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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 23. Januar 2019, 16:42

Titel: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 23. Januar 2019, 16:42
Rn. 109 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
a) Art. 105 GG begründet als spezielle finanzverfassungsrechtliche Norm Gesetzgebungskompetenzen für Steuern. Für öffentlich-rechtliche Abgaben, die keine Steuern sind (nichtsteuerliche Abgaben), richtet sich die Gesetzgebungskompetenz nach den allgemeinen Regeln der Art. 70 ff. GG über Sachgesetzgebungskompetenzen (vgl. BVerfGE 4, 7 [13 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv004007.html#013)]; Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2003 -- 2 BvL 9/98 u.a. --, NVwZ 2003, S. 715; stRspr).

Rn. 118 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
aa) Drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung begrenzen die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben (vgl. Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2003 -- 2 BvL 9/98 u.a. --, NVwZ 2003, S. 715 [716], im Anschluss an BVerfGE 93, 319 [342 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv093319.html#342)]):

Rn. 119 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
(1) Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben -- über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle -- einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.

Rn. 120 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
(2) Die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe muss der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung tragen. Der Schuldner einer nichtsteuerlichen Abgabe ist regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und wird schon als solcher zur Finanzierung der Lasten herangezogen, die die Gemeinschaft treffen. Neben dieser steuerlichen Inanspruchnahme bedürfen nichtsteuerliche Abgaben, die den Einzelnen zu einer weiteren Finanzleistung heranziehen, einer besonderen Rechtfertigung aus Sachgründen.

Rn. 121 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
(3) Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (für den Bund gemäß Art. 110 Abs. 1 GG, für die hier betroffenen Länder gemäß Art. 81 Abs. 2 Satz 1 NW Verf., Art. 116 Abs. 1 Satz 1 Rh.-Pf. Verf., Art. 65 Abs. 1 Satz 1 Nds. Verf. und Art. 98 Abs. 1 Satz 1 Thür Verf.) ist berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert. Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält. Nur so können Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden.

Rn. 123 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht für die Sonderabgabe im engeren Sinn die allgemeinen Anforderungen an nichtsteuerliche Abgaben in ständiger Rechtsprechung begrenzend präzisiert. Sonderabgaben im engeren Sinn zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesetzgeber Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung in Anspruch nimmt, obwohl weder ein Gegenleistungsverhältnis noch ähnlich unterscheidungskräftige besondere Belastungsgründe eine Konkurrenz der Abgabe zur Steuer ausschließen. Sonderabgaben schaffen trotz ihrer Ähnlichkeit mit den ebenfalls "voraussetzungslos" erhobenen Steuern neben diesen und außerhalb der Grundsätze steuergerechter Verteilung der Gemeinlasten zusätzliche Sonderlasten und gefährden in den Fällen organisatorischer Ausgliederung des Abgabenaufkommens und seiner Verwendung aus dem Kreislauf staatlicher Einnahmen und Ausgaben zugleich das Budgetrecht des Parlaments. Wegen dieser Gefährdungen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen sowie des parlamentarischen Budgetrechts unterliegen Sonderabgaben engen Grenzen und müssen deshalb gegenüber den Steuern seltene Ausnahmen bleiben (vgl. BVerfGE 55, 274 [308 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html#308)]; 82, 159 [181 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv082159.html#181)]; 91, 186 [203 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html#203)]; 92, 91 [113 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv092091.html#113)]; 98, 83 [100 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv098083.html#100)]; 101, 141 [147 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv101141.html#147)]).

Rn. 124 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben mit Finanzierungszweck entwickelt, deren Erfüllung die Vereinbarkeit der Sonderabgaben mit den grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung sicherstellen soll. Sie gelten für den Bund wie für die Länder (vgl. BVerfGE 92, 91 [115 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv092091.html#115)], im Anschluss an BVerfGE 67, 256 [285 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv067256.html#285)]; BVerfGE 101, 141 [148]): Der Gesetzgeber darf sich der Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. Mit einer Sonderabgabe darf nur eine homogene Gruppe belegt werden, die in einer spezifischen Beziehung zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht. Das Abgabenaufkommen muss gruppennützig verwendet werden (BVerfGE 75, 108 [147 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv075108.html#147)]; vgl. aus der stRspr näher BVerfGE 55, 274 [305 ff. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html#305)]; 67, 256 [275 ff. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv067256.html#275)]; 82, 159 [179 ff. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv082159.html#179)]).

Rn. 125 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
Die Bindung zulässiger Sonderabgaben an einen besonderen Sachzweck hat die Rechtsprechung durch Prüfungs- und Anpassungspflichten des Gesetzgebers verstärkt: Soll eine Aufgabe auf längere Zeit durch Erhebung einer Sonderabgabe finanziert werden, so ist der Gesetzgeber gehalten, in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des Mittels "Sonderabgabe" aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, vor allem wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung, zu ändern oder aufzuheben ist (BVerfGE 82, 159 [181 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv082159.html#181)]; vgl. auch bereits BVerfGE 55, 274 [308 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html#308)]).

BVerfGE 108, 186 - Informationspflichten bei Sonderabgaben
(Hinweis: dieser Titel wurde für das Thema geändert, weil aussagefähiger).

Beschluss des Zweiten Senats vom 17. Juli 2003     
-- 2 BvL 1, 4, 6, 16, 18/99, 2 BvL 1/01 --

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv108186.html (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv108186.html)


In passender Ergänzung:

Rn. 82 - BVerfGE 92, 91 - Feuerwehrabgabe
Zitat
Die grundrechtliche Garantiefunktion der Finanzverfassung und der Sonderabgaben-Rechtsprechung (Belastungsgleichheit der Bürger) gilt auch für Sonderabgaben der Länder; andernfalls stünde letzteren ein allgemeiner Zugriff auf das begrenzte Leistungsvermögen der Bürger zu, der nicht den Schranken der Steuergesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 und 2a GG unterläge (vgl. BVerfGE 67, 256 [285 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv067256.html#285)]).
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: gez-negativ am 23. Januar 2019, 18:40
Rn. 119 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
(1) Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben -- über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle -- einer besonderen sachlichen Rechtfertigung.
Sie müssen sich zudem ihrer Art nach
von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird,
deutlich unterscheiden.

Die Steuer ist also voraussetzungslos.
Zitat
(1) Im privaten Bereich ist für jede Wohnung ...
Das ist absolut voraussetzungslos und damit eine verkappte Steuer. Die Wohnung wird besteuert, nicht das Wohnen und nicht der Rundfunkempfang.
Für die Wohnung ist der Eigentümer zuständig. Nicht der Inhaber.


Zitat
Rn. 120 - BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Zitat
(2) Die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe muss der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung tragen. Der Schuldner einer nichtsteuerlichen Abgabe ist regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und wird schon als solcher zur Finanzierung der Lasten herangezogen, die die Gemeinschaft treffen. Neben dieser steuerlichen Inanspruchnahme bedürfen nichtsteuerliche Abgaben, die den Einzelnen zu einer weiteren Finanzleistung heranziehen, einer besonderen Rechtfertigung aus Sachgründen.


Welche Belastungsgleichheit soll denn gemeint sein? 1-Personenhaushalt zu 4-Personenhaushalt?
Einmal voller Betrag und dann 1/4 Betrag?

" ... einer besonderen Rechtfertigung aus Sachgründen." Wo soll diese besondere Rechtfertigung sein? Es heißt: "Im privaten Bereich ist für jede Wohnung ..."
Es gibt da nichts, was einer Rechtfertigung gleichkommen würde.

