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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: sonich am 09. April 2018, 23:13

Titel: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 09. April 2018, 23:13
Wie wir wissen, hat das Bundesverfassungsgericht nun terminiert auf den 16./17. Mai 2018

vgl. hierzu BVerfG: Mündliche Verhandlung in Sachen „Rundfunkbeitrag“ 16./17. Mai 2018
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27021.msg169711.html#msg169711
(https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27021.msg169862.html#msg169862)

Für eine Person Y stellt sich folgende Frage:

Angenommen eine mündliche Verhandlung im Klageverfahren hätte erst kürzlich stattgefunden.

Angenommen das Klageurteil sowie die schriftliche Urteilsbegründung stünden noch aus, Person Y warte also stündlich, täglich darauf. (Telefonisch konnte sie vom Verwaltungsgericht erfahren, dass die Richterin die Klage bereits abgewiesen hatte, Urteil und Begründung würden folgen).

Angenommen Person Y hatte urspünglich gedacht, bei (erwartbarer) Klageabweisung binnen Monatsfrist direkt Verfassungsbeschwerde einzulegen, da der Rechtsweg faktisch erschöpft wäre.

hierzu: Rechtsweg erschöpft - Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG möglich
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22540.msg152644.html#msg152644

Nun ist das schriftliche Urteil also noch nicht da. Hat sich die Situation durch die Terminierung des BVerfG in irgendeiner Weise geändert? Sollten weiterhin Verfassungsbeschwerden eingelegt werden?

Was passiert eigentlich mit den Verfahren, die ja rechtskräftig wurden, auch wenn die Verfahrensführer (Klägern oder Klägerinnen) Verfassungsbeschwerde einlegten? Wie wirkt sich eine für uns positive Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus? Würde die Sache an das VG (als hier letzte Instanz) zurückverwiesen?

Was wäre für eine Person Y jetzt zu bedenken, wie könnte sie sich in anbetracht der neuen Situation verhalten, wenn das Urteil kommt?


Edit DumbTV:
Thema präzisiert.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: maikl_nait am 10. April 2018, 02:41
Hallo!

Nun, nach der Verhandlung wird ein Urteil ergehen, die vorgebrachten Argumente sind dann "verbrannt" und nicht wieder anwendbar.

Allerdings könnten noch neue Argumente gefunden werden, oder Lücken und Widersprüche in der Urteilsbegründung erkannt werden. Damit könnte natürlich noch weiter geklagt und sich beschwert werden.

MfG
Michael
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 10. April 2018, 12:34
Weitere Argumente können im Normalfall am ehesten in einer Berufungsinstanz angebracht werden? In letzter Zeit war es beim Rundfunkbeitrag aber sinnlos, die zweite Instanz in irgendeiner Form zu beschreiten. Deshalb wurde von einigen Betroffenen direkt Verfassungsbeschwerde eingelegt mit dem Argument "erschöpfter Rechtsweg".   

Zur Wirkung einer Entscheidung des Verfassungsgerichts ist was zu finden:

Zitat
[ a] Ein verfassungswidriges Gesetz erklärt das Bundesverfassungsgericht im Regelfall für nichtig. Die Nichtigkeit wirkt auch in die Vergangenheit und führt rechtlich gesehen zu einem Zustand, als ob das Gesetz niemals erlassen worden wäre. [ b] In bestimmten Fällen erklärt das Bundesverfassungsgericht eine Rechtsnorm lediglich für unvereinbar mit dem Grundgesetz und legt fest, ab wann sie nicht mehr angewendet werden darf. Dies geschieht insbesondere dann, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes hat oder wenn die Nachteile des sofortigen Außerkrafttretens der Rechtsnorm größer sind als die Nachteile einer übergangsweisen Weitergeltung. Letzteres ist häufig bei Steuergesetzen der Fall, weil die Rechtsgrundlage für die Steuererhebung sonst ganz oder teilweise wegfiele. In der Übergangszeit kann der Gesetzgeber eine verfassungsgemäße Norm erlassen. In seltenen Fällen legt das Bundesverfassungsgericht selbst Übergangsbestimmungen fest.

