Das Verwaltungsgericht Berlin hat eine Klage gegen die Zahlung des Rundfunkbeitrags abgewiesen. [...]
In der Urteilsbegründung heißt es, [...] Insbesondere könne der Kläger nicht geltend machen, die Sender verfehlten ihren Programmauftrag strukturell.
Punktuell auftretende Defizite oder Unausgewogenheit in der Berichterstattung oder sonstigen Formaten reichten nicht aus. [...]
Leitsatz
- Die Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gebietet, dass das erkennende Gericht im Rundfunkbeitragsrechtsstreit die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht auch mit Blick auf den klägerischen Einwand, es fehle aufgrund einer strukturellen Verfehlung des verfassungsrechtlichen Programmauftrages an einem die Erhebung des Rundfunkbeitrages rechtfertigenden individuellen Vorteil, prüft.
- Eine strukturelle Verfehlung des Programmauftrages liegt vor, wenn das Gesamtbild des Programmangebotes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über einen erheblichen Zeitraum offenkundige und regelhaft auftretende Mängel hinsichtlich der gegenständlichen und meinungsmäßigen Vielfalt erkennen lässt.
Punktuell auftretende Defizite oder Unausgewogenheit in der Berichterstattung beziehungsweise sonstigen Formaten sind nicht ausreichend.
[...]
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IV. Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Berufungsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung eingewendet werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil für die Beitragspflichtigen fehle (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2024, a.a.O., Rn. 1 unter Verweis auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 24. April 2023 – 1 BvR 601/23, NVwZ 2024, 55, Rn. 9). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Februar 2021 – OVG 11 N 95.19 – steht dem nicht entgegen. Abgesehen davon, dass die Entscheidung vor den zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ergangen ist, hat sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung nicht zur strukturellen Verfehlung des verfassungsrechtlichen Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verhalten. Den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg aufgestellten Rechtssatz, dass für eine qualitative Einschätzung öffentlich-rechtlicher Programminhalte in der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Rundfunkbeitragsbescheides kein Raum ist, stellt das erkennende Gericht nicht infrage.
Der Erwerb einer Musterklageschrift gegen die Zahlung von Rundfunkbeiträgen aus dem Internet führt nicht zwingend zum Erfolg, wie eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zeigt.
Der Kläger hatte im Juni 2024 gegen seine Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen und die Erhebung von Säumniszuschlägen Klage erhoben, wobei er eine 178-seitige Musterklageschrift verwandte, die im Internet für 55,08 Euro bezogen werden kann. Auf der Seite des Anbieters wird hierfür wie folgt geworben:
„Wir gehen gemeinsam mit allen juristischen Mitteln dagegen vor, dass der Rundfunkbeitrag weiterhin festgesetzt und durchgesetzt wird. Das ist eine Aufgabe, die von unseren Rechtsanwälten umfassend ausgearbeitet wurde. Jeder einzelne wird damit in die Lage versetzt, auf höchstem Niveau gegen Beitragsbescheide vorzugehen, datenschutzrechtliche Verfehlungen anzukreiden und auch vor ein Verwaltungsgericht zu ziehen. Die erforderliche Klage mit über 240 Seiten und tausenden Beweisangeboten stellen wir bereit. Eine individuelle, anwaltliche Vertretung mit hohen Kosten ist deshalb nicht mehr erforderlich. Egal, wie die Gegenseite reagiert, erhältst Du die dafür passenden Antwortschreiben für Kommunen und Landesrundfunkanstalten.“
Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Klage in Auseinandersetzung mit sämtlichen Argumenten der Musterklageschrift abgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages für die Beitragserhebung nebst Säumniszuschlägen lägen vor. Die Vorschriften seien in jeder Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Insbesondere könne der Kläger nicht geltend machen, die Landesrundfunkanstalten verfehlten ihren öffentlich-rechtlichen Programmauftrag strukturell. Er habe nicht dargetan, dass das gesamte Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über einen erheblichen Zeitraum offenkundige und regelhaft auftretende Mängel hinsichtlich der gegenständlichen und meinungsmäßigen Vielfalt aufweise. Punktuell auftretende Defizite oder Unausgewogenheit in der Berichterstattung oder sonstigen Formaten reichten hierfür nicht aus.
Die Kammer hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.
Urteil der 8. Kammer vom 14. November 2024 (VG 8 K 123/24)
[...]
