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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: mullhorst am 31. Oktober 2018, 09:26

Titel: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 31. Oktober 2018, 09:26
Der Rundfunkbeitrag von monatlich 17,50 Euro ist seit 2013 für jede Wohnung zu entrichten.

Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist somit der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet.

Das Gewähren von Wohngeld einerseits und die Rundfunk-Abgabe auf das Innehaben einer Wohnung andererseits verstoßen gegen das Sozialstaatsprinzip, denn im Regelsatz des Wohngeldbescheides sind die Kosten des Rundfunkbeitrags nicht enthalten.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 31. Oktober 2018, 10:51
Das ist eine interessante Feststellung...

Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist somit der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet.

Das Gewähren von Wohngeld einerseits und die Rundfunk-Abgabe auf das Innehaben einer Wohnung andererseits verstoßen gegen das Sozialstaatsprinzip, denn im Regelsatz des Wohngeldbescheides sind die Kosten des Rundfunkbeitrags nicht enthalten.

...wobei dieser Zusammenhang (dass die Regelleistungssätze durchgängig um den sogenannten "Rundfunkbeitrag" zu erhöhen wären) ja auch exakt ein Gegenstand des Kirchhof-Gutachtens von 2010 für den "öffentlich-rechtlichen" Rundfunk waren. Das scheint auch insofern im weiteren ein zentraler Punkt zu sein, als doch - das war den Damen und Herren Politikern wohl zu "teuer" - auf der Grundlage HartziV-Empfänger vom "Rundfunkbeitrag" befreit werden mussten um zu verhindern, dass es zwingend Ärger geben würde, müssten diese vom gesetzlich geschützen Existenzminimum den "Rundfunkbeitrag" bezahlen. Das aber betraf & betrifft genausogut Wohngeldempfänger oder andere mit Gesamteinkünften unterhalb des Grundfreibetrages, zumal wenn diese gem. §12a SGBII sogar vom HartzIV-Bezug ausgeschlossen sind.

Bei ggf. auf gleichem Niveau lebenden Wohngeldempfängern wie anderen politisch willkürlich (nämlich seit der Streichung aller Befreiungstatbestände bis auf HartzIV, SGB XII & ein paar andere ab dem RGebStV von 2005) nicht unter RbStV § 4,6,1 definierten Bedürftigen hatte "man" sich aber wohl gedacht: "Ach, die pennen so fest, die merken nix und blechen einfach", & § 12a SGB II mit dem sogar gesetzlichen Ausschluss von Bedürftigen aller Art vom HartzIV-Bezug, sofern deren Bedürftigkeit statt durch HartzIV durch Wohngeld &/oder anderweitige Leistungen ausgeglichen werden kann, hat die auch schlicht nicht interessiert. Da wäre ja dann auch noch mal interessant zu fragen, wie ein landesgesetzliches RBStV-Zustimmungsgesetz zum RBStV mit seinen grundgesetzwidrigen Bestimmungen zum Teufel nochmal denn Bundesrecht wie eben SGBII mit den dortigen Festlegungen brechen können soll?!.

Sieht man also von dem dann (1 BvR 656/10 oder 1 BvR 665/10) auf Grundlage v. Art. 3/1 GG zwangsweise von den Rundfunkgebühren befreiten Rentner mit Kleinrente & Wohngeld ab, hatte das ja offensichtlich auch bestens funktioniert, hatten oder mussten sich die paar mehr Aufmüpfigen, die es gegeben haben muss, doch offensichtlich damals wie heute von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten mit abschlägigen Gefälligkeitsurteilen der bekannten Art & Güte abspeisen lassen. Von den grossen Sozialverbänden wiederum war & ist ja im übrigen bekannt, dass die den Regierungen aus der Hand fressen, wie dem Vernehmen nach auch 99% der örtlichen Sozialinitiativen - so fit die auch sonst sein mögen - den von Dir angesprochenen thematischen Zusammenhang überhaupt nicht auf dem Schirm haben und gänzlich unhinterfragt wohl auch nur innerhalb der staatlich vorgegebenen Grenzen zu denken pflegen.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: marga am 31. Oktober 2018, 11:50
(...) Das scheint auch insofern im weiteren ein zentraler Punkt zu sein, als doch - das war den Damen und Herren Politikern wohl zu "teuer" - auf der Grundlage HartziV-Empfänger vom "Rundfunkbeitrag" befreit werden mussten um zu verhindern, dass es zwingend Ärger geben würde, müssten diese vom gesetzlich geschützen Existenzminimum den "Rundfunkbeitrag" bezahlen.

Das ist eine interessante Feststellung...

"Ach, die pennen so fest, die merken nix und blechen einfach", & § 12a SGB II mit dem sogar gesetzlichen Ausschluss von Bedürftigen aller Art vom HartzIV-Bezug, sofern deren Bedürftigkeit statt durch HartzIV durch Wohngeld &/oder anderweitige Leistungen ausgeglichen werden kann, hat die auch schlicht nicht interessiert. Da wäre ja dann auch noch mal interessant zu fragen, wie ein landesgesetzliches RBStV-Zustimmungsgesetz zum RBStV mit seinen grundgesetzwidrigen Bestimmungen zum Teufel nochmal denn Bundesrecht wie eben SGBII mit den dortigen Festlegungen brechen können soll?!.

Sieht man also von dem dann (1 BvR 656/10 oder 1 BvR 665/10) auf Grundlage v. Art. 3/1 GG zwangsweise von den Rundfunkgebühren befreiten Rentner mit Kleinrente & Wohngeld ab, hatte das ja offensichtlich auch bestens funktioniert, hatten oder mussten sich die paar mehr Aufmüpfigen, die es gegeben haben muss, doch offensichtlich damals wie heute von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten mit abschlägigen Gefälligkeitsurteilen der bekannten Art & Güte abspeisen lassen. (...)
Hervorhebungen nicht im Original

Zur sachlichen Vervollständigung des obigen fett Gedruckten:

Schreiben der Staatskanzlei von der Bürgerbeauftragten der Saarländischen Landesregierung vom 29.06.2016 an eine fiktive Person zur "Zwangsrundfunkbeitragsbefreiung" mit gestellter Petition an die damalige Mininisterpräsidentin des Saarlandes Frau Annekret Kramp-Karrenbauer (AKK).

Zitat
Sehr geehrte …
Ihr im April 2015 gestellter Antrag auf’ Bewilligung der Befreiung der Beitragspflicht wurde im Mai 2015 abgelehnt.

In Ihrem Petitionsschreiben an die Ministerpräsidentin schildern Sie Ihr Gefühl von Gesetzes wegen diskriminiert zu werden, da Sie nur über geringfügige Mittel verfügen, dies aber nicht in der vom Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehenen Form nachweisen können.
Daher fordern Sie als Härtefall Anerkennung zu finden und von der Beitragspflicht befreit zu werden.
In dieser Angelegenheit haben Sie drei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht rechtshängig.
In einer Stellungnahme des Saarländischen Rundfunks wurden die drei von Ihnen angestrebten Verfahren dargelegt.
Hier weist der SR darauf hin, dass in dem laufenden Klageverfahren noch die Möglichkeit besteht entsprechende Unterlagen, die belegen, dass eine Härtefallbefreiung vorliegt, vorgelegt werden können. Fakt ist, dass aufgrund der Tatsache der geringfügigen Überschreitung der Regelsätze Ihnen keine Sozialleistungen gezahlt werden, die zur Befreiung berechtigen.
  >:(

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Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 23. November 2018, 20:54
Das ist eine interessante Feststellung...

Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist somit der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet.

Das Gewähren von Wohngeld einerseits und die Rundfunk-Abgabe auf das Innehaben einer Wohnung andererseits verstoßen gegen das Sozialstaatsprinzip, denn im Regelsatz des Wohngeldbescheides sind die Kosten des Rundfunkbeitrags nicht enthalten.
[...]
So wurde es jedenfalls in der Klage formuliert.
Seit Klageeinreichung am 12.06. nix gehört - naja - außer jetzt Androhung von Pfändung.

Falls erwünscht, kann die komplette fiktive Klageschrift hier einstellt werden.


Nachtrag 26.11.2018:

Inhalt der Klage war bzw. ist
Saarländisches Verwaltungsverfahrensgesetz § 2 Abs.1 – Ausschluss der Rundfunkanstalt 
Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte wird bestritten.


zum Kernthema

Zitat
Befreiung wegen Härtefall

Nicht umsonst hat der Gesetzgeber eine Pfändungsfreibetrag eingeführt. Wohnungsinhabern, deren Einkommen unterhalb des Pfändungsfreibetrag liegt, werden durch den Staat per Gesetz zwangsbebeitragt. Diese Wohnungsinhaber müssen sich dann ein P-Konto einrichten sowie eine eidesstattliche Versicherung abgeben, welche fatale Folgen hat. Es kann nicht im Sinne eines Sozialstaates sein, einkommensschwache Wohnungsinhaber  für den Rest Ihres Lebens per Gesetz zu verschulden.

Bezüglich der Gewährung von Wohngeld oder Grundsicherung können Antragsteller oder die Bearbeiter in den entsprechenden Behörden nicht selbst entscheiden, also nicht wählen, welche dieser beiden Leistungen Sie haben bzw. die Bearbeiter gewähren möchten. Das Wohngeld ist eine vorrangige Leistung gegenüber der Grundsicherung. Wird also mit dem eigenen Einkommen plus dem zustehenden Wohngeld die sogenannte Hilfebedürftigkeit überwunden, d.h. wird der Bedarf gedeckt, ist Wohngeld nach dem WoGG als vorrangige Leistung gegenüber der Grundsicherung zu zahlen (vergl. § 12a SGB II).

Der  Kläger bezieht Einkünfte aus EM-Rente und Wohngeld, die nach Abzug der Wohnkosten  den Regelsätzen nach dem SGB II oder SGB XII entsprechen Einen Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren lehnte die beklagte Rundfunkanstalt durch Ablehnungs- und Widerspruchsbescheid ab, weil ein geringes Einkommen allein keinen Härtefall im Sinne des § 4  RBStV begründe und auch Wohngeld nicht der Bedarfsdeckung diene sondern als Zuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen Wohnens gewährt wird.
Wohngeld ist in Deutschland eine Sozialleistung nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) für Bürger, die aufgrund ihres geringen Einkommens einen Zuschuss zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen Wohnens gewährt wird.
In der Sache BVerfG 1 BvR 3269/08  - 1 BvR 665/10 wurde ein solcher Härtefallantrag nach  § 6 Abs. 3 RGebStV stattgegeben, da der Antragsteller Rentner mit geringem Einkommen war. Dieser bezog Wohngeld, was letztendlich ein Gesamteinkommen vergleichbar mit der Grundsicherung ausmachte.
Das Gericht führte dann aus:
Auch im Fall des Beschwerdeführers im Verfahren 1 BvR 665/10 ist die Ungleichbehandlung nicht aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zu rechtfertigen, weil der Verstoß gegen den Gleichheitssatz intensiv ist.
Der Beschwerdeführer hat für seine Lebensführung lediglich ein Einkommen aus Rente und Wohngeld zur Verfügung, das der Höhe nach mit den sozialrechtlichen Regelleistungen vergleichbar ist, die der Sicherstellung des Existenzminimums dienen. Im Verhältnis zum Einkommen stellt daher die Rundfunkgebühr, auch wenn der Betrag absolut nicht sehr hoch ist, eine intensive und wiederkehrende Belastung des Beschwerdeführers dar.
Wenn ein Antrag auf Befreiung von Rundfunkgebühren mit Vorlage eines Wohngeldbescheides seitens der Rundfunkanstalten abgelehnt wird  liegt ein Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip vor.

Dies lässt sich auch nicht durch einen Staatsvertrag beeinflussen.

Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass Geringverdiener gegenüber Beziehern von Hartz-IV Leistungen nicht benachteiligt werden dürfen. Sie müssen notfalls von den Rundfunkgebühren befreit werden.

Der Rundfunkbeitrag von monatlich 17,50 Euro ist seit 2013 für jede Wohnung zu entrichten. Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist somit der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet. Das gewähren von Wohngeld einerseits und die Rundfunk - Abgabe auf das innehaben einer Wohnung andererseits verstößt gegen das Sozialstaatsprinzip, denn im Regelsatz des Wohngeldbescheides sind die Kosten des Rundfunkbeitrags nicht enthalten.
Gegenüber Wohngeld sind die Leistungen  nach SGB II  für Unterkunft und Heizung (KdU) nicht pauschalisiert und werden in tatsächlicher Höhe übernommen, soweit sie angemessen sind. (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) 

Leitsatz der Gerichte, Zitat:
Die Befreiung einkommensschwacher Personen von der Rundfunkbeitragspflicht ist "bescheidgebunden" und setzt den Nachweis der Bedürftigkeit durch Vorlage einer Bestätigung oder eines Bescheids der hierfür zuständigen Behörde oder des Leistungsträgers voraus.
Wohngeld ist bekanntlich eine Sozialleistung deren Bescheid von einer Behörde ausgestellt wird.
Laut Wohngeldbescheid liegt das anrechenbare Einkommen gem § 13 (2) des Klägers exakt bei XXX €
Die Wohnkosten sind mit XXX € festgesetzt

Dem Kläger würden laut Onlinerecher XXX€ ALG2 zustehen, erhält jedoch einen geringeren Betrag an Wohngeld.
Der Beklagten kann durchaus zugemutet werden die Daten des ihr vorliegenden Wohngeldbescheides in einen online-Rechner einzugeben um festzustellen daß ein Härtefall vorliegt.