@pinguin,
Die von dir genannten Zitate stehen im Widerspruch zu dem 2013-er Wohnungssteuer-Abzockvertrag.
Der RBStV erfüllt eben lt. deinen Zitaten nicht die Bedingungen für eine nichtsteuerliche Abgabe.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 23. Januar 2019, 19:59
Die von dir genannten Zitate stehen im Widerspruch zu dem 2013-er Wohnungssteuer-Abzockvertrag.
Der RBStV erfüllt eben lt. deinen Zitaten nicht die Bedingungen für eine nichtsteuerliche Abgabe.
Die Sicht des BVerfG ist aber eine andere? Muß auch eine andere Sicht sein, denn wäre es offiziell eine Steuer, wären die Länder u. U. gar nicht zuständig, denn für landesweite oder gar länderübergreifende Steuern fehlt ihnen die Gesetzgebungsbefugnis.

Die Länder dürfen letztlich nämlich nur, was der Bund ihnen zur Gesetzgebung übrig läßt.

Art. 105 GG
Zitat
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.[...]
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.[...]

Also darf der Rundfunkbeitrag keine Steuer sein.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 23. Januar 2019, 21:07
Mal noch eine weitere Anmerkung/Überlegung in Zusammenhang mit dem anderen Thema:

Zitat
Rn. 25 - BVerfGE 7, 244 - Badische Weinabgabe
Zitat
Nichts liegt näher, als die Beteiligung der Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Veranstaltung auch als "Beitrag", "Umlage" o. ä. zu bezeichnen (vgl. etwa die "Beiträge" nach dem rheinland-pfälzischen Gesetz betr. den Wiederaufbau reblausverseuchter Weinbaugebiete vom 12. Mai 1953, GVBl. S. 54).[...]

BVerfGE 7, 244 - Badische Weinabgabe; Grundlageklärung, ob Steuer oder nicht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29947.msg187530.html#msg187530 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29947.msg187530.html#msg187530)

Wenn nur Interessenten bebeitragt werden dürfen, stellt sich freilich die Frage der Nutzung nicht,weil es alleine darauf ankommt, ob man potentielles Interesse daran hätte, nutzen zu wollen oder nicht.

Der Runddfunknichtnutzer hat aber garantiert kein Interesse an der Nutzung, ist also kein Interessent und damit nicht zu bebeitragen.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Spark am 23. Januar 2019, 21:19
Nichts für ungut, aber was hat der Rundfunkbeitrag mit einer Sonderabgabe zu tun?
Sonderabgaben sind ein eigenes Kapitel unter den Abgabetypen.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 24. Januar 2019, 17:52
Nichts für ungut, aber was hat der Rundfunkbeitrag mit einer Sonderabgabe zu tun?
Sonderabgaben sind ein eigenes Kapitel unter den Abgabetypen.
Bitte lies einfach alle Zitate aus dem/den zitierten BVerfG-Entscheidungen und berücksichtige auch das Thema zur "Badischen Weinabgabe", wie verlinkt.

Du könntest dann erkennen, daß

- die Länder defaktisch nicht zur Steuereinführung befugt sind;
- die Länder nur nichtsteuerliche Abgaben einführen dürfen, die allesamt nicht "voraussetzungslos" zu erheben sind; dieses gilt dann auch für Sonderabgaben, die von den Ländern eingeführt werden;
(Ob der Rundfunkbeitrag eine Sonderabgabe wäre, braucht nicht diskutiert zu werden, denn er ist in jedem Falle eine nichtsteuerliche Abgabe);
- nichtsteuerliche Abgaben in 3 Arten zu unterscheiden sind, nämlich in Gebühren, Beiträge und Umlagen;
- für die Erhebung von Gebühren bedarf es der Nutzung jener Dienstleistung, für die diese Gebühr erhoben wird;
- für die Erhebung eines Beitrages bedarf es des Interesses an der (Nutzung der) Dienstleistung, für die dieser Beitrag erhoben wird;
- gemäß der aus beiden Entscheidungen, ( BVerfGE 7, 244 & BVerfGE 108, 186), abgeleiteten "Tradition" des BVerfG braucht der Begriff "Umlage" hier nicht diskutiert zu werden; tut das BVerfG in diesern beiden Entscheidungen nämlich auch nicht, obwohl es diesen Begriff erwähnt;

Wir wissen:

- wir bewegen uns im Bereich der Informationsmedien, also im Bereich der Meinungs- und Informationsfreiheit;
. der Gesetzgeber definiert im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag eine Schickschuld vom Wohnungsinhaber;
- daß Interessenten zur Beitragszahlung herangezogen werden können; (Rn. 25 - BVerfGE 7, 244);
- es sind weder ein Holrecht durch Rundfunk und Behörde definiert, noch das Recht seitens des Rundfunks, alle Wohnungsinhaber, bspw., als Interessenten/Rundfunkinteressenten zu definieren;
- es hat Art. 10 EMRK als Bundesrecht, das sämtlichen staatlichen Stellen untersagt, in dem hier zur Diskussion stehenden Bereich auf Personen aktiven Einfluß auszuüben, (definiert als: "Einflußnahme");

"without interference by public authority" - "ohne Einflußnahme durch öffentlich Authorität".

Punkt, Cut;

Wir wissen ferner:

- es hat immer 2 Möglichkeiten der Verfassungswidrigkeit;
1x durch den Gesetzgeber;
1x seitens derjenigen staatlichen Stellen, die ein Gesetz so anwenden, bzw. umsetzen, daß es mit den europäischen, bundesrepublikanischen oder landesrechtlichen Wertmaßstäben kollidiert;

- in den Entscheidungen des BVerfG zur EMRK war stets das Handeln von Behörden wegen Nichteinhaltung der EMRK Gegenstand der Beschwerde;

- ohne die notwendige technische Ausstattung ist Rundfunkempfang nicht möglich;

- "Rundfunk ist nicht Internet" kraft der Vorgabe durch das Recht der allein für den EU-Binnenmarkt zuständigen Europäischen Union; (hilfsweise wäre die Forensuche zu bemühen);
1x kraft EU-Urheberrecht, weil es für jeden Vertriebsweg gemäß EuGH einer separaten Genehmigung des Urhebers eines Werkes bedarf, daß sein Werk auf diesen Vertriebsweg durch den das Werk vertreiben wollenden Vertreiber vertrieben werden darf; (Lacher am Rande, ohne diese Genehmigung wird dieses Werk tatsächlich aus diesem Vertriebsweg vertrieben, also quasi weggepustet, weil es da nicht sein darf);
1x kraft EuGH, der darauf erkannt hat, daß es sich bei Rundfunk um einen anderen technischen Verbreitungsweg handelt, als es beim Internet der Fall ist;

Und, jetzt kommt's;

Die einzig mit dem "restlichen" Bestimmungen des Landes Brandenburg, des Bundes und auch Europas übereinstimmende, also keinem Grundrecht entgegenstehende Gesetzesausführung, bewirkt, daß nur Rundfunknutzer zu beibeitragen sind, weil nur bei denen auch tatsächlich das an einen Beitrag geknüpfte Interesse an der Sache gegeben ist.

Wie bereits in den Weiten und Tiefen des Forums kundgetan, die Anbindung des Rundfunkbeitrages an die Wohnungsinhaberschaft soll jene von der u. U. aus erheblichem Mangel an Charakter und Fachkompetenz resultierenden Willkür staatlicher Stellen entlasten, die eh am Boden sind, weil wohnungslos.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Spark am 24. Januar 2019, 19:34
Zitat: @pinguin
Zitat
- daß Interessenten zur Beitragszahlung herangezogen werden können; (Rn. 25 - BVerfGE 7, 244);
- es sind weder ein Holrecht durch Rundfunk und Behörde definiert, noch das Recht seitens des Rundfunks, alle Wohnungsinhaber, bspw., als Interessenten/Rundfunkinteressenten zu definieren;

[...]

Und, jetzt kommt's;

Die einzig mit dem "restlichen" Bestimmungen des Landes Brandenburg, des Bundes und auch Europas übereinstimmende, also keinem Grundrecht entgegenstehende Gesetzesausführung, bewirkt, daß nur Rundfunknutzer zu beibeitragen sind, weil nur bei denen auch tatsächlich das an einen Beitrag geknüpfte Interesse an der Sache gegeben ist.

