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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Vollstreckungen von Rundfunkbeiträgen (nach Bundesländern sortiert) => Hessen => Thema gestartet von: Maverick am 07. September 2022, 10:00
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Eine Klage vpn Person A aus 2016 wurde durch das VG im Vorfeld des BVerfG-Urteils 2018 im Jahr 2017 zunächst ausgesetzt und nach weiteren 6 Monaten durch das Gericht für "statistisch erledigt" erklärt, mit Hinweis:
Wenn mit Entscheidung der Verfassungsbeschwerdeverfahren der Grund für die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens entfallen ist - das BVerfG hat zugesagt, die Kammer entsprechend zu informieren -, wird es von Amts wegen oder auf Antrag eines der Beteiligten wieder aufgenommen. Es enthält dann ein neues Aktenzeichen.
Einer Aussetzung der Vollziehung bis zur Beendigung des Verfahrens wurde durch die LRA damals stattgegeben.
Im Jahr 2020 wurde von A aufgrund eines neuerlichen Widerspruchbescheids der LRA (spätere Festsetzungszeiträume) eine weitere Klage eingereicht. In dem Verfahren wurde die Klage aus 2016 vom Gericht nicht mit aufgerufen und blieb außen vor. Zur 2. Klage erging 2021 das erwartbare Urteil.
Person A erhält nun eine Vollstreckungsankündigung der Stadt, die auch Festsetzungsbescheide (Gebührenbescheide) dieser "statistisch erledigten" Klage umfasst.
Sie ging davon aus, dass die LRA hier das Verfahen zur 1. Klage vor dem VG wieder hätte aufnehmen lassen müssen ("auf Anrtrag eines der Beteiligten"), damit diese ihr vermeintliches Recht bekommt.
Falsche Annahme?
Wenn dem nicht so ist, muss Person A vermutlich auch gegen sich gelten lassen, dass mit "statistisch erledigt" sich auch die Aussetzung der Vollziehung "erledigt" hat?
Bliebe als einzige Option für Person A, um dem System weiter Sand ins Getriebe zu streuen, das Verfahren selbst wieder aufnehmen zu lassen?
Wesentlich wäre dann natürlich, ob die Vollziehung für diesen Teil wieder ausgesetzt würde.
Dazu bedarf es dann vermutlich im 1. Schritt eines neuen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung bei der LRA, ggfs. unter Verweis auf die bereits vorher bestehende Aussetzung in diesem Zusammenhang.
Hat Person A etwas übersehen?
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--------------------- Anmerkung
Eine Person B hat eine schriftliche Mitteilung über die Aussetzung und trotzdem wurde der Versuch der Vollstreckung im Unterschied zur Person A jedoch über einen GV angeschoben.
Die Lösung bestand bei der Person B darin bei dem GV vorzusprechen und eine Art widersprüchliches Verhalten des Gläubigers zu reklamieren, es wurden dazu auch Schreiben vorgelegt mit dem Nachweis zur Aussetzung. Es folgte ein Schreiben -GV setzte eine Schreiben über den Vorgang auf und Person B unterschieb- an das für den GV zuständige Gericht und dieses wurde dort als Art Erinnerung ausgelegt. -> Der Gläubiger wurde vom GV nach Ansicht von Person B unmittelbar kontaktiert und setzte den Vollzug durch den GV zeitlich befristet aus, also noch bevor der Richter über die Erinnerung entscheiden konnte. -> Der Richter war dann der Ansicht, dass durch die zeitliche Aussetzung des Verfahrens für den GV -dieser sollte abwarten- das Rechtsschutzinteresse bei Person B gegen die Maßnahme des GV nicht mehr besteht und legte eine Rücknahme der Erinnerung nahe. --> Die Wartefrist des GV verstrich, eine Fortsetzung der Maßnahme erfolgte nicht.
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Es könnte gegebenenfalls hilfreich sein, sich zeitnah direkt an die Stadtkasse zu wenden und dort ein den Vollzug bestehendes Hindernis anzuzeigen oder eben widersprüchliches Verhalten des Gläubigers geltend zu machen.
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Die fiktive Stadt will in ein laufendes Klageverfahren (=statistisch erledigtes Verfahren) hinein vollstrecken.
Jede Zahlung von Person A würde erst die strittigen Forderungen aus genau diesem Klageverfahren bedienen, da stets die älteste Schuld verrechnet wird. Person A möchte sich dem erwartbar gewesenen Urteil beugen, aber kann nun nicht die Forderungen des neuerlichen Bescheids (2021) direkt befriedigen.
Das haut alles nicht hin. Die fiktive Stadt baut fiktiven Käse. Vermutlich hat der Beitragsservice selbst ziemlichen Quatsch probiert mit der Absicht, in der Stadt repressive Verwirrung zu stiften.
Ein Schreiben an die LRA täte not.
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Die fiktive Stadt will in ein laufendes Klageverfahren (=statistisch erledigtes Verfahren) hinein vollstrecken.
Ja, genau das ist die Frage: wie ist die statistisch erledigte Klage rechtlich zu behandeln? Muss die Beklagte LRA die Wiederaufnahme beantragen, wenn sie die zugrundeliegenden Forderugen daraus erhalten möchte? Oder kann sie rechtlich korrekt sagen, die damals stattgegebene Aussetzung der Vollziehung bis zur Beendigung des Verfahren ist ausgelaufen, weil Klage statistisch erledigt erklärt und vollstrecke die einfach mit.
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Ich erlaube mir zunächst mal den Hinweis darauf, daß die Rubrik, unter der der Beitrag eingestellt wurde, im Namen enthält "nach Bundesländern sortiert".