Über das konkrete Verfahren hinaus führt die Nichtigkeit einer Rechtsnorm nicht dazu, dass alle anderen auf ihrer Grundlage ergangenen Entscheidungen ungültig werden (vgl. § 79 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Nicht mehr anfechtbare Entscheidungen bleiben wirksam, können aber nicht mehr vollstreckt werden. Eine weitergehende Regelung gilt für das Strafverfahren wegen seiner einschneidenden Wirkungen: Wenn ein Strafurteil auf einer nichtigen oder mit dem Grundgesetz unvereinbaren Rechtsnorm beruht, kann das Verfahren auch nach seinem rechtskräftigen Abschluss wieder aufgenommen werden.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahrensarten/Wirkung-der-Entscheidung/wirkung-der-entscheidung_node.html;jsessionid=DD8CFC655F52EC1EB30D58BACDBFF563.1_cid394

Es würde einer Person Y schon reichen, wenn nach der abweisenden Klageentscheidung aus demselben Urteil nicht mehr vollstreckt werden könnte  ;) , aber das ist vielleicht nur bei Nichtigkeit des Gesetzes so und nicht bei Unvereinbarkeit (?)

Auf der homepage des BVfG heißt es:

Zitat
Das Bundesverfassungsgericht kann die Verfassungswidrigkeit eines Aktes der öffentlichen Gewalt feststellen, eine verfassungswidrige Entscheidung aufheben und die Sache an ein zuständiges Gericht zurückverweisen sowie ein Gesetz für nichtig erklären.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahrensarten/Verfassungsbeschwerde/verfassungsbeschwerde_node.html

Ist es das, was passiert, werden Verfahren von Kläger/innen, welche Verfassungsbeschwerde eingelegt haben, nach Entscheidung durch das BVfG an das vorhergehende Gericht zurückverwiesen? Aber vorliegend ist eher damit zu rechnen, dass Unvereinbarkeit festgestellt wird, und das hieße es käme gerade nicht zur Zurückverweisung (?)
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: DJ_rainbow am 10. April 2018, 12:59
***:

Wenn die Unvereinbarkeit festgestellt wird, wird möglicherweise*** bei den anhängigen Verfassungsbeschwerden in diesem Umfang aufgehoben und zurückverwiesen, wo dieser nicht vereinbare Punkt relevant war / ist. Das (meistens) OVG müsste möglicherweise dann - unter Beachtung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung - neu entscheiden.

***Edit "Markus KA":
Beitrag musste leider angepasst werden.
Bitte versuchen sachliche Beiträge, möglichst mit der entsprechenden Regelung oder dem Gesetzestext zu ergänzen, ansonsten hypothetisch beschreiben.
Bitte, wie überall im Forum, keine chat-artige Debatte führen.
Bei Antworten an ein Forumsmitglied die Private Mitteilung nutzen. 
Danke für das Verständnis und die zukünftige konsequente Berücksichtigung.

Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: Markus KA am 10. April 2018, 15:47
Nach einer mündlichen Verhandlung und solange das Urteil noch nicht zugestellt wurde, besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO mit dem Hinweis der mündlichen Verhandlung des BVerfG nachzureichen. In fiktiven Fällen könnte das Gericht diese berücksichtigt haben.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 10. April 2018, 16:00
Ah, das ist ein guter Hinweis  :)  und könnte bald unternommen werden.

Person Y könnte bereits überlegt haben, die Richterin über den nahen Verhandlungstermin am BVerfG zu informieren. In diesem Lichte schiene das richtig sinnvoll!
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 10. April 2018, 19:46
Ok, angenommen der weitere (und oben genannte - @Markus KA) Aussetzungsantrag wäre  - nach der mündlichen Verhandlung - nun doch nicht mehr oder zu spät gestellt worden. Angenommen, das bisher fehlende schriftliche Urteil würde morgen oder übermorgen bereits bei Person Y eingehen  :(

Was dann? Berufung? Verfassungsbeschwerde? Kurz vor dem Verhandlungstermin in Karlsruhe? Was könnte das jetzt noch bringen - außer Arbeit und Kosten? 
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 10. April 2018, 21:45
Die Frage ist, wie sich eine verfassungsgerichtliche Entscheidung bestenfalls auswirkt auf diejenigen, die VB erhoben, aber auch auf alle anderen.