Der Kläger wird als Rentner mit einem sogar unter den Regelsätzen nach dem SGB II und dem SGB XII liegenden Einkommen gegenüber Empfängern dieser Sozialleistungen schlechter gestellt.


Desweiteren Widersprüche  Bundesverfassungsgericht sowie Nichtbeachtung von EU-Recht.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: faust am 23. November 2018, 23:25
... interessanter Gedanke, und es scheint wohl auch "etwas dran" zu sein - wie anders wäre zu erklären, dass den Schergen die Pfändung effektiver erscheint als das Abwarten eines Verwaltungsgerichtsurteils, das bislang und üblicherweise noch immer in die genehme Richtung zu manipulieren war?

Meine Mutter würde sagen: Denen gehört aber ordentlich "Feuer unterm Hintern"  >:D gemacht !
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 24. November 2018, 11:20
Auf dem Hintergrund, lieber @faust/mullhorst...

... interessanter Gedanke, und es scheint wohl auch "etwas dran" zu sein - wie anders wäre zu erklären, dass den Schergen die Pfändung effektiver erscheint als das Abwarten eines Verwaltungsgerichtsurteils, das bislang und üblicherweise noch immer in die genehme Richtung zu manipulieren war?

...wäre es ja wirklich interessant, wenn letzterer mal die Seiten seiner Romanvorlage vorstellen könnte mit der fiktiven Klageschrift vor der örtlichen GEZ-Geschäftsstelle (dem sogen "Verwaltungsgericht").

Warum die Schergen gleich die Pfändungskeule auspacken, ist wohl schlicht dadurch zu erklären, dass die doch vorher schon das / die Urteile der GEZ-Geschäftsstellen / GEZ-Bezirksleitungen (sog. Oberverwaltungsgerichte) kennen, also so tun können, als würde überhaupt kein Gerichtsverfahren stattfinden, das ein für sie negatives Ergebnis haben könnte. Dass die Schergen, wie in ungezählten Verfahrensprotokollen im Forum, vielfach überhaupt nicht mal mehr vor Gericht erscheinen (müssen), sagt doch wohl alles. Natürlich kann das im Einzelfall schon differieren, was  die Damen und Herren Richter sich jeweils als Urteilsbegründungen aus den Fingern saugen, aber das braucht die Herrschaften in den "Anstalten" bzw. ihrem gewissen Etablissement doch überhaupt nicht zu interessieren. Für die zählt, "was hinten rauskommt" und das wissen sie schon vorher.

Um sich ein Bild über die aufgeworfene Frage zu machen, ob das also mehr ist als ein "nettes Experiment", wäre das entsprechende Kapitel von Herrn M.s Roman eine große Hilfe. Denn ist es nicht grundsätzlich erstmal so, dass das Wohngeld sofort futsch sein würde, wenn das Wohngeld nicht für den vorgesehenen Zweck verwendet wird?

Meine Mutter würde sagen: Denen gehört aber ordentlich "Feuer unterm Hintern"  >:D gemacht !

Da scheint man bei gewissen öffentlichen Stellen (vergleiche gewisse Etablissements hinter Stachdrahtverhauen, oder die neuen "Sicherheitsvorkehrungen" in Gerichten bei Verfahren gegen den "Rundfunkbeitrag" wie sie frühlingserwachen berichtet hat) durchaus mit der Möglichkeit zu rechnen, das Deine Mutter nicht einzige sein könnte :->>>>>
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: unGEZahlt am 25. November 2018, 20:55
Das Wohngeldproblem interessiert mich auch sehr.

Mittlerweile glaube ich aber persönlich, um eine -den Umständen entsprechend- seriöse Feindesantwort zu erhalten, eine Anfrage an eine elektronische SWR-Adresse gerichtet werden muss.
Bitte um Nachsicht wegen dem recht überfreundlichen ausgefallenen Text. Aber ich will ja seine Antwort erwirken.

Heute per Mail gesendet:
Zitat
Sehr geehrter Herr Dr. Eicher,

dafür, dass Sie stets alle meine Rundfunkbeitragsanfragen beantwortet haben, danke ich Ihnen sehr.
M. M. n. sind Sie auf der Rundfunkbeitrags-Fürsprecherseite auch der kompetenteste und verlässlichste Gesprächspartner.
Deshalb bitte ich Sie wieder mal um eine Prüfung. (Aber so, wie Sie Zeit haben. Geduld bringe ich natürlich mit.)

Wie Sie wissen, ergibt sich lt. Paul Kirchhof die Rundfunkbeitragspflicht -> aus dem „Innehaben einer Wohnung“.

Wohngeldempfänger gelten auch als „Inhaber einer Wohnung“ und sind damit Rundfunkbeitragspflichtig.

Wohngeldempfängern wird aber somit das Recht auf eine wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen entzogen.

Ihnen fehlen durch den Rundfunkbeitrag somit bis zu 17,50 € monatlich für die wohnwirtschaftliche Sicherung des angemessenen Wohnens.

Ist diese Sichtweise so nachvollziehbar und müssten die Rundfunkbeitragsregelungen für Wohngeldempfänger somit gerechterweise abgeändert oder abgeschafft werden?
 
Über Ihre Überprüfung würde ich mich, wie immer, wieder sehr freuen.
Und würde sie gleichzeitig gerne aufgrund des regen Interesses auch bei gez-boykott.de dann dort unter Nennung meines Klarnamens mit veröffentlichen.
 
Mit freundlichen Grüßen.

Markus Korte

Falls eine Antwort kommt, folgt Fortsetzung.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: unGEZahlt am 09. Dezember 2018, 12:51
Zum Wohngeldproblem hat mich, Markus Korte,
jetzt eine Stellungnahme seitens der Rundfunkbeitrags-Fürsprecher erreicht.
Herr Dr. Eicher hatte am FR, 7/12/18 so geantwortet:

Zitat
Sehr geehrter Herr Korte,

vielen Dank für Ihre erneute Anfrage, die ich Ihnen gerne beantworte.

Nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist grundsätzlich jeder Inhaber einer Wohnung  beitragspflichtig. Eine Befreiung wegen finanzieller Bedürftigkeit ist nur bei Bezug einer der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen sowie in besonderen Härtefällen nach § 4 Abs. 6 RBStV möglich.

Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag orientiert sich hinsichtlich der Befreiungsmöglichkeiten somit strikt an den Wertungen des Sozialgesetzgebers. Hierdurch soll einerseits gewährleistet werden, dass niemand durch die Zahlung des Rundfunkbeitrags in seinem Existenzminium gefährdet wird. Zum anderen wird die Befreiungsmöglichkeit auf die Fälle begrenzt, in denen die Sozialbehörden tatsächlich Bedürftigkeit festgestellt haben.

Wohngeldempfänger sind danach nicht zur Befreiung berechtigt. Grund hierfür ist, dass bei Bezug von Wohngeld keine mit den Fällen des § 4 Abs. 1 RBStV vergleichbare Bedürftigkeit angenommen werden kann. Denn Wohngeld wird nicht zur Sicherung des Lebensbedarfs gewährt, sondern als Miet- und Lastenzuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum zur „wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens“, § 1 Abs. 1 WoGG (VG Augsburg, Beschluss vom 01.12.2014 – Au 7 K 14.756).

Das Wohngeld berechnet sich nach der Anzahl der Haushaltsmitglieder, der Höhe der Miete oder Belastung sowie am Gesamteinkommen des Haushalts, § 4 WoGG. Eine vergleichbare Bedürftigkeitsprüfung wie z.B. bei der Beantragung von Arbeitslosengeld II oder BAföG wird nicht durchgeführt. Insbesondere wird vorhandenes Vermögen nicht in gleicher Weise berücksichtigt. Ein Wohngeldbescheid weist demnach auch nicht in gleichem Maße die Bedürftigkeit seines Adressaten nach wie ein Sozialleistungsbescheid nach § 4 Abs. 1 RBStV.

Der Gesetzgeber hat sich daher nicht ohne Grund dafür entschieden, keine Befreiungsmöglichkeit für Wohngeldempfänger zu schaffen. Es ist daher aus meiner Sicht auch unzutreffend, davon zu sprechen, "Wohngeldempfängern würde somit das Recht auf eine wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen entzogen".

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hermann Eicher
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 09. Dezember 2018, 15:07
War ja klar das das kommt. Aber BVerfG sagt im Verfahren 1 BvR 665/10 genau das Gegenteil.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Schluss-mit-lustig am 09. Dezember 2018, 16:29
Richtig!

Das wird von der ehrenwerten Gesellschaft um Herrn Eicher aber gerne regelmäßig verdrängt bzw. verschwiegen!

Zitat von: 1 BvR 665/10
[...]

Art. 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Bei der Anwendung des Gleichheitssatzes ist daher zunächst zu fragen, ob eine Person oder Gruppe durch die als gleichheitswidrig angegriffene Vorschrift anders (schlechter) gestellt wird als eine andere Personengruppe, die man ihr als vergleichbar gegenüberstellt

 [...]

Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird

[...]

Beide Personengruppen sind miteinander vergleichbar, da das dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehende Einkommen seiner Höhe nach mit den sozialrechtlichen Regelsätzen vergleichbar ist.

[...]

Vgl. die fettgedruckte Begründung mit der Eicher-Behauptung:

Zitat
Wohngeldempfänger sind danach nicht zur Befreiung berechtigt. Grund hierfür ist, dass bei Bezug von Wohngeld keine mit den Fällen des § 4 Abs. 1 RBStV vergleichbare Bedürftigkeit angenommen werden kann.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: pinguin am 09. Dezember 2018, 17:16
War ja klar das das kommt. Aber BVerfG sagt im Verfahren 1 BvR 665/10 genau das Gegenteil.

Man lese ab Rn. 12 der benannten Entscheidung.

BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 09. November 2011
 - 1 BvR 665/10 - Rn. (1-18),

http://www.bverfg.de/e/rk20111109_1bvr066510.html (http://www.bverfg.de/e/rk20111109_1bvr066510.html)

Maßgebend ist also nicht, ob Rentner, Bafög-Empfänger oder Wohngeld-Empfänger, sondern das jeweils zugrundeliegende Einkommen, egal, ob Rente, Sozialhilfe oder sonstwas.

Rn. 12
Zitat
[...]Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 110, 412 <431>). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 121, 108 <119>). [...]

Rn. 15
Zitat
Die ungleiche Behandlung des Beschwerdeführers gegenüber Empfängern von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII findet ihre sachliche Rechtfertigung ebenfalls nicht in der Möglichkeit, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren (vgl. BVerfGE 100, 138 <174>; 103, 310 <319>; 112, 268 <280>) [...]Die Verwaltungsvereinfachung bei der Prüfung, ob eine Befreiung von Rundfunkgebühren zu gewähren ist, vermag hiernach die Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers gegenüber Empfängern von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII nicht zu rechtfertigen, da keine kleine Anzahl von Personen betroffen ist und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz intensiv ist.

@Schluß-mit-lustig
Zitat
Vgl. die fettgedruckte Begründung mit der Eicher-Behauptung:
die als so pauschale Aussage hinterfragt gehört.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 09. Dezember 2018, 17:49
Zitat
Maßgebend ist also nicht, ob Rentner, Bafög-Empfänger oder Wohngeld-Empfänger, sondern das jeweils zugrundeliegende Einkommen, egal, ob Rente, Sozialhilfe oder sonstwas

Wobei nach Abzug der Kosten von Unterkunft und Heizung (Heizkosten gibts z.B. keine bei Wohngeld) Wohngeld im Endeffekt niedriger ausfällt.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 18. Februar 2019, 23:36
Neues aus Uhlenbusch

In dieser laufenden Klage bzgl. Wohngeld im Saarland erklärt nun der SWR als Erwiderung (wieso eigendlich SWR?)
Zitat
Die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 30.11.2016 (AZ 1BVR 3269/08 - 1BVR665/10) hat der Gesetzgeber mit § 4 Abs 6 S. 2 RBStV umgesetzt. Der gesetzlich geregelte Fall eines Härtefalls liegt nicht vor.

In § 4 Abs 1 RBStV hat der Gesetzgeber sämtliche Sozialleistungen, die zu einer Befreiung führen, abschließend aufgelistet. Er hat sich eindeutig dagegen entschieden, dass Wohngeld zu einer Befreiung führen kann.

und unter anderem
Zitat
Rechtsgrundlage für das oheitliche Handeln ist § 10 Abs 5 RBStV
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 23. Februar 2019, 21:27
In dieser laufenden Klage bzgl. Wohngeld im Saarland erklärt nun der SWR als Erwiderung (wieso eigendlich SWR?)