Mit der Einstellung in den allgemeinen Bereich dieses Unterforums, eben nicht unter das zugehörige Bundesland, wird durch den Autor des Urspungsbeitrags eine sinnvolle Hilfestellung verhindert, denn diese ist abhängig vom Lnadesrecht des jeweiligen Bundeslandes.
Der Autor sollte also kundtun, in welchem Bundesland sich der Fall zuträgt und welche der ÖRRn der Gegenspieler ist.
Mein spontaner Ansatz wäre, mal über die Verjährung einer so alten Forderung nachzudenken. Schließlich bestimmt der RBStV, daß Rundfunkbeiträge der allgemeinen Verjährung nach dem BGB unterliegen — und die beträgt 3 Jahre.
Und jetzt kommt das Landesrecht ins Spiel: wenn die Anwendung des Landes-VwVfG auf die Rundfunkanstalt ausgeschlossen ist, dann gibt es keine gesetzliche Regelung über die Unterbrechung der Verjährung durch einen Festsetzungsbescheid der LRA, da dieser regelmäßig keinen Leistungsbescheid enthält (Nachweise und höchstrichterliche Rechtsprechung liegen vor, würden aber im jetzigen Moment zu weit ab vom Wege führen).
Nur der Leistungsbescheid ist der Erhebung der Klage gleichgestellt, nur der Leistungsbescheid ist geeignet, die Verjährung zu unterbrechen, nicht aber die bloße Festsetzung.
Damit kann, je nach Landesrecht, der Vollstreckung einer so alten Forderung bereits mit der Einrede der Verjährung entgegengetreten werden. Allerdings wird man hiervon ggf. die Richter mit entsprechender Argumentation (Rohmaterial hierfür habe ich für die Rechtslage in NRW vorliegen und werde dies auch zu einem späteren Zeitpunkt hier zur Verfügung stellen) überzeugen müssen.
Einer der Moderatoren sollte, nachdem das zugehörige Bundesland bekannt ist, diesen Beitrag in das entsprechende Unterforum verschieben.
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Es geht um Hessen.
ok, guter Punkt: Verjährung.
Wenn das statistisch erledigte Verfahren tatsächlich als (eigenständiges) Verfahren als abgeschlossen gilt, dann müsste ja auch die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt wieder neu beginnen.
Oder es ist nicht beendet, dann läuft die Verjährung natürlich auch nicht.
Edit "Bürger": Beitrag verschoben.
Vollzitat des direkten Vorkommentars entfernt. Bitte kein Vollzitat des direkten Vorkommentars, da dies unnötig ist, denn er steht ja da ;)
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Ich sehe außerdem gerade, dass die LRA der Aussetzung der Vollstreckung zugestimmt hätte? Das "statistisch erledigte" Verfahren scheint schubladentechnisch einfach ausgesetzt zu sein.
Ich sehe nur Kuddelmuddel bei Stadt, GV und Beitragsservice (bei letzterem ist stets vollste Absicht zu unterstellen).
Eine Erinnerung an die LRA mit Hinweis auf die damalige Zustimmung der Aussetzung der Vollstreckung wäre günstig. Als nächsten Schritt könnte man die Einrede der Verjährung aus dem Ärmel ziehen. Nicht alles auf einmal.
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"Ausgesetzt" oder "statistisch erledigt"? Ist das eine Formulierung des VG?! Bitte den entsprechenden Absatz aus dem Urteilstext hier reinstellen.
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Das Verfahren zur 1.Klage wurde 4/2017 per Beschluss durch das VG ausgesetzt. 10/2017 erhielt Person A nur die Mitteilung des VG, dass das ausgesetzte Verfahren nun nach 6 Monaten beim VG als statistisch erledigt gilt. Danach folgt der Quote aus dem Ausgangsposting.
Edit:
Greift in diesem Fall §53 VwGo analog zu §204 Abs.1 BGB
§ 53 Hemmung der Verjährung durch Verwaltungsakt
(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.
Dann hätte die Verjährungsfrist ab 4/2018 wieder begonnen und die Verjährung wäre spätestens am 31.12.2021 eingetreten. Korrekt?
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Nun, eine Mitteilung ist nichts. Das "statistisch erledigte" Verfahren ist weiterhin nur ausgesetzt.
Welchen Zweck eine solche Mitteilung eines VG überhaupt haben soll, erschließt sich mir nicht. Interessant wäre eben der Wortlaut dieser "Mitteilung"...
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Greift in diesem Fall §53 VwGo analog zu §204 Abs.1 BGB
§ 53 Hemmung der Verjährung durch Verwaltungsakt
(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.
Dann hätte die Verjährungsfrist ab 4/2018 wieder begonnen und die Verjährung wäre spätestens am 31.12.2021 eingetreten. Korrekt?
Erst mal ist das nicht § 53 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung), sondern § 53 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG).
Allerdings ist § 53 HVwVfG nicht anwendbar, weil § 2 Abs. 1 HVwVfG bestimmt:
Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und für die Tätigkeit des Hessischen Rundfunks.
Damit könnten allenfalls die sogenannten Allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts herangezogen werden, diese umfassen aber nicht die Verjährung, weil diese je nach Verwaltungsart spezialgesetzlich und unterschiedlich geregelt ist.
Die Verjährung ist auch nicht durch die Klage gegen den Festsetzungsbescheid gehemmt worden, weil ein Festsetzungsbescheid an sich überhaupt keine vollstreckbare Forderung enthält, sondern lediglich feststellenden Charakter hat. Eine vollstreckbare Forderung ergäbe sich nur aus einem Leistungsbescheid — und der gerade liegt ja nicht vor.
