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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: PersonX am 26. Mai 2019, 08:42

Titel: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 26. Mai 2019, 08:42
In jedem beliebigen Fall sollte die Verhältnismäßigkeit einer (staatlichen) Maßnahme geprüft werden.
Hier im Thread sollen Vorgehen und Fragen dazu geklärt werden.

anwalt24.de - Verhältnismäßigkeit
https://www.anwalt24.de/lexikon/verhaeltnismaessigkeit# (https://www.anwalt24.de/lexikon/verhaeltnismaessigkeit#)
 
Zunächst dort die Definition lesen, also das
1. Allgemein und
3. Im öffentlichen Recht

Zitat
1. Allgemein

Der Verhältnismäßigkeitgrundsatz ist aus dem im Grundgesetz verankertem Rechtsstaatsprinzip und "aus dem Wesen der Grundrechte selbst" hergeleitet worden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat daher Verfassungsrang.
Nach der von der Rechtsprechung entwickelten Definition ist ein Handeln verhältnismäßig, wenn es geeignet, erforderlich und angemessen ist.
Die Merkmale bedeuten im Einzelnen:
Geeignetheit: Wenn durch die Maßnahme der gewünschte Erfolg erreicht werden kann.
Erforderlichkeit: Wenn kein milderes, also weniger belastendes Mittel den gleichen Erfolg erreichen könnte.
Angemessenheit: Nachteil und erstrebter Erfolg müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen.

Zitat
3. Im öffentlichen Recht

Dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit unterliegt jedes staatliche Handeln (vom Gesetz bis zum Verwaltungsakt).

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (auch Übermaßverbot genannt) zwingt den staatlich Handelnden (i.d.R. die Behörden) einen Ausgleich der Individualrechtsgüter mit den von den öffentlich-rechtlichen Normen geschützten Allgemeingütern oder Interessen privater Dritter herzustellen und erfordert ein je nach Rechtsverstoß und Schwere des Eingriffs abgestuftes Vorgehen.
Eine staatliche Maßnahme verstößt insbesondere dann gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, ist also unverhältnismäßig, wenn sie erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht, die durch sie herbeigeführten Nachteile also deutlich größer sind, als diejenigen, die durch sie abgewendet werden sollen.
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist gesetzlich im öffentlichen Recht nicht allgemein geregelt, eine spezielle Normierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes enthalten aber u.a. die allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze der Länder (vgl. § 2 PolG NRW, § 15 OBG NW; § 5 PolG BW), das Strafgesetzbuch (z.B. § 62 StGB), das Bundesimmissionsschutzgesetz (§ 17 Abs. 2 BImSchG) und die Vewaltungsvollstreckungsgesetze (z.B. § 58 VwVfG. NRW; § 19 LVwVG BW).
Mithilfe des Verhältnismäßigkeitsprinzips kann insbesondere geprüft werden, ob die Verwaltung die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten hat (Ermessensfehler).
Ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt, ist das betreffende staatliche Handeln rechtswidrig und kann mit den zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen erfolgreich angefochten werden.

Deswegen fordert z.B. der Autor der Streitschrift den "Ausgleich der Individualrechtsgüter".

Es muss also gezeigt werden, dass die staatliche Maßnahme "Rundfunk" insbesondere dann gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, also unverhältnismäßig ist, wenn die staatliche Maßnahme "Rundfunk" erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg "vgl. Grundversorgung" steht, die durch die staatliche Maßnahme herbeigeführten Nachteile "-hier- ist alles an persönlichen Nachteilen aufzuführen" also deutlich größer sind, als diejenigen Nachteile -Welche sind das überhaupt?-, die durch sie abgewendet werden sollen.

Dazu muss man eine Tabelle aufstellen:

Zitat
staatliche Maßnahme:
Veranstaltung von Rundfunk für eine Grundversorgung

Welche Nachteile sollen damit abgewendet werden?
Was ist der angestrebte Erfolg der staatlichen Maßnahme?
Welche herbeigeführten Nachteile verursacht diese staatliche Maßnahme?
In welchem Verhältnis stehen die abzuwendenden Nachteile zu den mit der staatlichen Maßnahme verursachten Nachteilen?

Jetzt muss eine Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfolgen.

--> Das ist entsprechend dann zu prüfen.

Zu prüfen ist also
 
Die Merkmale bedeuten im Einzelnen:
Geeignetheit: Wenn durch die Maßnahme der gewünschte Erfolg erreicht werden kann.
Erforderlichkeit: Wenn kein milderes, also weniger belastendes Mittel den gleichen Erfolg erreichen könnte.
Angemessenheit: Nachteil und erstrebter Erfolg müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen.

Es kann sein, dass es dabei auch verschiedene staatliche Maßnahmen sind, welche eine Gemeinsamkeit "Ziel" haben.

Dabei kann Geeignetheit ebenfalls geprüft werden für den Meldedatenabgleich.
Dabei kann Erforderlichkeit ebenfalls geprüft werden für den Meldedatenabgleich.
Dabei kann Angemessenheit ebenfalls geprüft werden für den Meldedatenabgleich.
 
Diese 3 Punkte sind auf jede einzelne staatliche Maßnahme anzuwenden, welche im Bezug für den Rundfunk ausgeführt wird.

Die Frage ist:
Wann hat ein Gericht genau so eine Prüfung durchgeführt?

Um keinen Punkt zu vergessen braucht man halt einen Anwalt ;)

Es könnte auch sein, dass man die staatliche Maßnahme, an die Definition, welche das Bundesverfassungsgericht als Vorteil deklariert anlehnt. -> Da wurde ja erklärt, dass der Vorteil der staatlichen Maßnahme sei, dass für jeden die Möglichkeit besteht, aus selektiv vorgefilterten Informationen auswählen zu können um einen Vergleich haben zu können zu allen Informationen.
 
Es geht um das, wenn sie erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht. -> Dazu muss erstmal bei jeder staatlichen  Maßnahme geprüft werden:
Was soll der Erfolg sein?
Welcher Nachteil soll beseitigt werden?
Welcher Nachteil entsteht durch die Maßnahme selbst?
Welche Prüfung wurde in Bezug zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit durchgeführt?

Dazu sind die Unterlagen dieser Prüfungen zu sichten. Das ist wichtig, denn nur so kann der Bürger prüfen, ob der staatlich Handelnde sich damit überhaupt befasst hat und wenn ja zu welchem Ergebnis dieser gekommen ist.
 
Es könnte ja sein, dass die staatlich Handelnden ein je nach Rechtsverstoß und Schwere des Eingriffs abgestuftes Vorgehen unterlassen haben.
 
Dabei geht es auch um das
Zitat
"Mithilfe des Verhältnismäßigkeitsprinzips kann insbesondere geprüft werden, ob die Verwaltung die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten hat (Ermessensfehler)."

Das kann man als einfacher Bürger ja unmöglich alles überblicken oder doch?

Wie geht der einzelne Bürger damit um? Wie erkennt der Bürger, ob ein VG eine Prüfung dazu durchgeführt hat? Je nach Vortrag des Klägers könnte eine Unterlassung einer solchen Prüfung dazu führen, das sich der Weg in die nächste Instanz öffnen lässt.