Und jetzt kommt der Schocker: BVerfG 18.07.2018 Leisatz 3
Zitat
3. Die Landesgesetzgeber durften die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich an das Innehaben von Wohnungen in der Annahme anknüpfen, das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werde typischerweise in der Wohnung in Anspruch genommen. Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an.

Es sieht fast so aus, als hätte das Bundesverfassungsgericht seine Meinung zwischenzeitlich geändert.
Interessent oder Nichtinteressent scheint nicht mehr relevant zu sein.

Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: wetterauer am 24. Januar 2019, 22:15
Thomas Koblenzer hat sich in den von ihm vertretenen Verfassungsbeschwerden unter anderem auf die sehr ähnliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu den Rückmeldegebühren an Universitäten in Baden-Württemberg aus dem März 2003 berufen (BVerfGE 108, 1). Und hier ging es um eine Gebühr (nicht eine Sonderabgabe).

Eine vergleichbare Entscheidung zu Beiträgen gibt es (meines Wissens) nicht.

Wie Spark schreibt: Das Bundesverfassungsgericht, in diesem Falle der Erste Senat - die Entscheidungen zu nichtsteuerlichen Sonderabgaben beziehungsweise den Rückmeldegebühren kommen vom Zweiten, für das Abgabenrecht zuständigen Senat, der diese abgabenrechtlichen Dinge offensichtlich völlig anders beurteilt - hat die über viele Jahre geltende ständige Rechtsprechung des zweiten Senates des Bundesverfassungsgerichtes über nichtsteuerliche Abgaben zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im letzten Jahr geändert.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 25. Januar 2019, 00:25
Eine vergleichbare Entscheidung zu Beiträgen gibt es (meines Wissens) nicht.
Braucht es doch auch nicht?

Es genügt ein Blick ins Grundgesetz, um Kenntnis davon zu erlangen, daß die Länder auch heute noch nur sehr eingeschränkt befugt sind, Steuern einzuführen und deswegen die ältere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sehr wohl auch weiterhin zur Klärung aktueller Fälle herangezogen werden sollte.

Es ist Sache des Bundesverfassungsgerichtes selber, evtl. Widersprüche in seiner langjährigen Rechtsprechung aufzuklären.

Es würde der in §31 BVerfGG verankerten Bindungsgwirkung der gerichtlichen Entscheidungen des BVerfG entgegenstehen, wenn ältere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes bei gleicher bundesrechtlicher Lage nicht mehr eingehalten zu werden bräuchten.

Art. 105 GG
Zitat
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.

Es ist allgemeiner Konsens(?), daß nur die Steuer voraussetzungslos zu entrichten ist.

Es darf an dieser Stelle auch an die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Bunde erinnert werden; diese gilt letztlich nicht nur gerichtsübergreifend auf Ebene der Bundesgerichte, sondern auch innerhalb der Bundesgerichte selbst und erst recht beim Bundesverfassungsgericht.

@Spark
Zitat
Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an.
Und?

Zitat
Nichts liegt näher, als die Beteiligung der Interessenten
Sind "Interessent" und "Nutzungswilliger" gleichbedeutend oder identisch? Für mich nicht, denn Interesse an etwas, heißt nicht, daß man das, woran man in der Theorie Interesse hat, auch selbst für sich in der Praxis realisieren möchte. Und nur dann, wenn man etwas auch in der Praxis realisieren möchte, hat man überhaupt einen Nutzungswillen.

Man kann zwar vom Nutzungswillen auf Interesse schließen, aber nicht vom Interesse auf den Nutzungswillen.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Spark am 25. Januar 2019, 05:49
@pinguin

Vergleiche bitte noch einmal diese beiden Aussagen. Dann müßte Dir der Widerpruch, der darin liegt sofort auffallen.

Aussage 1:
Zitat
Die einzig mit dem "restlichen" Bestimmungen des Landes Brandenburg, des Bundes und auch Europas übereinstimmende, also keinem Grundrecht entgegenstehende Gesetzesausführung, bewirkt, daß nur Rundfunknutzer zu bebeitragen sind, weil nur bei denen auch tatsächlich das an einen Beitrag geknüpfte Interesse an der Sache gegeben ist.
(womit wir dann aber automatisch wieder bei einer Gebühr wären)

Aussage 2:
Zitat
Sind "Interessent" und "Nutzungswilliger" gleichbedeutend oder identisch? Für mich nicht, denn Interesse an etwas, heißt nicht, daß man das, woran man in der Theorie Interesse hat, auch selbst für sich in der Praxis realisieren möchte. Und nur dann, wenn man etwas auch in der Praxis realisieren möchte, hat man überhaupt einen Nutzungswillen.

Man kann zwar vom Nutzungswillen auf Interesse schließen, aber nicht vom Interesse auf den Nutzungswillen.

Aussage 1:
Bei einem Rundfunknutzer kann man im Allgemeinen von einem Nutzungswillen und somit auch einem Interesse ausgehen.

Aussage 2:
Ein Interesse begründet nicht automatisch auch einen Nutzungswillen.

Die beiden Aussagen im Einzelnen sind in sich noch schlüssig, aber nicht mehr in Beziehung zueinander.
Nehmen wir jetzt nochmals Rn. 25 BVerfGE 7, 244 - Badische Weinabgabe:
Zitat
Nichts liegt näher, als die Beteiligung der Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Veranstaltung auch als "Beitrag", "Umlage" o. ä. zu bezeichnen

Laut Deiner ersten Aussage ist es rechtlich wirklich "nur" korrekt, wenn "nur" Rundfunknutzer zu einem Beitrag herangezogen werden, weil bei "Diesen" auch von einem Interesse ausgegangen werden kann.
(was, wie schon erwähnt, zu einer Gebühr führen würde)

Laut Deiner zweiten Aussage kann man nicht automatisch von einem Interesse auch auf einen Nutzungswillen schließen (was für sich gesehen ja auch korrekt ist). Das heißt aber auch, dass auch Nichtnutzer zu einem Beitrag herangezogen werden können, weil ja bei diesen auch ein Interesse bestehen kann.

Eine Frage, die sich aufdrängt ist:
Nach welchem Kriterium wird denn nun ein mögliches Interesse definiert?
Laut Bundesverfassungsgericht nicht durch einen Nutzungswillen (= Rundfunkteilnehmer).

Die Antwort auf diese Frage ist, dass es überhaupt kein Kriterium gibt an dem ein Interesse festgemacht wird. Es wird pauschal der gesamten Bevölkerung ein Interesse unterstellt (sehr praktisch).

Ich kenne aber mindestens einen Bürger in diesem Land, der keinen Rundfunk nutzt und auch gleichzeitig keinerlei Interesse an diesem hat.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 25. Januar 2019, 12:38
@Spark

Das heißt aber auch, dass auch Nichtnutzer zu einem Beitrag herangezogen werden können, weil ja bei diesen auch ein Interesse bestehen kann.
Stop; genau das trifft nicht zu.

Hier greift nämlich, spätestens, Art. 10 EMRK mit "ohne Einflußnahme durch öffentliche Authorität"; der Staat und dessen Handelnde dürfen hier nichts unterstellen.

Zitat
Nach welchem Kriterium wird denn nun ein mögliches Interesse definiert?
Alleine durch die einzelne Person, die sich bspw. Rundfunkempfangsgeräte verschafft, oder aber diesen Beitrag von sich aus leistet und damit dieser Schickschuld genügt. ->

In dubio pro reo.