Egal wie man es dreht und wendet: die Forderung ist verjährt. Dies bedeutet aber nicht, daß die Forderung erloschen ist. Eine Vollstreckung ist daher nicht unzulässig, solange vom Schuldner gegen die Forderung nicht die Einrede der Verjährung erhoben wird. Hier ist also aktives Handeln des Schuldners gefordert.
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§53 VwVfG - korrekt. War wohl in Gedanken noch bei §94 VwGo "Aussetzung der Verhandlung". Danke.
Zum fehlenden Leistungsgebot kann ich mich nur noch dunkel an lange Diskussionen vor einigen Jahren im Forun erinnern - da wieder einzusteigen fehlt die Zeit.
Meine Erinnerung nach war die Argumentaion selten, wenn überhaupt, von Erfolg gekrönt. Aber lassen wir das mal beiseite, wenn es einen "einfacheren" Weg geben sollte, den man hilfweise und unkomplizierter beschreiten könnte.
Wenn nicht §53 VwVfG greift, kann man hier über §204 Abs.2 BGB argumentieren?
Und auch daraus eine Verjährung ableiten und dann natürlich die Einrede der Verjährung geltend machen?
Bei einem ruhenden Verfahren nach §251 ZPO endet die Hemmung der Verjährung nach 6 Monaten. Daher der Gedanke ruhendes Verfahren = ausgesetztes Verfahren.
Oder kann bei einem ausgesetzten Verfahren der Verwaltungsakt in Gestalt des zugrundeliegenden Widerspruchsbescheids nicht verjähren?
Nun, eine Mitteilung ist nichts. Das "statistisch erledigte" Verfahren ist weiterhin nur ausgesetzt.
Welchen Zweck eine solche Mitteilung eines VG überhaupt haben soll, erschließt sich mir nicht. Interessant wäre eben der Wortlaut dieser "Mitteilung"...
Die Mitteilung des VG hatte keinen weiteren bsonderen Wortlaut:
In Verwaltungsstreitverfahren Person A ./. LRA wird mitgeteilt, dass in den Verfassungsbeschwerdeverfahren, die in dem Aussetzungsbeschluss vom 4/2017 in Bezug genommen worden sind, bislang noch keine Entscheidung ergangen ist. Nachdem seit der Aussetzung des Verfahrens 6 Monate vergangen sind, gilt das Verfahren bei dem VG als statistisch erledigt.
Wenn mit Entscheidung der Verfassungsbeschwerdeverfahren der Grund für die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens entfallen ist - das BVerfG hat zugesagt, die Kammer entsprechend zu informieren -, wird es von Amts wegen oder auf Antrag eines der Beteiligten wieder aufgenommen. Es enthält dann ein neues Aktenzeichen.
Hochachtungsvoll
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Vorab: nicht der Schuldner muß nachweisen, daß die Forderung verjährt ist, sondern der HR muß nachweisen, daß dies nicht der Fall ist. Für den Schuldner reicht es, auf das Alter der Forderung hinzuweisen und darauf, daß angesichts der seitdem vergangenen Jahre die Verjährung eingetreten ist. Will der HR dies nicht akzeptieren, muß er nachweisen, daß, durch welche Maßnahme und für welche Dauer die Verjährung unterbrochen wurde und er muß nachweisen, daß die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Die Einrede der Verjährung ist ein sogenannter rechtsvernichtender Einwand, will der Gläubiger diesen widerlegen, so obliegt ihm hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
§ 204 BGB hilft dem Schuldner nicht weiter, da er die Hemmung der Verjährung im Zivilrecht behandelt. Der Gläubiger, also hier der HR, kann sich hingegen möglicherweise auf diesen Paragraphen berufen, um nachzuweisen, daß die Verjährung eben noch nicht eingetreten ist, weil sie durch eine der in § 204 BGB genannten Gründe unterbrochen wurde. Es wäre taktisch unklug, dem Gegner die Argumente in den Mund zu legen.
Es reicht also vollkommen aus zu schreiben:
Die Forderung wurde mit Festsetzungsbescheid v. xx.xx.2016 erstmals geltend gemacht. Nach § 7 Abs. 4 RBStV i. V. m. § 195 BGB verjähren rückständige Rundfunkbeiträge nach 3 Jahren. Die Forderung ist daher verjährt. Eine verjährte Forderung darf nicht mehr vollstreckt werden,
Zum Thema Leistungsgebot gibt es u.a. diesen Thread:
Vollstreckungsrechtliche Folgen eines fehlenden Leistungsgebotes im Bescheid
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=18629.0
Ich habe aus gegebenem Anlaß zu den hier aufgeworfenen Rechtsfragen umfangreich recherchiert und habe inzwischen auch umfangreiche Schriftsätze zur Frage der Vollstreckbarkeit von Festsetzungsbescheiden verfaßt. Ich beabsichtige, diese Ausarbeitungen auch hier zur Verfügung zu stellen und obigen Thread entsprechend zu ergänzen, jedoch fehlt mir für eine forumsgerechte Aufbereitung dieser sehr umfangreichen Texte schlichtweg die Zeit.