Der Richter weist den Weg
[...]
Der Richter führte dazu aus, dass sich ihre Kritik an der gesetzliche Grundlage des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Sender ausrichten sollte. Dieser Auftrag verpflichtet die öffentlich-rechtlichen Sender "zur Einhaltung journalistischer Standards, zur Gewährleistung einer unabhängigen, sachlichen, wahrheitsgemäßen und umfassenden Information und Berichterstattung".
Sollte diese Leistung "strukturell bedingt nicht ausreichend erbracht" werden, dann könne auch die Gegenleistung, nämlich der Rundfunkbeitrag infrage gestellt werden, habe der Richter durchblicken lassen, so die Zeitung. Das Urteil in der Sache wird erst in einigen Wochen erwartet.
[...]
VG Berlin, 09.12.2024
Pressemitteilung Nr. 34/2024 vom 09.12.2024
55,08 Euro, die nicht lohnen (Nr. 34/2024)
https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1511153.php
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IV. Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Berufungsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung eingewendet werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil für die Beitragspflichtigen fehle (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2024, a.a.O., Rn. 1 unter Verweis auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 24. April 2023 – 1 BvR 601/23, NVwZ 2024, 55, Rn. 9). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Februar 2021 – OVG 11 N 95.19 – steht dem nicht entgegen. Abgesehen davon, dass die Entscheidung vor den zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ergangen ist, hat sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung nicht zur strukturellen Verfehlung des verfassungsrechtlichen Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verhalten. Den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg aufgestellten Rechtssatz, dass für eine qualitative Einschätzung öffentlich-rechtlicher Programminhalte in der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Rundfunkbeitragsbescheides kein Raum ist, stellt das erkennende Gericht nicht infrage.
Rn 2
Auch eine abschließende Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht ist nicht dargelegt oder erkennbar. In dem – vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags (BVerfGE 149, 222) ergangenen – Nichtzulassungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Dezember 2017 (- 6 B 70.17 -, Rn. 7 und 10) wird lediglich ausgeführt, die Rundfunkabgabe dürfe nicht zu Zwecken der Programmlenkung eingesetzt werden. Damit ist jedoch die vom Beschwerdeführer aufgeworfene und mit Blick auf die aus Art. 19 Abs. 4 GG erwachsende Verpflichtung zur Gewährung eines effektiven individuellen Rechtsschutzes naheliegende Frage nicht beantwortet, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen vor Gericht gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltsicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle.
Link-Auswahl zu diesem Themenkomplex:
Kritik an öffentlich-rechtlichem Rundfunk befreit nicht von Beitragspflicht (08/2023)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37426.0
Revisionszulassung bzgl. Beitrag/Programm: "große Sprengkraft f. ARD u. ZDF" (06/2024)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37976.0
BVerwG 6 C 5.24 - Revision bzgl. Beitragspflicht/ individ. Vorteil/ Programm
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37969.0
Dresdnerin klagt gegen Rundfunkbeitrag: MDR habe Programmauftrag nicht erfüllt (07/2024)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=38042.0
Gegen Zwangsbeitrag ist kein Kraut gewachsen. VG Berlin weist Klage ab. (12/2024)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=38259.0
Befreiungsantrag wegen fehlendem individuellen Vorteil
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37991.0
Leitsatz
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2. Eine strukturelle Verfehlung des Programmauftrages liegt vor, wenn das Gesamtbild des Programmangebotes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über einen erheblichen Zeitraum offenkundige und regelhaft auftretende Mängel hinsichtlich der gegenständlichen und meinungsmäßigen Vielfalt erkennen lässt.
Punktuell auftretende Defizite oder Unausgewogenheit in der Berichterstattung beziehungsweise
sonstigen Formaten sind nicht ausreichend.
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(2) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gebietet, dass das erkennende Gericht die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht auch mit Blick auf den klägerischen Einwand, es fehle aufgrund einer strukturellen Verfehlung des verfassungsrechtlichen Programmauftrages an einem die Erhebung des Rundfunkbeitrages
rechtfertigenden individuellen Vorteil, prüft.