Für neue Klagen gilt es, jeweils die einzelnen Maßnahmen zu identifizieren und ihre jeweiligen Ziele, die zu beseitigende Nachteile, den angestrebten Erfolg, die damit verursachten Nachteile aufzulisten und zu zeigen, dass es entweder den zu beseitigenden Nachteil nicht gibt oder dass es zur Beseitigung ein milderes Mittel gibt.

PersonX denkt, zu sichten seien dazu auch Verfahren, welche wegen der Ausweitung auf internetfähige Geräte geführt wurden und eine Auseinandersetzung mit so einem Grundsatz vermuten lassen - z.B.:

Internetfähiger PC ist rundfunkgebührenpflichtig - Quelle: ChannelPartner
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,1278.0.html


Edit "Bürger":
Der ursprüngliche Thread-Betreff "Verhältnismäßigkeit, es sollen Vorgehen u. Fragen dazu geklärt werden" musste präzisiert werden.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: pinguin am 26. Mai 2019, 12:23
Das kann für den Bereich Rundfunk aber nicht zutreffen, denn weil sich alle Rundfunkveranstalter in einer Wettbewerbssituation befinden, handeln alle Akteure im Privatrecht, auch der Staat, nicht im öffentlichen Recht.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 26. Mai 2019, 13:20
Es geht hier nicht um den Akteure der das Rundfunkprogramm macht, sondern um den staatlichen Akteur, welcher dafür durch sein Handeln die Möglichkeit erschaffen hat.

Der staatlich handelnde hat irgendwie einen aus seiner Sicht zu beseitigenden Nachteil gefunden. Um den zu beseitigen ergreift der staatlich handelnde eine Maßnahme. Die Maßnahme sei z.B. Erschaffung von Rundfunkanstalten zur Verbreitung von Angeboten. Das Ziel der Maßnahme soll sein z.B. Vielfalt erschaffen, welche durch den freien Markt nicht abgedeckt wird. Beseitig werden soll ein Nachteil, welcher darin liegen soll, dass der freie Markt bestimmte Themen nicht bearbeiten würde und andere Themen durch marktpolitische Interessen verfälscht werden. Das ist stark vereinfacht ausgedrückt.

Jede weitere staatliche Maßnahme z.B. die Finanzierung ordnet sich dieser maßgeblichen Maßnahme unter.

Geprüft werden muss ob die staatliche Maßnahme Landesrundfunkanstalten zu unterhalten aktuell das Übermaßverbot verletzt. Also ob diese Maßnahme mit dem Ziel der Vielfaltssicherung nicht durch eine geeignetere Maßnahme erfüllt werden kann. Dazu muss auch geprüft werden ob der Nachteil welcher vor vielen Jahren beseitigt werden sollte in dieser Form noch Bestand hat.

Jede weitere Maßnahme muss damit auf die drei Punkte Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit geprüft werden.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: hankhug am 27. Mai 2019, 12:37
Der Verhältnismäßigkeits-Grundsatz ist insbesondere auch bei der Frage der Benachteiligung von Alleinlebenden/-erziehenden vom BVerfG nicht geprüft worden.
Das ist insofern bemerkenswert, als das BVerfG am 18.07.2018 das "mildere Mittel", nämlich den personenbezogenen Beitrag explizit als verfassungskonforme Möglichkeit aufgeführt hat.

Als einziges verbliebenes Ziel eines Wohnungsbeitrags hat das BVerfG als Sachziel Art 6 Abs 1 GG (Schutz von Ehe und Familie) benannt.
Würde man den Wohnungsbeitrag hinsichtlich der im Verhältnismäßigkeitgrundsatz vorgegebenen Kriterien "Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit" in Bezug auf dieses 'Sachziel' prüfen, würde man feststellen, dass der Wohnungsbeitrag keinem dieser Kriterien genügt.
Ein personenbezogener Beitrag + Erhöhung des Kindergeldes wäre eine wesentlich sachgerechtere Lösung.

Ich halte die Nichtberücksichtigung des Verhältnismäßigkeits-Grundsatzes durch das BVerfG bei dieser Frage für Rechtsbeugung.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 27. Juli 2019, 09:15
Link zu einer Anleitung, wie vorzugehen ist, um einen Sachverhalt auf richtige Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen.

juraindividuell, 13.02.2019
Schemata > Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
http://www.juraindividuell.de/pruefungsschemata/der-verhaeltnismaessigkeitsgrundsatz/
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: pinguin am 27. Juli 2019, 12:22
Man könnte mit berücksichtigen, daß es sich bei der Rundfunkfreiheit um eine "dienende " Freiheit handelt;

Rn. 90
Zitat
[...] Demgemäß ist Rundfunkfreiheit primär eine der Freiheit der Meinungsbildung in ihren subjektiv-  und objektivrechtlichen Elementen dienende Freiheit: [...]

BVerfGE 74, 297 - 5. Rundfunkentscheidung -> Bedeutung Art. 5 GG und mehr
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31577.msg195078.html#msg195078

die ÖRR sind also "Diener", nicht "Herren".

Welches Vorgehen wäre hier also bei Berücksichtigung des eben genannten Aspektes verhältnismäßig?
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: U15000 am 27. Juli 2019, 14:44
Das kann für den Bereich Rundfunk aber nicht zutreffen, denn weil sich alle Rundfunkveranstalter in einer Wettbewerbssituation befinden, handeln alle Akteure im Privatrecht, auch der Staat, nicht im öffentlichen Recht.
Wie wir aber wissen, wollen alle Akteure, mit denen es der Bürger im Rundfunk zu tun hat, sogenannte Gerichtsvollzieher, angeblich unabhängige Richter(steht so tatsächlich auf dem Papier) auch leitender Oberstaatsanwalt, Amtsgerichtsdirektoren, Landgerichtspräsidenten - alle auch -innen - auch sonstige Beamte und -innen, dass im Rundfunk nur staatliche Hoheitsgewalt wirken darf. Liest man das nicht auch aus dem Bruderurteil BVerfG-Urteil 18.7.18 heraus?

Unsere K. und K. Rechtsbeuger schwingen die Zuchtrute.

Immer nur Fragen und keine Antworten.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 27. Juli 2019, 15:20

In dem Thema hier soll es nicht darum gehen, welche Freiheiten es gibt oder ob ein Handeln privater oder staatlicher Natur ist.