Über das "statistisch erledigte" Verfahren brauchst Du Dir m. E. keine weiteren Gedanken zu machen, das ist erledigt. Die "statistische" Erledigung bedeutet, daß das Verfahren in den Stistiken des Verwaltungsgerichts als beendet und erledigt eingetragen wurde. Da das BVerfG die Verfassungsbeschwerden mit Urteil v. 18.07.2018 abgewiesen hat, ist eine entsprechende Argumentation in der ausgesetzten Klage hinfällig geworden, eine Wiederaufnahme des Verfahrens hätte also unweigerlich ein abweisendes Urteil zur Folge. Daher hat das Gericht das Verfahren nicht von Amts wegen wiederaufgenommen, vom Kläger ist eine Wiederaufnahme nicht beantragt worden (dies hätte zeitnah nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde erfolgen müssen), so daß das Verfahren nun endgültig beendet ist. Allerdings ohne eine Entscheidung, weshalb der angegriffene Festsetzungsbescheid so zu behandeln ist, als hätte es diese Klage nicht gegeben. Die Rechts- und Bestandskraft des Bescheids tritt damit rückwirkend einen Monat nach der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids ein — und der Lauf der Verjährungsfrist beginnt.
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Nun, wenn aber der Festsetzungsbescheid (FB) rückwirkend Bestandskraft erlangt hat, dann wird doch immer behauptet, der FB sei ein vollstreckbarer Titel und die Verjährungsfrist sei dann 30 Jahre, siehe z.B. https://anwalt-kg.de/insolvenzrecht/gez-schulden/
Bitte beachten Sie: Die Verjährungsfrist von drei Jahren greift dann nicht, wenn die GEZ Schulden durch einen Festsetzungsbescheid festgestellt wurden. Dann sind die GEZ Schulden tituliert, der Festsetzungsbescheid ein vollstreckbarer Titel und die GEZ Schulden können 30 Jahre lang zwangsweise durchgesetzt werden.
Dass kein Leistungsbescheid und damit eben gerade kein vollstreckbarer Titel vorliegt und damit exklusiv für den ÖRR das komplette Verwaltungsrecht auf den Kopf gestellt wird, wird von den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten ja regelmäßig ignoriert bzw. totgeschwiegen. Oder es wird trotz substantiiertem Klägervortrag auf nicht substantiierten Klägervortrag verwiesen. Ich erinnere da an die Entscheidungen der Gerichte im Fall Georg Thiel.
Wenn sich die komplette Gerichtsbarkeit dazu entschieden hat, beim ÖRR elementare Rechtsgrundsätze zu ignorieren, werden -so fürchte ich- auch querkopfs umfangreiche Schriftsätze nichts ausrichten. Oder ist in Bezug auf den Rundfunkbeitrag irgendein anderslautendes Urteil bekannt?
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1. ein Festsetzungsbescheid ist kein vollstreckbarer Titel, da es sich lediglich um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt. Die Feststellung "Sie haben Ihr Auto rot lackiert" enthält keinen vollstreckbaren Inhalt, ebensowenig die Feststellung "Sie schulden dem ÖRR Geld".
2. vollstreckbar ist ausschließlich der Leistungsbescheid, also die unbedingte und unmißverständliche Aufforderung, etwas zu tun oder zu unterlassen, also "lackieren Sie innerhalb von zwei Wochen Ihr Auto blau" oder "zahlen Sie bis zum 25.02.2045 den Betrag von 1234,56 Euro auf das Konto De123456789012". Wie so etwas auszusehen hat, hat das BVerwG in mehreren Entscheidungen klar definiert.
Damit ist die zitierte Information bereits als falsch entlarvt. Daß der Autor zudem keine Ahnung hat, geht aus dem Verweis auf die 30jährige Verjährungsfrist hervor. Diese muß nämlich durch Gesetz bestimmt sein. Da aber in Hessen, wo der vorliegende Fall angesiedelt ist, das Hessische Landesverwaltungsverfahrensgesetz nicht für die Tätigkeit des HR gilt, gibt es keine gesetzliche Bestimmung darüber, wie die Verjährungsfrist bei einem rechtskräftigen Festsetzungsbescheid des HR über Rundbeiträge aussieht, weil der RBStV dieses nicht regelt und es ein Rundfunkverwaltungsverfahrensgesetz schlichtweg nicht gibt. Damit bleibt es bei der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren.
Daß die Gerichte diesen Sachverhalt in den bisherigen Verfahren schlichtweg ignoriert haben, liegt offenbar daran, daß dies wohl noch nie so detailliert mit Nachweisen der Gesetze und Gesetzesbegründungen sowie der Gesetzeshistorie, Rechtsprechung des BVerwG und Parlamentsdokumenten nachgewiesen wurde, und die Damen und Herren Richter sich einfach nur auf den Beckschen Kommentar zum Rundfunkrecht stützen konnten, in dem Frau T... (Mitarbeiterin des Beitragsservice) geschrieben hat, daß ein Festsetzungsbescheid über Rundfunkbeiträge vollstreckbar sei, ohne hierfür eine gesetzliche Grundlage zu benennen. Es gilt also in der Argumentation vor Gericht auch, den Richter in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, daß er gem. Art. 20 Abs. 3 GG der Bindung an Recht und Gesetz unterliegt und daß er nicht zu etwas verurteilen darf, wenn es kein Gesetz gibt, daß den Sachverhalt regelt.
In den Verfahren von Georg Thiel vor dem VG Münster hat die Richterin diese Rechtsgrundlagen vorsätzlich ignoriert. Sie ist in der Verhandlung ausdrücklich auf die fehlende gesetzliche Grundlage hingewiesen worden und hat daraufhin wortwörtlich geantwortet "Gesetze kann man ja auslegen" (ich war persönlich anwesend). Um der Richterin die Rechtsbeugung, die sie mit den Urteilen zweifellos begangen hat, nachzuweisen, bedarf es anderer Entscheidungen über den Sachverhalt durch das BVerwG oder durch eines der Landesverfassungsgerichte. Es sind derzeit in NRW mehrere Gerichtsverfahren anhängig, in denen die oben skizzierte (der schriftsätzliche Vortrag umfaßt eine zweistellige Seitenzahl) Argumentation Verfahrensgegenstand ist. Es bleibt also spannend.