Dieses gilt nicht nur für die einzelne Person, sondern auch für den Gesetzgeber, der sich an gültiges Recht halten will; insbesondere gilt dieses nicht nur für den einzelnen Landesgesetzgeber, sondern auch fü den Bundesgesetzgeber, der sich im Bereich Rundfunk aber rauszuhalten hat und "nur" die Rundfunk tangierenden Bereiche regeln darf, bspw. auch mit Hilfe seiner Fachgerichte ->

BGH KZR 31/14, Rn. 2 & Rn. 29: die ÖRR sind Unternehmen im Sinne des Kartellrechts;
BFH V R 32/97: eine staatliche Stelle in Wettbewerb hat keine hoheitlichen Befugnisse;

oder auch hier im Landesrecht durch die Verwaltungsvorschrift zur Durchführung unseres Datenschutzgesetzes: öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen haben keine Behördeneigenschaft";

Auch damit ist es den lokalen staatlichen Stellen verwehrt, in den individuellen Entscheidungsprozess der einzelnen Person einzugreifen und einem derartigen Unternehmen entgegen der eindeutigen Bestimmung bspw. Amtshilfe zu leisten;

Zur Wiederholung:

Das BVerfG ist zur Klärung der Fachfragen nicht befugt.

Zugegebenermaßen ist es in diesem Bereich schwieriger, als bei den, bspw., jetzt in Frage gestellten Straßenausbaubeiträgen, bei denen Anlieger einer Straße in Ausbau auch automatisch als Interessent für diesen Ausbau angesehen werden.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 25. Januar 2019, 22:19
Leitsätze - Auszüge - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe

Zitat
1. Als außersteuerliche Geldleistungspflicht der Angehörigen einzelner Gruppen stößt die Sonderabgabe auf enge kompetenzrechtliche Grenzen. Sie kann als zusätzliche Belastung einzelner nur erhoben werden, wenn sie sich auf einen besonderen Zurechnungsgrund stützen läßt, der vor den Grundsätzen der bundesstaatlichen Finanzverfassung und vor dem Gebot der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten Bestand hat.

Zitat
a) Entscheidend für die Qualifizierung einer Abgabe als Sonderabgabe ist ihr materieller Gehalt. Es kommt nicht darauf an, wie das Abgabengesetz selbst eine öffentliche-rechtliche Abgabe klassifiziert.

Zitat
3. a) Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt.

Rn. 69 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
[...]als sie den Betroffenen eine Geldleistungspflicht "voraussetzungslos" - d. h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand - auferlegt.[...]
Es wird hier also die Aussage getätigt, daß sowohl Steuern als auch die nichtsteuerliche Sonderabgabe "voraussetzungslos" erhoben werden, im Gegensatz zu den nichtsteuerlichen Gebühren und Beiträgen; mit der Sonderabgabe würden Angehörige bestimmter Gruppen in Anspruch genommen.

Weiter in Rn. 69

Zitat
[...]Die Abgabe dient lediglich der Finanzierung besonderer Aufgaben, zu denen eine Gruppe eine deutlich größere, durch eine objektive Interessenlage geprägte Sachnähe aufweist als die Allgemeinheit und deren Bewältigung in eine herausragende Verantwortung dieser Gruppe fällt. Das Grundgesetz versagt es dem Gesetzgeber, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden. Für die Auferlegung von Abgaben zu diesem Zweck bieten die Art. 73 ff. GG keine Kompetenzgrundlage. Sonderabgaben fließen regelmäßig nicht in die Staatskasse, gleichgültig, ob es sich um sogenannte Ausgleichsabgaben oder um Sonderabgaben anderer Art handelt. Sie werden mithin auch nicht von den Finanzbehörden verwaltet (vgl. BVerfGE 18, 315 [328 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv018315.html#328)]).
Der Rundfunkbeitrag fließt nicht in die Staatskasse und entspricht dem Wesen nach, nach dieser Schilderung, der Definition einer Sonderabgabe?

Rn. 70 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
Die Funktion, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu gewinnen, ist (unter den voraussetzungslos geschuldeten Abgaben) nach dem Willen der Verfassung ausschließlich der Steuer zugewiesen.[...]

Rn. 73 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
[...]darüber hinaus ist von vornherein den Erfordernissen des Individualschutzes der Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen, die sowohl durch Steuern als auch durch Sonderabgaben in Pflicht genommen werden.[...]

Rn. 74 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
[...]es ist dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich versagt, eine öffentliche Aufgabe nach seiner Wahl im Wege der Besteuerung oder durch Erhebung einer "parafiskalischen" Sonderabgabe zu finanzieren.

Rn. 77 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
Schon mit der objektiven Ordnungsfunktion dieser bundesstaatlichen Finanzverfassung vertrüge es sich nicht, es der Willensentschließung des "einfachen" Gesetzgebers zu überlassen, eine bestimmte öffentliche Aufgabe im Wege der Besteuerung oder - unter Berufung auf eine weitgefaßte Sachgebietszuständigkeit (z. B. das Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Nr. 11 GG) - durch Erhebung einer "parafiskalischen" Sonderabgabe zu finanzieren; denn ein "Wahlrecht" des Gesetzgebers zwischen der Einführung von Steuern oder Sonderabgaben würde "die Regelungen in Art. 105 und 106 GG zwangsläufig zur Disposition des einfachen Gesetzgebers stellen" und "einen der am sorgfältigsten behauenen und in einer Kette von Verfassungsänderungen mehrfach modifizierten Ecksteine aus dem Gefüge der bundesstaatlichen Verfassung" herausbrechen (Friauf in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 [106 f.]).

Rn. 78 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe

Zitat
Der mit der Sonderabgabe in Pflicht Genommene ist regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und wird als solcher unter der Herrschaft der spezifischen Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht, also unter Wahrung der Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach seiner individuellen und damit relativ gleichen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der die Gemeinschaft treffenden Lasten herangezogen (vgl. u. a. BVerfGE 6, 55 [70 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv006055.html#070)]; 8, 51
Die Erhebung einer Sonderabgabe vollzieht sich also nach dem allgemeinen Steuerrecht und den damit in Zusammenhang stehenden individuellen Steuersätzen anhand der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit.

Wenn das Bundesverfassungsgericht in seiner aktuellen Entscheidung betont, daß der Rundfunkbeitragspflichtige zugleich Steuerpflichtiger sei, könnte das ein Hinweis darauf sein, daß es zum Ausdruck bringen will, daß der Rundfunkbeitrag eine nichtsteuerliche Sonderabgabe darstellt, die zwar voraussetzungslos geschuldet wird, aber nur auf Basis der individuellen Leistungsfähigkeit zu erheben ist.

Weiter in Rn. 78
Zitat
"Die relativ gleiche Teilnahme aller Staatsbürger an den die Gemeinschaft treffenden Lasten nach Maßgabe der vom Steuergesetz getroffenen Belastungsentscheidung würde zu einem bloßen Formalprinzip entwertet, wenn nicht zugleich gewährleistet wäre, daß diese Lasten auch tatsächlich aus den von allen gemeinsam aufgebrachten Steuermitteln getragen werden. In dem Maße, in dem der Staat bestimmte öffentliche Aufgaben nicht aus Steuergeldern finanziert, sondern sie einzelnen Bürgern oder Gruppen neben ihrer Steuerlast und ohne Rücksicht bei dieser aufbürdet, hebt er der Sache nach die Lastengleichheit wieder auf" (so zutreffend Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 [48]).

Weiter in Rn. 78
Zitat
[...]daß Lasten, die durch die Erledigung öffentlicher Angelegenheiten entstehen, nur die Allgemeinheit treffen und deshalb nur aus öffentlichen Mitteln zu tragen sind (vgl. BVerfGE 23, 12 [23])

Rn. 80 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
[...]Es steht nicht in der Macht des Bundes- oder Landesgesetzgebers, einer Abgabe, die unter den Begriff der Steuer fällt, durch ausdrückliche gegenteilige Bestimmung, also durch ausdrückliche Verneinung der Steuereigenschaft oder durch ausdrückliche Einreihung in eine andere Abgabenkategorie, diese rechtliche Qualifikation zu nehmen und dadurch seine Zuständigkeit zu begründen (BVerfGE 7, 244 [251 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv007244.html#251)]; vgl. auch Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 184).