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Eine dahingehende Prüfung kann nicht mit dem Argument abgelehnt werden, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zustehende Programmfreiheit dürfe nicht zum Zwecke der Programmlenkung oder der Medienpolitik eingesetzt werden und die Kontrolle der Einhaltung des Funktionsauftrages sei allein den in den Rundfunkstaatsverträgen vorgesehenen pluralistisch besetzten Aufsichtsgremien vorbehalten (in diese Richtung aber: OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Juli 2024 – 5Bf. 33/24.Z, juris Rn. 27 ff.; BayVGH, Urteil vom 17. Juli 2023, a.a.O., Rn. 20-22; SächsOVG, Urteil vom 5. Juli 2023 – 5 A 1421/18, BeckRS 2023, 16736 Rn. 33, 34, beck-online; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. August 2023 – 2 A 158/23, BeckRS 2023, 29708 Rn. 8ff., beck-online).x… . Die Länder haben als Rundfunkgesetzgeber zur Gewährleistung der Vielfaltsicherung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für dessen interne Organisation ein binnenpluralistisches Modell gewählt und plural zu besetzende Aufsichtsgremien geschaffen (vgl. BVerfG, Urteil vom 25. März 2014, a.a.O., Rn. 38). Diese Gremien sind jedoch Teil der institutionellen Ausgestaltung der Landesrundfunkanstalten selbst. Allein ihre Existenz kann es unter Rechtsschutzgesichtspunkten trotz der besonderen Bedeutung der Programmfreiheit nicht rechtfertigen, die tatsächliche Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrages als Voraussetzung für die Annahme eines beitragsfähigen individuellen Vorteils einer fachgerichtlichen Kontrolle im Rundfunkbeitragsrechtsstreit vollständig zu entziehen. Andernfalls wäre es den Verwaltungsgerichten verwehrt, die Vereinbarkeit der Rundfunkbeitragserhebung mit dem Grundgesetz unter einem bestimmten verfassungsrechtlich relevanten Gesichtspunkt zu prüfen. Eine unabhängige fachgerichtliche Kontrolle, ob der aus der Verfassung hergeleitete Programmauftrag offenkundig verfehlt wird, stellt keine die Programmfreiheit beeinträchtigende staatliche Einflussnahme dar und würde auch nicht dazu führen, dass der Einzelne den Rundfunkbeitrag als Druckmittel zur Erreichung einer individuell bevorzugten Programmgestaltung einsetzen könnte.
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Auch die Komplexität des maßgeblichen Sachverhaltes rechtfertigt keine Rechtsschutzlücken.x... . Soweit in der Rechtsprechung vereinzelt darauf verwiesen wird, dass die Prüfung einer strukturellen Verfehlung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrages allenfalls den Verfassungsgerichten beziehungsweise dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten sein könne (vgl. VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 11. September 2024 – 9 K 2585/24, BeckRS 2024, 25084 Rn. 108, beck-online; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. August 2023, a.a.O., Rn. 9; VG Würzburg, Urteil vom 21. September 2023 – W 3 K 23.95, BeckRS 2023, 31295 Rn. 38, beck-online), ist nicht ersichtlich, wie der einzelne Beitragspflichtige auf diese Weise effektiven Rechtsschutz erlangen könnte. Eine Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich erst nach Ausschöpfung des fachgerichtlichen Instanzenzuges möglich. Die Verwaltungsgerichte müssen die Vereinbarkeit gesetzlicher Vorschriften mit dem Grundgesetz stets selbst prüfen und, sofern sie von einem entscheidungserheblichen Verfassungsverstoß überzeugt sind, die Frage im Wege der konkreten Normenkontrolle den Verfassungsgerichten vorlegen.
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2. Eine strukturelle Verfehlung des Programmauftrages liegt vor, wenn das Gesamtbild des Programmangebotes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über einen erheblichen Zeitraum offenkundige und regelhaft auftretende Mängel hinsichtlich der gegenständlichen und meinungsmäßigen Vielfalt erkennen lässt. Punktuell auftretende Defizite oder Unausgewogenheit in der Berichterstattung beziehungsweise sonstigen Formaten sind nicht ausreichend.
(1) 1 Ist die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme Gegenstand von mehr als zwanzig Verfahren, kann das Gericht eines oder mehrere geeignete Verfahren vorab durchführen (Musterverfahren) und die übrigen Verfahren aussetzen. 2 Die Beteiligten sind vorher zu hören. 3 Der Beschluss ist unanfechtbar.
[...]
29Warum schreibt das Gericht rechtfrertigend, dass es überhaupt zuständig sei? Ist es das vielleicht gar nicht?
