Anhörungsrüge gem. § 152 a VwGO nebst
Gegenvorstellung
Im Verfahren OVG 11 N 60/22 erhebt der nichtanwaltlich vertretene Antragsteller (ASt) Anhörungsrüge und Gegenvorstellung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs Art. 103 Abs. 1 GG, der Verletzung des Willkürverbotes Art. 3 Abs. 1 GG sowie Verletzung des gesetzlichen Richters Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
I. Verletzung rechtlichen Gehörs
Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2022 und dessen Anlage hat der ASt, entgegen der Behauptung des 11. Senates des OVG Berlin-Brandenburg glaubhaft und substantiiert dargelegt, dass er insgesamt 40 Anwälte bzw. Kanzleien per E-Mail angeschrieben hatte und diese eine Mandatsübernahme ablehnten bzw. in unbeachtlichen Ausnahmefällen vom Abschluss einer besonderen Honorarvereinbarung (Stundensatz 270 bzw. 280 Euro) abhängig machten. Soweit der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg auf den Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen, 30.01.2024 - 6 A 59/24 verweist, so weist der ASt darauf hin, nicht durch Verfügung des OVG Berlin-Brandenburg auf die Notwendigkeit auch der Betrauung durch eine sog. Anwaltsboutique oder Großkanzlei gem. 173 VwGO i.V.m. § 78 b ZPO verpflichtet ist. Ein solcher Hinweis an den nichtanwaltlich vertretenen ASt. war jedoch gem. § 86 Abs. 3 VwGO geboten. Danach war das OVG Berlin-Brandenburg gesetzlich verpflichtet dem nichtanwaltlich vertretenen ASt. auf Grund seines besseren Überblicks bei der Rechtsverfolgung durch die in § 86 Abs. 3 VwGO zur Pflicht gemachten Hinweise behilflich zu sein und dem ASt. den rechten Weg zu weisen, wie er im Rahmen der jeweils gegebenen Möglichkeiten das erstrebte Ziel, hier die anwaltliche Vertretung notfalls durch beizuordnenden Notwanwalt, am besten und zweckmäßigsten erreichen kann (BVerwG Urteil vom 14.05.1963, Az.: BVerwG VII C 40.63). Der ASt. kann somit geltend machen, dass der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg eine Verletzung seiner prozessualen Fürsorgepflicht gegenüber dem nichtanwaltlichen ASt. begangen hat. Der nichtanwaltlich vertretene ASt. wurde auch zu der beabsichtigten Versagung des Antrages auf Beiordnung eines Notanwaltes auch vorher nicht angehört. Damit beruht die Abweisungsentscheidung vom 5. Juni 2024 unzweifelhaft auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs und ist darüber hinaus auch grob willkürlich.
II. Verletzung des Willkürverbotes
Willkürlich im Sinne des in Art. 3 Abs. 1 GG ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 69/08 -, Rn. 9).
So liegt die Sache hier. Der ASt. macht geltend, dass der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg den Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes bewusst und grob willkürlich an der Unbeholfenheit und der mangelnden Vertrautheit des ASt. mit der Fülle der selbst für Rechtskundige oft nur schwer übersehbaren gesetzlichen Vorschriften hat scheitern lassen. Es ist ferner offensichtlich, dass der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg die Verfahrensvorschriften, den Inhalt der Normen § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 78b sowie § 78c ZPO sowie ihres verfassungsrechtlichen Zweckes in krasser Weise missdeutete und dazu noch grob willkürlich ausgelegte. Dies ist auch anhand der Abweisungsentscheidung vom 5. Juni 2024 und dem vorherigen Verfahrensverlauf objektiv belegbar. Der ASt. kann geltend machen, dass entgegen der grob willkürlichen Rechtsaufassung des 11. Senates des OVG Berlin-Brandenburg der Hinweis auf Abschluss einer besonderen Honorarvereinbarung mit einem Stundensatz von 270 bzw. 280 Euro nicht automatisch die Bereitschaft zur Mandatsübernahme darstellt. Rechtsanwälte sind unabhängige Organe der Rechtspflege (§ 1 BRAO) und haben allgemeine und besondere Berufspflichten (§ 43 sowie 43 a BRAO). Von daher haben sie auch zu prüfen, ob die weitere Rechtsverfolgung wirtschaftlich ist und den Rechtsschutzsuchenden nicht finanziell ruiniert bzw. erdrosselt. Es ist ja nun wohl offensichtlich, dass Rechtsschutzsuchende nicht über die Mittel verfügen, die der rbb zur Verfügung hat. Rechtsschutzsuchende in Sachen Rundfunkbeitragsrecht können sich eben nicht namhafte Großkanzleien und Anwaltsboutiquen wie der rbb leisten, der im Falle der Anwaltskanzlei Abel ca. 1,6 Millionen Euro zahlte. Es ist auch völlig abwegig anzunehmen, dass eine namhafte Großkanzlei bzw. Anwaltsboutique für ein Berufungsverfahren im Rundfunkbeitragsrecht bei einem Streitwert unter 1000 Euro bei einem anzunehmenden Stundenaufwand von mindestens 10 Stunden 2700 bzw. 2800 Euro geltend machen würde, die den Rechtschutzsuchenden finanziell ruinieren bzw. erdrosseln, mindestens aber in keinem Verhältnis zum Streitwert stehen. Daneben kann der ASt. auch geltend machen, dass der Anwalt des rbb eben keine 2700 bzw. 2800 Euro im Falle des Obsiegens gegenüber dem ASt. geltend machen kann. Der Anwalt des rbb kann nur nach dem RVG abrechnen.
Damit hat der ASt. substantiiert dargestellt, dass der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg die Normen § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 78b sowie § 78c ZPO grob willkürlich auslegte, um den weiteren Rechtsweg verfassungswidrig abzuschneiden.
Dies geschah auch im Interesse und zu Gunsten des rbb.