Rn. 81 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
bb) Um die "Erzielung von Einnahmen" und damit um eine Steuer handelt es sich ausnahmslos dann, wenn das Aufkommen aus der Abgabe einem "öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen" endgültig zufällt und von diesem mindestens in den Grenzen, die für Zwecksteuern gelten, frei verwendet werden kann (vgl. BVerfGE 36, 66 [70]).

Rn. 84 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
dd) Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt (vgl. BVerfGE 23, 12 [23 f.]; 37, 1 [16 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv037001.html#016)]; Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 18; Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 [55 f.]). Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten, die nicht in der Rechts- und Sozialordnung materiell vorgegeben sind, normativ zu bilden.
Weiter in Rn. 84
Zitat
ee) Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus[...]
Welche besondere Beziehung hat es zwischen dem Rundfunk und dem Rundfunknichtnutzer? Logisch, keine.

Weiter in Rn. 84
Zitat
Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler; andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.
Der Zweck des Rundfunkbeitrages ist die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks; wäre der Rundfunkbeitrag vom materiellen Gehalt her also eine Sonderabgabe, dürfen nur jene damit belastet werden, die in einer besonderen Beziehung zum Rundfunk stehen. Aus der bloßen Wohnungsinhaberschaft läßt sich das schwerlich ableiten.

Im weiteren Wortlaut behandelt das BVerfG das materielle Wesen dieser Berufsausbildungsabgabe und kommt zur Überzeugung, daß es sich um eine Sonderabgabe handelte; in Rn. 112 wird diese Berufsausbildungsabgabe aber dennoch gekippt:

Rn. 112 - BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe
Zitat
Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz hätte jedoch nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft, weil es jedenfalls in § 3 Abs. 6 und Abs. 8 Nr. 3 Vorschriften über das Verwaltungsverfahren enthält. Da der Bundesrat seine Zustimmung versagt hat, ist das Gesetz nach dem Grundgesetz nicht gültig zustande gekommen und deshalb nichtig.
Enthalten die Rundfunkstaatsverträge incl. deren Zustimmungsgesetze Vorschriften über Verwaltungsverfahren?

Benötigen landesrechtliche Gesetze der Zustimmung durch den Bundesrat, wenn sie Vorschriften über Verwaltungsverfahren enthalten? Ok, nö, gilt gemäß Rn.114 nur für Bundesgesetze, die die Länder in eigener Zuständigkeit ausführen.


BVerfGE 55, 274 - Berufsausbildungsabgabe

Urteil des Zweiten Senats vom 10. Dezember 1980 auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 1980 - 2 BvF 3/77 -
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html)


Anbei noch ein Dokument des Bundestages:

Verschiedene Fragestellungen zu Steuern und Sozialabgaben
https://www.bundestag.de/blob/474496/4c01d5458a94df821c403ce52c3d53df/wd-6-176-08-pdf-data.pdf (https://www.bundestag.de/blob/474496/4c01d5458a94df821c403ce52c3d53df/wd-6-176-08-pdf-data.pdf)
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: gez-negativ am 03. Februar 2019, 18:26
Also darf der Rundfunkbeitrag keine Steuer sein.
Na, freilich. DARF KEINE!
Das Übel besteht darin, was es nicht sein darf und was es dennoch ist !

Ganz einfach: Es ist die totale Willkür.
Normalerweise ist es eine Gegenleistung für ein Leistungsangebot. Immer wieder wird betont, dass es nicht darauf ankäme, ob ein Empfangsgerät vorhanden ist oder nicht. Und dennoch unterstellt man dieses als vorhanden.

Man verweist auf die Möglichkeit des Empfangs. Die Möglichkeit erfordert aber zwingend ein Gerät.

im RBStV steht : für die Wohnung.
Das ist absolut voraussetzungslos und eine Möglichkeit des Entkommens ist nicht gegeben.
Welche Möglichkeit hat der Nichtnutzer? Keine.

Damit ist es in dem Sinne eine Zwangs-Steuer auf die nackte Wohnung.
Es ist nicht einmal eine Rundfunksteuer und auch keine Inhabersteuer, sondern eine Eigentumssteuer, die dann der Inhaber, der dafür gar nicht zuständig ist, zu zahlen hat.

Schlicht und einfach: der totale Wahnsinn!
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: tokiomotel am 03. Februar 2019, 18:50
Das ist absolut voraussetzungslos und eine Möglichkeit des Entkommens ist nicht gegeben.
Wäre denn bei einer echten Rundfunksteuer eine Möglichkeit des Entkommens gegeben?
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Mr. Orange am 03. Februar 2019, 18:59
Wäre denn bei einer echten Rundfunksteuer eine Möglichkeit des Entkommens gegeben?

klare Antwort: Ja  :)
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: gez-negativ am 03. Februar 2019, 19:20
Wäre denn bei einer echten Rundfunksteuer eine Möglichkeit des Entkommens gegeben?
Evtl. schon?
Wohnungssteuer: Für JEDE Wohnung.

Rundfunksteuer: Für .... Rundfunk.

Hundesteuer: Für .... Hund.

Bei der Wohnungssteuer müsste ich mich der Wohnung entledigen.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 03. Februar 2019, 19:24
Wäre denn bei einer echten Rundfunksteuer eine Möglichkeit des Entkommens gegeben?
Es käme wohl darauf an, wie die Erhebung gestaltet und nachher praktiziert wird.

Tatsache ist, daß eine Steuer wie eine nicht-steuerliche Sonderabgabe an die individuelle Leistungsfähigkeit anknüpft.

Tatsache ist aber auch, daß es schwerlich vermittelbar wäre, eine Zwecksteuer alleine zur Finanzierung des ÖRR einzuführen.

Was immer funzt, ist hingegen die Finanzierung aus dem bereits vorhandenen allgemeinen Steueraufkommen.

Was funzen könnte, ist die Einführung einer allgemeinen Medienzwecksteuer, die dann allerdings auch allen Medien zugute kommen müsste, also auch den Printmedien?

Denn, sorry für die Penetranz, gilt es, Art.10 EMRK ganz kontinuierlich einzuhalten.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: tokiomotel am 03. Februar 2019, 19:25
@ Mr.Orange
Dann aber auch nur für den annähernd gleichen Personenkreis, welcher jetzt schon durch gegebene Befreiungsvoraussetzung entkommen kann. Das heißt, wenn man eine Steuer prozentual nach Einkommenshöhe annimmt und wahrscheinlich wieder einen "sozialen Freibetrag" nach unten einbaut.
Ansonsten zahlt dann JEDER ob er will oder nicht. Dann ist es völlig wurscht ob Singlewohnung oder TausendmannWG, weil es endlich gerecht pro Nase zugeht..
Gerecht natürlich nur auf Steuer anstatt Beitrag bezogen, anzustreben ist vielmehr die Umwandlung vom ZwangsPayTV des örR in FreePayTV.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 03. Februar 2019, 19:29
anzustreben ist vielmehr die Umwandlung vom ZwangsPayTV des örR in FreePayTV.
Dürfte nur mittels Umstrukturierung der Rundfunkanstalten möglich sein, so daß diese verpflichtet wären, privates Recht anwenden zu müssen, weil sie sich nicht mehr auf öffentliches Recht berufen dürften.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: tokiomotel am 03. Februar 2019, 19:48
Tatsache ist aber auch, daß es schwerlich vermittelbar wäre, eine Zwecksteuer alleine zur Finanzierung des ÖRR einzuführen.
Richtig, genauso schwerlich vermittelbar ist es doch schon immer, einen "Zweckbeitrag" (zudem pro Wohnung seit 2013) allein zur Finanzierung des örR mit Biegen und Brechen weiter zu betreiben. Der Krampf würde halt nur umgewidmet und einen anderen Namen bekommen, dann aber als Steuer wenigstens besser für jeden nachvollziehbar besser zu handhaben sein. Und tausendmal gerechter allemal, im Vergleich zum derzeitig asozialem Murks.
Nö, als Steuer will der örR seine Kohle gar nicht haben, weil dann ein unangenehmeres Kontrollorgan dahinter steht. Bisher schauspielert da eine weichgespülte gummigelagerte KEF den Jonny Condroletti.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: gez-negativ am 03. Februar 2019, 19:52
Ansonsten zahlt dann JEDER ob er will oder nicht. Dann ist es völlig wurscht ob Singlewohnung oder TausendmannWG, weil es endlich gerecht pro Nase zugeht..
Offiziell geht es nicht, da die Steuer eine absolut Staatliche Sache ist, die allein dem Staat obliegt.
Daher ist es derzeit eine verkappte Wohnungssteuer, die verdummungsrechtlich als sog. Beitrag bezeichnet wird.