Relevant sind anscheinend §§ 78, 79, 95 (und 90 Abs. 2) BVerfGG? Für mich ist das allerdings etwas verworren und undurchsichtig, leider nicht ganz klar, was genau das bedeutet.

https://dejure.org/gesetze/BVerfGG/78.html
https://dejure.org/gesetze/BVerfGG/79.html
https://dejure.org/gesetze/BVerfGG/95.html
(https://dejure.org/gesetze/BVerfGG/90.html)


=> Für V.-Beschwerdeführer wahrscheinlich Zurückweisung an zuständiges Gericht (gem. § 95 Abs. 2) ??

     Für übrige: keine zulässige Vollstreckung aus vorherigen (nur gerichtlichen?) Entscheidungen (§ 79 Abs. 2 S. 1, 2) ??


Allerdings existiert anscheinend die Möglichkeit einer "Vollstreckungsabwehrklage"? : Also angenommen Person Y legte nun keine Rechtsmittel / VB mehr ein gegen das Klageurteil, so könnte eine Vollstreckung, welche die Rundfunkanstalt später daraus anstrengt nach dem 16./17. Mai gegebenenfalls abgewendet werden durch Vorbringen neuer Tatsachen, hier Entscheidung(sgründe) des Bundesverfassungsgerichts (siehe §§ 79 Abs. 2 S. 3 BVerfGG in Verb. mit § 767 ZPO) ??

https://dejure.org/gesetze/ZPO/767.html

(Ob man auch bereits erfolgte Vollstreckungen im Nachhinein anfechten könnte??)


Und ginge es jetzt überhaupt noch, eine Verfassungsbeschwerde mit Rechtswegerschöpfung zu begründen? Oder würde das Verfassungsgericht jetzt doch auf Berufung bestehen, da ja seine Entscheidung zeitnah ergeht und mit einfließen könnte? Also besteht jetzt noch die Möglichkeit des § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG (Verfassungsbeschwerde vor Erschöpfung des Rechtswegs)?

Ich bitte um Meinungen aus dem Forum.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: Markus KA am 11. April 2018, 00:18
Liegt im fiktiven Fall ein Urteil vor, ist die Rechtsbelehrung mit ihren Fristen im vorliegenden Urteil zu beachten. Man könnte die Zulassung zur Berufung mit einem Anwalt in der nächsten Instanz beantragen (Anwaltspflicht).

Ist der Rechtsweg beendet, wird das Urteil und möglicherweise die Bescheide des Beklagten rechtskräftig.

Beklagte sehen dann üblicherweise die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung, dieser kann auch wieder mit rechtlichen Mitteln entgegengetreten werden.

Die Abgabe einer Verfassungsbeschwerde schützt möglicherweise nicht vor einer Zwangsvollstreckung, siehe hierzu auch:

SWR droht Verfassungsbeschwerdeführer mit Zwangsvollstreckung und Zwangshaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26074.msg164448.html#msg164448

Das alles mit Kosten und Arbeit verbunden ist, ist leider immer so.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 11. April 2018, 00:37
Wenn ich das richtig sehe (siehe meine Überlegungen im Vorbeitrag), könnte es für Person Y in der gegenwärtigen Situation evtl. geschickt sein, gar nichts mehr zu tun, denn direkt Verfassungsbeschwerde zu erheben, könnte riskant sein. Antrag auf Zulassung der Berufung kostet, und die Erfolgsaussicht (auch der Berufung) ist gering für den Fall, dass das BVerfG nur für die Zukunft entscheidet. Abwarten, und falls nach Ablauf der Rechtsmittelfrist vollstreckt wird, kann man nötigenfalls mittels Vollstreckungsabwehrklage (am VG) Gegenwehr betreiben, sofern das BVerfG hierfür Argumente liefert. Auf das politische Zeichen, das von weiteren Anträgen, Berufung und Verfassungsbeschwerde ausgeht, kann man, denke ich, nunmehr verzichten? Ich hoffe, dass noch Impulse aus dem Forum kommen. Ansonsten ist es immer gut, eine Nacht darüber zu schlafen.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: Markus KA am 11. April 2018, 01:18
Hierzu auch:

Urteil ist da (1. Instanz) > und jetzt?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26973.msg169462.html#msg169462 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26973.msg169462.html#msg169462)
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 14. April 2018, 14:05
Danke für den Querverweis! 