Warum der SWR, obwohl er nicht Beklagter ist? Hat schon die Oma des Klägers eine Stellungnahme geschrieben? Warum eigentlich nicht?
Könnte der Kläger den Sachvortrag rügen, da er nicht von autorisierter Stelle ist bzw. Bevollmächtigung nicht dargelegt? Könnte es sein, daß der SWR nicht die zuständige Landesrundfunkanstalt nach Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist?

Aber zurück zum Wohngeld: Die konkret benannten Befreiungstatbestände müssen nicht abschließend sein, sondern können auch als Beispiel dienen, hier hatte das Verwaltungsgericht Berlin (leider kein darauffolgendes höheres Gericht weil nicht relevant) in einem als Musterurteil zum Rundfunk bezeichneten Verfahren in 2014 (wenn ich mich nicht irre) diese Ausführungen geliefert. Hier ging es zwar konkret um den Nichtbesitz von Geräten, was sich durch das Bruderurteil erledigt hat, aber die Aussage, daß es sehr wohl weitere Befreiungstatbestände geben mag, trifft immer noch zu. Argument ist unter anderem, daß der Gesetzgeber nicht alle Tatbestände abschließend aufführen könne, da es ja auch auf den Einzelfall ankommt.
Und wenn man eine Steuer auf Wohnen einführt, dann ist das Wohngeld durchaus direkt damit verknüpft, ich würde daraus sogar schlußfolgern, daß man auch bei um den Rundfunkbeitrag höheren Einkünften wohngeldberechtigt wäre und den Rundfunkbeitrag direkt auf die Wohnkosten aufschlagen könnte.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 02. Februar 2020, 17:49
Hier Ausschnitt des aktuellen Urteils bezüglich Wohngeld VG Saarland vom 16.01.2020
SGB-II berechtigt, nicht beantragt > BVerwG 30.10.19, 6 C 10.18 anwendbar?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33012.msg203084.html#msg203084
(Edit "Bürger": Der eigenständigen Diskussion wegen hier ausnahmsweise als Vollzitat)
Hier Ausschnitt des Urteils VG Saarland vom 16.01.2020

Zitat von: VG Saarland, Urteil vom 16.01.2020
Die Rechtsgrundlage für die Berfreiung von rundfunkbeiträgen aus sozialen Gründen, wie sie vorliegend in Rede steht, ergibt sich aus §4 Abs 1 und Abs 6 RBSTV. Die Voraussetzungen liegen nicht vor.

Nach §4 Abs 1 werden auf Antrag natürliche Personen von der Beitragspflicht befreit, wenn sie eine in dieser Vorschrift aufgezählten Leistungen beziehen und eine entsprechenden von der Zuständigen Behörde erlassenen Leistungsbescheid vorlegen können (§4 Abs 7 Satz 2)

Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger nicht. Er bezieht unstreitig keine der dort genannten staatlichen Leistungen, sondern eine Erwerbsminderungsrente und Wohngeld. Eine Analoge Anwendung des  §4 Abs 1 RBSTV kommt nich in Betracht.  Die in  §4 Abs 1 aufgenommenen Befreiungstatbestände sind eng auszulegen und stehen einer Analogie auf andere staatliche Leistungen grundsätzlich nicht offen.

Dies gilt auch für den Bezug von Wohngeld. Angesichts der Üblichkeit dieser Leistung muss das Bestehen einer Regelungslücke , die der Gesetzgeber bei Abfassung der gesetzlichen planwidrig übersehen hätte, verneint werden. Der Bezug von Wohngeld kann den dort geltenden Befreiungstatbeständen auch deswegen nicht gleichgesetzt werden, weil ein Bezieher von Wohngeld durchaus über Vermögen verfügen kann.

Desgleichen kommt eine Rundfunkbeitragsbefreiung auf Grundlage §4 Abs 6 RBSTV vorliegend nicht in Betracht.

Die Voraussetzungen des gesetzlich ausformulierten besonderen Härtefalls aus § 4 Abs 6 Satz 2 RBSTV, der gegeben ist, wenn eine der in  §4 Abs 1 aufgezählten Sozialleistungen nur deswegen versagt wurde, weil die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe  des Rundfunkbeitrags überschreiten, steht vorliegend nicht in Rede.  Aus diesem Grunde kann der Kläger aus der von ihm angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9.11.2011  (1BVR 665/10), die gerade diese, zu seiner Zeit nicht gesonderte Fallkonstellation betraf, nichts Entscheidendes zu seinen Gunsten herleiten.

Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung  §4 Abs 6 Satz 1 RBSTV liegen nicht vor.

Nach dieser Vorschrift hat die Zuständige LRA unbeschadet einer Beitragsbefreiung nach Abs 1, auch über die Fälle des §4 Abs 6 Satz 2 hinaus, einen Rundfunkteilnehmer in besonderen Härtefällenauf gesonderten Antrag von der Befreiungspflicht zu befreien.  §4 Abs 6 Satz 1  beinhaltet seinem Normzweck nach eine Härtefallregelung, nach der grobe  Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten vermieden werden sollen, die durch §4 Abs 1 RBSTV verankerte Normative Regelungssystem der bescheidgebunden Befreiungsmöglichkeit entstehen. Hiefür eröffnet die Vorschrift die Möglichkeit Personengruppen, die nicht nach  §4 Abs 1 RBSTV unterfallen, von der Beitragspflicht zu befreien, wenn sich ihre Schlechterstellung gegenüber den befreiten Personengruppen nicht sachlich rechtfertigen lässt. In derartigen Fällen obliegt es dann auch der Rundfunkanstalt, die erforderliche Bedürftigkeitsprüfung eigenständig vorzunehmen. Das in §4 Abs 1 und Abs 7 RBSTV statuierte Konzept der Grundsätzlichen Gebundenheit an eine sozialbehördlichen Leistungsbescheid tritt in diesen Fällen zurück.
Vgl. seine bisherige gegenläufige Rechtssprechung aufgebend: BVerwG Urteil vom 30.10.2019 5C 10/18 RZ 23 und 27

Im Fall des Klägers lässt sich trotz der aus den Berechnungsbögen der im Klageverfahren eingereichten Wohngeldbescheide ersichtlichen geringen Einkünfte, die sich unter Einrechnung des Wohngeldes für einen Dreipersonernhaushalt auf insgesamt höchstens xxxx € (hier Anmerkung von @mullhorst: Betrag XXXX wäre unter 1200€) monatlich beliefen, eine grobe Unbilligkeit im Sinne  der vorzitierten Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen. Denn sie ist nicht durch das in §4 Abs 1 verankerte normative Regelungssystem der bescheidgebunden Befreiungsmöglichkeit entstanden. Dem Kläger stünde nach Lage der Dinge die Möglichkeit offen, eine unter §4 Abs 1 RBSTV aufgezählte Sozialleistung zu beantragen. Er hat selbst vorgetragen, dass er ergänzende Sozialleistungen in Höhe von mehr als 300 € beanspruchen könnte. Rundfunkteilnehmer mit einem potentiellen Sozialleistungsanspruch müssen sich gemäss dem Konzept der bescheidgebundenen Befreiung aber Grundsätzlich der Prüfung ihrer wirtschaftlichen  Verhältnisse durch die hierfür personell und sachlich ausgestatten Sozialbehörden unterziehen.

Vgl. VG Saarland Urteil v 11.01.2017  6K 2043/15 RZ 22 zitiert nach Juris***

Dies gilt auch vorliegend. Anders als in der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30.10.2019 entschiedenen Konstellation ist im Fall des Klägers der Bezug von ergänzenden Sozialleistungen nicht aus rechtsgründen grundsätzlich ausgeschlossen. Zwar ist der Bezug von Wohngeld dem Bezug anderer Sozialleistungen vorrangig. Dies gilt indessen nur, wenn die Einkünfte in Addition mit dem Wohngeldanspruch über der sozialrechtlichen Bedürftigkeitsgrenze liegen. In allen anderen Fällen ist der Bezug von Wohngeld greade nicht vorrangig und sind im Falle der Bedürftigkeit anstelle des Wohngelds auf Antrag ergänzende Sozialleistungen zu gewähren. Diese Möglichkeit stünde - vorbehaltlich evtl vorhandenem Vermögen - grundsätzlich auch dem Kläger offen. Allein der Umstand, daß er sich statt dessen für den Bezug von Wohngeld entschieden hat, kann von der gesetzlichen Konzeption keine außergewöhnliche Härte im Sinne des §4 Abs 6 Satz 1 RBSTV begründen.

Eine unbillige Härte wäre auch dann nicht gegeben, wenn im Einzelfall der unterschiedlichen Regelungen über das für di e Berechnung der jeweiligen Leistung unbeachtliche Schonvermögen (vgl §21 Nr3  WoGG, wonach anders §12 Abs 1 SGB II  bzw § 90 Abs SGB XII für die Berechnung des Wohngelds Vermögen unterhalb der Missbrauchsgrenze generell außer Betracht bleibt) zwar ein Wohngerldanspruch, nicht aber ein Anspruch auf die gewährung von Sozialhilfe bzw ALG II bestehen sollte. Denn dann läge gerade keine vergleichbare Bedürftigkeit nach §4 Abs 1 Satz 1  aufgezählten Fallgestaltungen vor.

Nach alldem ist die Klage abzuweisen

Pfändung durch Gemeindekasse auch gerade eingetroffen.

Und nun keine Ahnung wie es weiter geht.
Aufgeben? Ungern!
Irgendwelche Vorschläge?
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 02. Februar 2020, 21:33
Pfändung durch Gemeindekasse auch gerade eingetroffen.

Und nun keine Ahnung wie es weiter geht.
Aufgeben? Ungern!
Irgendwelche Vorschläge?

Erstmal könnte man folgendes tun:

1) Aus dem Thread
SGB-II berechtigt, nicht beantragt > BVerwG 30.10.19, 6 C 10.18 anwendbar?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33012.0.html
die seit dem 30.1. dort hochgeladenen Texte auf den Rechner ziehen.
Betrifft insbesondere den dortigen Anhang der Landtagsdrucksache zum 15. RfÄndStaatsvertrag des saarländischen Landtags (Gs14-508.pdf) unter
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33012.msg203108.html#msg203108
Das ist die seinerzeitige Beschlußvorlage für den saarländischen Landtag v. 2011, die unter anderem für jeden einzelnen Punkt des seinerzeit neuen "Rundfunkbeitrags"-Staatsvertrages (inklusive der Befreiung vom Rundfunkbeitrag gem. § 4,1 RBStV für Bezieher von Sozialleistungen nach SGB II & ~ XII, Bafög etc. pp., insbesondere aber auch die Bestimmungen & Voraussetzungen für eine Befreiung als sogenannter "Härtefall" nach § 4,6, S. 1 & 2 RBStV) die Gesetzesbegründung und damit nichts anderes als den berühmten "Willen des Gesetzgebers" darstellte, darstellt und obendrein jedem erläutert, der lesen kann. Eben den letzteren pflegten / pflegen aber - ungeachtet & diametral entgegen den eindeutigen dortigen Festlegungen - von Anbeginn a) die "Anstalten", b) der "Beitragsservice" c) die vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgehaltenen Schreiberlinge gewisser Gesetzeskommentare & d) die dieses Dokument und seine Aussagen bis heute regelmäßig unterschlagenden Verwaltungsgerichte (aktuelle, einzige Ausnahme: BVerwG 30.10.19, 6 C 10.18)  besser zu kennen zu behaupten als der Gesetzgeber selbst und das zur Grundlage ihrer Rechtsprechung zu machen.

Nach eingehender Lektüre kann man (zusammen mit dem einschlägig bekannten Entscheid 1 BvR 665/10) sich dann noch einmal das Urteil mit seinen an verschiedenster Stelle schlicht hanebüchenen Aussagen und Auslegungen und Schlußfolgerungen (etwa i. R. Pflicht zum HartzIV-Bezug) ansehen und herauszubekommen versuchen, aus welchem seiner zahlreichen Hüte der ehrenwerte Herr Richter seinen Blödsinn bzw. seine Kamellen denn wohl diesmal gezogen bzw. aus welchen seiner zehn Finger (oder ergänzend Zehen? :->>>) gesogen haben mag. Den klar erkennbaren "Willen des Gesetzgebers" hat er wohl jedenfalls eindeutig nicht zu Rate gezogen, oder das maximierte Wohlergehen der "Anstalten" auf Kosten selbst der Ärmsten im Lande ist ihm noch immer höchstes Gut - soll der Gesetzgeber doch wollen was er will!