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..Daß der Autor zudem keine Ahnung hat, geht aus dem Verweis auf die 30jährige Verjährungsfrist hervor. Diese muß nämlich durch Gesetz bestimmt sein. Da aber in Hessen, wo der vorliegende Fall angesiedelt ist, das Hessische Landesverwaltungsverfahrensgesetz nicht für die Tätigkeit des HR gilt, gibt es keine gesetzliche Bestimmung darüber, wie die Verjährungsfrist bei einem rechtskräftigen Festsetzungsbescheid des HR über Rundbeiträge aussieht, weil der RBStV dieses nicht regelt und es ein Rundfunkverwaltungsverfahrensgesetz schlichtweg nicht gibt. Damit bleibt es bei der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren.
Irgendwo hab ich mal gelesen:
Lt. § 1 (1) Ziffer 1 VwVfG gilt das VwVfG explizit für Anstalten des öffentlichen Rechts.
Nach § 1 (3) VwVfG gilt das VwVfG für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder subsidiär - also nur dann, wenn das Land kein eigenes Landes-VwVfG hat. Oder eben wenn das Land den Geltungsbereich seines Landes-VwVfG beschränkt. Das HVwVfG gilt nicht für den HR, also gilt das Bundesgesetz - das "normale" VwVfG.
Stimmt das denn nicht?
Edit "Bürger" @alle: Hier bitte keine Allgemein-Diskussion und keine Vertiefung des schon mehrfach und eingehend behandelten Themas der expliziten oder impliziten Nicht-Geltung des die "öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit" regelnden VwVfG für die sog. "Landesrundfunkanstalten" als "Tendenzbetriebe", für welche "Art. 5 GG ein justizförmig ausgeprägtes Verwaltungsverfahren verbietet". Siehe dazu im Forum bereits bestehende mannigfaltige Threads wie u.a.
Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20633.0
LRA = "Tendenzbetrieb" > Art 5 GG verbietet "justizförm. Verw.-Verfahren"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=27187.0
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27187.msg187935.html#msg187935
Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.
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Trotz des obigen Moderatorenhinweises ist die folgende Klarstellung notwendig, um hier im Forum nicht durch falsche Informationen in die Irre zu führen:
Rundfunkrecht ist Landesrecht. Der ÖRR untersteht allein der Hoheit der Bundesländer. Darum gibt es auch keine durch den Bundestag verabschiedete gesetzliche oder gesetzesgleiche Regelungen für den Rundfunk. Aus diesem Grund sind alle rundfunkrechtlichen Regelungen, um dennoch Bundeseinheitlichkeit zu wahren, durch Staatsverträge der Länder untereinander getroffen worden.
Da es sich also beim Rundfunkrecht und auch bei der Frage der Verjährung von Rundfunkbeiträgen nicht um Bundesrecht handelt, ist das Bundes-VwVfG nicht anwendbar. Soweit es in den Ländern, die die Anwendbarkeit ihres Landes-VwVfG auf die Landesrundfunkanstalt ausgeschlossen haben, keine anderen, rundfunkspezifischen gesetzlichen Regelungen gibt, gibt es auch keine Bestimmung über eine verjährungshemmende Wirkung von Festsetzungs- oder Leistungsbescheiden über Rundfunkbeiträge.
Damit bleibt es bei den allgemeinen Regeln über die Verjährung, die sich aus dem BGB (u. a. § 195 BGB) ergeben.
Dies bedeutet:
- Rundfunkbeiträge verjähren, auch wenn ein rechtskräftiger Festsetzungsbescheid ergangen ist, in 3 Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die Fälligkeit entstanden ist.
- Gäbe es einen Leistungsbescheid, so würde dieser die Verjährung unterbrechen. Folgen keine weiteren Maßnahmen, z. B. eine Vollstreckung, so läuft die Verjährung nach Ablauf von 6 Monaten weiter.
- Vollstreckungsmaßnahmen unterbrechen die Verjährung und führen zu einem Neubeginn der Verjährungsfrist. Allerdings kommt diese Wirkung nur Vollstreckungsmaßnahmen zu, die noch nicht verjährte Ansprüche betreffen. Durch die versuchte Vollstreckung einer verjährten Forderung wird deren Verjährung nicht aufgehoben — erhebt der Schuldner in diesem Fall die Einrede der Verjährung, so ist die Vollstreckung unzulässig und einzustellen.
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Person A dankt schon mal für die Beiträge.
Zum fehlenden Leistungsbescheid/-gebot lässt sich in Hessen wohl etwas schwieriger argumentieren als in NRW.
Im "§ 6 VwVG NRW – Voraussetzungen für die Vollstreckung" wird ja explizit der Leistungsbescheid aufgeführt.
Im HVwVG findet man nur
"§ 1 Geltungsbereich:
1) Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung oder eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, werden nach den Vorschriften dieses Gesetzes vollstreckt."
und in §18 dann die "Voraussetzugen für die Vollstreckung" ohne expliziten Verweis auf einen Leistungsbescheid.
Dazu hat dann das VG Gießen per Beschluss 2021 festgestellt:
Auch sind die weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen des § 18 HVwVG gegeben.
