gez-boykott.de::Forum

Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 24. März 2024, 13:12

Titel: BVerfG 2 BvR 1876/91 - Sachgesetzgebung erfasst auch das Abgaberecht
Beitrag von: pinguin am 24. März 2024, 13:12
Vorabhinweis:
In dieser älteren Entscheidung führt das BVerfG aus, daß neben Bundesrecht auch im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung für Landesrecht kein Raum ist und dieses nicht nur für das Recht der Sachgesetzgebung gilt, sondern auch das Abgaberecht erfasst, d.h., der Abgabegesetzgeber darf keine Abgaben erlassen, die den Bereich einer Sachgesetzgebung berühren, für die er keine Zuständigkeit hat.

Kollidieren Bundes- und Landesregeln doch miteineinander, sind sie so aufeinander abzustimmen, daß sie nicht miteinander kollidieren.

BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 07. Mai 1998
- 2 BvR 1876/91 -, Rn. 1-168,

https://www.bverfg.de/e/rs19980507_2bvr187691.html

Zitat
139
2. Das Rechtsstaatsprinzip und die bundesstaatliche Kompetenzordnung verpflichten alle rechtsetzenden Organe, ihre Regelungen jeweils so aufeinander abzustimmen, daß den Normadressaten nicht gegenläufige Vorschriften erreichen, die Rechtsordnung also nicht aufgrund unterschiedlicher Anordnungen widersprüchlich wird (vgl. Urteil des Zweiten Senats - 2 BvR 1991/95 und 2004/95 - vom heutigen Tage - Verpackungsteuer -).

140
a) Konkurrierende Gesetzgebungskompetenzen werden vom Grundgesetz bereits in der Weise aufeinander abgestimmt, daß der Landesgesetzgeber grundsätzlich nur insoweit zur Gesetzgebung befugt ist, als nicht der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat. Stehen landesgesetzliche Regelungen mit einer bundesgesetzlichen Regelung im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit in Widerspruch, überschreiten sie den dem Landesgesetzgeber belassenen Zuständigkeitsbereich.

141
b) Besteht eine Kompetenz sowohl für ein Bundes- als auch für ein Landesgesetz, so kann sich ein Widerspruch dennoch ergeben, wenn einerseits der Bundesgesetzgeber eine Sachregelung trifft, andererseits der Landesgesetzgeber eine Abgabe erhebt. Eine solche Kollision kann vor allem auftreten, wenn mit dem Abgabengesetz Lenkungswirkungen erzielt werden sollen, die den Regelungen des zuständigen Sachgesetzgebers zuwiderlaufen. In einem solchen Fall trifft der Abgabengesetzgeber in den vom Sachgesetzgeber erlassenen Regelungen auf eine Grenze der Kompetenzausübung. Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes und dem Rechtsstaatsprinzip darf der Abgabengesetzgeber aufgrund einer Abgabenkompetenz nur insoweit lenkend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergreifen, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderläuft (vgl. Urteil des Zweiten Senats vom heutigen Tage - 2 BvR 1991/95 und 2004/95 -, C.I.2.c).

Querverweise:
BVerfG 2 BvF 1/20 - Neben einem Bundesgesetz ist für ein Landesgesetz kein Raum
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35136.0

Der Landesgesetzgeber darf also keine Abgaben in einem Bereich realisieren, für die er selber keine Sachzuständigkeit hat? Der Rundfunkbeitrag darf daher weder den Bereich der Telekommunikation, noch den der Telemedien erfassen?

Vom Bund erfasst sind die Bereiche "Telekommunikation" und "Telemedien".

Telekommunikationsgesetz (TKG)
https://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2021/BJNR185810021.html

Telemediengesetz (TMG)
https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/BJNR017910007.html

Sind die Bestimmungen in den landesrechtlichen Rundfunk- bzw. Medienstaatsverträgen hinreichend klar definiert, daß jeder Normadressat klar erkennen kann, daß diese vom Bund geregelten Bereiche in keinem Fall durch die Landesregeln berührt werden? Besteht also insofern Normenklarheit?