Wohin es (wenn auch oft spätestens vor dem BVerwG oder BVerfG) inzwischen aber führen kann, wenn man als Richter meint, auf geltendes Recht sch.... zu können oder meint, der "Wille des Gesetzgebers" brauche ihn nicht zu interessieren, da es ja über einem dt. Richter schließlich "nur noch den blauen Himmel gebe" und "man" sich deshalb nach Lust & Laune beliebiges zusammenfabulieren dürfe, dafür gibt es - abgesehen von der Fallmaterie zu 1 BvR 665/10 (unterinstanzliche Urteile als Anhang s. u.) - in jüngerer Zeit denn doch genügend Beispiele:

a) den dort bestens dokumentierten und erklärten Fall des Herrn (Bargeld-) Häring :) http://norberthaering.de/de/gez-bargeldprozess

b) den dem Urteil BVerwG 30.10.19, 6 C 10.18 ) zugrundeliegenden Fall ungeachtet per sozialbehördlichem Wohngeldbescheid nachgewiesener, "vergleichbarer Bedürftigkeit" gem. Gs14-508.pdf bzw. in dem Punkt wortgleicher Landtagsdrucksachen der anderen Bundesländer (bis auf Berlin) dennoch verweigerter Härtefallbefreiung

c) auch wenn ohne direkten Bezug zum "Rundfunkbeitrag" die abenteuerliche Geschichte der Städte Freising und München, die meinten, sich die eindeutigen gesetzlichen Vorgaben zur Besteuerung (oder besser: Nichtbesteuerung) beruflich genutzter Zweitwohnungen durch selbstgezauberte "Zusatzbestimmungen" nach ihrem Willen zurechtbiegen zu können. Insbesondere interessant wegen der Ausführungen dazu, auf welchem Boden sich u. a. auch richterliche Rechtsfortbildung bzw. Auslegung zu bewegen hat. Quelle: BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. Oktober 2016 - 1 BvR 871/13 -, Rn. (1-51), http://www.bverfg.de/e/rk20161031_1bvr087113.html.


2) Sich überlegen, welchen sittlichen Nährwert solche (Neben!) Schauplätze wie die Frage "Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?" oder die Behauptung, er tue das, bezogen auf das eigentliche Problem haben - abgesehen davon, dass sie nur eine zusätzliche schriftliche Einladung mit rosa oder baby-blauem Schleifchen für die Damen und Herren Verwaltungsrichter abgeben, den dummen Bürger noch toter als nur einfach totzulabern?


3) Zur Abwehr angedrohter Pfändungen findet sich doch bereits Einiges im Forum. Da könnte man nachlesen.***

PS: Was das "Nichtfunktionieren" der Hochladefunktion angeht, hats vielleicht damit zu tun, dass man nur bei im Browser eingeschaltetem "Java-Script" mehr als einen Anhang beifügen kann.


***Edit "Bürger": Eigenständige, allgemeine Fragen zur Pfändungsabwehr sind bitte nicht hier zu vertiefen, denn sie gehen in der Tat über das eigentliche Kern-Thema dieses Threads hinaus, welches da lautet
Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 24. Dezember 2020, 03:02
An dieser Stelle einen Schritt weiter - oder auch nicht  :(

Mit Wohngeldbescheid wurde zumindest das Einkommen behördlich geprüft - somit bescheidgebunden.
Es wurde Begründet, dass Wohngeldempfänger unterm Strich (jedenfalls in diesem Fall) weniger als ALG2 zur Verfügung haben.
Anders als bei Wohngeld werden bei ALG2 die laufende Kosten bzw tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU - bekannt aus Berechnungen von Harz IV) berechnet. Diese wurde anhand von Abrechnungen nachgewiesen und dem Gericht am 16.12. vorgelegt. Im Ergebnis: Unterhalb der Regelsätze.
Ungleichbehandlung gegenüber ALG2 - Empfängern

Zulassung zur Berufung - hier Schreiben des Gerichts

Zitat
Sehr geehrte Rechtsanwälte,
ich erlaube mir an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass wir uns derzeit nicht in einem Berufungs-, sondern in einem Zulassungsverfahren befinden. In einem solchen sind seitens des Zulassungsantragstellers gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, fristgebunden darzulegen. Dieses Zulassungsvorbringen begrenzt den Umfang der vom Senat vorzunehmenden Prüfung;

dann weiter
Zitat
........ wohl in der Vorstellung, es obliege dem Senat, die tatsächliche und rechtliche Relevanz dieser Unterlagen eigeninitiativ zu durchleuchten - ein Konglomerat von Unterlagen vorlegt und Berechnungen beifügt, die im Vergleich zu den Berechnungen vom xx.xx.2020 zu anderen Ergebnissen führen, wird den Anforderungen an den Sachvortrag in einem Zulassungsverfahren, insbesondere dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, in keiner Weise gerecht.
Mit Blick auf den heute eingegangenen Schriftsatz des Beklagten vom 16.12.2020 besteht bis einschließlich 18.1.2021 Gelegenheit zu einer etwaigen abschließenden Stellungnahme. Der Senat beabsichtigt, im Anschluss zeitnah zu entscheiden.

Was genau will das Gericht jetzt?
Vorschläge für weiteres Vorgehen?
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: GEiZ ist geil am 24. Dezember 2020, 10:38
Im Verwaltungsgerichtsverfahren gilt die "Amtsermittlungspflicht", zumindest theoretisch. Das Gericht muß alles prüfen.

Im Zulassungsverfahren muß der Antragsteller alles nachvollziehbar darlegen, das Gericht prüft nur das Vorgetragene.

Hier scheinen die Berechnungen für das Gericht nicht eindeutig nachvollziehbar zu sein oder der Berufungsgrund nicht klar zu sein.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 24. Dezember 2020, 11:34
OK. Dann scheint wohl der Berufungsgrund für das Zulassungsverfahren nicht ausreichend dargelegt, denn die Berechnungen sind detailliert vorgelegt worden. Soviel dann zu Rechtsanwälte
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: GEiZ ist geil am 24. Dezember 2020, 11:43
Achtung! Bei den Juristen (sowohl die Richter als auch die Anwälte) nicht davon ausgehen, dass sie rechnen können oder Statistiken lesen können. Das können von denen nur die Wenigsten, weil sie meistens Abitur mit Sport und Geschichte gemacht haben und Naturwissenschaften so weit als möglich gemieden haben.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 24. Dezember 2020, 12:09
Was sich ein fiktiver Besucher etwa u. a. fragt...

OK. Dann scheint wohl der Berufungsgrund für das Zulassungsverfahren nicht ausreichend dargelegt, denn die Berechnungen sind detailliert vorgelegt worden. Soviel dann zu Rechtsanwälte

...wozu man denn, wenn man einen den Befreiungsantrag begründenden WG-Bescheid vorgelegt hat (der doch in 6 C 10.18 auch gereicht hat, um nachzuweisen, dass das monatl. Einkommen abzgl. Wohnkosten ggf. regelsatzvergleichbar ist?), noch anfängt, bzgl. z. B. tatsächlicher Wohnkosten herumzurechnen?

Insgesamt ist es bei der Informationslage über allgemeine Feststellungen wie oben hinaus sehr schwer, sich ein Bild zu machen.

Es wäre insofern im Interesse eines klaren Bildes wirklich schön, wenn man hier mal die Fallgeschichte bzw. das Vorgetragene und das Geschreibsel v. Gericht insgesamt lesen könnte. Vor allem auch deshalb, weil dem Vernehmen nach auch bei Anträgen auf Berufungszulassung schöne »Sabotagemöglichkeiten« bestehen sollen.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 25. Dezember 2020, 12:47
Da hier bereits das Urteil vom 30.10.2019 -
BVerwG 6 C 10.18 als Quelle für Begründungen genannt wurde, der Hinweis, auch BVerwG 6 C 20.18, Urteil vom 09. Dezember 2019, Rn. 24, als Quelle zu verwenden / nennen: https://www.bverwg.de/091219U6C20.18.0 (https://www.bverwg.de/091219U6C20.18.0). Die Rechtsnummern stehen je nach Browser besser lesbar im PDF letzteren Urteils, Zitat:
Zitat
Der Zweck der Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV besteht darin, grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten zu vermeiden, die durch das in § 4 Abs. 1 RBStV verankerte normative Regelungssystem der sogenannten bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entstehen. Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, nicht zu den Personengruppen des § 4 Abs. 1 RBStV gehörende Rundfunkbeitragsschuldner von der Beitragspflicht zu befreien, wenn sich deren Schlechterstellung gegenüber den befreiten Personengruppen nicht sachlich rechtfertigen lässt. [...] Zum anderen kommt eine Anwendung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV auf von dem Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV nicht erfasste, den dort geregelten Konstellationen jedoch vergleichbare Bedürftigkeitsfälle in Betracht (zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - Rn. 23 ff., vgl. auch: LT-Drs. HB 18/40 S. 25).
Hervorhebung hinzugefügt.

Bei der Untersuchung eines Härtefalls ist der Katalog nicht abschließend. Alles andere würde auch im Allgemeinen den Sinn eines Auffangtatbestandes untergraben. Was für ein Mumpitz wäre es zu sagen: ein Auffangtatbestand kann keine Anwendung finden, weil es einen Katalog gibt. Damit wären Auffangtatbestände per se obsolet.

Eine weitere Quelle, ist etwa die Pressemeldung des BVerwG zu BVerwG 6 C 10.18
BVerfG, Pressemitteilung Nr. 78/2019 vom 01.11.2019
Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen eines besonderen Härtefalls
https://www.bverwg.de/de/pm/2019/78

Bei der Nennung von Quellen zu Begründungen nicht kleckern, sondern klotzen! Diese Quellen beweisen: die Rechtsauffassung aus den klassischen 'Textbausteinen' (in etwa die Behauptung: Wohngeldbezug sei kein Katalogtatbestand und daher kein Härtefall) der ÖRR-Sachbearbeiter ist falsch. Ich würde dabei immer auch das Missverständnis der LRA begründen: indem ich mit Datum darlege, dass die Quellen der LRA älter (sowie in diesem Fall beim Bezug auf LRA-Eigen-Literatur, als unzulässiger Parteienvortrag zurückzuweisen) sind, als die sich höchstinstanzlich fortsetzende Rechtsprechung des BVerwG.

Ich habe mich in diesem Zusammenhang gefragt, was z.B. "nach Abzug der Wohnkosten" hinsichtlich der Bedürftigkeitsprüfung bei einem Härtefall bedeutet und somit dem Zweck des Wohngeldes entgegenstehen könnte. Wörtlich heißt Wohngeld Wohngeld (vgl. Kindergeld  Kindergeld). Es heißt nicht Rundfunkgeld.

Quelle, z.B.: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/108/1910816.pdf (https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/108/1910816.pdf) Drucksache 19/11750 - Deutschet Bundestag ;)
Zitat
Das Wohngeld soll für Haushalte mit niedrigem Einkommen die Wohnkostenbelastung mindern.
Rundfunkbeiträge sind keine Wohnkosten. Das Wohngeld hat demnach schon gar nicht den Zweck, zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen Verwendung zu finden. Das wäre eine Zweckentfremdung. Die Finanzierung aus Wohngeld würde einen Nachteil darstellen und den Zweck des Wohngeldes verletzen. Es käme einer Kürzung des Wohngeldes um die Höhe der Rundfunkbeiträge gleich. Es ist doch gerade das Ziel eines Befreiungsantrages festzustellen, ob eine Person vom Rundfunkbeitrag befreit werden soll. Eine Entscheidung und Prüfung der Befreiung vom Rundfunkbeitrag kann durch eine LRA nicht durch Zuschreibung zweckgebundener Gelder aus der staatlichen Fürsorge umgangen werden. Das Wohngeld dient nicht der Deckung der Rundfunkabgaben. Die LRA hat keine Zuständigkeit in Wohngeldfragen. Dafür sind die Wohngeldbehörden zuständig.

Quelle: https://www.fokus-betreuungsrecht.de/wohngeldstreitfalle-ohne-gerichtskosten (https://www.fokus-betreuungsrecht.de/wohngeldstreitfalle-ohne-gerichtskosten), Abruf 25.12.2020, 12:35 Uhr.
Zitat
Streitigkeiten zum Thema Wohngeld kosteten bislang aber Gerichtskosten, weil das Wohngeld lange Zeit juristisch nicht als Fürsorgeleistung angesehen wurde. Die Zielsetzung bei der Einführung des Wohngeldes 1965 war eine bessere Wohnraumförderung. Wohngeld wurde als Teil der öffentlichen Wohnungsbaufinanzierung angesehen. Den heutigen Regelungen des Wohngeldgesetzes kann hingegen ein die fürsorgerische Zwecksetzung erheblich überlagernder und sie von anderen Sozialleistungen kategorial abgrenzender Zweck der Wohnraumförderung nicht mehr entnommen werden.

Nach der heutigen Regelung des § 1 Abs. 1 WoGG dient das Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Dies spricht ebenso für seine primär fürsorgerische Zwecksetzung wie die Wertung, die der Gesetzgeber mit der Einbeziehung des Wohngeldgesetzes in das Sozialgesetzbuch und den im dortigen Ersten Buch normierten wohngeldbezogenen Regelungen zum Ausdruck gebracht hat. Das Wohngeldgesetz gilt danach als besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs.