(2) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gebietet, dass das erkennende Gericht die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht auch mit Blick auf den klägerischen Einwand, es fehle aufgrund einer strukturellen Verfehlung des verfassungsrechtlichen Programmauftrages an einem die Erhebung des Rundfunkbeitrages
rechtfertigenden individuellen Vorteil, prüft.
Wer kommt auf die Idee, es so zu formulieren? Klingt das nicht eher nach einer "Richtungsbestimmung durch ARD-Juristen" an das Gericht, dass es sich bitte als zuständig erklären müsse?Das könnte noch weitere Fragen aufwerfen?
Ist es überhaupt Zuständigkeit der "Verwaltungs"-Gerichte, inhaltliche und politische Wertungsaspekte zu werten mit der möglichen Konsequenz, diesbezügliche Rechtsnormen in Frage zu stellen? Darf es sich über die gutachterlichen oder statistischen Mängelnachweise der Klage "aus eigener Anschauung der Richter" hinwegsetzen?
Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von Vorschriften des Teils 1, des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Artikel 5, 6 oder 7 der Verordnung (EU) 2022/1925 betreffen, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist, oder von der Anwendbarkeit des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Artikel 5, 6 oder 7 der Verordnung (EU) 2022/1925 abhängt.
(1) Durch die Lieferung beweglicher Sachen, die nicht auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden (Waren), oder durch die Erbringung sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer an den Verbraucher wird ein Anspruch gegen den Verbraucher nicht begründet, wenn der Verbraucher die Waren oder sonstigen Leistungen nicht bestellt hat.
[...]
Für die Rundfunkabgabe sind sie öffentlich-rechtlich (VerwGO und gemäß Gründungsgesetz sind sie in der Tat "öffentlich-rechtlich"Spielt keine Rolle; es kann doch der Vergleich zu den ebenfalls öffentlich-rechtlichen Sparkassen herangezogen werden?
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Dagegen hat der Kläger am 11. Juni 2024 Klage erhoben. Seine 178 Seiten umfassende Klagebegründung entspricht einer auf der Internetseite www.beitragsblocker.de gegen Entgelt herunterladbaren Muster-Klagebegründung, die in zahlreichen bei der Kammer anhängigen Verfahren verwendet wird. Mit dieser Klagebegründung wendet der Kläger gegen den Bescheid im Wesentlichen Folgendes ein: Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei verfassungswidrig. Zum einen sei der Rundfunkbeitrag eine verfassungswidrige Steuer, da ein Meinungsvielfalt sicherndes Programmangebot einen Vorteil für die Allgemeinheit und keinen individuellen Vorteil für den Einzelnen darstelle. Zudem bedürfe es zur Sicherung der Meinungsvielfalt keines öffentlich finanzierten Rundfunks, da dieser den freien Wettbewerb unterbinde und damit die Informations- und Meinungsfreiheit einschränke. Mit Blick auf die Beitragsfinanzierung sei er massiv auf das Wohlwollen der Politik angewiesen und könne insoweit schon nicht frei und unabhängig sein. Jedenfalls fehle es an einem individuellen Vorteil, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem verfassungsrechtlichen Auftrag, ein neutrales und der Vielfaltsicherung dienendes Programm anzubieten, nicht nachkomme. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass für die Erhebung des Rundfunkbeitrags nur dann und nur insoweit eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung gegeben sei, solange ein die Erhebung rechtfertigender Vorteil in Form einer authentischen, auf sorgfältig recherchierten Informationen beruhenden und vielfältigen Berichterstattung vorliege. Aufgrund der Rechtsweggarantie dürften die Fachgerichte den Einwand der Nichterfüllung des Programmauftrages nicht mit der Begründung ungeprüft lassen, es gebe Gremien, die die Neutralität des Rundfunks gewährleisten würden. Das strukturelle Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zeige sich schon daran, dass die Bereitschaft in der Bevölkerung, den Rundfunkbeitrag zu zahlen, kaum mehr bei 50 Prozent liege. Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei jedoch für die Funktionsfähigkeit und Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unerlässlich. Zudem belegten Studien, dass ARD und ZDF nicht einmal ein Zehntel der Menschen unter 25 Jahren und auch kein politisch diverses Publikum erreichen würden, sondern fest im links-grünen Lager verankert seien und Berichten zufolge 92 Prozent der ARD-Volontäre grün-rot-rot wählten. Überdies werde das Gebot der Staatsferne durch die Nähe von Spitzenjournalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Politik unterlaufen. Zahlreiche Funktionäre und Nachrichtenmoderatoren seien mit der „Atlantik-Brücke“ verbandelt und in der Antwort auf eine Kleine Anfrage sei offengelegt worden, dass die Bundesregierung und nachgeordnete Behörden innerhalb von fünf Jahren an über einhundert Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Auslandssenders Deutsche Welle Honorare für Aufträge gezahlt hätten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfehle hinsichtlich zahlreicher Themenkomplexe, Neutralität und Meinungsvielfalt zu gewährleisten. Dies betreffe