Die bisherige Rechtsprechung des 11. Senates des OVG Berlin-Brandenburg in Sachen Rundfunkbeitragsrecht belegt ferner eindeutig, dass der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg entscheidungserhebliche Fragen einseitig zu Gunsten des rbb auslegt oder ihre Entscheidungserheblichkeit grob willkürlich verneint. Der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg fällt auch - insbesondere nach dem rbb Skandal - dadurch auf, dass er nach wie vor einen individuellen Vorteil annimmt, obwohl dieser zweifelsfrei nicht mehr gegeben ist. Schon aus diesem Grunde ist die weitere Rechtsverfolgung auch weder mutwillig noch aussichtslos, da der Rundfunkbeitrag sich nicht als individueller Vorteil darstellt sondern als besonderer Nachteil für die Wohnungsinhaber in Berlin und Brandenburg zu qualifizieren ist. Der rbb verprasst nachweislich ungesetzlich Beitragsmittel und hat auch über den rbb-Skandal nicht im Rahmen seines verfassungsrechtlich gebotenen Funktionsauftrages berichtet. Im Gegenteil innerhalb des rbb herrscht ein Klima der Angst. Die Mitarbeiterschaft muss kündigen fürchten, sollte die Berichterstattung nicht im Sinne der Leitungsebene erfolgen. Offensichtlich ist im Rahmen des rbb-Skandals auch geworden, dass die Intendanz des rbb Personalentscheidungen nur aus Gründen der eigenen Machtsteigerung trifft bzw. gleich bei Amtsantritt unliebsames Personal entfernt (aktueller Vorgang Ulrike Simon).
Wobei für die letzte Intendantenwahl gilt, dass diese offensichtlich verfassungswidrig war. Schon das Gebot der Staatsferne lässt es nicht zu, dass eine politische Bundesbeamtin im einstweiligen Ruhestand zur Intendantin des rbb gewählt wird.
Der ASt. kann damit geltend machen, dass der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg seine verfassungsrechtlichen Pflichten als unabhängiger und unparteiischer Richter verletzt, um zu Gunsten des rbb´s grob willkürliche Entscheidungen zu treffen. Der 11. Senat des OVG Berlin-Brandenburg ist von verfassungswegen verpflichtet nachzuprüfen, ob die verfassungsrechtlichen Vorrausetzungen, die das BVerfG in seiner Entscheidung BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16, klar zum Rundfunkbeitrag definierte gegeben sind. Dies betrifft auch die Rechtssätze zur Staatsferne von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die das BVerfG in seiner Entscheidung Urteil des Ersten Senats vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11 - (ZDF-Urteil), aufstellte.
Sinn und Zweck des Rundfunkbeitrages ist die finanzielle Gewährleistung des öffentlich-rechtlichen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Rundfunkbeitrag hat nicht den Sinn, dass die Leitungsebene des rbb Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG mit beschuhten Füßen tritt. Auch haben der Rundfunkbeitrag und die staatsferne Stellung einer Intendantin nicht den Sinn, dass diese ihre eigene (auch politische) Macht ausbaut und irgendwelche dubiosen Netzwerke aufbaut.
Es ist verfassungsrechtliche Aufgabe des 11. Senates des OVG Berlin-Brandenburg davor Sorge zu tragen, dass Art. 5 Abs. 1 Satz GG geschützt wird und nicht zum Spielball irgendwelcher Kräfte, die alles im Sinn haben nur nicht einen staatfernen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wird.
1) 1Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
2Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.
(2) 1Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. 2Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. 3Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. 4Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. 5§ 67 Abs. 4 bleibt unberührt. 6Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) 1Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. 2Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. 3Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. 4Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) 1Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. 2Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. 3In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. 4Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
1Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. 2Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. 3Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Der nach § 78b beizuordnende Rechtsanwalt wird durch den Vorsitzenden des Gerichts aus der Zahl der in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwälte ausgewählt.
(2) Der beigeordnete Rechtsanwalt kann die Übernahme der Vertretung davon abhängig machen, dass die Partei ihm einen Vorschuss zahlt, der nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu bemessen ist.
(3) 1Gegen eine Verfügung, die nach Absatz 1 getroffen wird, steht der Partei und dem Rechtsanwalt die sofortige Beschwerde zu. 2Dem Rechtsanwalt steht die sofortige Beschwerde auch zu, wenn der Vorsitzende des Gerichts den Antrag, die Beiordnung aufzuheben (§ 48 Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung), ablehnt.
(1) 1Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. 2Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) 1Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. 2Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. 3Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) 1Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. 2Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11 -Das ist das mit der Staatsferne der Aufsichtsgremien
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/03/fs20140325_1bvf000111.html
Leitsätze
zum Urteil des Ersten Senats vom 25. März 2014
- 1 BvF 1/11 -
- 1 BvF 4/11 -
2. Die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss als Ausdruck des Gebots der Vielfaltsicherung dem Gebot der Staatsferne genügen. Danach ist der Einfluss der staatlichen und staatsnahen Mitglieder in den Aufsichtsgremien konsequent zu begrenzen.
a) Der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder darf insgesamt ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen.
b) Für die weiteren Mitglieder ist die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konsequent staatsfern auszugestalten. Vertreter der Exekutive dürfen auf die Auswahl der staatsfernen Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben; der Gesetzgeber hat für sie Inkompatibilitätsregelungen zu schaffen, die ihre Staatsferne in persönlicher Hinsicht gewährleisten.