Das Wohngeld hat sich jedenfalls im Zuge dieser Rechtsentwicklung zu einer individuellen Sozialleistung gewandelt, deren primär fürsorgerechtlicher Charakter es gebietet, Wohngeldsachen den Angelegenheiten der Fürsorge im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO zuzuordnen, für deren Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten keine Gerichtskosten zu erheben sind (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).

Wie die Sozialhilfe kommt auch das Wohngeld nur Personen mit geringem Einkommen zu. Auch ist ein Streit um Wohngeld mit den in der Regel kostenfreien Verfahren vor den Sozialgerichten vergleichbar. Auch bei Wohngeldempfängern besteht das vom Gesetzgeber zur Begründung der kostenfreien Verfahren hervorgehobene „Schutzbedürfnis“.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht
Memento: https://archive.is/ph6TN (https://archive.is/ph6TN)

Mit diesem wunderbaren Text, würde ich ebenfalls argumentieren (sowie noch die BVerwG Quellen heraussuchen).
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 27. Dezember 2020, 13:01
Kleine Ergänzung: Ich würde ein Gericht / Berufungsgericht zudem anregen und daran erinnern: die Rechtsprechung hat immer wieder den Katalog (Paragraph ... Absatz ... RBStV) ergänzt (hierzu Bspe. aus der Rechtsprechung recherchieren und darlegen). Da sich die geänderten Umstände beim Wohngeld sehr gut darlegen lassen, wäre also auch eine Aufnahme in den Katalog denkbar und ließe sich als Alternative zum Auffangtatbestand begründen. Wegen der wörtlichen, zu großen Teilen historisch, sowie teleologisch begründbaren Änderungen (BVerwG zum Wohngeld), besteht eine Regelungslücke und ist der Wohngeldbezug in den Befreiungskatalog aufzunehmen. Denn in der Rechtsprechung gibt es ebenfalls keine Abgeschlossenheit eines Katalogs. Da dies allerdings etwas über einen Einzelfall hinausgeht ist fraglich, wie diese Begründung am besten ins Verfahren eingebracht wird. Die Begründungsalternativen sollten sauber voneinander getrennt werden. Eine gegenseitige Bezugnahme ist möglich.

Ich bin nur eine Meinung und nicht die Welt! Keine Rechtsberatung.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 27. Dezember 2020, 13:11
zunächst mal vielen Dank an @befreie_dich
Damit kann Person X im fiktiven Fall eine Grundlage zur Begründung ausarbeiten und falls gewünscht hier einstellen.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 27. Dezember 2020, 16:16
[...] eine Grundlage zur Begründung ausarbeiten und falls gewünscht hier einstellen.
Auf jeden Fall. Bestimmt wird die Diskussion daraufhin durch andere Meinungen belebt.

Hier noch ein paraphrasierter, aktueller (ca. Datum dieses Postings) Textbaustein aus einem ÖRR-LRA/BS-Schreiben, zum Üben, für jeden:
Zitat von: Landesrundfunkanstalt
Ihr Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen eines besonderen Härtefalls wird abgelehnt. Dies wird im Folgenden begründet. Sie sind Empfänger-In von Wohngeld und der Auffassung, die Voraussetzungen eines besonderen Härtefalls zu erfüllen. Der Gesetzgeber hat die Regelbeispiele, in denen eine Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen zu gewähren ist, abschließend in Paragraph 4 Absatz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) katalogisiert. Alle Befreiungstatbestände knüpfen an die dort im Einzelnen genannten Sozialleistungen an und setzen als Nachweis einen entsprechenden Bewilligungsbescheid der zuständigen Behörde voraus. Der Gesetzgeber hat Empfänger-Innen von Wohngeld bewusst nicht in diesen Katalog aufgenommen. Denn beim Wohngeld handelt es sich nicht wie bei den in Paragraph 4 Absatz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag genannten Sozialleistungen um einen Zuschuss zu den Lebenserhaltungskosten, sondern ausschließlich um einen Zuschuss zu den Wohnkosten. Rechtsgrundlage für diese Entscheidung ist Artikel 4 Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.08.1991 (GBI ...), zuletzt geändert durch den 23. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Stastsverträge vom 10. bis 28.10.2019 (GBI, ...), sowie die Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (GBI, 2017 ...).
In diesem Thread finden sich sehr gute Ansätze, dem zu entgegnen. Mit diesen Formulierungen muss auch vor Gericht gerechnet werden. Wer gut vorbereitet ist, könnte hier definitiv punkten. Natürlich können sich die Argumente in diesem Thread auch eignen, einem derartigen Ablehnungsbescheid zu widersprechen und dessen Aufhebung zu verlangen.

Was Härtefälle angeht, gibt es noch irgendwo eine Drucksache, die sagt, dass Härtefälle nicht genau definiert sind. Falls diese Quelle hier im Thread noch nicht genannt wurde, kann sie vielleicht jemand recherchieren und einstellen.

Beim Wohngeld und dessen Zweck, könnte sich noch lohnen herauszuarbeiten, dass Lebenserhaltung und Wohnung verfassungsrechtlich einen höheren Schutz haben müssen als Rundfunk(beiträge begleichen zu können). Verfassungsrechtliches (auch Gleichheitssatz, Sozialstaat) würde ich gesondert von den Tatbeständen ausgliedern und ggf. Bezug nehmen.

Auch an den Runden Tischen, sobald diese wieder stattfinden - oder online, hoffe ich, dass anhand bekannter Textbausteine geübt wird. Das Forum erfreut sich nach meiner Erfahrung über jeden Threadmaster, der sein ausformuliertes Ergebnis für eine kritische Betrachtung vorstellt.

Jeder sollte auch überlegen, was im eigenen Verfahren mit den Begründungen erreicht werden kann und soll (Antrag auf Aufhebung von ..., Antrag auf (erneute Prüfung) von ... gem. ..., ...?).

Es sollte eine Vorbereitung geben, in der Lage zu sein bekannten 'Textbausteinen' (hier zum Thema Wohngeld) verbal, gut begründet engegnen zu können. Ich empfehle mit Mitstreitern den Diskurs zu üben. Daher wäre es schön, wenn mehr und mehr Mitstreiter Texte veröffentlichen. Somit vergrößerte sich die hiesige Textbausteindatenbank der Gegenseite und Reaktionen darauf. Es ist auch interessant zu wissen, wenn jemand in etwa denselben Textbaustein erhalten hat.

Beste Grüße und viel Erfolg.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 27. Dezember 2020, 17:46
Da ist aber eines nicht berücksichtigt...

...
..., wäre also auch eine Aufnahme in den Katalog denkbar
...

...nämlich die Tatsache des sehr breiten Spektrums an Einkommensverhältnissen, die den Bezug von Wohngeld ermöglichen, & diese wiederum betrachtet im Licht des Normzwecks der Befreiungsbestimmungen des seinerzeit erneuerten RGebStV bzw. des aktuellen RBStV. Dieser Normzweck verfolgte das Anliegen, den Anstalten die Befassung mit der Befreiungsmaterie zu ersparen, nachdem sich die Kommunen geweigert hatten, ihre Sozialämter weiter anderer Leute (nämlich der GEZ) Arbeit machen zu lassen. Deshalb einerseits die Formaltatbestände aus § 4, Abs. 1 RBStV S. 1-10, andererseits aber die Härtefallbestimmungen nach Abs. 6, die wie die früheren allg. Befreiungsverordnungen als materiell vergleichbare Bedürftigkeit begründet wurden. Der Gesetzgeber hatte also seine Hausaufgaben zumal im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (& die spätere Entsch. zu 1 BvR 665/10) erstmal gemacht.

Die einzig Schuldigen sind die Anstalten, die den Hals nicht vollkriegen bzw. den genannten Normzweck in eine absolute »Arbeitsschutzmaßnahme« für sich & die Härtefallbestimmungen (selbst mit u. a. dem Trick, Ämter für Wohnungswesen seien sozusagen keine Sozialbehörden, weswegen eigenmächtig Wohngeldbescheide nicht akzeptiert wurden) in einen Kassenfüller umgewandelt haben. Das alles konnte natürlich nur unter der tatkräftigen Kumpanei der Verwaltungsgerichte / OVG gelingen & - zumindest bis noch einschl. des Urteils zu 6 C 34.10 https://www.bverwg.de/121011U6C34.10.0 - leider auch das BVerwG einbeziehen, das ja aber glücklicherweise inzwischen zu Verstande gekommen scheint. Die Katalogerweiterung selbst ist aber ein ziemlich alter Hut, an dem man (s. nachfolgend) wohl nicht viel Freude haben wird:

Letztlich ist es nur ein gewisser Teil der Wohngeldbezieher, nämlich der, der tatsächlich wegen entspr. regelsatzvergleichbarem Einkommen für eine Härtefallbefreiung in Frage kommt. Genau das ist der Punkt, weshalb Wohngeld nicht im Katalog drin ist. Wäre es grds. drin, müßte jeder Antragsteller mit Wohngeldbescheid auf Bedürftigkeit (entspr. § 4, 6 RBStV) gecheckt werden - & von wem? Dann wäre tatsächlich das ursprüngliche Gesetzgeberanliegen (Normzweck der Vereinfachung der Abläufe per Bescheidanbindung) konterkariert. Auf Grundlage der sicher hinterfragbaren, aber hier nicht angegriffenen Regel, dass nur zum Regelsatzbezug vergleichbar Bedürftige vom »Rundfunkbeitrag« befreit werden, ist bspw. aber die Wohngeldthematik auch unproblematisch, wenn & solange die Bestimmungen so angewendet werden, wie es der Gesetzgeber vorgeschrieben hat. Dass das nicht passiert, weil die ÖRR-Fuzzis nicht genug kriegen können, da liegt der Hase im Pfeffer.

...
Denn in der Rechtsprechung gibt es ebenfalls keine Abgeschlossenheit eines Katalogs.
...

Das allerdings versteht ein fiktiver Besucher nicht ganz. Es gibt sogar dutzendweise Gegenteiliges besagende Stellen in Urteilen. Zuletzt hatte doch auch das BVerwG in 6 C 10.18 noch einmal genau das bestätigt, was Du oben sagst, dass es nicht bestehe?

Nicht, dass ein fiktiver Besucher nun Fan von Bürokraten-Mantra Nr. 1 wäre: »Das haben wir immer schon so gemacht« oder Nr. 2: »Das haben wir noch nie so gemacht«. Nicht, dass das nicht versucht werden könnte anzugreifen, aber sich (zusätzlich) mit dem BVerwG anzulegen, dürfte keine einfache Aufgabe werden. Zumal auch das BVerfG bestätigt hatte, dass der Gesetzgeber grundsätzlich frei sei zu entscheiden, wen er wie auch vom »Rundfunkbeitrag« befreit, dass aber kurz & knapp der Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3, 1 GG Gleichbeh. v. wesentlich Gleichem & Ungleichbehandlung v. wesentl. Ungleichem) zu wahren sei. Würden die Härtefälle im Geist des Gesetzes befreit (6 C 10.18 ist aber wohl erst der Anfang...) wäre das im Lot - nur dass die Anstalten & ihre Intendanten dann sicher zu notleidenden® Anstalten :->>> werden.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 27. Dezember 2020, 17:59
Da ist aber eines nicht berücksichtigt [...]
Ja und bestimmt noch einiges mehr.

Zitat
Denn in der Rechtsprechung gibt es ebenfalls keine Abgeschlossenheit eines Katalogs.
Das allerdings versteht ein fiktiver Besucher nicht ganz. [...]
Damit meint die Meinung schlicht, dass es der Rechtsprechung immer möglich ist, neue Tatbestände in den Katalog einzufügen.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 27. Dezember 2020, 18:11
Wäre das nicht aber eher...
Damit meint die Meinung schlicht, dass es der Rechtsprechung immer möglich ist, neue Tatbestände in den Katalog einzufügen.
...die (vgl. Art. 20 / 2 GG mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz) Aufgabe des Gesetzgebers?
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 27. Dezember 2020, 18:20
Der Fall damals, dass wenn jemand Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erhält weil kleiner gleich ein Rundfunkbeitrag drüber und nach Abzug des Rundfunkbeitrages dann drunter oder gleich Regelsatz und ein Eingriff ins Existenzminimum passiert, hätte auch der Gesetzgeber regeln können.

Letztendlich besteht doch gerade eine Ungleichbehandlung, weil es Wohngeldbezieher-Innen gibt, die ähnlich wie im Abschnitt zuvor eben auch diesen Eingriff ins geschützte Existenzminimum erfahren. Wird das gerichtlich festgestellt, kann der Gesetzgeber nachbessern oder wozu sind die Rundfunkänderungsstaatsverträge? Fehlererkennung und -korrektur sehe ich als allgemeinen Rechtsgrundsatz. Wäre ja schlimm, wenn dem nicht so wäre. Leider müssen diese Fehler immer häufiger erst real passieren, bevor sie dann erkannt und behoben werden können.

