Volkszählungen sind für den Staat meist willkommene Anlässe, in großem Umfang die Daten seiner Bürger*innen zu sammeln und auszuwerten. Nicht umsonst begründete das Bundesverfassungsgericht 1983 in seinem berühmten „Volkszählungsurteil“ das
„Datenschutz-Grundrecht“: die informationelle Selbstbestimmung.
Die Grenzen des Datensammelns, die das Bundesverfassungsgericht dem Staat seit 1983 immer wieder deutlich machte, sollen nun in einem sogenannten „Testlauf“ für den für 2021 geplanten Zensus umgangen werden:
Der Bund plant eine Zentral-Datei aller Menschen in Deutschland.
Dies möchte die GFF gemeinsam mit dem AK Zensus mit einem Eilantrag zum Bundesverfassungsgericht stoppen!
Helfen Sie uns, diesen schweren Verstoß gegen den Datenschutz zu verhindern.
Ein im Schnellverfahren durch den Bundestag geschleustes Änderungsgesetz zum Zensusvorbereitungsgesetz 2021 bestimmt, dass zum Stichtag 13. Januar 2019 alle deutschen Meldeämter umfassende Datensätze zu allen bei ihnen gemeldeten Personen an die statistischen Ämter der Länder*** übermitteln sollen. Auf diese Daten soll dann das Statistische Bundesamt zentralen Zugriff bekommen. Und diese Daten sind weder anonymisiert noch pseudonymisiert!
Das Beunruhigende daran: Erstmals [Am.: wirklich "erstmals"?!?] werden die gesamten Meldedaten dann in einer zentralen Datenbank des Bundes ansteuerbar sein – trotz entgegenstehender Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Hierbei wird jeder gemeldeten Person erstmals eine Kennnummer*** zugewiesen, sodass die personenbezogenen Daten (hier u.a. Name, Geschlechtsidentität, Familienstand, Scheidungstermine und Religionszugehörigkeit) eindeutig verknüpft werden können. So entsteht im Zuge eines vermeintlichen Testlaufs durch die Hintertür der Wunschtraum eines jeden Überwachungsstaats: der katalogisierte und zentral abrufbare Bürger. Und machen wir uns nichts vor: Beim Zugriff des Statistischen Bundesamts wird es nicht bleiben – viele andere Behörden werden “Bedarf” anmelden.
GFF und AK Zensus wollen die zentrale Erfassung aller Menschen in Deutschland mit einem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht verhindern. Dafür benötigen wir Ihre Hilfe!
Das Gesetz enthält keine detaillierten Begrenzungen dazu, wie der Bund die Daten in dieser beispiellos umfangreichen Datenbank weiterverarbeiten kann. Die Verknüpfung von Daten durch Kennnummern ist ein großer Schritt dahin, individuelle Persönlichkeitsprofile eines jeden Menschen in Deutschland zu erstellen.
Die GFF findet: Das verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung!
Unterstützen Sie deshalb unseren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Änderungsgesetz zum Zensusgesetz 2021 mit Ihrer Spende.
B.8.5.5. Ausforschung des innersten Lebensbezirkes der Familie
B.8.6. Der RBStV als Gesetz des Zensus und Meldewesens / Datenqualität Melderegister
wirklich "erstmals"?
Beim BS laufen "nur" die Daten aller volljährigen Bürger zusammen. Von diesen werden ca. 30 Mio wieder gelöscht.
Edit 18.01.2019 - siehe auch
Zensus 2021: alle Daten, alle Bürger.innen - Testlauf Januar 2019
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29898.0.html
Beschluss vom 06. Februar 2019
1 BvQ 4/19
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, der darauf gerichtet war, § 9a ZensVorbG 2021 und die danach seit dem 14. Januar 2019 vorgenommene Übermittlung personenbezogener Daten an das Statistische Bundesamt zur Vorbereitung des Zensus 2021 außer Kraft zu setzen. Nach dieser Vorschrift werden seit dem 14. Januar 2019 testweise bestimmte personenbezogene Daten aus allen Melderegistern an das Statistische Bundesamt übermittelt, damit dieses in Vorbereitung des Zensus 2021 die Übermittlungswege und die Qualität der für den Zensus 2021 zu übermittelnden Daten aus den Melderegistern prüfen und die Programme für die Durchführung des Zensus weiterentwickeln kann. Die Kammer entschied, dass eine gegebenenfalls noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde zwar nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet wäre. Im Rahmen einer für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotenen Folgenabwägung überwiegen die Nachteile, die durch die testweise Übermittlung der Daten eintreten, jedoch nicht mit der für die Außerkraftsetzung eines Gesetzes erforderlichen Deutlichkeit gegenüber dem Gewicht, das der Gesetzgeber einer guten Vorbereitung der Durchführung des Zensus 2021 beilegen durfte.