Diese Entscheidung tut der Politik nicht weh: Hätte das Bundesverfassungsgericht den Einfluss staatlicher Vertreter auf das ZDF noch weniger begrenzt - es hätte sich blamiert. Selbst ein Richter zeigt sich enttäuscht.1
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Angesichts der praktischen Notwendigkeit, die Sitzzahl in den Gremien begrenzt zu halten, können für die jeweiligen gesellschaftlichen Bereiche nur wenige Vertreterinnen und Vertreter benannt werden. So besteht die Gefahr, dass das Benennungsrecht in der Regel auf den größten und bestetablierten Verband zuläuft. Es besteht damit strukturell das Risiko, dass für die jeweiligen Bereiche nur die konventionellen Mehrheitsperspektiven der durchsetzungsstärksten Verbände Berücksichtigung finden und kleinere Verbände mit anderen Sichtweisen kaum zum Zuge kommen können (vgl. auch BVerfGE 83, 238 <334>). Sofern die benennungsberechtigten Gruppen abschließend - überdies unter Umständen auf der Grundlage eines nur schwer änderbaren Staatsvertrags - durch Gesetz festgelegt werden, droht überdies eine Versteinerung der Zusammensetzung der Gremien. Angesichts der weithin nur ausschnitthaften Auswahl der entsendeberechtigten Gruppen steht dies grundsätzlich in einem Spannungsverhältnis zu dem Ziel der Vielfaltsicherung und hindert eine Berücksichtigung von kleinen Gruppen. Ferner drohen neuere wichtig werdende gesellschaftliche Entwicklungen nicht erfasst zu werden (vgl. Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, 1995, S. 159; Hoffmann-Riem, Rundfunkfreiheit durch Rundfunkorganisation, 1979, S. 45; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, E Rn. 14, S. 277).
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In Entsprechung zu der Bestimmung der Personen, die als staatliche Mitglieder anzusehen sind (siehe oben B. II. 2.), sind durch Inkompatibilitätsregelungen zunächst solche Personen von der Bestellung als staatsferne Mitglieder der Rundfunkanstalten auszuschließen, die Mitglieder von Regierungen, Parlamentarier, politische Beamte oder Wahlbeamte in Leitungsfunktionen sind (vgl. etwa Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, 1995, S. 154). Auch wenn solche Personen durch gesellschaftliche Gruppen entsandt werden, bleiben sie durch ihre staatliche oder staatsnahe Stellung geprägt und laufen kaum weniger Gefahr, in Interessenkonflikte zu geraten und durch einseitige Kommunikationsinteressen geleitet zu werden, als Personen, die unmittelbar als Amtsperson selbst in die Gremien entsandt werden.
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Unter die Inkompatibilitätsregelungen müssen aber auch solche Personen fallen, die in herausgehobener Funktion für eine politische Partei Verantwortung tragen. Unter dem Grundgesetz kommt es den politischen Parteien zu, die politische Willensbildung zu präformieren, die verschiedenen in der Öffentlichkeit vertretenen Positionen zu gesamthaften Entwürfen zu aggregieren und auf dieser Grundlage maßgeblich zur Besetzung der staatlichen Ämter beizutragen. Sie übergreifen dabei die politische Willensbildung auf den verschiedenen staatlichen Ebenen, führen zu einer auch vertikalen Verknüpfung der politischen Diskurse und entwickeln verschiedene politische Alternativen. Im politischen Wettbewerb um Amt und Mandat stehen sie sich gegenüber und provozieren damit Solidarisierungs- oder Abgrenzungsprozesse, die auch Differenzen oder Gemeinsamkeiten in der Sache um des Gesamtzusammenhalts willen in erheblichem Umfang überspielen können (vgl. BVerfGE 20, 56 <101>; 44, 125 <145 f.>; 85, 264 <285 f.>; 107, 339 <358 f.>; 121, 30 <54 f.>). Zwar sind in diese Kräftefelder nicht schon alle Personen einbezogen, die nur Mitglied einer politischen Partei sind oder in ihnen aktiv mitwirken. Wer in ihnen jedoch in herausgehobener Funktion Verantwortung trägt, ist hierdurch unweigerlich in staatlich-politische Entscheidungszusammenhänge und den Wettbewerb um Amt und Mandat eingebunden. Dass solche Bindungen für die Arbeit in den Rundfunkanstalten - etwa auch mittels informeller Gremien wie den Freundeskreisen - übermäßiges Gewicht bekommen, ist nach dem Gebot der Staatsferne gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu verhindern. Entsprechende Unvereinbarkeitsregelungen haben hierzu beizutragen.
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Dem Urteil zufolge verpflichtet Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf die Gewährleistung von Vielfalt sowie, als deren Ausfluss, auf die Wahrung einer „hinreichenden“ Staatsferne (B I des Urteils). Schon letztere Formulierung legt nahe, dass das Urteil das Ideal der Staatsfreiheit (so zuerst BVerfGE 31, 314 <329>; zuletzt BVerfGE 121, 30 <52 f.> m.w.N.), das die Verfassungsrechtsprechung durchzieht, relativiert. So formulierte das Gericht noch 2008: „Der Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks bezieht sich nicht nur auf die manifesten Gefahren unmittelbarer Lenkung oder Maßregelung des Rundfunks; es sollen auch, weitergehend, alle mittelbaren und subtilen Einflussnahmen des Staates verhindert werden“ (BVerfGE 121, 30 <53>).
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Man mag in der Relativierung einen neu gefundenen Realismus sehen. „(A)lle mittelbaren und subtilen Einflussnahmen des Staates“ durch einen Fernsehrat verhindern zu wollen, der derzeit fast zur Hälfte, und, nach den Maßgaben des Urteils, künftig immer noch zu einem Drittel mit staatlichen Vertreterinnen und Vertretern besetzt und - in aller Wahrscheinlichkeit - auch weiterhin faktisch von nach parteipolitischen Maßstäben zusammengesetzten Freundeskreisen außerhalb der formalen Struktur gesteuert sein wird, erschiene denn auch als ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. In Wirklichkeit sind, wie nicht zuletzt die mündliche Verhandlung gezeigt hat, die Rundfunk- und Fernsehgremien ein Spielfeld von Medienpolitikern aus den Ländern, die - wie sollten sie auch anders - ihre medienpolitischen Konzepte in Fernseh- und Verwaltungsrat zu verwirklichen suchen. Damit erscheinen sie aber ungeeignet für die Aufsicht über die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit und Meinungsvielfalt durch die Rundfunkanstalten.
hervorragende Fragen.Weiß ich doch; es läßt sich sogar noch eine Frage anfügen, ->
...
Die Gründung des Mitteldeutschen Rundfunks
...