Es geht hier nur um die Prüfung ob die staatliche Maßnahme hier die Errichtung von Rundfunkanstalten mit dem Ziel Angebote zu verbreiten in der aktuellen Form erforderlich und angemessen ist. Der staatliche Akteur muss einen Mangel gefunden haben, welcher mit der Maßnahme beseitigt werden soll. Die staatliche Maßnahme hält bereits seit ca. 70 Jahren an. Das einzige was sich geändert hat ist der Umfang und damit die Kosten.
Die Begründung aus dem Anfang kann aktuell keinen richtigen Bestand haben, weil Rundfunk zu veranstalteten so gesehen jedem möglich ist. Es bleibt dem Staat übrig den Rahmen zu regeln. Die Frage ist jedoch ob die Rundfunkanstalten noch benötigt werden um das Ziel der ursprünglichen Maßnahme zu erreichen. Dabei wäre zu prüfen ob das Ziel überhaupt noch vorhanden ist. Zu prüfen wäre ob es mildere Mittel gibt das Ziel zu erreichen. Zu prüfen ist ob mit den Rundfunkanstalten das Ziel überhaupt erreicht werden kann. Genau da ist wohl etwas Faul, denn wenn die Nutzung sinkt, also nicht mehr alle erreichbar sind, dann ist dass das Gegenteil von dem was ursprünglich gewollt wurde. Den Rundfunkanstalten fehlt die Fähigkeit alle zu erreichen. Selbst wenn die Rundfunkanstalten technisch dazu in der Lage sind alle zu erreichen, so fehlt es am Inhalt. Da bleibt die Frage, wenn die staatliche Maßnahme nicht geeignet ist die gesamte Bevölkerung auch mit Inhalt zu erreichen, dann ist zu prüfen ob diese Maßnahme nicht eingestellt wird zu Gunsten einer anderen, welche das Ziel erfüllen kann. Aktuell erreicht doch diese Maßnahme nur noch einen Teil der Bevölkerung. Der durchschnittliche Nutzer ist über 60 Jahre alt. Es ist ein strukturelles Problem, welches gelöst werden muss. Eine weitere Ausbreitung ist dabei keine zweckmäßige Lösung.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: noGez99 am 27. Juli 2019, 17:30
Ein Blick in den  Staatsvertrag z.B. des SWR erhellt die Notwendigkeit leider nicht und lässt auch nicht den Mangel erkennen, der zur Rechtfertigung des Bestands der LRA dient:

Zitat

:   § 1 Aufgabe und Rechtsform
(1) Der „Südwestrundfunk“ (SWR) ist eine gemeinnützige rechtsfähige Anstalt des
öffentlichen Rechts zur Veranstaltung von Rundfunk in den Ländern Baden-
Württemberg und Rheinland-Pfalz (Länder).

§ 3
Auftrag, Angebote
(1) Auftrag des SWR ist, durch die Herstellung und Verbreitung seiner Angebote in Hörfunk, Fernsehen und Internet als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Er hat in seinen Angeboten einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, europäische, bundesweite sowie im Schwerpunkt über das länder- und regionenbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Er soll hierdurch auch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Seine Angebote haben der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Er hat Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen. Die Gliederung des Sendegebiets in die beiden Länder ist auch in den gemeinsam veranstalteten Angeboten angemessen zu berücksichtigen.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: U15000 am 27. Juli 2019, 18:10
§ 1 Aufgabe und Rechtsform
(1) Der „Südwestrundfunk“ (SWR) ist eine gemeinnützige rechtsfähige Anstalt des
öffentlichen Rechts zur Veranstaltung von Rundfunk in den Ländern Baden-
Württemberg und Rheinland-Pfalz (Länder).
Zitat http://www.juraindividuell.de/pruefungsschemata/der-verhaeltnismaessigkeitsgrundsatz/
Zitat
I. Allgemeines

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist ein (ungeschriebener) Teil des Rechtsstaatsprinzips. Die meiste Klausurrelevanz findet er bei den Grundrechten. Bei dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geht es letztlich darum, dass staatliche Gewalt gegenüber den Bürgern schonend und nur bei wirklicher Dringlichkeit angewandt werden soll.
Hervorhebung durch u15000

Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde unter Mißachtung der Bürgerrechte durch die Exekutive konzipiert und unterschrieben. Dieses Zwangsmittel ist nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgedeckt. Es lag keine wirkliche Dringlichkeit vor.
Zitat  http://www.juraindividuell.de/pruefungsschemata/der-verhaeltnismaessigkeitsgrundsatz/
Zitat
Das Mittel muss angemessen sein

Definition: Die Maßnahme ist angemessen, wenn der beabsichtigte Zweck nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht.
In Bayern verletzte dieses Vorgehen die Verfassung und das Parlamentsbeteiligungsgesetz in der Gültigkeit des Entstehens des Vertrages. Diese Verletzung der Bürgerrechte wiegt schwerer als der Nachteil für den Staat, kein Mittel der Indoktrinierung der Bevölkerung zu besitzen.
Damit sind weitere Betrachtungen wohl akademischer Natur.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: Lev am 27. Juli 2019, 19:10
@ PersonX

Was du scheinbar versuchst zu beschreiben ist das "Übermaßverbot".

Zitat
Eines der Merkmale des deutschen Rechtsstaates ist der „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“, der auch als „Verhältnismäßigkeitsprinzip“ bezeichnet wird. Dieses Prinzip dient dem Zweck, die Bürger vor übermäßigen Übergriffen des Staates in die allgemeinen Grundrechte zu schützen und wird deswegen auch als „Übermaßverbot“ bezeichnet. Ganz besonders dient es dem Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.

Auch gemäß Art. 1 Abs. 3 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG  der Verfassung ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit für die gesetzgebende Gewalt, öffentliche Verwaltung sowie die Justiz. Dies bedeutet, dass sämtliche gerichtlichen Entscheidungen, Verwaltungsakte und Gesetze dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen müssen.

Damit eine Maßnahme, die in Grundrechte eingreift, nicht rechtswidrig ist, muss sie dem kompletten Begriff der Verhältnismäßigkeit genügen. Dieser beinhaltet sowohl die Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne, was so zu verstehen ist, dass sie einen legitimen Zweck verfolgen, geeignet und erforderlich sein muss, sondern auch noch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, was bedeutet, dass die Maßnahme angemessen sein muss.
https://www.juraforum.de/lexikon/verhaeltnismaessigkeit
https://www.juraforum.de/lexikon/uebermassverbot


L möchte Anmerken: Mit "Maßnahme" ist die Rundfunkabgabe an sich gemeint und die meisten Sachverhalte wurden auch schon überprüft - z.B.

BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 -, Rn. (1-157),
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html
Zitat
  RN: 98 
(1) Ein Missverhältnis zwischen gebotener Leistung und Beitragshöhe besteht nicht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet ein Programm an, das so auf dem freien Markt nicht erhältlich ist (siehe oben Rn. 77 ff.). Das Angebot umfasst gegenwärtig zehn bundesweite Fernsehprogramme von ARD und ZDF in Form von Voll-, Spartenprogrammen und Programmen als Zusatzangeboten, neun „Dritte Fernsehprogramme“ sowie ein Bildungsprogramm (vgl. § 11b RStV). Im Bereich Hörfunk werden derzeit insgesamt 67 Programme angeboten (vgl. § 11c RStV; 21. KEF-Bericht, Tz. 39). Hinzu kommen zahlreiche Telemedienangebote (vgl. § 11d RStV). Der öffentlich-rechtliche Rundfunk beschränkt sich auf einen minimalen Teil an Werbung (vgl. § 16 Abs. 1 RStV: durchschnittlich 20 Minuten werktäglich). Privater Rundfunk hingegen geht mit der Zulassung deutlich gesteigerter Werbefinanzierung einher (vgl. § 45 Abs. 1 RStV: 20 % je Stunde). Entgeltpflichtige Vollprogramme kosten deutlich mehr, andere entgeltpflichtige Programme hingegen erfassen lediglich Sparten und bieten nur einen Ausschnitt aus dem Leistungsspektrum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Vor diesem Hintergrund steht dem Rundfunkbeitrag auch bei Belastung mit der vollen Höhe des Rundfunkbeitrags eine äquivalente Leistung gegenüber.
Für die Begründung in RN: 98 ist verbindlich...
Zitat
RN: 77
(1) Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt im Rahmen der dualen Rundfunkordnung die Erfüllung des klassischen Funktionsauftrags der Rundfunkberichterstattung zu. Er hat die Aufgabe, als Gegengewicht zu den privaten Rundfunkanbietern ein Leistungsangebot hervorzubringen, das einer anderen Entscheidungsrationalität als der der ökonomischen Anreize folgt und damit eigene Möglichkeiten der Programmgestaltung eröffnet. Er hat so zu inhaltlicher Vielfalt beizutragen, wie sie allein über den freien Markt nicht gewährleistet werden kann (vgl. BVerfGE 73, 118 <158 f.>; 74, 297 <324 f.>; 83, 238 <297 f.>; 90, 60 <90>; 114, 371 <388 f.>; 119, 181 <215 f.>; 136, 9 <29 Rn. 31>). Denn der publizistische und ökonomische Wettbewerb führt nicht automatisch dazu, dass in den Rundfunkprogrammen die Vielfalt der in einer Gesellschaft verfügbaren Informationen, Erfahrungen, Werthaltungen und Verhaltensmuster abgebildet wird. Auch wegen des erheblichen Konzentrationsdrucks im privatwirtschaftlichen Rundfunk und der damit verbundenen Risiken einer einseitigen Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung sind daher Vorkehrungen zum Schutz der publizistischen Vielfalt geboten (vgl. BVerfGE 119, 181 <217>; 136, 9 <29 Rn. 31>).
Außerdem...
Zitat
RN: 69
cc) Der Gedanke der Gegenleistung muss auch die rechtliche Gestaltung und vor allem den Veranlagungsmaßstab des Beitrags bestimmen (vgl. BVerfGE 9, 291 <298>). Eine Vorzugslast ist aber erst dann als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden und läuft dem Gleichheitsgrundsatz zuwider, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Abgabenzwecken steht (vgl. BVerfGE 20, 257 <270>; 83, 363 <392>; 108, 1 <19>; 132, 334 <350 Rn. 51>; 144, 369 <398 f. Rn. 66>).cc) Der Gedanke der Gegenleistung muss auch die rechtliche Gestaltung und vor allem den Veranlagungsmaßstab des Beitrags bestimmen (vgl. BVerfGE 9, 291 <298>). Eine Vorzugslast ist aber erst dann als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden und läuft dem Gleichheitsgrundsatz zuwider, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Abgabenzwecken steht (vgl. BVerfGE 20, 257 <270>; 83, 363 <392>; 108, 1 <19>; 132, 334 <350 Rn. 51>; 144, 369 <398 f. Rn. 66>).

Die Rundfunkabgabe ist legitim und das ist i.d.R. die Voraussetzung, die hier Verbindlich sein muss.

Lev
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: U15000 am 27. Juli 2019, 21:15
legitim versus legal.

Legitim stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Gesetz oder Rechtmäßigkeit.

Etwas kann auf einem Gesetz beruhen, dann muss das Gesetz rechtmäßig sein.
Ist das Gesetz jedoch nicht rechtmäßig, so ist die Handlung illegal.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: pinguin am 27. Juli 2019, 21:19
Die Rundfunkabgabe ist legitim
Nur in Bezug auf Rundfunknutzende.

Denn alle Rundfunknichtnutzenden, bzw. Rundfunknichtinteressierten können sich nach Treu und Glauben darauf berufen, daß der Staat ihnen gegenüber jene Konditionen einhält, zu dessen Einhaltung sich der Staat verpflichtet hat, also jene Bestimmungen, wie sie in Art. 11 Charta, bzw., Art. 10 EMRK, mit der Nichteinmischung des Staates definiert sind.

Weiterführend hierzu:

BVerfGE 44, 197 - Solidaritätsadresse -> Recht, in Ruhe gelassen zu werden
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31031.msg193100.html#msg193100

BVerfG 1 BvR 699/06 - Absolute Bindung des Staates an sein eigenes Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31023.msg193064.html#msg193064

BVerfGE 74, 297 - 5. Rundfunkentscheidung -> Bedeutung Art. 5 GG und mehr
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31577.msg195078.html#msg195078

Jede Regelung ist unverhältnismäßig, die das Wesen eines Grundrechts antastet, denn

Rn. 121 - BVerfGE 74, 297
Zitat
[...] die allgemeinen Gesetze sind aus der Erkenntnis der Bedeutung der Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG im freiheitlichen demokratischen Staat auszulegen und so in ihrer diese Grundrechte beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken [...]

Aber auch, falls in den aktuellen Rundfunkbestimmungen nicht realisiert:

BVerfGE 90, 60 - 8. Rundfunkentscheidung -> Belastender Staatsakt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31624.msg195277.html#msg195277
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: Lev am 27. Juli 2019, 23:24
Wenn L. die letzten beiden Postings richtig verstanden hat, ist die Rundfunkabgabe demnach nicht legitim.    ;D  ;D  ;D

Frage:

Die Rundfunkabgabe wurde so zahlreich vor Gericht getragen, deshalb würde L.  interessieren, woher ihr das nehmt? Natürlich ist das eine rein rhetorische Frage, da selbst nicht Sachkundigen wissen, was alle Gerichte diesbezüglich entschieden haben.
Darüber hinaus steht es euch frei, von L. aus nach "Treue und Glauben" oder auf "das Recht, in Ruhe gelassen zu werden" den Rechtsweg zu eröffnen.

@ "pinguin"

Wie L. dir schon mal mitgeteilt hat, ist es nicht sehr seriös sich selbst als Quelle zu nennen. Und L. wünscht dir viel Erfolg, wenn du den Staat an seine Verpflichtungen erinnerst. Dass der Staat dir dabei zuhört, wagt L. allerdings zu bezweifeln. Vor allem, wenn man den Rundfunk beklagt.
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31151.msg195826.html#msg195826

Zum Übermaßverbot

Grundsätzlich hat PersonX hier eine Idee aufgegriffen und L. hat diesen Faden weiter geknüpft. L. kann daran nichts Verwerfliches finden und möchte daran erinnern, dass er ihn nicht etwa kaputt geredet hat, sondern versucht hat ihn leichter bzw. übersichtlicher zu gestalten.

Lev   
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 28. Juli 2019, 03:18
Mit Maßnahme soll hier nicht die Abgabe "Rundfunkabgabe" oder "Rundfunkbeitrag" oder auch "Rundfunkgebühr" verstanden werden, denn diese ist nur die Folge zur Finanzierung der staatlichen Maßnahme.

Die Umsetzung der staatlichen Maßnahme beginnt mit der
- Erschaffung der Anstalt als juristische Person und
- Erteilung eines Auftrags, welchen diese erfüllen soll.

Das Ziel der staatlichen Maßnahme, so könnte erklärt werden, sei schlicht Aufklärung der Bevölkerung.
Das genaue Ziel müsste irgendwo in den Begründungen zur Erschaffung der Anstalten stehen.
Die Gründung der Anstalten ist das Mittel, um das Ziel zu erreichen. Dieses Ziel gilt es zu benennen und zu prüfen.