Bei Person Y herrscht nach Eingang des schriftlichen Klageurteils weiterhin ziemliche Ratlosigkeit:


Würde denn eine direkte Verfassungsbeschwerde (wegen faktischer Rechtswegerschöpfung) vom BVerfG jetzt noch angenommen?

Hat jemand eine Idee oder hilfreiche Argumente, wie in der fiktiv gegebenen Situation (abweisendes Klageurteil soeben erhalten) weitergemacht werden kann?
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: P am 17. April 2018, 10:47
Würde denn eine direkte Verfassungsbeschwerde (wegen faktischer Rechtswegerschöpfung) vom BVerfG jetzt noch angenommen?
Ich verweise auf meine Postings unter
Antrag auf Aussetzung nach §94 VwGO abgelehnt > Was tun?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23135.msg147603.html#msg147603
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23135.msg147638.html#msg147638

Anregungen zur Darlegung, warum die weitere Beschreitung des Rechtswegs aussichtslos ist, finden sich in Profät Di Abolos Posting unter
Rechtsweg erschöpft - Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG möglich
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22540.msg148178.html#msg148178

An der Sachlage hat sich durch die Terminierung der mündlichen Verhandlung insoweit nichts geändert.

Wenn man die damit verbundene Arbeit nicht scheut, sollte Verfassungsbeschwerde erhoben werden. Dabei besteht das Risiko, dass das Bundesverfassungsgericht die Einlegung eines Rechtsmittels nicht für aussichtslos befindet. (Und natürlich wie immer, dass man die Formalia nicht einhält.)

Wenn man Berufung einlegt oder Antrag auf Zulassung der Berufung stellt, besteht ein Kostenrisiko für den Fall, dass das BVerfG die Regelungen zum Rundfunkbeitrag für verfassungsgemäß hält, aber auch für den Fall, dass es z.B. eine Fortgeltungsanordnung trifft.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: P am 17. April 2018, 10:55
Wenn ich das richtig sehe (siehe meine Überlegungen im Vorbeitrag), könnte es für Person Y in der gegenwärtigen Situation evtl. geschickt sein, gar nichts mehr zu tun, denn direkt Verfassungsbeschwerde zu erheben, könnte riskant sein. Antrag auf Zulassung der Berufung kostet, und die Erfolgsaussicht (auch der Berufung) ist gering für den Fall, dass das BVerfG nur für die Zukunft entscheidet. Abwarten, und falls nach Ablauf der Rechtsmittelfrist vollstreckt wird, kann man nötigenfalls mittels Vollstreckungsabwehrklage (am VG) Gegenwehr betreiben, sofern das BVerfG hierfür Argumente liefert. Auf das politische Zeichen, das von weiteren Anträgen, Berufung und Verfassungsbeschwerde ausgeht, kann man, denke ich, nunmehr verzichten? Ich hoffe, dass noch Impulse aus dem Forum kommen. Ansonsten ist es immer gut, eine Nacht darüber zu schlafen.
Nein, wenn man kein Rechtsmittel einlegt, wird das Urteil rechtskräftig. Durch eine Entscheidung des BVerfG kann die Rechtskraft durchbrochen werden, diese Entscheidung muss aber das eigene Verfahren betreffen, sprich, man muss gegen das eigene Urteil Verfassungsbeschwerde erheben.

Wenn man nichts macht, würde eine aus unserer Sicht positive Entscheidung des BVerfG nichts nutzen.

Auch bin ich der Meinung, dass politische Zeichen weiter ihren Sinn haben.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: P am 17. April 2018, 11:09
Beklagte sehen dann üblicherweise die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung, dieser kann auch wieder mit rechtlichen Mitteln entgegengetreten werden.

Die Abgabe einer Verfassungsbeschwerde schützt möglicherweise nicht vor einer Zwangsvollstreckung, siehe hierzu auch:

SWR droht Verfassungsbeschwerdeführer mit Zwangsvollstreckung und Zwangshaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26074.msg164448.html#msg164448
Es ist unumstritten, dass Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage beim Rundfunkbeitrag keine aufschiebende Wirkung haben. (Das gilt für den Rundfunkbeitrag an sich, hinsichtlich der Säumniszuschläge ist es umstritten.) Schon daher ist es klar, dass Verfassungsbeschwerden gegen diesbezügliche Klagen abweisende Entscheidungen keine aufschiebende Wirkung haben können.