Auch diejenigen, die Gesetze unterschreiben, können bei offensichtlichen Fehlern die Unterschrift verweigern. Mir ist auch klar, dass die das heute viel zu fahrlässig unterzeichnen. Die Plusminus-Rechnung zur Feststellung im ersten Abschnitt ist im Nachhinein betrachtet echt simpel. Gewaltenteilung funktioniert nur durch Kommunikation untereinander. Sonst hätten wir drei isolierte Teilgewalten. Mit Rundfunk sogar vier :D.

EDIT: Der Gesetzgeber muss zudem immer die geschriebene Rechtsordnung beachten. Dazu noch ein Verweis auf § 31 BVerfGG.

Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/bverfgg/__31.html (https://www.gesetze-im-internet.de/bverfgg/__31.html), Abruf 27.12.2020, 19:15.
Zitat
(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.
(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 27. Dezember 2020, 19:11
Grundsätzlich ack...

Der Fall damals, dass wenn jemand Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erhält weil kleiner gleich ein Rundfunkbeitrag drüber und nach Abzug des Rundfunkbeitrages dann drunter und ein Eingriff ins Existenzminimum passiert, hätte auch der Gesetzgeber regeln können.
Der Gesetzgeber hatte seinerseits vermutlich erwartet, dass zumal hochbezahlte Richter grundsätzlich selbständig denken können. Aber wohl auch, dass die Herrschaften überdies ihren richterlichen Pflichten auch ohne jede ideologische Brille (= ohne sachfremde Erwägungen®) Folge leisten würden. Dann hätten die das Problem auch schon auf den unteren Ebenen entsprechend per Rechtsfortbildung gelöst. Dazu hatten die aber offensichtlich einfach keine Lust - & der Gesetzgeber sich wohl bzgl. des Großteils in dem Punkt getäuscht.

Letztendlich besteht doch gerade eine Ungleichbehandlung, weil es Wohngeldbezieher-Innen gibt, die ähnlich wie im Abschnitt zuvor eben auch diesen Eingriff ins geschützte Existenzminimum erfahren. Wird das gerichtlich festgestellt, kann der Gesetzgeber nachbessern oder wozu sind die Rundfunkänderungsstaatsverträge? Fehlererkennung und -korrektur sehe ich als allgemeinen Rechtsgrundsatz.
Absolut richtig, was die Ungleichbehandlung betrifft. Was die gerichtliche Feststellung betrifft, war diese ja bereits v. BVerfG erfolgt, & wenn man dessen Erwägungen nachliest, auch weit über den konkreten Sachverhalt hinaus (& sogar deckungsgleich mit den Härtefallbestimmungen des RBStV). Aber Eigeninteresse der Anstalten & vmtl. ein ideologischer Knick in der Optik der unparteiischen Richter ließen diese es vorziehen - bis auf den einen in den RBStV aufgenommenen, von Dir benannten Punkt - in ihren nachfolgenden Urteilen dem BVerfG heimlich eine Nase zu drehen.

Auch diejenigen, die Gesetze unterschreiben, können bei offensichtlichen Fehlern die Unterschrift verweigern.
U. a. herrschende Ideologien & menschliche Trägheit verhindern das, abgesehen davon...
Mir ist auch klar, dass die heute das viel zu fahrlässig unterzeichnen. Die Plusminus-Rechnung zur Feststellung im ersten Abschnitt ist im Nachhinein betrachtet echt simpel.
...dass in manchem extremen Fall mehrere Hundert, im Laufe der Nacht vor einer Parlamentsentscheidung durchzuackernde Beschlußvorlagenseiten durchaus ein beliebtes »Gestaltungsinstrument« im Sinne den Wünschen der Unterbreitenden entsprechender Entscheidungen sind. Ein fiktiver Besucher geht davon aus, dass zumindest ein ansehnlicher Teil der Abgeordneten sich den ihnen vorgelegten Krempel genauer ansehen würde, wenn er das allein schon zeitlich überhaupt könnte.

Auf diesen schrägen Wegen schließen sich dann Kreise.

Aber dass grundsätzlich in Gesetzgebungsverfahren zunehmend Nachlässigkeit um sich greife, kann man mttlw. schon an verschiedenster Stelle lesen, insofern magst letztlich Du recht haben.

Doch nun wird es wohl langsam Zeit, zum Thema zurückzukehren...
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 27. Dezember 2020, 21:36
Ich habe nochmals über das von @Besucher Geschriebene nachgedacht. Er hat zurecht kritisiert, eine Katalogerweiterung vorzuschlagen. Vielleicht wäre es besser zu sagen: die Rechtsprechung hat die Staatsverträge bereits öfters um Befreiungstatbestände ergänzt. Dann könnte man die Beispiele mit der Unterschreitung des Regelsatzes (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 09. November 2011
- 1 BvR 665/10 -, Rn. 1-18) und den Zweitwohnsitzen (BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 -, Rn. 1-157) anführen (Wortlaut Befreiung). Kein Wunder, wenn die Wohngeld- (und Solo-Selbstständigen-, Studierenden-, ...) -Härtefälle nicht mehr in den Katalog passen, gibt ja doch noch einige ungleichbehandelte Fallgruppen, die keine Einzelfälle sind. Insgesamt ist das beim Threadthema natürlich höchstens eine Nebenbemerkung wert.
Titel: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Bürger am 29. Dezember 2020, 01:40
Anmerkung zu
"Erweiterung des Kataloges der Befreiungstatbestände um den Tatbestand des Wohngeldbezugs/ der Wohngeldberechtigung":
Genau ein solches Ansinnen ist zu lesen unter
Landtag BB: Bericht des Petitionsausschusses 2019-2020
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=34470.0
Landtag Brandenburg
Drucksache 7/2255
Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses gemäß § 12 des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen an den Landtag Brandenburg (Berichtszeitraum 25. September 2019 bis 24. September 2020)
Zitat
5.Rundfunkbeitragspflicht
[...]
Empfänger von Wohngeld wandten sich mit der Forderung an den Petitionsausschuss, aufgrund ihrer finanziellen Lage von der Rundfunkbeitragszahlung befreit zu werden. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sieht für diese Personengruppe eine Befreiung aber nicht per se vor. Die Möglichkeit einer Beitragsbefreiung aus sozialen Gründen ist an die formale Vorlage entsprechender Sozialleistungsbescheide, die im Staatsvertrag abschließend aufgelistet sind, gebunden. Dies dient dazu, das Befreiungsverfahren einfacher und transparenter zu gestalten. Wohngeldbescheide sind in diesem Katalog nicht angeführt, weil Wohngeld wegen einer anderen Zweckbestimmung und Bedarfsberechnung nicht als vergleichbar mit den aufgelisteten Sozialleistungen angesehen worden ist. Im Einzelfall könnte nach entsprechender Prüfung unter Umständen nur die im Staatsvertrag ebenfalls enthaltene Härtefallregelung greifen. Gerichte haben allerdings bereits entschieden, dass diese Ausnahmeregelung nicht für Fälle anwendbar ist, in denen Betroffene entweder befreiungsbegründende Sozialleistungen in Anspruch nehmen könnten, diese aber nicht beantragen, sondern darauf verzichten, oder aber mangels Erfüllung der bedürftigkeitsbezogenen Voraussetzungen befreiungsbegründende Sozialleistungen nicht erhalten. Vor dem Hintergrund, dass auch Empfänger von Wohngeld gleichwohl regelmäßig in sehr angespannten finanziellen Verhältnissen leben, beschloss der Petitionsausschuss, die Thematik dem für Rundfunkangelegenheiten zuständigen Hauptausschuss des Landtages zur Kenntnisnahme zukommen zu lassen. Dies wurde mit der Anregung verbunden, auf Länderebene gegebenenfalls eine Diskussion zur Aufnahme von Wohngeldbescheiden in den Katalog der Befreiungstatbestände für den Rundfunkbeitrag anzustoßen. Weitergehende Handlungsoptionen sah der Ausschuss für sich angesichts der geltenden Rechtslage nicht.
[...]
Download des Originaldokuments (pdf, ~330 kb)[/b]
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w7/drs/ab_2200/2255.pdf

Wenn dies also bereits parlamentarisch diskutiert wird, wird diese Option also offensichtlich nicht kategorisch ausgeschlossen - und könnte ggf. als offensichtlich behebbarer Mangel an der bestehenden Gesetzeslage argumentiert werden.

JEDOCH - Hinweis:
...auch wenn ich mir nicht anmaßen kann und will, o.g. "Rechtsanwälten" Belehrungen zu erteilen, aber nicht selten musste die Erfahrung gemacht werden, dass so einige (insbesondere mit Verwaltungsrecht nicht eingehend vertraute) Anwälte mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen und Begründungserfordernissen im speziellen Falle eines "Antrags auf Zulassung der Berufung" überfordert sind, nicht das dafür(!!!) wesentliche herausstellen und damit die Berufungszulassung vergeigen.
Gegenstand des "Antrags auf Zulassung der Berufung" (und das soll hier im Thread bitte nicht vertieft werden!) ist nicht etwa erweiterter oder gar neuer Sachvortrag - das wäre dann allenfalls dem eigentlichen Berufungsverfahren vorbehalten, d.h. erst, wenn der Antrag auf Zulassung der Berufung überhaupt als zulässig und begründet erachtet, die Berufung zugelassen und damit das eigentliche Berufungsverfahren eröffnet wurde, sprich: der "Zutritt" zum OVG/VGH gewährt wurde.
Das Antragsverfahren auf Zulassung der Berufung ist ja nur das "Anklopfen" im "Vorzimmer" des OVG/VGH, ob man denn "eingelassen" würde. Und zu diesem Zweck ist ausschließlich Vorbringen in Bezug auf Zulassungsgründe gem. § 124 VwGO [Statthaftigkeit der Berufung; Zulassungsgründe] relevant
https://www.gesetze-im-internet.de/vwgo/__124.html
Alles, was dazu keinen relevanten Bezug hat, ist der (Anwalts-)Zeit, der (Anwalts-)Mühe, des (Anwalts-)Papiers und schließlich des (Anwalts-)Geldes nicht wert.
Es gilt also, insbesondere anhand des bisher erfolgten Vortrags z.B. "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des (erstinstanzlichen) Urteils" und/oder "besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten" (hier mglw. nicht zutreffend) und/oder die "grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache" (mglw. auch mit diesen Aspekt herausstellendem, erweitertem Vortrag?) darzulegen.
Der fiktiven Person und ihren fiktiven Anwälten seien dazu gutes Gelingen und "scharfe Gedanken" gewünscht ;)
Achtung auch: Es gibt OVG/VGH-Entscheidungen, welche klarstellen, dass dieser Vortrag durch den vor dem OVG/VGH vertretungsbefugten Anwalt selbst zu erfolgen hat - und nicht durch den nicht vertretungsbefugten Kläger selbst und auch nicht durch "Zueigenmachung" eines Vortrags des Klägers durch den Anwalt. Dadurch soll "sichergestellt" werden, dass der vertretungsbefugte Anwalt den Sachverhalt selbst gänzlich überblickt und dem OVG/VGH in "juristisch verdaulicher Art und Weise" kredenzt ::) ;) ...ohne Witz :angel:
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 29. Dezember 2020, 03:36
Da es auch hier nicht uninteressant ist, einem Gericht vorzutragen, was die ör-Rundfunkanstalten von der höchstinzlichen Rechtsprechung halten, der Verweis auf:
Dokument-Leak: Die GEZ wünscht frohe Weihnachten (aber nur den Vollstreckern)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,34706.msg210373.html#msg210373
Hier wird im Hintergrund die zur höchstinstanzlichen Rechtsprechung und der Gesetzgebung im Widerspruch stehende eigene (Wunsch-)Vorstellung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als eine (Massen-)Anweisung den Vollstreckungsstellen aufgetragen. Wie findet das BVerwG das? Eine Gegenüberstellung:

Quelle: Eingangsbeitrag, https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,34706.0.html (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,34706.0.html), letzter Abruf am 28.12.2020, 23:50
Zitat von: Aus (Massen-)Anweisung des öffentlich-rechtlichen Nordwestdeutschen Rundfunks an Vollstreckungsstellen
Beitragsbefreiungen bleiben an die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages geknüpft. Nur Empfängerinnen der unter den Ziffern 1 bis 10 aufgezählten Sozialleistungen können eine Befreiung erhalten. Das bedeutet, dass Kurzarbeitergeld oder ALG I nicht zur Befreiung führen. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Härtefallregelung greift hier ebenfalls nicht.
Quelle: BVerwG 6 C 20.18, Urteil vom 09. Dezember 2019, Rn. 24, letzter Abruf am 28.12.2020, 23:55 https://www.bverwg.de/091219U6C20.18.0 (https://www.bverwg.de/091219U6C20.18.0)
Zitat von: Aus Urteilen des Bundesverwaltungsgerichtes
Der Zweck der Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV besteht darin, grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten zu vermeiden, die durch das in § 4 Abs. 1 RBStV verankerte normative Regelungssystem der sogenannten bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entstehen. Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, nicht zu den Personengruppen des § 4 Abs. 1 RBStV gehörende Rundfunkbeitragsschuldner von der Beitragspflicht zu befreien, wenn sich deren Schlechterstellung gegenüber den befreiten Personengruppen nicht sachlich rechtfertigen lässt. [...] Zum anderen kommt eine Anwendung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV auf von dem Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV nicht erfasste, den dort geregelten Konstellationen jedoch vergleichbare Bedürftigkeitsfälle in Betracht (zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - Rn. 23 ff., vgl. auch: LT-Drs. HB 18/40 S. 25).
Hervorhebungen hinzugefügt.