Es gilt zu prüfen, ob das Ziel mit der gewählten staatlichen Maßnahme erreicht werden kann.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: U15000 am 28. Juli 2019, 04:31
Zitat
RN: 69
cc) Der Gedanke der Gegenleistung muss auch die rechtliche Gestaltung und vor allem den Veranlagungsmaßstab des Beitrags bestimmen (vgl. BVerfGE 9, 291 <298>). Eine Vorzugslast ist aber erst dann als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden und läuft dem Gleichheitsgrundsatz zuwider, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Abgabenzwecken steht (vgl. BVerfGE 20, 257 <270>; 83, 363 <392>; 108, 1 <19>; 132, 334 <350 Rn. 51>; 144, 369 <398 f. Rn. 66>).cc)

Theorien zur Legitimität von Staat und Herrschaft aus wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Legitimit%C3%A4t
Zitat
Franz Oppenheimer

Im Verständnis von Franz Oppenheimer will der Soziologe Karl Marx den Inhalt und das Leben der Staatsgewalt verstehen. Der Jurist interessiert sich für eine formaljuristische Beschreibung. Der Philosoph interessiert sich für das Ideal.

Die soziologische Legitimität kann sich daher nur an der Realität orientieren. Die Staatsangehörigen akzeptieren die staatliche Herrschaft durch Zustimmung oder Resignation. Diese Hinnahme wird als Legitimation (Rechtfertigung) verstanden. Dadurch, dass die meisten Menschen das politische System auf diese Art tragen, erhält es Stabilität und kann seine Macht erhalten. Werde diese Akzeptanz schwach, dann werde auch die Stabilität der Herrschaft schwach. Soziologische Legitimation und Macht der Herrschaft gehen demnach Hand in Hand.

Die soziologische Legitimität der Staatsgewalt lässt sich somit nur aus der realen Macht eines Staates ableiten. Sie ist nicht an die formaljuristische, sondern an die faktische Staatsgewalt gebunden. Sie erfährt ihre Legitimation aus sich selbst heraus, d. h. durch die Macht, Recht und Ordnung (neu) zu definieren, um so auch die eigene formaljuristische Rechtmäßigkeit und Legitimation festzulegen. Für Oppenheimer ist der Staat „seiner Entstehung nach ganz und seinem Wesen nach auf seinen ersten Daseinsstufen fast ganz eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzte zu regeln und gegen innere Aufstände und äußere Angriffe zu sichern. Und die Herrschaft hatte keinerlei andere Endabsicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger.“[1]

Ich setze voraus, dass am Bundesverfassungsgericht Juristen tätig sind, die die Bedeutung von "legitim" kennen.

Wären die Bundesverfassungsrichter davon ausgegangen, dass die Handlung formaljuristisch korrekt wäre, hätten sie geschrieben, "den verfolgten legalen Abgabenzwecken".

Das dürfte auch der Grund gewesen sein, dass der Bezug zum Grundgesetz bei dem "Bruderurteil" nicht thematisiert wurde.

Ich sehe das also so, der Bürger hat auf Grund der faktischen Staatsgewalt hinzunehmen, dass er den Rundfunkbeitrag zu zahlen hat.

Womit die Begrifflichkeit der "Schutzgebühr" ihre Berechtigung erlangt.

Dies sollte jedoch nur Schurkenstaaten vorbehalten sein.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: pinguin am 28. Juli 2019, 07:26
Zitat
RN: 69
cc) Der Gedanke der Gegenleistung muss auch die rechtliche Gestaltung und vor allem den Veranlagungsmaßstab des Beitrags bestimmen (vgl. BVerfGE 9, 291 <298>). Eine Vorzugslast ist aber erst dann als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden und läuft dem Gleichheitsgrundsatz zuwider, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Abgabenzwecken steht (vgl. BVerfGE 20, 257 <270>; 83, 363 <392>; 108, 1 <19>; 132, 334 <350 Rn. 51>; 144, 369 <398 f. Rn. 66>).cc)

Die vom BVerfG genannten Entscheidungen sollten gesichtet werden.

BVerfGE 20, 257, Rn. 27 ->Begriff "legitim" als Teil des Begriffes "Aktivlegitimation";
in der Sache ging es um Gebühren der Kartellbehörden; die angegriffene Norm wurde als verfassungswidrig verworfen;

BVerfGE 20, 257 - Bundesrecht in Berlin
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv020257.html


BVerfGE 83, 363 -> Krankenhausumlage des Landes Rheinland-Pfalz, nicht gekippt;

BVerfGE 83, 363 - Krankenhausumlage
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv083363.html


BVerfGE 132, 334, Rn. 25, 28, 34, 40, 52, 58 ->  -> Begriff "legitim" als Teil der Begriffskombination "legitimer Abgabezweck";
in der Sache ging es um die Rückmeldegebühr des Landes Berlin, die für nichtig erklärt wurde;

BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 06. November 2012
- 2 BvL 51/06 -, Rn. (1-73),

http://www.bverfg.de/e/ls20121106_2bvl005106.html


BVerfGE 144, 369, Rn. 66 -> Begriff "legitim" als Teil der Begriffskombination "legitimer Abgabezweck";
in der Sache ging es um die Rückmeldegebühr des Landes Brandenburg, die für nichtig erklärt wurde;

BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017
- 2 BvL 2/14 -, Rn. (1-113),

http://www.bverfg.de/e/ls20170117_2bvl000214.html

Der Begriff "legitim" scheint also nicht so abstrakt gedeutet werden zu können, wie es User U15000 einbringt?

Es wird in einem neuen Thema zu klären versucht, was unter einem "legitimen Abgabezweck" im Sinne des BVerfG zu verstehen ist - siehe nunmehr unter
BVerfG - 2 BvL 51/06 - Legitimer Abgabezweck
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31768.0.html
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 28. Juli 2019, 21:06
Link zu einer Beschreibung, wie eine Prüfung einer Verfassungsbeschwerde abgelaufen sein kann.

BVerfG Beschluss vom 6. 5. 2014 (2 BvR 1139-1141/12) NVwZ 2014, 1306 Fall (Weinabgabe)
http://www.juratelegramm.de/faelle/oeffenliches_recht/BVerfG_NVwZ_2014_1306.htm

Die Verlinkung erfolgte wegen dem Bezug zu "legitime" ... Lesart.

demokratischen Legitimation, Sachlich-inhaltliche Legitimation, Legitimationsniveau und demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten, sowie Demokratieprinzip


Edit:
@Moderator vermutlich sollte das hier zusammen mit dem Beitrag zuvor noch verschoben werden.
Vielleicht reicht dann ein Link zum verschobenen Themenpunkt.



Edit "Bürger" @alle:
Moderation/ Ausgliederung bleibt vorbehalten - ebenso eine Präzisierung des Thread-Betreffs.