beispielsweise die einseitige Berichterstattung über die Corona-Pandemie und die Impfstoffe, die jeden Diskurs mit Kritikern unterbunden habe; deren Diffamierung werde bis heute aufrechterhalten, obwohl die Protokolle des Robert Koch-Instituts zeigten, dass deren wissenschaftliche Standpunkte korrekt waren. In den öffentlich-rechtlichen Medien finde immer noch kein kritischer Diskurs dazu statt, ob es für die weitreichenden Eingriffe in die Freiheit und Rechte unzähliger Menschen überhaupt eine wissenschaftlich fundierte Rechtfertigung beziehungsweise verfassungskonforme Rechtsgrundlage gegeben habe. Auch über die Organisation der Vereinten Nationen, die Weltgesundheitsorganisation und den Ukraine-Krieg werde unausgewogen berichtet. Anstatt lediglich informierend zu berichten, agitiere der öffentlich-rechtliche Rundfunk für Waffenlieferungen in die Ukraine. Eine Verfehlung des Programmauftrages beziehungsweise ein Systemversagen zeige sich auch daran, dass die Besetzung politischer Talkshows unausgeglichen sei, das Politmagazin Monitor auf seinem Instagram-Kanal unausgewogene Kritik an Parteien und ihren Politikern übe, die Wirtschaftsberichterstattung lückenhaft und stark von der Bundespolitik getrieben sei, sogar Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein diese Zustände kritisierendes Manifest verfasst hätten, der Beklagte den Grundsatz der Sparsamkeit und das Gebot zweckentsprechender Beitragsverwendung missachte, bei der Ausstrahlung von Interviews mit vermeintlich zufällig ausgewählten Passanten deren Parteizugehörigkeit oder berufliche Tätigkeit für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verschwiegen worden sei, historische Falschdarstellungen verbreitet würden, die Nord Stream-Berichterstattung weder neutral noch ausgewogen sei, der Satiriker Jan Böhmermann einer objektiven, neutralen Berichterstattung entgegenstehende Aussagen tätige und der öffentlich-rechtliche Rundfunk selbst vor einer Indoktrination von Kindern nicht halt mache. Die Klagebegründung enthält zu den vom Kläger benannten Beispielen unter anderem Verweise auf Zeitungs- beziehungsweise Medienartikel. Neben den Einwendungen gegen die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die für diesen tätigen Journalisten macht der Kläger geltend, die Kontrollgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kämen ihren Pflichten schon seit langem nicht mehr wirksam nach. In den vergangenen Jahren seien hunderte Programmbeschwerden eingelegt worden, die jedoch nichts bewirkt hätten. Zudem seien die Rundfunkräte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weder hinreichend staatsfern besetzt, noch hinreichend demokratisch legitimiert.
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(1) 1Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. 2Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. 3Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) 1Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. 2Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) 1Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. 2Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. 3Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. 4Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 5Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) 1Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. 2Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. 3Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 4Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 5Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. 6Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) 1Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. 2Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. 3Der Beschluss soll kurz begründet werden. 4Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. 5Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) 1Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. 2Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. 3Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
Wird die zugelassene Berufung gegen das Urteil des VG Berlin vom 14.11.2024, Az. 8 K 123/24 gem. § 124 a Abs. 2 VwGO wie folgt begründet:
…
Soweit der Kläger bislang geltend gemacht hat, es fehle an einem individuellen Vorteil, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem verfassungsrechtlichen Auftrag, ein neutrales und der Vielfaltsicherung dienendes Programm anzubieten, nicht nachkomme und das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass für die Erhebung des Rundfunkbeitrags nur dann und nur insoweit eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung gegeben sei, solange ein die Erhebung rechtfertigender Vorteil in Form einer authentischen, auf sorgfältig recherchierten Informationen beruhenden und vielfältigen Berichterstattung vorliege, macht der Kläger abschießend ergänzend geltend, dass im Falle des rbb die strukturellen Verfehlung des Programmauftrages seine Ursache auch in einer Verfassungswidrigkeit des rbb-StV sowie einer derzeitigen Versteinerung der Gremien hat (BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11 -, Rn. 68).
Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht führt in den Leitsätzen 1 sowie 2 aus:
1. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gebietet, dass das erkennende Gericht im Rundfunkbeitragsrechtsstreit die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht auch mit Blick auf den klägerischen Einwand, es fehle aufgrund einer strukturellen Verfehlung des verfassungsrechtlichen Programmauftrages an einem die Erhebung des Rundfunkbeitrages rechtfertigenden individuellen Vorteil, prüft.
2. Eine strukturelle Verfehlung des Programmauftrages liegt vor, wenn das Gesamtbild des Programmangebotes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über einen erheblichen Zeitraum offenkundige und regelhaft auftretende Mängel hinsichtlich der gegenständlichen und meinungsmäßigen Vielfalt erkennen lässt.
Punktuell auftretende Defizite oder Unausgewogenheit in der Berichterstattung beziehungsweise
sonstigen Formaten sind nicht ausreichend.
sowie unter RdNr. 28 aus:
(1) Der klägerische Einwand, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei in seiner aktuellen Form strukturell unfähig, seinen Programmauftrag zu erfüllen, ist für die Feststellung eines individuellen Vorteils erheblich. Denn ein solcher liegt nicht in der bloßen Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen (a.A. BayVGH, Urteil vom 17. Juli 2023 – 7 BV 22.2642, MMR 2023, 883 Rn. 16, beck-online). In seinem Urteil vom 18. Juli 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die Aufgabe des öffentlichen Rundfunks, ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entsprechendes Programm anzubieten, erneut dargelegt und im gleichen Zuge klargestellt, dass der die Erhebung des Rundfunkbeitrages rechtfertigende individuelle Vorteil in der Möglichkeit liege, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Funktion zu nutzen (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018, a.a.O., Rn. 77-81). Aus dem Zusatz „in dieser Funktion“ ergibt sich, dass ein individuell zurechenbarer Vorteil nur dann festgestellt werden kann, wenn das zur Verfügung stehende Leistungsangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Auftrages, ein der Vielfaltsicherung dienendes Programm anzubieten, genügt.
Die strukturelle Unfähigkeit des Beklagten, seinen verfassungsrechtlichem Programmauftrag nachzukommen, ergibt sich derzeit auch aus der Verfassungswidrigkeit des rbb-StV (neu). Ohne jeden Zweifel geht der Beklagte auch selbst davon aus, dass der derzeitige rbb-Staatsvertrag verfassungswidrig ist, hat er doch selbst Verfassungsbeschwerde beim BVerfG erhoben. Die Intendantin des rbb hat die erhobene Verfassungsbeschwerde zudem im Brandenburger Landtag gegen Kritik verteidigt.
Beweis:
rbb-Intendantin verteidigt Verfassungsbeschwerde gegen StaatsvertragCode: [Auswählen]https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/12/rbb-verfassungsbeschwerde-brandenburg-landtag-hauptausschuss-dem.html
Der Kläger beantragt, dem Beklagten durch oberverwaltungsgerichtliche Verfügung aufzugeben, das Aktenzeichen der erhobenen Verfassungsbeschwerde sowie die Beschwerdeschrift bekanntzugeben.***
Ergänzend zur erhobenen Verfassungsbeschwerde des rbb macht der Kläger geltend, dass § 29 rbb StV (neu) wegen Verletzung des Gebotes der Staatsferne verfassungswidrig ist (vgl. § 17 rbb-StV [neu] Inkompatibilitäten und Interessenkollision). Die derzeitige Intendantin des rbb ist politische Bundesbeamtin im einstweiligen Ruhestand. Sie war vom 13.06.2016 bis Dezember 2021 stellvertretenden Sprecherin der Bundesregierung im Range einer Ministerialdirektorin (B 10). Dies stellt eine Unvereinbarkeit von Ämtern und Tätigkeiten dar (vgl. § 12 rbb-StV alt) und ist mit den Grundsätzen der Staatsferne völlig unvereinbar.