Der spätere Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem hielt den MDR-Staatsvertrag insgesamt für verfassungswidrig. Insbesondere § 45 des Rundfunkstaatsvertrages erlaubte es den Mehrheitsparteien der jeweiligen Landtage, „ungeniert“ auf den für Personalentscheidungen zuständigen Beirat zuzugreifen. Dies ermöglichte pluralismusfeindliche Strukturen, so der Medienrechtler, wie sie in keiner westdeutschen Rundfunkanstalt bestanden. Zur Auflösung der Fußnote[18] Auch die weiteren Personalentscheidungen gaben Anlass zur Kritik, die allerdings keine vergleichbare Öffentlichkeit fand. Nach der von Reiter herausgegebenen Richtlinie sollten etwa 50 Prozent der neuen inhaltlich arbeitenden Mitarbeiter aus dem Westen kommen. Neben Leipzig wurden vor allem in den Landeshauptstädten Dresden, Erfurt und Magdeburg Landesstudios gegründet. Die bisherige, aus der DDR beziehungsweise der Nachwendezeit übernommene lokale Trennung von Hörfunk- und Fernsehanstalten wurde aufgehoben.
...
18
Vgl. Wolfgang Hoffmann-Riem, Rundfunk in den neuen Ländern mit alten Schwächen: Der ungenierte Parteienzugriff, in: Archiv für Presserecht, 22. Jg. 1991, S. 606-611, hier S. 607 ff.
Die Aufgabe der Verfassungsorgane ist es, die Einheitlichkeit der Rechtsordnung für alle Staatsbürger zu gewährleisten.
205
b) Danach ist § 44b SGB II lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären, um zu verhindern, dass durch die Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung bei den betroffenen Behörden und Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage besteht, und um eine wirkungsvolle, durch das Sozialstaatsprinzip gebotene Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen.
Verwaltungsrechtlich stellt sich dann die Frage, wie denn eine verfassungswidrig gewählte "Behördenleitung" zu bewerten ist!?! Oder noch besser, wie "Verwaltungsakte" einer verfassungswidrig errichteten Behörde zu bewerten sind!?!Ergänzend zu Deinen weiteren Ausführungen sei mal auf nachstehenden Schlußantrag und das Kurzzitat daraus verwiesen, denn das dürfte auch hier anwendbar sein, spielt doch das Unionsrecht bei allen ÖRR, ihren Produkten und ihrem Handeln voll rein?
Verbundene Rechtssachen C-83/19, C-127/19 und C-195/19
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=231502&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=2075240Zitat100
[...] Vereinfacht gesagt: Wird die Grundlage für unvereinbar befunden, gilt dies auch für die späteren Rechtsakte zur Umsetzung dieser Grundlage.
Umfang der Ausschlussregelung in § 2 Abs. 4 VwVfG Bln (juris: VwVfG BE)
Orientierungssatz
Die Ausschlussregelung in § 2 Abs. 4 VwVfG Bln (juris: VwVfG BE) betrifft nur die Tätigkeit des früheren Senders Freies Berlin (SFB).(Rn.5)
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. März 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf unter 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiliger Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO die Verpflichtung des Antragsgegners zur Unterlassung der Vollstreckung aus dessen Bescheiden vom 1. Juni und 4. Juli 2014, mit denen er zu Rundfunkbeiträgen für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2014 in Höhe von - einschließlich Säumniszuschlägen - insgesamt 339,64 EUR herangezogen worden ist.
2
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 13. März 2015, zugestellt am 18. März 2015, im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, das bloße Bestreiten des Zugangs beider Bescheide genüge angesichts deren nachweislicher Absendung wegen des höchst unwahrscheinlichen Nichtzugangs einer größeren Zahl von Bescheiden nicht, zumal ihn andere Poststücke wie die Zahlungsaufforderung des Finanzamts Reinickendorf unter derselben Anschrift erreicht hätten. Im Übrigen habe er eingeräumt, seit dem 13. Januar 2015 Kenntnis von den Bescheiden gehabt zu haben. Zudem sei ihm am 11. März 2015 Akteneinsicht in den Verwaltungsvorgang gewährt worden und seien die Bescheide seinem Prozessbevollmächtigten unter dem 6. März 2015 per Einschreiben/Rückschein erneut zugestellt worden.
II.
3
Die seitens des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 31. März 2015 rechtzeitig erhobene und mit Schriftsatz vom 16. April 2015 auch rechtzeitig begründete Beschwerde gegen diesen Beschluss hat auf der Grundlage der gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Beschwerdebegründung keinen Erfolg.
4
Soweit hiermit geltend gemacht wird, das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Berlin (VwVfG Bln) gelte nach dessen § 2 Abs. 4 nicht für die Tätigkeit des Senders Freies Berlin, so dass entgegen der verwaltungsgerichtlichen Annahme auch nicht über dessen § 5a das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes (VwVG) Anwendung finden könne, und für den Antragsgegner als Rechtsnachfolger von SFB und ORB könne nichts anderes gelten, ist dem nicht zu folgen.
5
Denn die Ausschlussregelung in § 2 Abs. 4 VwVfG Bln betrifft, wie schon ihr Wortlaut deutlich macht, nur die Tätigkeit des früheren Senders Freies Berlin (SFB). Dieser existiert jedoch bereits seit vielen Jahren nicht mehr. Vielmehr ist seit Inkrafttreten des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juni 2002 (RBB-Staatsvertrag) am 1. Dezember 2002 an dessen Stelle aufgrund des Zusammenschlusses mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) der RBB getreten (vgl. §§ 40 und 41 RBB-StV). Für dessen Tätigkeit gilt, soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt - was für den vorliegend maßgeblichen Bereich zu verneinen ist -, gemäß § 35 RBB-StV das Recht des Landes Berlin. Diese Regelung würde jedoch, was seitens beider Bundesländer bei Abschluss des Staatsvertrages nicht gewollt gewesen sein kann, in dem hier wesentlichen Bereich leerlaufen, wenn sich § 2 Abs. 4 VwVfG Bln auch auf die Tätigkeit des RBB erstrecken würde. Erfasst wäre hiervon zudem auch eine entsprechende Tätigkeit des RBB im Land Brandenburg, obwohl sich diese Regelung des VwVfG Bln räumlich nie auf Brandenburg und gegenständlich nie auf den früheren ORB bezog. Davon kann ohne ausdrückliche, gerade auf den RBB bezogene Regelung im VwVfG Bln nicht ausgegangen werden.