Die der Vollstreckung zugrundeliegenden Festsetzungsbescheide [..] sind Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung gefordert wird.
mehr dazu unter Vollstreckung Kreiskasse Gießen - Gegenwehr
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35680.0.html
Da es aber hier ohnehin um weiter zurückliegende Bescheide geht, wird sich Person A erstmal auf die Einrede der Verjährung konzentrieren - auch wenn anzunehmen ist, dass dann von der Gegenseite die Standardantwort kommen mag:
Die Verjährungsfrist von drei Jahren greift dann nicht, wenn die GEZ Schulden durch einen Festsetzungsbescheid festgestellt wurden. Dann sind die GEZ Schulden tituliert, der Festsetzungsbescheid ein vollstreckbarer Titel und die GEZ Schulden können 30 Jahre lang zwangsweise durchgesetzt werden.
Und dann ggfs. weitere rechtliche Schritte norwendig werden.
Es stellen sich für Person A aber zunächst noch folgende Fragen:
- ein Teilbetrag der Vollstreckungsankündigung (Vollstreckungsersuchen) unterliegt einem Urteil aus dem vergangenen Jahr. Wie sollte damit verfahren werden? (Person A würde erstmal abwarten, ob das derzeitige Verfahren im weiteren Verlauf auf die dem Urteil unterliegende Summe reduziert wird.)
- Abwehr der Vollstreckungsankündigung bei der Stadtkasse per Zurückweisung und begründete Aufforderug (w/ teilweiser Verjährung) zur Einstellung und Rückgabe an LRA oder eher Widerspruch, falls der Unterschied eine Rolle spielt?
- Sollte direkt (ggfs. hilfsweise) ein öffentlich rechtlicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden?
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Der ÖRR untersteht allein der Hoheit der Bundesländer. Darum gibt es auch keine durch den Bundestag verabschiedete gesetzliche oder gesetzesgleiche Regelungen für den Rundfunk. Aus diesem Grund sind alle rundfunkrechtlichen Regelungen, um dennoch Bundeseinheitlichkeit zu wahren, durch Staatsverträge der Länder untereinander getroffen worden.
So ganz ist das nicht richtig, denn den Rahmen auch für den öffentlichen Rundfunk bildet das Unionsrecht mit der "Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste" in der jeweils aktuellen Fassung. Und ob die rundfunkspezifischen Regeln der Länder dem immer so entsprechen, ist gar nicht mal klar.
@Maverick
Wie lautet der Wortlaut im Datenschutzgesetz Deines Landes?
Findet sich ein derartiger Wortlaut, wie im Datenschutzgesetz des Landes Brandenburg?
Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg (Brandenburgisches Datenschutzgesetz - BbgDSG)
https://bravors.brandenburg.de/gesetze/bbgdsg
§ 2
Anwendungsbereich
[...]
(4) Öffentliche Stellen des Landes, die als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, gelten als nicht-öffentliche Stellen.
(5) Die Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/679 in Verbindung mit diesem Gesetz gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg vor, soweit personenbezogene Daten verarbeitet werden.
[...]
Für hier ist klar bestimmt: Datenschutzrecht vor Verwaltungsrecht.
Bei Euch auch?
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mein lieber Pinguin,
Deine Kenntnisse des EU-Rechts in allen Ehren, aber bitte versuche nicht stets und mit aller Gewalt allen Sachverhalten Deine Sichtweise auf das EU-Recht überzustülpen.
Dein Einwand auf meinen Beitrag ist auch schlichtweg falsch. Es ging hier nämlich nur um die Frage, ob das Bundes-VwVfG in Bezug auf Festsetzungsbescheide über Rundfunkbeiträge anwendbar ist. Bei der Frage, ob ein Bundesgesetz oder ein Landesgesetz anzuwenden ist, bleibt das EU-Recht außen vor.
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Bei der Frage, ob ein Bundesgesetz oder ein Landesgesetz anzuwenden ist, bleibt das EU-Recht außen vor.
Nö; nämlich dann nicht, wenn diese Gesetze Sachverhalte regeln, die dem Unionsrecht entgegenstehen, denn dann dürfen beide Gesetze auch nach Vorgabe des BVerfG nicht angewendet werden. Hierzu siehe:
BVerfG 1025/84 - Anwendungsvorrang Unionsrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,36097.msg217759.html#msg217759
Und das Unionsrecht bestimmt in Auslegung durch den EuGH ganz klar, wer keine hoheitlichen Befugnisse hat, nämlich all jene öffentlichen Stellen, die nicht vollständig in die Staatsorganisation integriert sind, wie bspw. die öffentlichen Medien. Hierzu siehe:
EuGH C-34/02 - Begriff "öffentliche Verwaltung" ist unionsweit vereinheitlicht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36275.0
Und nun halte ich mich hier auch schon wieder heraus.
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Es geht weiter :laugh:
2 Jahre war Ruhe, weil die Stadtkasse nach Einwand von Person A, dass die Forderungen teilweise verjährt seien, das Ersuchen an den Beitragsservice zurückgegeben hatte.
Nun ist anzunehmen, dass Person A in der Angelegenheit Post von der Abtl. Beitragsservice und fast zeitgleich von der Stadtkasse erhalten habe.
Beitragsservice verweist - wie erwartet - darauf, dass keine Bescheide verjährt seien.
"Ein Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Der Festsetzungsbescheid ist ein solcher Verwaltungsakt ist ein solcher Verwaltungsakt. Ist der Bescheid unanfechtbar geworden, verjähren die darin festgesetzten Forderungen nach §53 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz erst in 30 Jahren."
Entsprechenden Bescheide (Anm.: aus einer 1.Klage von 2016 vor dem VG, die 2017 zunächst ausgesetzt und 6 Monate später für statistisch erledigt erklärt worden sei) seien bestandskräftig, so dass die Verjährungsfrist 30 Jahre betrage.