Die öffentlich-rechtliche Handlungsanweisung heißt: nehmt Grundrechtsverstöße (Schutzbereich: Existenzminimum) billigend in Kauf.

Ich möchte an dieser Stelle noch etwas zu einer möglichen Ausarbeitung unter einer Überschrift eines verfassungsrechtlichen Teils 'Grundrechte als Leistungsrechte' schreiben und einen Ansatz formulieren.

Es geht um die Kategorisierung eines Grundrechts als Leistungsrecht (nicht alle Grundrechte sind Leistungsrechte). Das Grundrecht 'Schutz des Existenzminimums' ist ein solches, sog. Leistungsrecht. Das heißt, der Staat muss etwas dafür tun, um dieses zu gewährleisten. Das Existenzminimum soll ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Das Wohnen und somit das Wohngeld sehe ich hier inbegriffen. Dies ist weiter auszuführen. Die Gewährleistung menschenwürdigen Daseins überträgt sich auf alle staatlichen Stellen und Dienstleister. Auch staatlich beauftragte Dritte dürfen den existentiellen Schutzbereich nicht verletzen. Das ist problematisch, da diese Dritten (das sind angestellte Sachbearbeiter des ör-Rundfunks, der Beitragseinziehung, sowie maschinelle Verfahren) keine Grundrechte prüfen können, jedoch hoheitliche Gewalten ausüben.

Es ist unstrittig, dass die ör-Rundfunkanstalten Kenntnis von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichtes haben. Schließlich waren sie in den Verfahren selbst als Beklagte vertreten. Das Bundesverwaltungsgericht hat darin grundrechtliche Prüfungen vorgenommen. Diese Stellen sind zitierbar und stehen ebenfalls in Verbindung mit bereits getroffenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes. Die Urteile beurkunden und beweisen: durch eine fehlende Härtefallprüfung sind Grundrechtsverletzungen nicht nur möglich, sondern diese führt geradezu zu Grundrechtsverletzungen. Das wissen die ör-Rundfunkanstalten. Durch ihre vorsätzliche Vermeidung der Härtefallprüfung, nehmen die ör-Rundfunkanstalten Grundrechtsverletzungen billigend in Kauf. Durch die Beauftragung der Vollstreckungsstellen, auf eine Härtefallprüfung zu verzichten, halten die Rundfunkanstalten die Verwirklichung eines rechtswidrigen Eingriffs in das Existenzminimum mindestens für möglich oder führen diesen sogar willentlich, also absichtlich herbei.

Der Gesetzgeber wusste um die Härtefallproblematik. Dies ist den Drucksachen zur Härtefallregelung zu entnehmen. Daher hat er den Begriff des Härtefalles weit ausgelegt. Es lässt sich ihm nicht vorwerfen, er hätte diesen Umstand nicht ausreichend berücksichtigt. Die Handlungen die zu den Grundrechtsverletzungen führen, gehen von den internen, unbeaufsichtigten, sich völlig verselbständigenden Regelungen der Rundfunkanstalten aus. Jetzt, nach der gescheiterten Erhöhung des Rundfunkbeitrages, ist die Gefahr unkontrollierter Grundrechtsverletzungen durch die hoheitlichen Tätigkeiten des ör-Rundfunks und von ihm beauftragter Dritten umso höher. Ein Tätigwerden zum Schutz der Grundrechte, insbesondere des Existenzminimums ist dringend erforderlich.

Anbei noch ein Vorschlag im Zusammenhang mit einem gestellten Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen eines besonderen Härtefalles (z.B. im Bezug auf Wohngeld) in einem Begründunsteil zur materiellen Rechtmäßigkeit. Wird der Härtefall nicht geprüft und ergeht daraufhin ein Ablehnungsbescheid, kann folgendes Argument angebracht werden. Dem Antrag wurde nicht abgeholfen, eine antragsgemäße Prüfung des Einzelfalles erfolgte nicht. Da die Härtefallumstände ungeprüft blieben, kann es sich um keinen Verwaltungsakt handeln. Mit der Härtefallregelung besteht eine Regelung des Einzelfalles. Ein Verwaltungsakt setzt die Regelung eines Einzelfalles voraus. Wird der Tatbestand des Härtefalles nicht vollständig geprüft, wird dies der Regelung des Einzelfalles nicht gerecht. Somit handelt es sich vorliegend um keinen Verwaltungsakt. Der Ablehnungsbescheid ist aufzuheben.
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 31. Dezember 2020, 13:20
Auf Grund der Hinweise hier ist eine fiktive Person zu dem folgenden fiktiven Schriftsatz gekommen

Zitat
Der Kläger hat sich zu den  in erster Instanz vorgelegten Bescheiden bzw basierenden Berechnungen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen ausführlich geäußert.
Die dem Senat vorgelegte Unterlagen vom 16.12.2020, welche dieser als "Konglomerat von Unterlagen" bezeichnet,  enthalten die wirtschaftlichen Verhältnisse - zum einen das Einkommen, behördlich geprüft (bescheidgebunden), sowie zum anderen die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (nach KdU - bekannt aus Berechnungen von Harz IV).
Auch hat der Kläger sich nicht darauf beschränkt, die Berechnungen des 1. Senats als nicht nachvollziehbar zu bezeichnen, sondern wollte lediglich darstellen, dass sich die Berechnungen der Wohngeldbehörde erheblich und nachteilig von den Berechnungen von ALG2 - Empfängern unterscheiden. Hier sieht der Kläger eine Ungleichbehandlung gegenüber ALG2 - Empfängern, wie bereits in 1. Instanz vorgetragen.

Diese hat in ihrem Urteil 6K 838/18 vom 15. Jan 20  auf Seite 13 festgestellt
Zitat 1: Urteil 6K 838/18
Im Fall des Klägers lässt sich trotz der aus den Berechnungsbögen der im Klageverfahren eingereichten Wohngeldbescheide ersichtlichen geringen Einkünfte, die sich unter Einrechnung des Wohngeldes für einen Dreipersonernhaushalt auf insgesamt höchstens 1038,50 €  monatlich beliefen, eine grobe Unbilligkeit im Sinne  der vorzitierten Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen.
Denn sie ist nicht durch das in §4 Abs 1 verankerte normative Regelungssystem der bescheidgebunden Befreiungsmöglichkeit entstanden.


VGO §124 Abs 2 Satz 4

Hier verweist der Kläger auf das Urteil vom 30.10.2019 BVerwG 6 C 10.18 (siehe RN 23, 25, 26, 27, 29, 31, 33)   

Auch im Urteil BVerwG 6 C 20.18 vom 09. Dezember 2019 wurde festgestellt:
RN 24  Zitat
....... Der Zweck der Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV besteht darin, grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten zu vermeiden, die durch das in § 4 Abs. 1 RBStV verankerte normative Regelungssystem der sogenannten bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entstehen. Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, nicht zu den Personengruppen des § 4 Abs. 1 RBStV gehörende Rundfunkbeitragsschuldner von der Beitragspflicht zu befreien, wenn sich deren Schlechterstellung gegenüber den befreiten Personengruppen nicht sachlich rechtfertigen lässt.  [...] Zum anderen kommt eine Anwendung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV auf von dem Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV nicht erfasste, den dort geregelten Konstellationen jedoch vergleichbare Bedürftigkeitsfälle in Betracht (zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - Rn. 23 ff., vgl. auch: LT-Drs. HB 18/40 S. 25).


Zitat 2 Urteil 6K 838/18
Dem Kläger stünde nach Lage der Dinge die Möglichkeit offen, eine unter §4 Abs 1 RBSTV aufgezählte Sozialleistung zu beantragen. Er hat selbst vorgetragen, dass er ergänzende Sozialleistungen in Höhe von mehr als 300 € beanspruchen könnte.Rundfunkteilnehmer mit einem potentiellen Sozialleistungsanspruch müssen sich gemäss dem Konzept der bescheidgebundenen Befreiung aber Grundsätzlich der Prüfung ihrer wirtschaftlichen  Verhältnisse durch die hierfür personell und sachlich ausgestatten Sozialbehörden unterziehen.

auch hier Verweis auf das Urteil vom 30.10.2019 BVerwG 6 C 10.18 (siehe RN 23, 25, 26, 27, 29, 31, 33)

Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass laut Berechnungen nach ALG2 die Sozialleistungen höher ausfallen würden als bei Wohngeld. Auch wurde das Einkommen des Klägers von einer hierfür personell und sachlich ausgestatten Behörde geprüft. (Wohngeldbehörde)
Die Möglichkeit eine unter §4 Abs 1 RBSTV aufgezählte Sozialleistung zu beantragen  besteht jedoch nicht. Der Bezug von Wohngeld ist dem Bezug anderer Sozialleistungen vorrangig.


Zitat 3 Urteil 6K 838/18
Allein der Umstand, dass er sich stattdessen für Wohngeld entschieden hat . . . . . .

Das Gericht behauptet demnach, der Kläger hätte eine Wahl und sich für Wohngeld entschieden.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales  BMAS
Zitat:
Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) sind einzustellen, wenn durch den Bezug einer vorrangigen Sozialleistung (wie z.B. Wohngeld) die Hilfebedürftigkeit überwunden werden kann

Sozialgericht Berlin      S 145 SO 1717/17 ER      18.12.2017 
Zitat:   .....allerdings ist die Antragstellerin zur Überzeugung der Kammer zur Inanspruchnahme des Wohngeldes verpflichtet, da es sich hierbei um eine gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 7 Wohngeldgesetz (WoGG) vorrangige Leistung handelt (vgl. Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 2 Rn. 36)
[].....Die Kammer vermag – anders als das LSG Berlin-Brandenburg – aus der getroffenen Feststellung nicht den Schluss zu ziehen, dass sich hieraus ein Wahlrecht zwischen Wohngeld und Sozialhilfe ergebe.


Wohngeld ist eine vorrangige Leistung, ein Wahlrecht besteht nicht!

VGO  §124 Abs 2 Satz 1 

Wohngeld beinhaltet keine vollständige Übernahme der Wohnkosten in der Höhe des Regelsatzes wie ALG2.  Demnach  hat der Kläger am Ende, wie dargelegt, werniger als ein ALG2-Empfänger zur Verfügung.

Ergebnis: Verstoß gegen den Gleichheitssatz

Der Kläger hat in seiner Klageschrift vorgetragen

Zitat:
Der Rundfunkbeitrag von monatlich 17,50 Euro ist seit 2013 für jede Wohnung zu entrichten. Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist somit der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet. Das gewähren von Wohngeld einerseits und die Rundfunk - Abgabe auf das innehaben einer Wohnung andererseits verstößt gegen das Sozialstaatsprinzip, denn im Regelsatz des Wohngeldbescheides sind die Kosten des Rundfunkbeitrags nicht enthalten.

Drucksache 19/11750 - Deutscher Bundestag
Zitat: Das Wohngeld soll für Haushalte mit niedrigem Einkommen die Wohnkostenbelastung mindern.

Nach der heutigen Regelung des § 1 Abs. 1 WoGG dient das Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Dies spricht ebenso für seine primär fürsorgerische Zwecksetzung wie die Wertung, die der Gesetzgeber mit der Einbeziehung des Wohngeldgesetzes in das Sozialgesetzbuch und den im dortigen Ersten Buch normierten wohngeldbezogenen Regelungen zum Ausdruck gebracht hat. Das Wohngeldgesetz gilt danach als  Teil des Sozialgesetzbuchs.

Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet.

Rundfunkbeiträge sind keine Wohnkosten. Das Wohngeld hat demnach schon gar nicht den Zweck, zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen Verwendung zu finden. Dies wäre eine Zweckentfremdung. Die Finanzierung aus Wohngeld würde einen Nachteil darstellen und den Zweck des Wohngeldes verletzen. Es käme einer Kürzung des Wohngeldes um die Höhe der Rundfunkbeiträge gleich. Eine Entscheidung und Prüfung der Befreiung vom Rundfunkbeitrag kann durch eine LRA nicht durch Zuschreibung zweckgebundener Gelder aus der staatlichen Fürsorge umgangen werden. Das Wohngeld dient, wie auch bei ALG2,  nicht der Deckung der Rundfunkabgaben.

Das Wohngeld hat sich jedenfalls im Zuge dieser Rechtsentwicklung zu einer individuellen Sozialleistung gewandelt, deren primär fürsorgerechtlicher Charakter es gebietet, Wohngeldsachen den Angelegenheiten der Fürsorge u.a. im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO zuzuordnen, für deren Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten keine Gerichtskosten zu erheben sind (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).