6
Mit der Beschwerdebegründung rügt der Antragsteller weiterhin, die Beitragsbescheide vom 1. Juni und 4. Juli 2014 seien ihm seinerzeit nicht wirksam zugestellt worden bzw. er habe diese im Jahr 2014 nicht erhalten, vielmehr seien diese erst im März 2015 zugestellt worden. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, das bloße (unsubstantiierte) Bestreiten des Zugangs reiche im Falle des behaupteten Nichtzugangs einer größeren Zahl von Bescheiden nicht aus, sei schon deshalb verfehlt, weil es hier nur um zwei Bescheide gehe und der Gesetzeswortlaut des § 41 Abs. 2 VwVfG hierfür nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 29. März 2004 auch nichts hergebe.
7
Ob dem zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Denn die streitgegenständlichen Bescheide wurden dem Antragsteller unstreitig zwischenzeitlich im März 2015 zugestellt und sind damit jedenfalls jetzt wirksam geworden.
8
Soweit der Antragsteller unter Verweis auf einen Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 19. Mai 2014 zum Geschäftszeichen ... weiterhin geltend macht, das Vollstreckungsersuchen des Antragsgegners an das Finanzamt Reinickendorf vom 1. November 2014 genüge mangels konkreter und eindeutiger Bezeichnung des RBB als Vollstreckungsbehörde und Gläubiger sowie ohne Hinweis auf dessen Rechtsform, Vertretung und Anschrift nicht den gesetzlichen Anforderungen, rechtfertigt das - unabhängig von der Richtigkeit dieser Annahme - nicht den mit dem Beschwerdeantrag uneingeschränkt geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung der Vollstreckung der genannten Beitragsbescheide durch den Antragsgegner. Ob das bezeichnete Vollstreckungsersuchen die rechtlichen Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung durch das Finanzamt erfüllt, ist deshalb im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Nichts anderes gilt für die - angesichts ihrer Benennung auf Seite 2 des Schreibens im Übrigen ersichtlich unzutreffende - Behauptung der Beschwerde, das Vollstreckungsersuchen benenne auch nicht die zu vollstreckenden Bescheide.
9
Die weitere Rüge des Antragstellers, die Vollstreckungsankündigung des Finanzamts Reinickendorf vom 6. Januar 2015 lasse ihn im Unklaren, welche Behörde ihm gegenüber vollstreckungsrechtlich tätig werde, betrifft allein das Verfahren in der Zwangsvollstreckung und begründet deshalb ebenfalls nicht den vorliegend geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner.
10
Schließlich macht die Beschwerdebegründung auch erfolglos geltend, „eine Vollstreckung der erst im März zugestellten Bescheide, gegen die zudem Widerspruch eingelegt wurde, sei auf der Grundlage eines zuvor datierten Vollstreckungsersuchens vom November 2014 und der Vollstreckungsankündigung vom 06.01. 2015 nicht möglich“. Auch insofern ist darauf hinzuweisen, dass sich daraus jedenfalls nicht die mit der Beschwerde begehrte (uneingeschränkte) Unterlassung der Vollstreckung der Beitragsbescheide durch den Antragsgegner ergibt. Dass die Einlegung des Widerspruchs einer Vollstreckung nicht entgegensteht, ergibt sich daraus, dass Rundfunkbeitragsbescheide kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind und einem Widerspruch deshalb gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt.
11
Soweit mit der anwaltlichen Beschwerdebegründung auf das Schreiben des Antragstellers selbst vom 30. März 2015 verwiesen wird, mit dem dieser - unabhängig vom anwaltlichen Vortrag seines Verfahrensbevollmächtigten - persönlich „sofortige Beschwerde“ erhoben hat und „hilfsweise Anhörungsrüge nach § 321 ZPO“ geltend macht, ist schon nicht ersichtlich, dass bzw. inwieweit er sich das dortige, den Vertretungszwang vor dem Oberverwaltungsgericht gemäß § 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO außer Acht lassende und schon deshalb unzulässige Vorbringen seines Mandanten zu eigen macht (vgl. nur Kopp, VwGO, Kommentar, 20. Auflage, § 67 Rz. 40 m.w.N.). Im Übrigen ist dieses aber auch in der Sache nicht geeignet, eine abweichende Entscheidung zu rechtfertigen.
Dieser existiert jedoch bereits seit vielen Jahren nicht mehr. Vielmehr ist seit Inkrafttreten des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juni 2002 (RBB-Staatsvertrag) am 1. Dezember 2002 an dessen Stelle aufgrund des Zusammenschlusses mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) der RBB getreten (vgl. §§ 40 und 41 RBB-StV). Für dessen Tätigkeit gilt, soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt - was für den vorliegend maßgeblichen Bereich zu verneinen ist -, gemäß § 35 RBB-StV das Recht des Landes Berlin. Diese Regelung würde jedoch, was seitens beider Bundesländer bei Abschluss des Staatsvertrages nicht gewollt gewesen sein kann, in dem hier wesentlichen Bereich leerlaufen, wenn sich § 2 Abs. 4 VwVfG Bln auch auf die Tätigkeit des RBB erstrecken würde. Erfasst wäre hiervon zudem auch eine entsprechende Tätigkeit des RBB im Land Brandenburg, obwohl sich diese Regelung des VwVfG Bln räumlich nie auf Brandenburg und gegenständlich nie auf den früheren ORB bezog. Davon kann ohne ausdrückliche, gerade auf den RBB bezogene Regelung im VwVfG Bln nicht ausgegangen werden.
Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes bei Festsetzung des Rundfunkbeitrags
Orientierungssatz
1. Zwar bestimmt § 2 Abs. 4 VwVfG Berlin (juris VwVfG BE) in der Fassung des Gesetzes vom 21. April 2016 (GVBl. Seite 218) nunmehr, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht für die Tätigkeit des Rundfunks Berlin-Brandenburg gilt. Diese Vorschrift ist jedoch erst am 1. Mai 2016 und damit nach Erlass des angefochtenen Bescheides in Kraft getreten.(Rn.8 )
2. Allgemein ist davon auszugehen, dass sich die Bereichsausnahme von der Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes lediglich auf die inhaltliche Tätigkeit des Rundfunks im Hinblick auf dessen Selbstverwaltungsrecht und die gebotene Staatsferne bezieht und dementsprechend restriktiv auszulegen ist.(Rn.9)
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. August 2015 ergangene, dem Kläger am 20. August 2015 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wird abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf unter 500,00 EUR festgesetzt.
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Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. August 2015 ergangenes Urteil hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, den Beitragszeitraum von Oktober bis Dezember 2014 betreffenden Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2015 aufzuheben. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO nicht begründet dargelegt hat.
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1. Die Rechtsbehelfsbegründung rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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1.1. Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Regeln des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes bei dem Erlass der Bescheide über den Rundfunkbeitrag anwendbar seien. Denn gemäß § 2 Abs. 4 VwVfG Berlin komme das Verwaltungsverfahrensgesetz Berlin für die Tätigkeit des Senders Freies Berlin ausdrücklich nicht zur Anwendung. Da der Beklagte als dessen Nachfolger handele, gelte diese Regel für ihn weiter. Die vom Verwaltungsgericht angenommene Analogie könne hier nicht greifen, weil es an einer unplanmäßigen Gesetzeslücke fehle und der Tatbestand des § 2 Abs. 4 VwVfG Bln als Ausnahmeregelung nicht analogiefähig sei.
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Dieser Einwand greift nicht durch.
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1.1.1. Das folgt schon daraus, dass der Kläger nicht begründet, inwieweit sich die von ihm reklamierte Nichtanwendbarkeit der Regeln des Verwaltungsverfahrensgesetzes Berlin sowie des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes in entscheidungserheblicher Weise auf die Rechtmäßigkeit der streitigen Beitragsfestsetzung auswirken sollten.
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1.1.2. Überdies hat der Senat in seinem Beschluss vom 26. Mai 2015 (– OVG 11 S 28.15 –, Rn. 5, juris) ausgeführt:
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„Denn die Ausschlussregelung in § 2 Abs.4 VwVfG Bln betrifft, wie schon ihr Wortlaut deutlich macht, nur die Tätigkeit des früheren Senders Freies Berlin (SFB). Dieser existiert jedoch bereits seit vielen Jahren nicht mehr. Vielmehr ist seit Inkrafttreten des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juni 2002 (RBB-Staatsvertrag) am 1. Dezember 2002 an dessen Stelle aufgrund des Zusammenschlusses mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) der RBB getreten (vgl. §§ 40 und 41 RBB-StV). Für dessen Tätigkeit gilt, soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt - was für den vorliegend maßgeblichen Bereich zu verneinen ist -, gemäß § 35 RBB-StV das Recht des Landes Berlin. Diese Regelung würde jedoch, was seitens beider Bundesländer bei Abschluss des Staatsvertrages nicht gewollt gewesen sein kann, in dem hier wesentlichen Bereich leerlaufen, wenn sich § 2 Abs. 4 VwVfG Bln auch auf die Tätigkeit des RBB erstrecken würde. Erfasst wäre hiervon zudem auch eine entsprechende Tätigkeit des RBB im Land Brandenburg, obwohl sich diese Regelung des VwVfG Bln räumlich nie auf Brandenburg und gegenständlich nie auf den früheren ORB bezog. Davon kann ohne ausdrückliche, gerade auf den RBB bezogene Regelung im VwVfG Bln nicht ausgegangen werden.“
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Zwar bestimmt § 2 Abs. 4 VwVfG Berlin in der Fassung des Gesetzes vom 21. April 2016 (GVBl. Seite 218) nunmehr, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht für die Tätigkeit des Rundfunks Berlin-Brandenburg gilt. Diese Vorschrift ist jedoch erst am 1. Mai 2016 und damit nach Erlass des angefochtenen Bescheides in Kraft getreten.
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1.1.3. Hiervon abgesehen ist allgemein davon auszugehen, dass sich die Bereichsausnahme von der Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes lediglich auf die inhaltliche Tätigkeit des Rundfunks im Hinblick auf dessen Selbstverwaltungsrecht und die gebotene Staatsferne bezieht und dementsprechend restriktiv auszulegen ist (vgl. für die entsprechende Vorschrift des saarländischen Verwaltungsverfahrensgesetzes OVG Saarland, Beschluss vom 21. November 2016 – 1 D 291/16 –, Rn. 4, juris, m.w.N.; zum Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetz VG Hamburg, Beschluss vom 5. Februar 1999 – 5 VG 3508/98 –, Rn. 5, juris; Tucholke in Hahn/Vesting, § 10 RBStV, Rn. 33). Die hier schon äußerlich in der Form eines Verwaltungsakts vorgenommene Festsetzung der Rundfunkbeiträge gegenüber dem Kläger betrifft die angesprochenen Bereiche inhaltlicher Tätigkeit des Rundfunks aber gerade nicht.