Bezüglich der Versteinerung der Gremien führt der Landesrechnungshof Brandenburg in seinem abschließenden Bericht nach § 37 Satz 3 Medienstaatsvertrag vom 29.11.2024 auf Seite 11 aus:
5. Amtsdauern der Gremienmitglieder (Amtszeit 2019-2023)
Vor der Novellierung des rbb-Staatsvertrags Ende 2023 war der rbb die einzige deutsche Rundfunkanstalt, bei der die Amtsdauer in den Überwachungsgremien nicht gesetzlich begrenzt war. Rundfunkrat und Verwaltungsrat des rbb wurden jeweils für vier Jahre (Amtszeit) gewählt; eine Wiederwahl war ohne Einschränkung möglich.
Einzelne Mitglieder amtierten so lange (z. B. 13, 15, 18, 19, 21 oder 27 Jahre durchgehend) in den Überwachungsgremien des rbb, dass dies – unbeschadet der Vorteile aus der damit verbundenen Erfahrung – in individuellen Gewöhnungseffekten ("Betriebsblindheit") und einer Aufweichung der gebotenen kritischen Distanz bei der Aufsicht resultieren musste. Dies hätte bei der Wahl bzw. Entsendung abgewogen werden sollen. Allgemein begünstigt eine lange Mitgliedschaft auch Verflechtungen der Gremienmitglieder sowohl mit der operativen Führungsspitze als auch untereinander, was die beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gebotene Vertretung der Interessen der Allgemeinheit beeinträchtigen kann. Markant war beispielsweise die Amtsdauer des im August 2022 zurückgetretenen Verwaltungsratsvorsitzenden, der bis dahin 19 Jahre lang ununterbrochen Verwaltungsratsmitglied war. Ein anderes Verwaltungsratsmitglied war bereits seit 1996 durchgängig Mitglied in Überwachungsgremien des rbb bzw. von dessen Vorläufer Sender Freies Berlin. Im Rundfunkrat war die Quote sehr langjährig amtierender Gremienmitglieder deutlich geringer.
Diese erwiesene Versteinerung der Aufsichtsgremien des rbb war eine der Ursachen für den rbb-Skandal.
Es kann nicht den geringsten Zweifel daran geben, dass derzeit die Finanzierung des rbb keinen individuellen Vorteil entfaltet, nicht nur weil der rbb seinen Programmauftrag verfehlt, sondern auch weil die Struktur des rbb auf einem verfassungswidrigem rbb-StV fußt. Der Kläger macht ferner geltend, dass angesichts der rbb-Skandale der Rundfunkbeitrag keinesfalls einen individuellen Vorteil, stattdessen vielmehr einen individuellen Nachteil entfaltet. Die Wahl der derzeitigen Intendantin des rbb ist auch völlig unvereinbar mit der "Demokratieabgabe".
…
Der Kläger macht ferner geltend, dass der neue rbb-StV bezüglich der §§ 47 und 48 rbb-StV (Ernennung und Unabhängigkeit der oder des Rundfunkdatenschutzbeauftragten / Kontrolle des Datenschutzes und Ernennung der oder des Datenschutzbeauftragten) offensichtlich völlig unvereinbar mit der Verfassung von Berlin (VvB) sowie den landesgesetzlichen Regelungen (Gesetz zur Anpassung des Berliner Datenschutzgesetzes und weiterer Gesetze an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 13. Juni 2018) sind.
Art. 33 VvB gewährleistet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Art. 47 Abs. 1 VvB bestimmt:
(1) Zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung wählt das Abgeordnetenhaus einen Datenschutzbeauftragten. Er wird vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses ernannt und unterliegt dessen Dienstaufsicht.
Nicht ein staatsferner Rat (Rundfunkrat) des Rundfunk Berlin-Brandenburg ernennt mit Zustimmung des Verwaltungsrates die Amtsleitung der Aufsichtsbehörde im Sinne des Artikels 51 der Verordnung (EU) 2016/679 sondern diese Amtsleitung wird durch das Abgeordnetenhaus von Berlin gewählt und vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses ernannt.
Der RBStV enthält eine Vielzahl von Bestimmungen die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschränken. Die "datenschutzrechtliche Selbstkontrolle" des rbb durch eine eigene "Datenschutzaufsichtsbehörde" stellt ohne jeden Zweifel einen nicht heilbaren Strukturmangel in der Organisation des rbb dar.