Folglich kann schon während des Widerspruchs- und Klageverfahrens vollstreckt werden.

Die aufschiebende Wirkung müsste erst hergestellt werden.  Dafür gilt das Verfahren nach § 80 Abs. 4 bis 6 VwGO. Entsprechende Anträge müssten meiner Meinung nach wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts (konkret Verfassungswidrigkeit der Regelungen zum Rundfunkbeitrag) stets Erfolg haben. Leider hat dies allerdings bislang bekanntermaßen kein Verwaltungsgericht so gesehen wie ich.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: sonich am 23. April 2018, 21:15
... Durch eine Entscheidung des BVerfG kann die Rechtskraft [des eigenen Urteils] durchbrochen werden, diese Entscheidung muss aber das eigene Verfahren betreffen, sprich, man muss gegen das eigene Urteil Verfassungsbeschwerde erheben.

Danke für deine Beiträge. Kannst du obigen Ausspruch noch etwas erläutern? Unter welchen Umständen ist das so? etc.  Vielen Dank.
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: P am 23. April 2018, 23:04
Wenn eine Urteilsverfassungsbeschwerde zulässig und begründet ist, wird das angegriffene Urteil in der Regel aufgehoben und die Sache an das Gericht, dass dieses Urteil erlassen hat zurückverwiesen. Dies ist ausnahmsweise nicht der Fall, wenn das Bundesverfassungsgericht zwar eine Gesetzesnorm, auf der das Urteil beruht, für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, allerdings eine Fortgeltungsanordnung trifft. So war es bei der Grundsteuer: http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/04/ls20180410_1bvl001114.html

Grundsätzlich ist es jedenfalls so, dass nach Erschöpfung des Rechtswegs eine Gerichtsentscheidung rechtskräftig wird. Die Verfassungsbeschwerde, die in der Regel erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden kann, gehört nicht zum Rechtsweg. Daher ändert auch die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde nichts an der Rechtskraft eines Urteils. Hat man jedoch mit der Verfassungsbeschwerde Erfolg, wird die Rechtskraft der fachgerichtlichen Entscheidung durchbrochen, sie besteht also dann nicht mehr.

Wir haben in unseren Fällen die Besonderheit, dass meines Erachtens die Beschreitung des Rechtswegs gegen abweisende Entscheidungen der Verwaltungsgerichte jedenfalls dann aussichtslos ist, wenn es allein um die Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags geht (das dürfte der Regelfall sein), da die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts in der Richtung gefestigt ist, dass die Beitragsregeln nicht für verfassungswidrig gehalten werden.

Man kann daher meines Erachtens direkt gegen eine ablehnende verwaltungsgerichtliche Entscheidung Verfassungsbeschwerde erheben. Freilich muss dies entsprechend in der Verfassungsbeschwerde begründet werden und klar ist auch, dass unsicher ist, ob das Bundesverfassungsgericht das genauso sieht wie ich.


Edit "DumbTV":
Vollzitat Vorkommentar entfernt. Bitte für die Übersicht und besseren Erfassbarkeit keine solchen überflüssigen Vollzitate verwenden
Titel: Re: Neue Verf.Besch. einlegen trotz BVerfG Termin 05/18 (nach abgewies. Klage)?
Beitrag von: PersonX am 23. April 2018, 23:19
Aktuell dürfte das Bundesverfassungsgericht einige Verfassungsbeschwerden "nicht zur Entscheidung angenommen" haben, sehr wahrscheinlich weil der Rechtsweg nicht vollständig durchlaufen wurde.
Es könnte daher sinnvoll sein, nach dem VG die Berufung anzustreben. Wird der Antrag dazu angelehnt, dann wäre der Weg frei.
Natürlich könnte mit Risiko auch gleich Verfassungsbeschwerde erhoben werden, aber dann muss wohl ausreichend sicher vorgetragen werden, warum der Rechtsweg untauglich ist.
Einfach mal in die aktuelle Liste schauen, welche Beschwerden zur Zeit nicht zur Entscheidung angenommen werden - das Stichwort ist dabei "Frühjahrsputz".