Zwischenzeitlich Fortsetzung der Diskussion zu "legitimer Abgabezweck" bitte unter
BVerfG - 2 BvL 51/06 - Legitimer Abgabezweck
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31768.0.html

Hier im Thread ab nun bitte nur noch eng und zielgerichtet zum eigentlichen Kern-Thema, welches da lautet
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit

Danke für allerseitiges Verständnis und allerseitige konsequente Berücksichtigung!
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: NichtzahlerKa am 06. August 2019, 16:37
@ PersonX
Zitat
  RN: 98 
(1) Ein Missverhältnis zwischen gebotener Leistung und Beitragshöhe besteht nicht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet ein Programm an, das so auf dem freien Markt nicht erhältlich ist (siehe oben Rn. 77 ff.). Das Angebot umfasst gegenwärtig zehn bundesweite Fernsehprogramme von ARD und ZDF in Form von Voll-, Spartenprogrammen und Programmen als Zusatzangeboten, neun „Dritte Fernsehprogramme“ sowie ein Bildungsprogramm (vgl. § 11b RStV). Im Bereich Hörfunk werden derzeit insgesamt 67 Programme angeboten (vgl. § 11c RStV; 21. KEF-Bericht, Tz. 39). Hinzu kommen zahlreiche Telemedienangebote (vgl. § 11d RStV). Der öffentlich-rechtliche Rundfunk beschränkt sich auf einen minimalen Teil an Werbung (vgl. § 16 Abs. 1 RStV: durchschnittlich 20 Minuten werktäglich). Privater Rundfunk hingegen geht mit der Zulassung deutlich gesteigerter Werbefinanzierung einher (vgl. § 45 Abs. 1 RStV: 20 % je Stunde). Entgeltpflichtige Vollprogramme kosten deutlich mehr, andere entgeltpflichtige Programme hingegen erfassen lediglich Sparten und bieten nur einen Ausschnitt aus dem Leistungsspektrum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Vor diesem Hintergrund steht dem Rundfunkbeitrag auch bei Belastung mit der vollen Höhe des Rundfunkbeitrags eine äquivalente Leistung gegenüber.
Lev
Was Lev hier gepostet hat ist das eigentlich Kernproblem des Rundfunkurteils. Ich habe mir gründlich darüber den Kopf zerbrochen, ob man die Aussagen irgendwie retten kann, aber es ist offensichtlich grober Unfug den das Gericht aus einer Stellungnahme der Rundfunkanstalten kopiert zu haben scheint. Keine Argumentation, nur Behauptungen und irrelavante Zusammenhänge á la "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet ein Programm an, das so auf dem freien Markt nicht erhältlich ist (siehe oben Rn. 77 ff.)." Wo ist der Beweis dieser Behauptung?
Nur mal ein paar Klarstellungen:
1. Ein Ausufern des Rundfunks in völlig überflüssige Bereiche wird als großes "Angebot" verkauft. Nach dem Motto: Je teurer, je weniger Missverhältnis??? HÄ???  Man muss das Missverhältnis zum Notwendigen berechnen und nicht zum existierenden Rundfunk.
2. Kein Vollprogramm der Welt kostet das was der Rundfunk kostet (>9 Milliarden).
3. Selbst wenn kein Angbot so ist, wie das der Öffis, so liegt das doch womöglich einfach an Verdrängungseffekten (z.B. Fußballlizenz).-> Begründet also nichts.
4. Von Qualität keine Spur einer Behauptung. Stattdessen wird die alte Werbefreiheit hervorgekramt. Aber Werbung würde die Öffis niemals finanzieren können (weil die für den Mist den sie machen viel zu teuer sind!)! Also ist die Nichtwerbung überhaupt kein Verkaufsargument. Das begründet vielleicht 1 von 8 Gebührenmilliarden. Da wird einfach mal eben über 7 Milliarden "hinweggesehen".
5. Zahlen die Öffis im Gegensatz zu den Privaten keine Mehrwertsteuer auf die Beiträge. Der Vergleich hinkt schon da um fast 20%.
6. Alle Rechnungshofberichte die ich kenne zerreißen den Rundfunk als Misswirtschaftsladen (Löhne und Pensionen zu hoch etc.).

Die Passage strotzt nur so vor Unkenntnis über die realen Verhältnisse. Das kann an den mangelnden Vorbringungen der Beteiligten liegen, ist aber wirklich ein großes Problem für die Verhältnismäßigkeitsargumentation. Daher versuche ich jetzt nicht mehr die Abgabe anzugreifen, sondern die (ungenügende) Leistung und die Art der Leistungserbringung, die nicht im Einklang mit den Haushaltsgrundsätzen steht.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 06. August 2019, 19:29
Zitat
Man muss das Missverhältnis zum Notwendigen berechnen und nicht zum existierenden Rundfunk.
Nein, erst muss geprüft werden, welche Maßnahme die richtige wäre um das Ziel zu erreichen. Aber dazu muss zuerst das Ziel bestimmt werden. -> Was ist das Ziel der staatlichen Maßnahme Rundfunkanstalten zu erschaffen mit dem Auftrag Angebote zu erbringen.

Dann kann geprüft werden ob die Folge "Rundfunkbeitrag" dieser gewählte Maßnahme, bei welcher das Bundesverfassungsgericht der Meinung ist, dass kein Missverhältnis zwischen gebotener Leistung und Beitragshöhe bestehe, überhaupt geben kann. Denn es kann bereits sein, dass die Maßnahme Rundfunkanstalten zu unterhalten mit dem Ziel Angebote zu erbringen die falsche Maßnahme zum Erreichen des Ziels ist und es mildere Mittel gab und jetzt gibt. 
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: gez-negativ am 06. August 2019, 19:50
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 -, Rn. (1-157),
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html
Zitat
  RN: 98 
(1) Ein Missverhältnis zwischen gebotener Leistung und Beitragshöhe besteht nicht.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet ein Programm an, das so auf dem freien Markt nicht erhältlich ist (siehe oben Rn. 77 ff.).

Das Angebot umfasst gegenwärtig zehn bundesweite Fernsehprogramme von ARD und ZDF in Form von Voll-, Spartenprogrammen und Programmen als Zusatzangeboten, neun „Dritte Fernsehprogramme“ sowie ein Bildungsprogramm (vgl. § 11b RStV). Im Bereich Hörfunk werden derzeit insgesamt 67 Programme angeboten (vgl. § 11c RStV; 21. KEF-Bericht, Tz. 39). Hinzu kommen zahlreiche Telemedienangebote (vgl. § 11d RStV). Der öffentlich-rechtliche Rundfunk beschränkt sich auf einen minimalen Teil an Werbung (vgl. § 16 Abs. 1 RStV: durchschnittlich 20 Minuten werktäglich).

Privater Rundfunk hingegen geht mit der Zulassung deutlich gesteigerter Werbefinanzierung einher (vgl. § 45 Abs. 1 RStV: 20 % je Stunde). Entgeltpflichtige Vollprogramme kosten deutlich mehr, andere entgeltpflichtige Programme hingegen erfassen lediglich Sparten und bieten nur einen Ausschnitt aus dem Leistungsspektrum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Vor diesem Hintergrund steht dem Rundfunkbeitrag auch bei Belastung mit der vollen Höhe des Rundfunkbeitrags eine äquivalente Leistung gegenüber.
Für die Begründung in RN: 98 ist verbindlich...
Das greife ich mal auf in Richtung nur Hörfunk oder Fernsehen in Bezug auf Verhältnismäßigkeit.
Hörfunk ist wesentlich preiswerter zu produzieren als Fernsehen. Wo ist da die Verhältnismäßigkeit?