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1.2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen aus Sicht des Klägers weiterhin im Hinblick auf die Frage, ob sich der Beklagte auf die Regeln des öffentlichen Rechts überhaupt berufen könne. Er handele nämlich rein unternehmerisch. Denn die tatsächlichen Verhältnisse in der Medienlandschaft hätten sich wesentlich verändert. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten würden wie alle anderen Teilnehmer auf dem Angebotsmarkt für mediale Rundfunk- und Fernsehinhalte handeln, nämlich wie ein Unternehmen. Sie würden dieselben Moderatoren wie die privaten Sender beschäftigen und bei denselben Firmen wie die privaten Sender ihre Sendungen produzieren lassen. Schließlich werde der Rundfunkbeitrag weder als Steuer noch als öffentliche Abgabe, sondern als Gegenleistung für eine Empfangsmöglichkeit der Leistungen der Rundfunkanstalten erhoben. Dies entspreche dem klassischen Bild eines zivilrechtlichen Handelns für einen Leistungsaustausch.
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Auch dem ist nicht zu folgen. Entscheidend ist allein, ob der Beklagte berechtigt ist, Rundfunkbeiträge hoheitlich durch Verwaltungsakt festzusetzen. Diese Frage ist eindeutig zu bejahen. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat und durch den Kläger argumentativ auch nicht angegriffen wird, ist der Beklagte eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, kann als solche grundsätzlich hoheitlich tätig werden und ist nach § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV zum Erlass von Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheiden ermächtigt.
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2. Die Berufung ist auch nicht aus vom Kläger geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Eine Rechtssache weist jedenfalls dann keine besonderen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (mehr) auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen die Würdigung, die die erstinstanzliche Entscheidung tragen, keinen begründeten Anlass zu Zweifeln an ihrer Richtigkeit geben bzw. sich ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, so dass es der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens nicht bedarf (ständige Rspr. des Senats, vgl. nur Beschluss vom 8. August 2006 - 11 N 20.06 -; OVG Brandenburg, Beschluss vom 24. März 2000 - 4 A 173/98 -; ebenso OVG Münster, Beschluss vom 31. Juli 1998 - 10 A 1329/98 -, NVwZ 1999, 202 ff). Das ist hier der Fall, denn insoweit wiederholt der Kläger im Wesentlichen lediglich seine bereits gewürdigten Rechtsstandpunkte.
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3. Die Rechtsbehelfsbegründung rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem erstrebten Rechtsmittelverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer obergerichtlichen Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (vgl. zum Revisionsrecht: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328).
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Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es fehlt bereits an der Formulierung einer konkreten entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatfrage. Soweit der Kläger auf bei dem Bundesverwaltungsgericht anhängig gemachte Revisionen zu den dortigen Geschäftszeichen BVerwG 6 C 16.15; BVerwG 6 C 6/15; BVerwG 6 C 8.15 und BVerwG 6 C 7.15 Bezug nimmt, hat das Bundesverwaltungsgericht diese Revisionen durch Urteile vom 17. und 18. März 2016 sämtlich als unbegründet zurückgewiesen und die Verfassungsgemäßheit des Rundfunkbeitrags einschließlich seiner Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG jeweils bestätigt. Ebenso hat es ausgeführt, dass die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich nicht der Zustimmung der Kommission der Europäischen Union bedurfte (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 – 6 C 6/15 –, Rn. 6, 51, juris).
§ 5 Revisibilität von Landesverfahrensrecht
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht kann auch darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung beruht.
§ 64 Revisibilität von Landesverfahrensrecht
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht kann auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 21. April 2016 (GVBl. S. 218), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Dezember 2020 (GVBl. S. 1485) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung beruht.
Orientierungssatz
1. Die Kontrollbefugnis des VerfGH erstreckt sich nach § 49 Abs 1 VerfGHG (RIS: VGHG BE) auf Akte der öffentlichen Gewalt des Landes Berlin (vgl VerfGH Berlin, 23.08.2004, 44/04 <Rn 12>), soweit diese nicht durch ein Bundesgericht in der Sache bestätigt worden sind (vgl VerfGH Berlin, 23.08.2004, 44/04 <Rn 13>). Denn jede Überprüfung einer von einem Bundesgericht bereits kontrollierten und bestätigten Entscheidung stellt sich materiell als Kontrolle der Bundesstaatsgewalt dar und ist daher unzulässig (VerfGH Berlin, 25.03.1999, 35/97 <Rn 14>; BVerfG, 15.10.1997, 2 BvN 1/95 <Rn 85>) - vorliegend hinsichtlich Entscheidung des BVerwG über Revisionszulassung verneint. (Rn.14)
2a. Der in § 49 Abs 2 S 1 VGHG BE zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität verlangt von dem Beschwerdeführer, vor einer Anrufung des VerfGH über die Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm bei den Fachgerichten zur Verfügung stehenden und zumutbaren rechtlichen Möglichkeiten zu ergreifen, um auf diese Weise eine Korrektur des geltend gemachten Verfassungsverstoßes zu erwirken oder es gar nicht erst zu einem Verfassungsverstoß kommen zu lassen (VerfGH Berlin, 29.05.2012, 175/11 <Rn 12>; BVerfG, 31.03.2020, 1 BvR 712/20 <Rn 12>). (Rn.15)
2b. Gehört zu dem von dem Beschwerdeführer zu erschöpfenden Rechtsweg die Erhebung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, muss der Beschwerdeführer, um dem Grundsatz der Subsidiarität zu genügen, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens alle Rügen erheben, die geeignet sind, den geltend gemachten Verfassungsverstoß zu beseitigen. (Rn.15)
3. Vorliegend hat die Beschwerdeführerin zwar eine Grundsatzrüge nach § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, nicht jedoch auch eine Divergenzrüge nach § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO erhoben. Es hätte nahegelegen, den in der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Umstand vor dem BVerwG mit der Erhebung einer Divergenzrüge nach § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO ebenfalls geltend zu machen. (Rn.16)
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3. Die Verfassungsbeschwerde ist schließlich unzulässig, soweit sie sich gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts richtet.