Ein unterbreitetes Vergleichsangebot sei mit Hinblick auf Gleichbehandlung aller Beitragsschuldner abzulehnen :laugh:
Die Stadtkasse versuche nun das 2022er Vollstreckungsverfahren mit einer Vollstreckungsankündigung fortzusetzen, nachdem sie offenbar vom Beitragsservice dazu aufgefordert worden wäre ("unsere Forderungen besteht weiterhin in voller Höhe zu Recht").
Es ist anzunehmen, dass nun ein sehr ähnlich formuliertes Schreiben wie vor 2 Jahren an die Stadtkasse:
- mit erneutem Hinweis auf teilweise Verjährung; zur Untermauerung wurde allerdings zusätzlich nochmal die Verjährung einer Forderung detailliert vorgetragen, weil ein behaupteter Bescheid gar nicht zugegangen sei. Dazu wurde auch auf die 2017er Klage verwiesen
weniger erfolgreich war.
Es wurde nun von der Stadtkasse als Widerspruch von Person A gegen die Vollstreckunsankündigung ausgelegt, der nicht möglich sei.
Die erhobenen Einwendungen würden sich gegen die vollstreckende Forderung an sich richten und könnten grundsätzlich nur im Festsetzungsverfahren gegenüber dem Gläubiger geltend gemacht werden. Im Vollstreckungsverfahren könnten solche Anträge keine Berücksichtigung finden. Sie würden es der Stadtkasse daher auch nicht erlauben, die Vollstreckung einzustellen oder auszusetzen.
Dennoch wurde das Schreiben offenbar an die LRA weitergeleitet, um sich wohl nochmals rückzuversichern. Person A wird allerings weiterhin um Ausgleich der Forderung bis spätestens 30.9.2024 gebeten.
Eine mögliche Formulierung im Schreiben von Person A an die Stadtkasse könnte zuvor aber so gelautet haben:
...
die o.g. Vollstreckungsankündigung wird zurückgewiesen und in der Vollstreckungssache ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Stadtkasse X gestellt.
Zu unterlassen sind die dem Anspruchsteller gegenüber angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen.
Die Unterlassung ist gegeben, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen und die Vollziehung für den Anspruchsteller, eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Die Anspruchsteller behält sich zudem vor, zur prozessualen Durchsetzung gegen die rechtswidrige Vollstreckung der
Stadtkasse X
beim zuständigen
Verwaltungsgericht XY
zu stellen/einzureichen:
1. Antrag auf vorläufigen Rechtschutz gemäß § 123 VwGO,
2. Anfechtungsklage in der Hauptsache gemäß § 42 VwGO,
Begründung:
1. Die angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen sind rechtswidrig.
In der o.g. Vollstreckungsankündigung werden Vollstreckungsmaßnahmen angekündigt. Die hier vorliegend angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen bzw. ihre Durchführungen sind rechtswidrig.
Im Falle der Durchführung der angedrohten Vollstreckungsmaßnahmen wären diese eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Anspruchstellers. Der Anspruchsteller kann nicht prüfen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung gegeben sind.
2. Fehlende Voraussetzungen zur Vollstreckung
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Vollstreckbarkeit des Vollstreckungsersuchens des Hessischen Rundfunks, insbesondere da die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 18 Abs.1 HessVwVG nicht gegeben sind.
„Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, können unter den Voraussetzungen des § 2 vollstreckt werden, wenn
1. der Verwaltungsakt dem Pflichtigen zugestellt worden ist; in Abgabesachen genügt die Bekanntgabe des Bescheids,
2. die Geldleistung fällig ist,
3. dem Pflichtigen die Vollstreckung durch eine Mahnung angedroht worden ist, es sei denn, dass diese nach § 19 nicht erforderlich ist,
4. die in der Mahnung bestimmte Zahlungsfrist oder in den Fällen des § 19 Abs. 2 Satz 2 , Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 eine Zahlungsfrist von einer Woche, gerechnet vom Zeitpunkt der Fälligkeit, verstrichen ist.“
....
Person A sei der Meinung, dass sie mit dem weiteren Vortrag zum behaupteten, aber niemals erhaltenen, Festsetzungsbescheid die fehlenden Voraussetzungen zur Vollstreckung unterstrichen hat und damit doch sehr wohl und durchaus berechtigte Einwendungen gegen das Vollstreckungsverfahren nach § 18 Abs.1 HessVwVG erhoben hat, da ein nicht erhaltener Bescheid ja keine fällige Geldleistung begründen kann, die vollstreckt werden dürfte.
Unterliegt Person A in der Hinsicht einem Irrtum?
Kann die Stadtkasse es zu Recht als Widerspruch auslegen, der natürlich an dieser Stelle nicht zulässig wäre.
Muss ein Vollstreckungsersuchen aufgehoben werden, wenn darin u.a. eine nicht fällige Geldleistung eingefordert wird?
Können die zu Recht eingeforderten fälligen Geldleistungen (die u.U. nach einer verlorenen 2.Klage von 2022 bestehen könnten) weiterhin unmittelbar auf Basis des bestehenden Vollstreckungsersuchens vollstreckt werden oder muss zunächst ein neues, korrigiertes Vollstreckungsersuchen erlassen werden?
1. ein Festsetzungsbescheid ist kein vollstreckbarer Titel, da es sich lediglich um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt. Die Feststellung "Sie haben Ihr Auto rot lackiert" enthält keinen vollstreckbaren Inhalt, ebensowenig die Feststellung "Sie schulden dem ÖRR Geld".