"gebotener Leistung" ?
Dann : "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet ein Programm an, ... " Ja, ein Programm wird angeboten, aber keine Leistung. Diese könnte bei Nutzung entstehen. Das nennt sich dann Nutzung.
Wie soll diese Leistung bemessen werden. Wann kommt eine Leistung zustande?
Was ist überhaupt eine Leistung?
Dieser Begriff der Leistung ist an dieser Stelle absolut wesensfremd.
Wird denn Rundfunk nach Leistung konsumiert?

Es ist doch piepegal, wieviel Programme da existieren, wenn man die nicht schauen, konsumieren will.

Dann habe ich Null-Nutzung, ergo Null-Leistung.

"Vor diesem Hintergrund steht dem Rundfunkbeitrag auch bei Belastung mit der vollen Höhe des Rundfunkbeitrags eine äquivalente Leistung gegenüber."
Welche äquivalente Leistung soll das sein, frage ich mich ganz besorgt? Dann mal her mit der äquivalenten Leistung. Das hört sich nach Framing an.
Eben nicht. Es steht nur ein Angebot gegenüber, welches z.B. nicht genutzt werden will oder nur Hörfunk.

Ja, eben, wie verhält es sich mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz von Null-Nutzung, nur Hörfunk und Fernsehen?
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 06. August 2019, 20:11
Ja, eben, wie verhält es sich mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz von Null-Nutzung, nur Hörfunk und Fernsehen?
Es geht hier im Thema nicht um die Verhältnismäßigkeit zwischen Null-Nutzung, nur Hörfunk und Fernsehen. Bitte beachten.
Es geht hier um die Prüfung der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes z.B. in Bezug auf Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit der staatlichen Maßnahme zum erklärten Ziel der staatlichen Maßnahme.
Das beginnt mit Feststellung was die staatliche Maßnahme genau ist. Was das Ziel der staatlichen Maßnahme ist und geht dann über in die Prüfung nach dem Schema.
Bitte dazu nochmal im ersten Beitrag lesen unter 1. Allgemein und  3. Im öffentlichen Recht
Zitat
Eine staatliche Maßnahme verstößt insbesondere dann gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, ist also unverhältnismäßig, wenn sie erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht, die durch sie herbeigeführten Nachteile also deutlich größer sind, als diejenigen, die durch sie abgewendet werden sollen.
Es geht um den "angestrebten Erfolg", die "herbeigeführten Nachteile" und die Abwägung ob diese "deutlich größer sind, als diejenigen, die durch sie abgewendet werden sollen".
Dazu ist die staatliche Maßnahme zu bestimmen. Dann das Ziel also der "angestrebten Erfolg". Dann die "herbeigeführten Nachteile". Usw.
Der Rundfunkbeitrag ist nur eine Folge dieser staatlichen Maßnahme.
Die Abgrenzung dieser staatlichen Maßnahme zu anderen Mitteln, welche besser geeignet wären muss erfolgen.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: NichtzahlerKa am 06. August 2019, 23:13
Dazu ist die staatliche Maßnahme zu bestimmen. Dann das Ziel also der "angestrebten Erfolg". Dann die "herbeigeführten Nachteile". Usw.
Der Rundfunkbeitrag ist nur eine Folge dieser staatlichen Maßnahme.
Das Problem ist, dass Du am Ende immer dabei landest, dass Politik und Rundfunk unabhängig sein müssten, es aber aufgrund vieler Wechselwirkungen nicht sind. Das hat alles nichts mit dem Gesetz zu tun, sondern mit der Umsetzung in der Praxis. Dazu fehlen Gesetze. Das Fehlen dieser Gesetze ist aber nur schwer einzuklagen, weil alle vorhandenen Gesetze durchgewunken werden. Da kommst Du auch mit Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit kaum dran.
Ich versuche diese Sicht kurz zu erläutern:
Das eigentliche Problem, dass die Information nicht objektiv ist, dass man nicht beweisen kann, dass andere Verfahren besser wären, dass alles von ineffizienten Parteiklünglern geleitet wird, die sich nur selbst bedienen und überhaupt kein Interesse an dieser Grundrechtsausübung haben usw. usf. steht alles nicht im Gesetz.

Natürlich gibt es bessere Lösungen:
Wenn ich jedem Bürger 3€ im Monat aus Steuermitteln gebe, die er ausschließlich für zertifizierte Informationsversorgung ausgeben darf (kostet etwa 3 Milliarden), läuft alles extrem viel günstiger und besser. Aber vor dieser einfachen Tatsache kann man als Richter auch einfach die Augen verschließen und die obigen Behauptungen aufstellen.

Edit:
Die "Maßnahme" ist übrigens Rundfunkplanwirtschaft. Wieso entegegen aller Erfahrungen ausgerechnet beim Rundfunk Planwirtschaft der große performante Heilsbringer sein soll, hat noch kein Intendant oder Richter erklärt.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: PersonX am 17. August 2019, 11:52
PersonX braucht etwas Zeit, um zu antworten.

Das Problem ist, dass Du am Ende immer dabei landest, dass Politik und Rundfunk unabhängig sein müssten, es aber aufgrund vieler Wechselwirkungen nicht sind…
Diese Aussage könnte präziser sein. Vielleicht in der Art, Rundfunk, als "ein" Mittel um Informationen zu verbreiten, darf nicht durch den Staat beherrscht werden. Es könnte weiter gefasst werden auf andere Mittel.
Es darf ebenfalls keinen beherrschenden Einfluss auf die Information selbst geben.

Das hat alles nichts mit dem Gesetz zu tun, sondern mit der Umsetzung in der Praxis. Dazu fehlen Gesetze.
Es ist die Aufgabe der jeweiligen Regierung den Rahmen nach Art. 5 GG auch für den "Rundfunk" so zu setzen, dass alle nach Art. 5 GG Ihre Rechte wahrnehmen können. Eine schlechte Regierung, welche Ihre Pflicht nicht erfüllt, kann dabei wahrscheinlich über das Mittel der Pflichtverletzung angegriffen werden. Zu prüfen wäre also ob der Rahmen zur Gewährleistung der Rechte aus Art. 5 GG ordnungsgemäß gesetzt wurde. Das könnte somit auch ein VG Richter prüfen, Stichwort Amtsermittlungspflicht.

Da kommst Du auch mit Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit kaum dran…
Im ersten Schritt nicht, denn zuerst muss bestimmt werden, wie der Rahmen sein müsste, damit alle Ihre Rechte aus Art 5 GG wahrnehmen können, also jeder einzelne. Dazu müssen diese Rechte explizit aufgelistet sein. Ebenfalls ob aus Art. 5 GG Pflichten erwachsen können. Also ohne Blick auf vorhandene Rundfunkanstalten und Rundfunkbeitrag. Es muss geprüft werden wie der Rahmen sein sollte, jedoch nicht wie er aktuell ist. Erst dann kann ein Vergleich gezogen werden.