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a) Das folgt allerdings noch nicht daraus, dass die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts erhoben und das Bundesverwaltungsgericht diese mit Beschluss vom 8. April 2022 zurückgewiesen hat. Denn mit dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht in der Sache bestätigt. Die Kontrollbefugnis des Verfassungsgerichtshofes erstreckt sich nach § 49 Abs. 1 VerfGHG auf Akte der öffentlichen Gewalt des Landes Berlin (vgl. Beschluss vom 23. August 2004 - VerfGH 44/04 - Rn. 12), soweit diese nicht durch ein Bundesgericht in der Sache bestätigt worden sind (vgl. Beschluss vom 23. August 2004 - VerfGH 44/04 - Rn. 13). Denn jede Überprüfung einer von einem Bundesgericht bereits kontrollierten und bestätigten Entscheidung stellt sich materiell als Kontrolle der Bundesstaatsgewalt dar und ist daher unzulässig (BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997 - 2 BvN 1/95 -, juris Rn. 85; vgl. Beschluss vom 25. März 1999 - VerfGH 35/97 - Rn. 14). Eine solche Überprüfung des Berufungsurteils in der Sache hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 8. April 2022 nicht vorgenommen. Dies ergibt sich daraus, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht nur die Frage war, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben sind, d. h., ob der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukam. In der Sache selbst wäre erst im Revisionsverfahren zu entscheiden gewesen.
Orientierungssatz
Rückständige Rundfunkbeiträge können durch Festsetzungsbescheid geltend gemacht werden. Dies folgt aus § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 RBStV, der keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.(Rn.4)
Tenor
Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Es kann dahinstehen, ob die Gegenvorstellung bereits unzulässig ist, weil der Gesetzgeber mit der Schaffung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zum Ausdruck gebracht hat, dass daneben die gesetzlich nicht geregelte Gegenvorstellung nicht mehr zuzulassen ist. Auch kann offenbleiben, ob die Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung im Fall der formell rechtskräftigen Versagung der Beiordnung eines Notanwalts - wie mit dem hier angegriffenen Beschluss des Senats - mit Blick darauf in Betracht gezogen werden kann, dass ein solcher Antrag wiederholt gestellt werden könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2019 – 1 PKH 49/18 –, Rn. 2, juris, zur Gegenvorstellung gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe).
2
Die Gegenvorstellung hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil der Vortrag des Klägers keinen Anlass zur Änderung des angegriffenen Beschlusses gibt. Insbesondere liegen nicht diejenigen Voraussetzungen vor, unter denen in der Rechtsprechung eine Gegenvorstellung gegen rechtskräftige Entscheidungen für denkbar gehalten wird (BVerwG, Beschlüsse vom 3. Mai 2011 – 6 KSt 1/11 –, juris Rn. 5). Danach wäre eine Gegenvorstellung allenfalls dann zulässig, wenn substantiiert dargelegt würde, dass die angegriffene Entscheidung auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruht oder unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheint und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BFH, Beschlüsse v. 7. April 2017 – IX S 3.17 -, juris Rn 6, und v. 11. Februar 2011 - XI S 1/11 - , juris Rn. 3), bzw. dass dem Betroffenen grobes prozessuales Unrecht zugefügt worden ist, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss, oder dass die Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widerspricht (BSG, Beschlüsse v. 19. Januar 2010 – B 11 AL 13/09 C -, juris Rn 7, und v. 24. Juli 2006 – B 1 KR 6/06 BH – . juris Rn. 1).
3
Das ist hier nicht der Fall. Der Kläger stellt seine materiell-rechtliche Rundfunkbeitragspflicht mit seiner Gegenvorstellung nicht in Frage, sondern beanstandet lediglich die Festsetzung der rückständigen Rundfunkbeiträge. Zu Unrecht rügt er, dass der Festsetzungsbescheid vom 2. Dezember 2016 nicht unterschrieben sei, denn dies ist gemäß § 37 Abs. 5 S. 1 VwVfG bei schriftlichen Verwaltungsakten, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen werden, entbehrlich. Die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt. Hiervon unabhängig hat der Kläger einen unterschriebenen Widerspruchsbescheid erhalten, zu dessen Maßgeblichkeit auf § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verwiesen werden darf.
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Dass der Beklagte befugt war, rückständige Rundfunkbeiträge durch Festsetzungsbescheid geltend zu machen, folgt aus § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 7 RBStV. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Verfassungsgemäßheit dieser Norm geben keinen Anlass zur Änderung des Senatsbeschlusses vom 25. Oktober 2019. Insbesondere greift der Einwand des Klägers nicht durch, dass die hoheitliche Beitragsfestsetzung durch den staatsfern organisierten Beklagten gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG verstoßen würde. Nach dieser Verfassungsnorm ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Die in Art. 33 Abs. 4 GG ausdrücklich zugelassenen Abweichungen vom Grundsatz des Funktionsvorbehalts bedürfen der Rechtfertigung durch einen besonderen sachlichen Grund. Als solcher kommt nur ein spezifischer, dem Sinn der Ausnahmemöglichkeit entsprechender - auf Erfahrungen mit gewachsenen Strukturen oder im Hinblick auf den Zweck des Funktionsvorbehalts relevante Besonderheiten der jeweiligen Tätigkeit Bezug nehmender - Ausnahmegrund in Betracht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Januar 2012 – 2 BvR 133/10 –, BVerfGE 130, 76-130, Rn. 146), z.B. bei einer Aufgabe, die, wie hier, gerade aus verfassungsrechtlichen Gründen möglichst in einer gewissen Staatsferne wahrgenommen werden sollte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1990 – 1 BvR 402/87 –, BVerfGE 83, 130-155, Rn. 65). Im Übrigen ist sogar die Übertragung von Hoheitsgewalt auf Private im Wege der Beleihung verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen, wenn sie denn vom Gesetzgeber angeordnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 2010 – 3 C 35/09 –, BVerwGE 137, 377-390, Rn. 24). Soweit der Kläger der Sache nach aus den gleichen Gründen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG sowie das Demokratieprinzip als verletzt ansieht, gilt Entsprechendes. Erst recht ist dem Einwand des Klägers nicht näherzutreten, die durch den Beklagten erfolgte Beitragsfestsetzung sei mit dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung im Sinne von Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar.
5
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).