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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 22. Juli 2023, 20:20

Titel: BGH KVR 69/19 - Begriff "marktbeherrschendes Unternehmen"
Beitrag von: pinguin am 22. Juli 2023, 20:20
In der Entscheidung geht es um Facebook, aber nachstehende Aussagen könnten auch in Belangen des ÖRR relevant sein?

Beschluss des Kartellsenats vom 23.6.2020 - KVR 69/19 -
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=a5319546e5d888bedb3dc45c44954a07&Seite=2&nr=109506&pos=84&anz=260


Zitat
15
Marktbeherrschend ist ein Unternehmen nach § 18 Abs. 1 GWB, wenn es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt ohne Wettbewerber ist, keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.

Zitat
37
aa) Eine beherrschende Stellung im Sinne des § 18 Abs. 1 GWB (Rn. 15) ergibt sich im allgemeinen aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Februar 1978 - C-27/76, NJW 1978, 2439, 2440 - United Brands/Kommission; BGH, Urteil vom 5. Mai 2020 - KZR 36/17, juris Rn. 57 - FRAND-Einwand). Vielmehr muss die Beurteilung der Marktstellung eines Unternehmens auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller gegebenen Umstände erfolgen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung eines
9. Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drucks. 18/10207, S. 49). Zu Recht hat das Bundeskartellamt aufgrund der Gesamtbetrachtung aller wesentlichen Umstände die marktbeherrschende Stellung bejaht.

Welchem wesentlichen Wettbewerb sind die einzelnen LRA ausgesetzt?

Zur Berücksichtigung:

BGH KZR 31/14 - Dt. ÖRR = Unternehmen im Sinne des Kartellrechts
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33155.0

Titel: Re: BGH KVR 69/19 - Begriff "marktbeherrschendes Unternehmen"
Beitrag von: pinguin am 24. Juli 2023, 20:04
Ergänzung aus dem Schlußantrag zur Rundfunk-Rechtssache EuGH C-52/07, die im Forum noch nicht thematisiert worden ist:

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
VERICA TRSTENJAK
vom 11. September 2008(1)

„Art. 82 EG – Marktbeherrschende Stellung – Missbrauch – Verwertungsgesellschaft von Urheberrechten – Organisation mit faktischer Monopolstellung – Ausstrahlung durch Fernsehsender – Berechnungsmethode der Vergütung“

Rechtssache C-52/07

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=68008&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=3526069

Zitat
36.      Zwar darf auch ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Interessen verfolgen. Es verhält sich aber missbräuchlich, wenn es die sich aus der marktbeherrschenden Stellung ergebenden Möglichkeiten nutzt, um geschäftliche Vorteile zu erhalten, die es bei einem normalen und hinreichend wirksamen Wettbewerb nicht erhalten hätte.(15)

Was ein marktbeherrschendes Unternehmen ist, ergibt sich national ja aus dem hier diskutierten Entscheid des BGH-Kartellsenats; in diesem Schlußantrag wird nun die Aussage getätigt, daß ein marktbeherrschendes Unternehmen dann mißbräuchlich handelt, wenn es die aus der marktbeherrschenden Stellung resultierenden Möglichkeiten dafür nutzt, Vorteile zu erzielen, die es bei marktkonformem Verhalten nicht erzielen würde.

Die seitens der ÖRR vorgenommenen Direktanmeldungen sind also ob der damit verbundenen, nicht gesetzlich begründeten Verarbeitung personen-bezogener Daten u. U. nicht nur Straftaten, sondern darüberhinaus Zeichen für ein mißbräuchliches Verhalten, denn die aus den Direktanmeldungen erzielten finanziellen Mittel würden die ÖRR bei marktkonformem Verhalten nicht erzielen?

Weiterführend auch:

Ist die sog. Direktanmeldung eine Straftat?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37359.0