Ich versuche diese Sicht kurz zu erläutern:
Die Maßnahme(n) sind die verschiedenen Rundfunkstaatsverträge.
Das Ziel ist "Freie, objektive Information für jedermann"(GG Art. 5)
Das Ziel kann man mit diesen Verträgen erreichen. Dass die Verträge nicht zwingend das Ziel erreichen (und auch tatsächlich nicht erreichen) ist egal.
Die Behauptung es gäbe ein meritorisches Informationsgut wird vom BVerfG grundsätzlich angenommen. Damit ist obiges Handeln erforderlich und geeignet.
17.50€ sind das Grundrecht wert, also ist es angemessen

Das erscheint nur als Teil, es fehlt hier die Prüfung der Angemessenheit gegenüber einer anderen Umsetzung und die Abwägung warum diese Umsetzung gewählt wurde.

Auch in einer anderen Gestaltung Rahmen, darf davon ausgegangen werden, dass es meritorische Informationen geben darf. Die Frage welche sich dazu stellt ist, wie und durch wen diese produziert werden sollten? In welchem Umfang? Durch welche Gruppe, wenn für die Allgemeinheit vorgesehen, finanziert? Diese Thematik kann jedoch losgelöst vom Rundfunk selbst betrachtet werden, da Art. 5 vereinfacht auf Information unabhängig der Übertragung gelesen werden sollte. Diese Prüfung hat das Bundesverfassungsgericht doch noch nicht angestellt oder doch?

Die Frage ist nicht ob ein Grundrecht 17,50€ wert ist, sondern durch 17,50€ Rechte verkürzt werden und diese Verkürzung durch einen anderen Rahmen vermeidbar ist. Ein anderer Rahmen besser geeignet ist. Dazu müssen die Nachteile, welcher der aktuelle Rahmen bringt ermittelt werden. Stichwort Amtsermittlungspflicht, damit der Richter zukünftig weiß wohin er laufen soll muss Ihm der Weg gezeigt werden. Es gilt nicht unmittelbar den Bescheid anzufechten, sondern die Grundlage den Rahmen und dabei muss am Anfang angefangen werden. Es muss aufgezeigt werden, dass es andere Rahmen in Bezug zum Art. 5 GG gibt und diese einen geringeren Nachteil mit sich bringen. Damit kann geprüft werden ob der Rahmen mit dem Teil "dualen Rundfunkordnung" das Übermaßverbot verletzt. Denn denkbar wäre eine andere Gestaltung, wo jedem privaten Anbieter
Förderung "Beihilfe" zukommen kann für die Herstellung und Verbreitung meritorisches Gutes. Dabei könnte es  auch Auflagen und Wettbewerb geben.
Der aktuelle Rahmen muss deshalb in Summe angegriffen werden, weil die privaten mit kontrolliert werden und diese Kosten dafür nicht aus Steuern gedeckt sind. Ihnen durch Mittelentzug
die Weiterentwicklungsmöglichkeiten beschnitten sein können. Das trifft nicht nur auf Anbieter von Informationen über Rundfunkkanal zu, sondern ebenfalls Druck. Mal abgesehen vom Medium des Internets, welches die "Duale Ordnung" als Teil eines Rahmens in Bezug zu Art. 5 GG in Frage stellt.
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: pinguin am 18. August 2019, 10:50
Im ersten Schritt nicht, denn zuerst muss bestimmt werden, wie der Rahmen sein müsste, damit alle Ihre Rechte aus Art 5 GG wahrnehmen können, also jeder einzelne.
Hat es diesen Rahmen nicht bereits? Hierzu siehe die ganzen Diskussionen um EMRK und Charta; beide bilden für Europa wie Deutschland den Grundrahmen dessen, was der Bürger vom Staat für sich einfordern kann.

Einen speziellen Rahmen nur für den Art. 5 GG kann es ob seines Absatzes 2 nicht geben; zumal dann auch die jeweiligen Absätze des Art. 10 EMRK, (Bundesrecht), wie auch Art. 11 Charta entgegenstehen würden?

Zitat
Ebenfalls ob aus Art. 5 GG Pflichten erwachsen können.
Siehe Art. 5 Absatz 2 GG:

Zitat
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
Und vom BVerfG wissen wir, daß die allgemeinen Gesetze auch dem Rundfunk Grenzen setzen dürfen, denn ein "allgemeines Gesetz" ist eines, das für alle gilt und nicht nur für einen von allen.

Zitat
Die Frage ist nicht ob ein Grundrecht 17,50€ wert ist, sondern durch 17,50€ Rechte verkürzt werden und diese Verkürzung durch einen anderen Rahmen vermeidbar ist.
Auch das ist nicht die Frage, wenn man sich die Begriffe "Grundrecht" vs. "Grundpflicht" gegenüberstellt. Wohingegen der Begriff "Grundrecht" defaktisch mit EMRK, Charta, Grundgesetz und den Landesverfassungen ausgestaltet ist, wurde der Inhalt des Begriffes "Grundpflicht" nahezu nicht definiert.

Der Begriff "Pflicht" wird aber als Teil anderer Wörter durchaus genannt, bspw. in Art. 23 GG, wo es um die Zusammenarbeit von Bund und Land gegenüber Europa und zur Realisierung von Europa geht oder in Art. 25 zur verpflichtenden Bindung an völkerrechtliche Verträge.

Zitat
Dazu müssen die Nachteile, welcher der aktuelle Rahmen bringt ermittelt werden. Stichwort Amtsermittlungspflicht, damit der Richter zukünftig weiß wohin er laufen soll muss Ihm der Weg gezeigt werden.
Genügt die reale juristische Ausbildung diesen Anforderungen?
Titel: Re: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag von: longtallernie am 25. Februar 2020, 16:12
Hi Kollegen, danke für Eure Beiträge. Ich führe seit 1.1.13 einen Prozess gegen den RBB, der immer noch auf den nächsten Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht in Berlin wartet.

Mein zentraler Ansatzpunkt ist das Thema dieses Threads. zentraler Ansatzpunkt ist: Zwangshaushaltsgebühr ist nicht erforderlich weil der Zweck ARD, ZDF & DF zu finanzieren mit den wesentlich milderen Eingriffen SmartCards, Werbemittel und Steuerzuschüsse erreicht werden kann.

Insbesondere SmartCards als ein Beispiel für verschiedene Möglichkeiten der Decodierung sind der zentrale Ansatzpunkt, der bis dato nach meiner Kenntnis immer noch nicht richterlich geklärt ist. Mir ist zumindest kein Urteil bekannt, dass sich auf eine Klage bezieht, die sich wie meine nur auf diesen zentralen Punkt der denkbar einfachen Ver- / Entschlüsselungtechnik seit 2013 gehandelter Endgeräte bezieht.


Edit "Bürger":
Vorsorgliche Bitte, hiesigen Thread nicht mit einer weiteren Diskussion zum eigenständigen Thema der Verschlüsselung zu vermischen - siehe auch Forum-Suche (https://gez-boykott.de/Forum/index.php?action=search) zu dazu bereits existierenden Diskussionen im Forum wie u.a.
Die Sache mit dem verschlüsselten ÖR
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27092.0.html
[Verhandlung BVerfG 16.5.18] Diskussion zur Verschlüsselung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27913.0.html
Klage auf Verschlüsselung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12103.0.html
sondern hier im Thread allenfalls zum eigentlichen Kern-Thema, welches da lautet
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit
Beitrag muss geprüft und der Thread zu diesem Zweck vorerst geschlossen werden.
Bitte etwas Geduld. Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.