Sachverhalt:
Die Bundesrepublik Deutschland ist verpflichtet, der Europäischen Kommission für das Bezugsjahr 2021 statistische Daten für eine geplante Volkszählung zu übermitteln. Zum Zweck der Prüfung der Übermittlungswege und der Qualität der hierfür zu übermittelnden Daten aus den Melderegistern sowie zum Test und zur Weiterentwicklung der Programme für die Durchführung des Zensus 2021 sieht § 9a des Zensusvorbereitungsgesetzes 2021 - beginnend am 14. Januar 2019 - eine zentrale Erfassung, Speicherung und Verarbeitung der nicht anonymisierten Meldedaten aller zum 13. Januar 2019 gemeldeter Personen durch das Statistische Bundesamt vor. Die übermittelten Daten sind nicht anonymisiert und umfassen neben Name und Wohnanschrift, Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Familienstand u.a. auch die Zugehörigkeit zu öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften. Eine Speicherung ist für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren nach dem Stichtag vorgesehen; eine Verarbeitung der Daten zu anderen Zwecken als der Prüfung der Übermittlungswege, der Prüfung der Datenqualität und dem Test und der Weiterentwicklung der Programme für die Durchführung des Zensus 2021 ist ausgeschlossen.
Die Antragsteller machen eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geltend. Die Übermittlung der nicht anonymisierten Daten lasse Rückschlüsse auf den Kernbereich der privaten Lebensführung zu. Dies stehe außer Verhältnis zum Nutzen einer Erprobung und Optimierung der bereits weitgehend erprobten Übermittlungswege und Programme, zumal der Zweck der Übermittlung auch durch eine Übermittlung anonymisierter Daten - gegebenenfalls ergänzt um nicht anonymisierte Stichproben in geringem Umfang - in vergleichbarer Weise erreicht werden könne.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auf Grundlage einer Folgenabwägung abzulehnen.
Das Bundesverfassungsgericht kann einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
Der Ausgang einer gegebenenfalls noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde ist offen. Sie ist weder offensichtlich unzulässig noch unbegründet, da in der Kürze der Zeit beispielsweise nicht abschließend geklärt werden konnte, ob für den Testdurchlauf nicht auch geringere Datenmengen oder eine begrenztere Übermittlung oder Speicherung ausreichend gewesen wäre.
Das Bundesverfassungsgericht hat daher auf Grundlage einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei hat es die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung erginge, die Verfassungsbeschwerde jedoch erfolglos wäre, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung abgelehnt würde, die Verfassungsbeschwerde letztlich aber Erfolg hätte. Wird - wie vorliegend - die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist wegen des Eingriffs in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ein besonders strenger Maßstab an die Folgenabwägung anzulegen.
Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, hätte eine potentielle Verfassungsbeschwerde aber Erfolg, würden alle Daten der Beschwerdeführer für die Testzwecke zusammengeführt, obwohl dies nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig wäre. Angesichts der eng begrenzten Verwendungszwecke und der strengen Vorgaben der Geheimhaltung überwiegt der Nachteil einer möglicherweise unverhältnismäßigen Speicherung nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit gegenüber dem Interesse daran, durch einen Testlauf eine reibungslose Durchführung des Zensus 2021 zu ermöglichen. Die Behörden dürfen die Daten nur zur Vorbereitung des Zensus nutzen. An den Inhalt der Daten selbst dürfen sie hierfür nicht anknüpfen und an ihm haben sie auch keinerlei Interesse. Demgegenüber ist nach dem bei vorläufiger Betrachtung nicht unplausibel erscheinenden Vortrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat der Probedurchlauf mit nicht anonymisierten Daten aller Meldebehörden erforderlich, um die Qualität der Merkmale und der Programme effektiv überprüfen zu können.
1:1 wie beim "Rundfunkbeitrag" und dessen Meldedaten-Sammelwut... (https://gez-boykott.de/Forum/Smileys/default/angry.gif)Dem ist dann aber ein Riegel vorgeschoben; kraft EU-Recht und Bundesrecht sind auch die dt. ÖRR Wettbewerbsunternehmen, die auf Meldedatenbestände schlicht nicht zugreifen -- , bzw. denen keine Meldedaten ausgehändigt werden dürfen.