Wie die Sozialhilfe kommt auch das Wohngeld nur Personen mit geringem Einkommen zu. Auch ist ein Streit um Wohngeld mit den in der Regel kostenfreien Verfahren vor den Sozialgerichten vergleichbar. Auch bei Wohngeldempfängern besteht das vom Gesetzgeber zur Begründung der kostenfreien Verfahren hervorgehobene „Schutzbedürfnis“.

VGO  §124 Abs 2 Satz 3

Der Selbstbehalt soll sicherstellen, dass Schuldnern ein Existenzminimum verbleibt.
Wie hoch der Selbstbehalt ist, hängt vom Einkommen und den Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners, hier Beitragspflichtigen, ab. Diese wurden dargelegt. Alles Vermögen unterhalb der Pfändungsfreigrenze verbleibt beim "Beitragspflichtigen". Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet deshalb die öffentliche Gewalt, also den Gesetzgeber, die Rechtsprechung und die Verwaltung dazu, nach sozialen Gesichtspunkten zu handeln und die Rechtsordnung dementsprechend zu gestalten.

VGO  §124 Abs 2 Satz 2

Einerseits legt der Gesetzgeber eine Pfändungsfreigrenze fest, um das Existenzminimum zu sichern, andererserits werden z.b Rentner, Geringverdiener,  Studenten etc. staatlich durch Gesetz verpflichtet, selbst mit Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze Rundfungbeiträge zu entrichten
Im Grunde ist daher fraglich, dass selbst diejenigen, die Einnahmen unterhalb der Pfändungsgrenze erzielen, Rundfunk finanzieren müssen, und das noch in gleicher Höhe wie ein Einkommensmillionär.

VGO  §124 Abs 2 Satz 2 u 3

Landtag Brandenburg Drucksache 7/2255
Zitat: Vor dem Hintergrund, dass auch Empfänger von Wohngeld gleichwohl regelmäßig in sehr angespannten finanziellen Verhältnissen leben, beschloss der Petitionsausschuss, die Thematik dem für Rundfunkangelegenheiten zuständigen Hauptausschuss des Landtages zur Kenntnisnahme zukommen zu lassen.
(Aufnahme von Wohngeldbescheiden in den Katalog der Befreiungstatbestände)

VGO §124 Abs 2 Satz 2, 3 u 4

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils
Die Rechtssache hat  grundsätzliche Bedeutung und weist  besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf.

Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: Besucher am 01. Januar 2021, 18:02
Auch vom Herrn Kirchhof...

...
Zitat:
Der Rundfunkbeitrag von monatlich 17,50 Euro ist seit 2013 für jede Wohnung zu entrichten. Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist somit der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet. Das gewähren von Wohngeld einerseits und die Rundfunk - Abgabe auf das innehaben einer Wohnung andererseits verstößt gegen das Sozialstaatsprinzip, denn im Regelsatz des Wohngeldbescheides sind die Kosten des Rundfunkbeitrags nicht enthalten.

Drucksache 19/11750 - Deutscher Bundestag
Zitat: Das Wohngeld soll für Haushalte mit niedrigem Einkommen die Wohnkostenbelastung mindern.
...
Mit der Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung ist der Zweck des Wohngeldes, die wirtschaftliche Sicherung für angemessenes Wohnen, nicht mehr gewährleistet.

Rundfunkbeiträge sind keine Wohnkosten. Das Wohngeld hat demnach schon gar nicht den Zweck, zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen Verwendung zu finden. Dies wäre eine Zweckentfremdung. Die Finanzierung aus Wohngeld würde einen Nachteil darstellen und den Zweck des Wohngeldes verletzen. Es käme einer Kürzung des Wohngeldes um die Höhe der Rundfunkbeiträge gleich. Eine Entscheidung und Prüfung der Befreiung vom Rundfunkbeitrag kann durch eine LRA nicht durch Zuschreibung zweckgebundener Gelder aus der staatlichen Fürsorge umgangen werden. Das Wohngeld dient, wie auch bei ALG2,  nicht der Deckung der Rundfunkabgaben.
...
Landtag Brandenburg Drucksache 7/2255
Zitat: Vor dem Hintergrund, dass auch Empfänger von Wohngeld gleichwohl regelmäßig in sehr angespannten finanziellen Verhältnissen leben, beschloss der Petitionsausschuss, die Thematik dem für Rundfunkangelegenheiten zuständigen Hauptausschuss des Landtages zur Kenntnisnahme zukommen zu lassen.
(Aufnahme von Wohngeldbescheiden in den Katalog der Befreiungstatbestände)

...hatte es in dessen Gutachten (S. 71) für die »Anstalten« klare Aussagen z. Th. Wohngeld & »Rundfunkbeitrag« gegeben. Mehr dazu - u. a. auch den Link zum Gutachten (da ein fiktiver Besucher keinerlei Lust hat, auf die Abzocker-Webseiten zu gehen) - gibt es hier: 

https://www.telemedicus.info/das-kirchhof-gutachten-im-detail/
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: mullhorst am 04. Januar 2021, 11:27
Danke an @Besucher für den Hinweis

Ebenfalls hinzugefügt wurde folgendes

Zitat
Letztlich folgt der  Lohnpfändungsschutz  auch  aus  dem  Prinzip  sozialer  Sicherung,  das  seine  sichtbare Grundlage  in  der  verfassungsrechtlich  garantierten  Unantastbarkeit  der  Menschenwürde(Art.  1  Abs. 1  GG),  der  freien  Entfaltung  seiner  Persönlichkeit  (Art.  2  Abs. 1  GG)  und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG) gefunden hat.

Das Sozialstaatsprinzip umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts  nicht nur die Verpflichtung, dem Einzelnen notfalls auch die zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen  für  ein  menschenwürdiges  Dasein  benötigten  Mittel  zur  Verfügung  zustellen, sondern auch das Gebot, „dem Bürger das selbsterzielte Einkommen bis zu diesem Betrag – der als Existenzminimum bezeichnet wird – nicht (zu) entziehen!
BVerfGE 82, 60, 85; BGH NJW 1998, 1058
gefunden bei https://www.soldan.de/media/pdf/42/42/6d/9783895774126_LP.pdf (https://www.soldan.de/media/pdf/42/42/6d/9783895774126_LP.pdf)
Was genau sagt der Satz dem Bürger das selbsterzielte Einkommen bis zu diesem Betrag – der als Existenzminimum bezeichnet wird ?

Der Pfändungsfreibetrag wird als Existenzminimum angesehen ?

Weitere Vorschläge?
Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: ope23 am 04. Januar 2021, 12:10
Was genau sagt der Satz dem Bürger das selbsterzielte Einkommen bis zu diesem Betrag – der als Existenzminimum bezeichnet wird ?
Das, was der Bürger durch eigene Hände Arbeit als Einkommen erreicht. Wenn er mehr als das Existenzminimum erzielt, darf ihm der überschüssige Betrag entzogen werden. Wenn er weniger als das Existenzminimum erzielt, dann darf ihm nichts weggenommen werden.

Was nicht klar gestellt wird, ist, wenn jemand mit eigenen Händen unterm Existenzminimum liegt, mit z.B. Wohngeld aber darüber. Darf ihm der überschüssige Betrag dann weggenommen werden? (d.h. ein Teil der Sozialleistung wird dann den Intendanten zum Fraß vorgeworfen, um es nett zu formulieren)

Zitat
Der Pfändungsfreibetrag wird als Existenzminimum angesehen ?
Es gibt verschiedene Existenzminima. Wikipedia klärt auf.

Dass irgendwelche zwei Geldgrößen stets fix gekoppelt sind (etwa "H4-Regelsatz = Existenzminimum"), gibt es im deutschen Recht nicht. Dafür sind Argwohn, Missgunst und Verachtung der Politiker gegenüber armen Menschen viel zu groß.

Titel: Re: Verletzt der "Rundfunkbeitrag auf die Wohnung" den Zweck des Wohngeldes?
Beitrag von: befreie_dich am 04. Januar 2021, 14:54
Meistens schreibe ich wie @mullhorst einen längeren Entwurf. Den untergliedere ich dann mit Überschriften und Unterüberschriften. Im Textvorschlag sind ..., vielleicht stehen da die Überschriften. Ich würde immer eine Gliederung in logisch enger zusammengehörige Einheiten empfehlen. Dies hat den Vorteil, dass ich mich nach einiger Zeit und des Vergessens, selbst schneller wieder im Text zurechtfinde. Ist natürlich persönlicher Stil, mehr Übersicht und Gliederung finde ich besser, da es den Lesern die Erfassung der Inhalte vereinfacht. Außerdem können die Überschriften Wichtiges nochmals hervorheben.

Zu einer möglichen Fehleinschätzung kommt es häufig beim Sozialstaatprinzip, rein nach Art. 20 Abs. 1 GG. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers rein nach dem Artikel im GG ist weit ausgelegt. Es ist lediglich eine Richtlinie, Forderungen die sich rein auf den Artikel berufen, könnten (meiner Meinung nach werden sie es mit alleinigem SP/GG, da müsste mehr dazu) ins Leere laufen. Allerdings hat sich die Rechtsprechung bereits dazu geäußert und konkrete Vorgaben gemacht. Nach diesen Vorgaben ist der Gesetzgeber verpflichtet hier aktiv zu werden. Die genannte Petition setzte den Gesetzgeber in Kenntnis darüber und sollte unbedingt erwähnt werden. Die Popularität zu verdeutlichen hilft. Die auch von mir bereits genannten Gründe (der ÖRR arbeitet gegen die Rechtsprechung, ruft zu Grundrechtsverletzungen beim Existenzminimum auf) unterstützen dies und zeigen darüber hinaus, die Aktualität und, dass eine Verbesserung dringend notwendig ist. Hierzu müssten die relevanten Entscheidungen des BVerfG eingebunden werden. Folgenden Text habe ich gefunden, der allerdings schon etwas älter scheint (aber vielleicht historisch interessant):

http://www.irs-bs.de/pdf/lu_exmin.pdf (http://www.irs-bs.de/pdf/lu_exmin.pdf)
Ein Kirchhof kommt ebenfalls darin vor. Dort könnte weiter recherchiert werden.

In den Texten wird es auf den Punkt gebracht: der Einzelne kann sich nur bei Willkür (deren Begrundung scheint mir hier utopisch - selbst wenn der ein oder andere es anders empfindet) direkt auf das Sozialstaatprinzip berufen (Verfassungsbeschwerde). Das Schreiben an die Vollstrecker und die Nichtbeachtung der höchstinstanzlichen Rechtsprechung eröffnet eine Verfassungsbeschwerde. Siehe hierzu auch:

https://www.bundestag.de/resource/blob/406948/da4397e0f0e483547f7e1dcccd59f38c/WD-6-200-14-pdf-data.pdf (https://www.bundestag.de/resource/blob/406948/da4397e0f0e483547f7e1dcccd59f38c/WD-6-200-14-pdf-data.pdf)

Alleinstehende Aussagen wie "verstößt gegen das Sozialstaatprinzip" überzeugen daher rechtlich NICHT. Die nachfolgende Begründung muss kommen und meiner Meinung nach viel konkreter werden. Das Sozialstaatprinzip ist keine Grundlage eines einklagbaren Rechtsanspruchs. Dieses Prinzip muss aufgedröselt werden, z.B. auf den angesprochenen Schutz des Existenzminimums. Der allgemeine Begriff "Sozialstaatprinzip" leitet die Diskussion ein, ist aber selbst nicht speziell genug.

Ich würde generell die wichtigen Zitate direkt zitieren und nicht paraphrasieren. Wahrscheinlich ist die Repräsentation im Dokument aber deutlich besser als hier im Forum.

Es muss immer verdeutlicht werden, das man sich nicht rein auf das Sozialstaatprinzip beruft. Es sollten Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, dass die Gegenseite oder das Gericht das nicht allein so interpretieren kann. Daher kann es sinnvoll sein, die in den Quellen und von mir beschriebene herrschende Meinung (Nennen, zeigt, dass sich der Schreiber eingelesen hat*) anzugeben und dann konkreter zu werden. Das mit dem Existenzminimum und dessen Bedeutung wird ja jetzt zunehmend Mittelpunkt der Diskussion hier und darum geht es. Das sollte meiner Meinung nach im Text noch klarer werden. Nicht das Sozialstaatprinzip verpflichtet, sondern die damit zusammenhängende oder daraus abgeleitete Rechtsprechung. Das SP wäre zu allgemein. Ich hoffe es wird klar, vor welchem Fettnäpfchen meine Meinung bewahren will.

*Alles was weggelassen wird, da es bekanntermaßen nicht so toll für unsere Argumentation ist, wirkt umso schwerer, wenn es allein von der Gegenseite dann als Angriffspunkt genutzt wird. Daher sollte der Gedanke omnipräsent sein, auf solche Stellen vorab selbst einzugehen und sie mit den besseren Argumenten zu entschärfen.