Somit scheidet eine Finanzierung des rbb mittels "Demokratieabgabe" völlig aus, da der rbb die Rechte des Abgeordnetenhauses auch offensichtlich missachtet.
Das Recht des einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, wird gewährleistet. Einschränkungen dieses Rechts bedürfen eines Gesetzes. Sie sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig.
(1) Zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung wählt das Abgeordnetenhaus einen Datenschutzbeauftragten. Er wird vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses ernannt und unterliegt dessen Dienstaufsicht.
(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.
Der Kläger beantragt, dem Beklagten durch oberverwaltungsgerichtliche Verfügung aufzugeben, das Aktenzeichen der erhobenen Verfassungsbeschwerde sowie die Beschwerdeschrift bekanntzugeben.
Der Kläger verweist auf die vom Beklagten beim BVerfG erhobene Verfassungsbeschwerde Az. 1 BvR 2578/24 (Anlage 1) und macht sich die dortige vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung teilweise zu eigen.
Bezüglich der Rechtsauffassung des Beklagten zu § 16 Abs. 3 und 4 rbb-StV (Haftung der Mitglieder von Rundfunk- und Verwaltungsrat) und § 31 rbb-StV (Haftung der Intendantin) macht der Kläger allerdings geltend, dass die Vorschriften nicht weit genug gefasst sind.
Soweit der Beklagte sich bei seinen Ausführungen zur Haftung auf das Aktiengesetz (AktG) beruft, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Beklagte kein Aktienunternehmen ist sondern durch Rundfunkbeiträge finanziert wird. Der geradezu sträfliche Umgang des Beklagten, insbesondere der damaligen Intendantin des rbb Schlesinger, mit diesen Rundfunkbeiträgen ist durch den rbb-Skandal belegt.
Rundfunkbeiträge werden ggf. im Verwalltungsvollstreckungsverfahren zwangsweise eingetrieben.
In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf die von der damaligen Intendantin Schlesinger getätigten Äußerungen im Planet- Interview vom 08.01.2018: "Ich halte grundsätzlich ganz viel von Dialog":
...
Wäre es möglich, dass Menschen, die sich weigern, den Beitrag zu zahlen, bei Ihnen im RBB-Programm vorkommen?
Schlesinger: Ich halte grundsätzlich ganz viel von Dialog. Ich halte auch viel davon, Menschen, die keinen Beitrag zahlen, versuchen, nahezubringen, was wir hier leisten.
In Potsdam gab es 2017 den Fall, dass einem freiberuflichen Schlagzeuger, der angibt weder Fernseher, Radio noch Internetanschluss zu haben, das Auto gepfändet wurde, weil er sich weigert, den Rundfunkbeitrag zu zahlen. Halten Sie so ein Vorgehen für angemessen?
Schlesinger: Ich kenne den Fall nicht, da kann ich nichts zu sagen.
Es ist ein Potsdamer, der von sich angibt, weder Fernseher, Radio noch Internetanschluss zu haben.
Schlesinger: Es hat keinen Sinn, wenn Sie mir jetzt den Fall nahebringen.
Angenommen der Fall entspricht der Wahrheit, dass also einem freiberuflichen Musiker das Auto gepfändet wird – und damit auch ein Stückweit eine berufliche Grundlage. Halten Sie das für angemessen?
Schlesinger: Wissen Sie was, ob ich das für angemessen halte oder nicht, das ist überhaupt nicht maßgeblich. Dazu gibt es eine Rechtsprechung mit der ich schlichtweg nichts zu tun habe. Und die Umsetzung ist genauso. Das ist Gesetz.
Durch die im rbb-StV neu geregelten Haftungsbedingungen haben die Landesgesetzgeber Berlin und Brandenburg dem Umstand Rechnung getragen, dass der rbb durch Rundfunkbeiträge finanziert wird. Die Demokratieabgabe ist Gesetz. Wenn die Intendantin des rbb für die neue gesetzliche Regelung kein Verständnis hat, steht es ihr frei das Dienstverhältnis durch Kündigung aufzulösen und sich anschließend von einem Aktienunternehmen beschäftigen zu lassen, welches sich durch erwirtschaftete Erträge finanziert.