Alles nur Verarsxxe von vorn bis hinten.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: gez-negativ am 03. Februar 2019, 20:26
(was, wie schon erwähnt, zu einer Gebühr führen würde)
Das hat damit nichts zu tun.
Den Unterschied zur Gebühr sehe ich darin, dass die Gebühr annähernd äquivalent zur tatsächlichen Nutzung, z.B.: pro Stunde, pro Sendung etc. berechnet wird.
Der Beitrag ist pauschal pro Monat, ob 1 Std. oder 500.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Mr. Orange am 03. Februar 2019, 20:39
Daher ist es derzeit eine verkappte Wohnungssteuer, die verdummungsrechtlich als sog. Beitrag bezeichnet wird.

das jetzige System macht eine eigene Steuergesetzgebung obsolet. Das Erlassen der Gesetze hätte Jahre gedauert, wenn nicht eine gesamte Legislatur
So hat man die Rundfunkanstalten in Behörden umgewandelt, genau wie umgedreht die Jobcenter entstanden sind,  und die Bundesanstalt für Arbeit in eine Agentur umgewandelt wurde.

Die Befreiung ist ein Verwaltungsakt, gegen den der Widerspruch möglich ist, der Festsetzungsbescheid, ist  keine Mahnung, mit der man den Reisswolf füttern kann
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: hankhug am 03. Februar 2019, 20:42
Ganz einfach: Es ist die totale Willkür.
Normalerweise ist es eine Gegenleistung für ein Leistungsangebot. Immer wieder wird betont, dass es nicht darauf ankäme, ob ein Empfangsgerät vorhanden ist oder nicht. Und dennoch unterstellt man dieses als vorhanden.

Man verweist auf die Möglichkeit des Empfangs. Die Möglichkeit erfordert aber zwingend ein Gerät.
Zum Thema der Unterscheidung von Nutzer und Nichtnutzer wurde doch immer das Argument der Typisierungszulässigkeit des Gesetzgebers vorgebracht, d.h. wenn die Gruppe der Nichtnutzer (oder Nicht-Nutzungswilligen) klein genug sei, dürfe sie -zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung- trotzdem bebeitragt werden.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 04. Februar 2019, 00:24
@Mr.Orange
Zitat
So hat man die Rundfunkanstalten in Behörden umgewandelt
Das ist doch einfach nicht wahr, und, übrigens, soll das hier nicht diskutiert werden.

@alle

Wenn man es mal ohne Scheuklappen betrachtet, trifft wohl zu, wie es an andere Stelle im Forum schon mal genannt worden zu sein scheint, daß die damalige "Gebühr" in Echt ein "Beitrag" war, (wobei auch dieses in Frage zu stellen wäre), weil es da ja auf die Möglichkeit der Nutzuung ankam und nicht auf die tatsächliche Nutzung, und der jetzige "Beitrag" ist in Echt eine "nicht-steuerliche Sonderabgabe".

Immerhin wäre ja zu berücksichtigen, daß Gebühr, Beitrag und Steuer in den Staatshaushalt einfließen und nur die Sonderabgabe direkt an den Begünstigten zu leisten ist.

Vorgegeben werden dabei seitens des Staates ja alle 4 dieser Abgabeformen.

Deswegen entsprechen auch alle 4 Abgabeformen europarechtlich der staatlichen Beihilfe, nur daß es letztlich eben dann doch keine Beihilfe darstellt, wenn die Zahlung an den Staat selber geleistet wird.

Deswegen war ja auch die damalige Gebühr bereits eine Beihilfe, weil sie eben nicht an den Staat, sondern an ein Unternehmen geleistet wird.

Es muß erst einmal auch wirklich von den Verantwortlichen begriffen werden, daß jede Leistung, die der Staat vorgibt, aber vom Leistenden vertragslos und ohne eigenes Zutun an ein Unternehmen geleistet wird, als Beihilfe betrachtet wird.

Und, nein, komme keiner mit den Krankenkassenbeiträgen, denn hier hat es einen Vertrag zwischen Leistendem und Leistungsnehmer, auf Basis dessen die Leistung an eben die vertragschließende Kasse erfolgt.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Mr. Orange am 04. Februar 2019, 15:23
@Mr.Orange
Das ist doch einfach nicht wahr, und, übrigens, soll das hier nicht diskutiert werden.

einfacher Praxistest:

den Müllgebührenbescheid, den Abwassergebührenbescheid und den Rundfunkgebührenbescheid sich nebeneinander auf den Tisch legen. Alle drei sind Verwaltungsakte, alle drei haben die selbe Form und Bestimmtheit. Auf allen drei findet man die Rechtsgrundlagen(§), in allen drei findet man die Rechtsbehelfsbelehrung, man findet die Widerspruchsstelle und man wird über die Widerspruchsfrist belehrt.
 ;)
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: PersonX am 04. Februar 2019, 15:44
-OT

Prüfe den Abwassergebührenbescheid
z.B.
https://rechtsanwaltskanzlei-krause.de/wasser-und-abwassergebuehrenbescheid/ (https://rechtsanwaltskanzlei-krause.de/wasser-und-abwassergebuehrenbescheid/)
Zitat
...
Bei Erhalt eines Bescheides sollte man die Ordnungsmäßigkeit dieses Bescheides überprüfen....
Stichworte: Leistungsentgelt, Grundgebühr, Rechtsgrundlage, genaue Maß der Inanspruchnahme und Wahrscheinlichkeitsmaßstab.

Beispiele


https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/baureferat/mse/Kundenservice/Gebuehreninformation/Gebuehrenbescheid.html
 (https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/baureferat/mse/Kundenservice/Gebuehreninformation/Gebuehrenbescheid.html)

Bescheid

https://www.muenchen.de/rathaus/dam/jcr:8a803d3e-be49-4cb2-bcb4-33e5330c4b6d/Bescheid%20ueber_die_Schmutzwassergebuehr_02_11_2011.pdf
 (https://www.muenchen.de/rathaus/dam/jcr:8a803d3e-be49-4cb2-bcb4-33e5330c4b6d/Bescheid%20ueber_die_Schmutzwassergebuehr_02_11_2011.pdf)
Dauerbescheid


https://www.muenchen.de/rathaus/dam/jcr:00a2f9da-5e7b-4a5f-a354-cb29534e2a89/Bescheid%20ueber_die_Niederschlagswassergebuehr_02_11_2011.pdf.pdf
 (https://www.muenchen.de/rathaus/dam/jcr:00a2f9da-5e7b-4a5f-a354-cb29534e2a89/Bescheid%20ueber_die_Niederschlagswassergebuehr_02_11_2011.pdf.pdf)
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 04. Februar 2019, 16:10
den Müllgebührenbescheid, den Abwassergebührenbescheid und den Rundfunkgebührenbescheid sich nebeneinander auf den Tisch legen.
Sie alle 3 sind dennoch nicht identisch; schau mal in den entsprechenden Rechtsgrundlagen der Länder. Da wirst Du für das Land Berlin bspw. finden:

Rechtsvorschriften
Abfall Landesrecht

https://www.berlin.de/senuvk/service/gesetzestexte/de/umwelt/abfall_land.shtml

Und darin wiederum

Zitat
§ 8
 Gebühren und Entgelte


(1) Die Kosten der Abfallentsorgung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind durch privatrechtliche Entgelte zu decken, die nach Maßgabe einer Entgeltordnung zu zahlen sind, sofern nicht Gebühren nach den Vorschriften des Gesetzes über Gebühren und Beiträge vom 22. Mai 1957 (GVBl. S. 516), zuletzt geändert durch Artikel II § 6 Abs. 1 des Gesetzes vom 15. April 1996 (GVBl. S. 126), in der jeweils geltenden Fassung gefordert werden. Schuldner der Abfallentsorgungskosten sind in der Regel die benutzungspflichtigen Grundstückseigentümer. Anstelle der Eigentümer kann der Erbbauberechtigte, der Nießbraucher oder ein sonstiger dinglich Nutzungsberechtigter sowie der Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer zur Zahlung herangezogen werden.
[...]

Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen in Berlin (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin - KrW-/AbfG Bln)  Vom 21. Juli 1999
http://gesetze.berlin.de/jportal/portal/t/x3v/page/bsbeprod.psml;jsessionid=D02B756FEAB16CF80697E96B7C422F75.jp19?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-KrW_AbfGBErahmen&doc.part=X&doc.price=0.0#jlr-KrW_AbfGBEpELS

Gemäß diesem Gesetz ist das Land Berlin selbst Entsorgungsträger, hat also im Grunde jede hoheitliche Befugnis; und dennoch kommt diese hoheitliche Befugnis nicht zu Tragen, wo die Entsorgungsunternehmen des Landes Berlin mit den privaten Entsorgungsunternehmen in Wettbewerb stehen und nicht vom jeweiligen Grundstückseigentümer, (bspw.), mit der Entsorgung beauftragt worden sind. 

Weiter heißt es
Zitat
§ 13
Organisation der Entsorgung gefährlicher Abfälle; weitere Aufgaben

(1) Die für die Abfallwirtschaft zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine zentrale Einrichtung zu bestimmen, die insbesondere die Organisation der Entsorgung gefährlicher Abfälle im Sinne des § 3 Absatz 8 Satz 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes erzeugt oder entsorgt werden, durchführt. Die Organisationsform sowie die Zusammensetzung und Fach- und Sachkunde der Organe und Mitarbeiter dieser zentralen Einrichtung müssen Gewähr für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung bieten. Der zentralen Einrichtung können im Zusammenhang mit der Organisation der Entsorgung gefährlicher Abfälle und nach Absatz 4a hoheitliche Aufgaben übertragen werden.

Um hoheitliche Aufgaben wahrnehmen zu dürfen, bedarf es der ausdrücklichen Übertragung durch den Gesetzgeber.

Das Beispiel des Landes Berlin sei deswegen benannt, weil der Rundfunk Berlin-Brandenburg per Staatsvertrag der vertragschließenden Länder Brandenburg und Berlin darauf verpflichtet worden ist, das Recht des Landes Berlin anzuwenden; das Recht des Landes Berlin wiederum überträgt dem Rundfunk Berlin-Brandenburg nicht nur keine hoheitlichen Aufgaben, es untersagt ihm darüberhinaus explizit die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Dafür hat es sogar ein separates Thema:

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg wird als Behörde bezeichnet

https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25656.msg185100.html#msg185100

Es ist allgemeines Bundesrecht, daß eine mit privaten Stellen in Wettbewerb stehende staatliche Stelle über keine hoheitlichen Befugnisse verfügt.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Mr. Orange am 04. Februar 2019, 16:54
Sie alle 3 sind dennoch nicht identisch
Und darin wiederum

natürlich sind sie nicht wortgleich=identisch. Alle 3 sind Verwaltungsakte und die Merkmale hatte ich genannt. Form und Bestimmheit sind nicht flexibel, sondern müssen dem Verwaltungsrecht genügen bzw. entsprechen. Das Verwaltungsgerichtsverfahren prüft doch nur die Form und die Bestimmtheit und sonst nichts.

Das Beispiel des Landes Berlin sei deswegen benannt, weil der Rundfunk Berlin-Brandenburg per Staatsvertrag der vertragschließenden Länder Brandenburg und Berlin darauf verpflichtet worden ist, das Recht des Landes Berlin anzuwenden; das Recht des Landes Berlin wiederum überträgt dem Rundfunk Berlin-Brandenburg nicht nur keine hoheitlichen Aufgaben, es untersagt ihm darüberhinaus explizit die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

aha. Aber trotzdem wurden Verwaltungakte erlassen und es wurden auch Vollstreckungen angeordnet, die rechtsmäßig waren. Wären die Beitragsbescheide in Berlin-Brandenburg anders gewesen, dann hätten sie im Verwaltungsgerichtsverfahren aufgehoben werden müssen, aus formalen oder Bestimmtheitsgründen. Sehen wir doch mal nach Verwaltungsakten:

Zitat
Enthält ein wirksamer Verwaltungsakt ein Gebot oder Verbot, kann dieses durch die erlassende Behörde mit Zwangsmitteln eigenständig durchgesetzt werden. Der Verwaltungsakt stellt also einen Vollstreckungstitel dar. Dies bedeutet einen Unterschied zur zivilrechtlichen Forderung: Deren Vollstreckung setzt voraus, dass sich der Gläubiger bei Gericht einen Vollstreckungstitel verschafft, beispielsweise ein Urteil.


also: ein Verwaltungsakt darf NUR eine Behörde erlassen
er ist eigener Vollstreckungstitel
er benötigt kein Urteil
https://de.wikipedia.org/wiki/Verwaltungsakt_%28Deutschland%29 (https://de.wikipedia.org/wiki/Verwaltungsakt_%28Deutschland%29)
in der Praxis ist weder ein Vollstreckungstitel, noch Kontopfändungen oder eine KFZ-Pfändung für den privaten(!) Gläubiger kostenlos zu haben.
Bei einem Zahlungsrückstand von zB. 600€ darf der Gerichtsvollzieher das KFZ mit dem Zeitwert von 6000€ gar nicht pfänden !
Ist der Gläubiger aber eine Behörde sieht das ganz anders aus: die Vollstreckung kostet den Gläubiger nichts und gepfändet wird alles, was verfügbar ist.

Wenn also die LRA Verwaltungsakte erlassen, aus denen sie dann ohne Urteil pfänden können, ohne die Berücksichtigung der Angemessenheit, dann machen sie das gleiche wie das Finanzamt zB.
Manchmal ist es doch das selbe, wenn 2 das gleiche tun.

Staatsferne Behörden sind genauso oft anzutreffen, wie gerade Kurven. Wenn die LRA übrigens keine Behörden wären, wären auch keine Verwaltungsgerichte zuständig  8)
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 04. Februar 2019, 18:05
Bitte nenne mir doch eine Behörde, die nicht befugt ist, Verwaltungsverfahren durchzuführen?
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg darf keine Verwaltungsverfahren durchführen, weil er nicht auf das dafür basisnötige Verwaltungsverfahrensgesetz zurückgreifen darf, wurde ihm doch die Anwendung dieses Gesetzes durch den ob der staatsvertraglichen Vereinbarung zwischen Brandenburg und Berlin einzig dafür zuständigen Gesetzgeber Berlin untersagt.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: Mr. Orange am 04. Februar 2019, 19:19
Bitte nenne mir doch eine Behörde, die nicht befugt ist, Verwaltungsverfahren durchzuführen?

nach deiner Behauptung, darf der RBB nicht handeln, wie eine Behörde(hoheitlich). Deiner Behauptung widersprechen die Verfahren im Land Berlin-Brandenburg. Alle Verfahren wurde verloren und wären andernfalls gewonnen worden, wenn deine Ansicht stimmen würde.

