlich und finanziell manipulierten Presse in der Hinterhand und dem geschickten Einsatz von Brot und Spielen, heute tititainment genannt, können die phantastischsten Kombinationen erreicht werden. [...]
Sollten die Zustände für die Wahlbevölkerung allzu durchsichtig werden, kann auf eine alternative Politikerreihe gesetzt werden mit ebenso manipulierten Kandidaten wie den Auszutauschenden. Auch hier wird man von einem Zeitraum von durchschnittlich zehn Jahren ausgehen können, in der die eine Korruptionsmannschaft durch die nächste "Reinigungsmannschaft" abgelöst wird. In diesem Zeitraum müssen die betreffenden Herrschaften ihren Gewinn für den Rest ihrer Lebenszeit eingefahren ... haben.
[Zitat von S. 430-432, ohne Anmerkungen]
Buchtitel
Quelle:
von Bülow, Andreas, Im Namen des Staates. CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste
636 S. - Taschenbuch, 2000
Für unser politisches Establishment wird heute allzuoft die Kurzformel "Diktatur" verwendet, aber die scheint mir die Sachlage nicht zu treffen. Natürlich verweigere ich mich nicht der Auffassung, daß wir Bürger nur Statisten sind. Andreas von Bülow bringt die Sachlage meiner bescheidenen Ansicht nach besser auf den Punkt, wobei eben berücksichtigt werden sollte: das Establishment setzt auf den Durchschnitt und der Durchschnitt ist eben nur mit durchschnittlicher Intelligenz gesegnet. Bevor man also das Gesicht verliert, stellt man sich dumm und buckelt herum. Das System setzt auf die Unterwürfigen.
Der Schriftverkehr mit dem Beitragsservice hat einen entscheidenden Nachteil: er findet nicht öffentlich statt, deshalb kann der Beitragsservice nicht öffentlichwirksam vorgeführt werden. Das Machtmittel ist das Fernsehen, wo handverlesene Claquere die Selbstdarsteller bejubeln und uns auf diese Weise mit Häme übergießen. Häme ist auch das, was ich aus Textbausteinen herauslese.
Sich winden, herausreden, herumdrücken, Ausflüchte suchen, täuschen, heucheln, lügen, der deutsche Sprachschatz hat für die Seifenstrategie des Beitragsservice einiges zu bieten, doch gezwungener Maßen bleiben wir lautlos. Wir haben keine große Glocke, an die wir die Widersinnigkeiten hängen können. Uns fehlt die Möglichkeit der Gegendarstellung. Diesen Nachteil auszugleichen, ich denke, darüber sollten wir nachdenken.
p.s. Was Artikel 19 angeht, versuche mal jemand den in einer entgleisten Demokratie mit Zombieallüren durchzusetzen.