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg darf keine Verwaltungsverfahren durchführen, weil er nicht auf das dafür basisnötige Verwaltungsverfahrensgesetz zurückgreifen darf, wurde ihm doch die Anwendung dieses Gesetzes durch den ob der staatsvertraglichen Vereinbarung zwischen Brandenburg und Berlin einzig dafür zuständigen Gesetzgeber Berlin untersagt.

der RBB interessiert nicht deine Meinung, sondern die Position des RBB wurde in allen Instanzen bestätigt. Zwischen den Zeilen wirfst du den Verwaltungsgerichten in Berlin-Brandenburg Rechtsbeugung vor, wenn ich dich richtig verstehe? Warum der, der ARD zugehörige RBB, plötzlich anders agieren sollte und sollen dürfte (im Senderverbund ARD) als der SWR oder WDR, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich weiss auch nicht, warum man sich als Rechtslaie mit dem komplizierten und komplexen Verwaltungsgerichtsverfahren vergaloppiert, statt diejenigen darauf hinzuweisen, die behaupten, der RBB sei staatsfern, dass sie nicht mehr alle 5 Sinne beinander haben können, weil die Verwaltung noch nie staatsfern funktionieren konnte.  :o
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 04. Februar 2019, 23:32
@Mr.Orange

Zitat
nach deiner Behauptung, darf der RBB nicht handeln, wie eine Behörde(hoheitlich)
Das ist keine Behauptung; wie im Thema zum RBB ausgeführt, wird der RBB nicht im Behördenverzeichnis des Landes Berlin geführt.

Zitat
Warum der, der ARD zugehörige RBB, plötzlich anders agieren sollte und sollen dürfte (im Senderverbund ARD) als der SWR oder WDR, das kann ich nicht nachvollziehen.
Wegen anderer Vorgaben des Landesrechts der Länder Brandenburg und Berlin.

Nur zur kurzen Wiederholung:
Im Land Brandenburg haben öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen grundsätzlich keine Behördeneigenschaft; kraft BFH V R 32/97 in Verbindung zu BGH KZR 31/14, was sich auch im Datenschutzgesetz wiederfindet:

Zitat
§ 2
Anwendungsbereich

[...]
(4) Öffentliche Stellen des Landes, die als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, gelten als nicht-öffentliche Stellen.


Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg (Brandenburgisches Datenschutzgesetz - BbgDSG)
http://bravors.brandenburg.de/gesetze/bbgdsg (http://bravors.brandenburg.de/gesetze/bbgdsg)

und in der dazugehörigen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Datenschutzgesetzes des Landes Brandenburg ebenfalls festgehalten wird

Zitat
2.3 [...]Sonstige öffentliche Stellen sind nach außen eigenverantwortlich handelnde Stellen, die keine Behördeneigenschaft besitzen, zum Beispiel öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen.[...]

2.11 In Absatz 4 ist das Verhältnis zwischen dem Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg und dem Brandenburgischen Datenschutzgesetz geregelt. Das Datenschutzgesetz hat Vorrang, wenn es in einem Verwaltungsverfahren um die Ermittlung des Sachverhalts geht. [...]


Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern zur Durchführung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes (VV-BbgDSG)

https://bravors.brandenburg.de/de/verwaltungsvorschriften-220633 (https://bravors.brandenburg.de/de/verwaltungsvorschriften-220633)


Das entsprechende Bundesrecht sieht das übrigens ganz genau so:

Öffentlich-rechtliches Wettbewerbsunternehmen -> keine Behördeneigenschaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30023.0.html (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30023.0.html)

Und, übrigens, es geht hier in diesem Thema um nicht-steuerliche Abgaben.
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 19. April 2023, 13:56
In passender Ergänzung:

Rn. 82 - BVerfGE 92, 91 - Feuerwehrabgabe
Zitat
Die grundrechtliche Garantiefunktion der Finanzverfassung und der Sonderabgaben-Rechtsprechung (Belastungsgleichheit der Bürger) gilt auch für Sonderabgaben der Länder; andernfalls stünde letzteren ein allgemeiner Zugriff auf das begrenzte Leistungsvermögen der Bürger zu, der nicht den Schranken der Steuergesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 und 2a GG unterläge (vgl. BVerfGE 67, 256 [285 f. (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv067256.html#285)]).

BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Januar 1995
- 1 BvL 18/93 -, Rn. 1-105,

Fundstelle(n)
BVerfGE 92, 91 - 122
http://www.bverfg.de/e/ls19950124_1bvl001893.html

Zitat
78
1. Die deutsche Rechtsordnung kennt als "klassische" Abgabenarten Steuern, Gebühren und Beiträge. Daneben hat das Bundesverfassungsgericht unter bestimmten Voraussetzungen auch parafiskalische (außersteuerliche) Sonderabgaben für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Diese müssen allerdings die seltene Ausnahme bleiben. Die Finanzverfassung geht grundsätzlich davon aus, daß Gemeinlasten aus Steuern finanziert werden (vgl. BVerfGE 67, 256 <278>; 82, 159 <178>). Parafiskalische Sonderabgaben treten zwangsläufig in Konkurrenz zur Steuer, weil sie einerseits wie diese "voraussetzungslos" sind, also ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand auferlegt werden, andererseits aber Angehörige einer bestimmten Gruppe - in Abkehr vom Grundsatz der Steuergleichheit - besonders belasten. Darüber hinaus sind sie geeignet, die bundesstaatliche Finanzverfassung mit ihrer detaillierten Aufteilung der Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Ertragskompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu stören und auszuhöhlen, das Budgetrecht des Parlaments zu gefährden und die grundrechtlich geschützte Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen in Frage zu stellen. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung die Erhebung von Sonderabgaben an strenge Zulässigkeitsvoraussetzungen geknüpft (vgl. grundlegend BVerfGE 55, 274 <298 ff.> - Berufsausbildungsabgabe; 67, 256 <274 ff.> - Investitionshilfeabgabe 1982; 82, 159 <179 ff.> - Absatzfondsgesetz; zuletzt NJW 1995, S. 381 ff. - Kohlepfennig). Daneben hat es in besonders liegenden Fällen bestimmte Geldleistungspflichten als Ausgleichsabgaben eigener Art oder sonstige atypische Abgaben für verfassungsrechtlich zulässig gehalten (vgl. BVerfGE 57, 139 <166 f.> - Schwerbehindertenabgabe; 75, 108 <147> - Künstlersozialversicherung; 78, 249 <266 f.> - Fehlbelegungsabgabe nach dem AFWoG; 81, 156 <186 ff.> - Erstattungsbetrag nach § 128 AFG).

Querverweis:
vgl. grundlegend BVerfGE 55, 274 <298 ff.> - Berufsausbildungsabgabe
BVerfG 2 BvF 3/77 - Sonderabgabe nicht z. Finanz. allgem. Staatsaufg. zulässig (1980-12-10)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,37087.msg222223.html#msg222223
Titel: Re: BVerfGE 108, 186 - Nichtsteuerliche Abgaben
Beitrag von: pinguin am 19. April 2023, 20:10
Nachtrag:

BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. Juli 2003
- 2 BvL 1/99 -, Rn. 1-183,

http://www.bverfg.de/e/ls20030717_2bvl000199.html

Zitat
119
(1) Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben -- über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle -- einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.
Eine nichtsteuerliche Abgabe wird im Gegensatz zur Steuer weder voraussetzungslos auferlegt, noch geschuldet; es bedarf einer deutlichen Unterscheidung zur Steuer.

Wo ist das konkrete Unterscheidungsmerkmal der Erhebung des Rundfunkbeitrages zur der Erhebung einer Steuer?