2. vollstreckbar ist ausschließlich der Leistungsbescheid, also die unbedingte und unmißverständliche Aufforderung, etwas zu tun oder zu unterlassen, also "lackieren Sie innerhalb von zwei Wochen Ihr Auto blau" oder "zahlen Sie bis zum 25.02.2045 den Betrag von 1234,56 Euro auf das Konto De123456789012". Wie so etwas auszusehen hat, hat das BVerwG in mehreren Entscheidungen klar definiert.
Damit ist die zitierte Information bereits als falsch entlarvt. Daß der Autor zudem keine Ahnung hat, geht aus dem Verweis auf die 30jährige Verjährungsfrist hervor. Diese muß nämlich durch Gesetz bestimmt sein. Da aber in Hessen, wo der vorliegende Fall angesiedelt ist, das Hessische Landesverwaltungsverfahrensgesetz nicht für die Tätigkeit des HR gilt, gibt es keine gesetzliche Bestimmung darüber, wie die Verjährungsfrist bei einem rechtskräftigen Festsetzungsbescheid des HR über Rundbeiträge aussieht, weil der RBStV dieses nicht regelt und es ein Rundfunkverwaltungsverfahrensgesetz schlichtweg nicht gibt. Damit bleibt es bei der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren.
Daß die Gerichte diesen Sachverhalt in den bisherigen Verfahren schlichtweg ignoriert haben, liegt offenbar daran, daß dies wohl noch nie so detailliert mit Nachweisen der Gesetze und Gesetzesbegründungen sowie der Gesetzeshistorie, Rechtsprechung des BVerwG und Parlamentsdokumenten nachgewiesen wurde, und die Damen und Herren Richter sich einfach nur auf den Beckschen Kommentar zum Rundfunkrecht stützen konnten, in dem Frau T... (Mitarbeiterin des Beitragsservice) geschrieben hat, daß ein Festsetzungsbescheid über Rundfunkbeiträge vollstreckbar sei, ohne hierfür eine gesetzliche Grundlage zu benennen. Es gilt also in der Argumentation vor Gericht auch, den Richter in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, daß er gem. Art. 20 Abs. 3 GG der Bindung an Recht und Gesetz unterliegt und daß er nicht zu etwas verurteilen darf, wenn es kein Gesetz gibt, daß den Sachverhalt regelt.
In den Verfahren von Georg Thiel vor dem VG Münster hat die Richterin diese Rechtsgrundlagen vorsätzlich ignoriert. Sie ist in der Verhandlung ausdrücklich auf die fehlende gesetzliche Grundlage hingewiesen worden und hat daraufhin wortwörtlich geantwortet "Gesetze kann man ja auslegen" (ich war persönlich anwesend). Um der Richterin die Rechtsbeugung, die sie mit den Urteilen zweifellos begangen hat, nachzuweisen, bedarf es anderer Entscheidungen über den Sachverhalt durch das BVerwG oder durch eines der Landesverfassungsgerichte. Es sind derzeit in NRW mehrere Gerichtsverfahren anhängig, in denen die oben skizzierte (der schriftsätzliche Vortrag umfaßt eine zweistellige Seitenzahl) Argumentation Verfahrensgegenstand ist. Es bleibt also spannend.
Da sich im weiteren Verlauf bei Person A dann nur noch darum drehen dürfte, ob die Festsetzungsbescheide aus der 1.Klage (statistisch erledigten Klage) im Zeitverlauf verjährt sind. Gibt es nach 2 Jahren denn zu den anhängigen Verfahren Neuigkeiten? Oder weiterhin aussichtslos, weil man gegen das vermeintlich fehlende Leistungsgebot nicht ankommt und 30 Jahre Verjährung des Festsetzungsbescheids durchgewunken wird?
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Moin,
hier mal der Verweis auf die Ausführungen zu NRW - Vollstreckung. Betrifft zwar ein anderes Bundesland. Sachverhalt ist aber ähnlich.
Vollstreckungersuchen des WDR an OGV (u.a. keine Unterschrift des WDR)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=38071.0
Guter Hinweis ist auch der Verweis auf §197 (2) BGB zur Verjährung.
Evtl. passt das ja bei der dritten Person ::)
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Danke, klingt in der Tat interessant.
Bei Durchsicht ihrer Unterlagen ist Person A allerdings leider auf den 2.Widerspruchsbescheid der LRA gestoßen, der das Spiel der Verjährung wohl beendet.
Zur Chronologie:
- 1.Widerspruchsbescheid 2/2016 mit Aussetzung der Vollziehung: "Bis zum Ende des Verfahrens wird Ihr Beitragskonto für die Rechnungsstellung und das Mahnverfahren ausgesetzt".
- 1.Klage 3/2016
- 1.Klage wurde 10/2017 für statistisch erledigt erklärt, damit könnte 6 Monate später (4/2018) die Hemmung der Verjährung für die betroffenen Bescheide geendet und Verjährung möglicherweise per Ende 2021 eingetreten sein.
- 2.Widerspruchsbescheid 5/2020 für jüngere Bescheide und in dem einem neuerlichen hilfsweisen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Rahmen eines Widerspruchs von 1/2020 stattgegeben wurde:
"... Bis zur Beendigung des laufenden gerichtlichen Verfahrens (Az.: "1.Klage") werden wir von Vollstreckungsmaßnahmen absehen." Gemeint ist das statistisch erledigte Verfahren.
Das müsste Person A wohl gegen sich gelten lassen und damit wäre dann wieder Hemmung der Verjährung auch für die Bescheide der 1.Klage eingetreten. Game over.
Ist die Annahme korrekt?
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grundsätzlich kann ein Festsetzungsbescheid, also ein allein feststellender Verwaltungsakt, die Verjährung weder hemmen noch unterbrechen.
Weder der Widerspruch gegen einen Festsetzungsbescheid, der Widerspruchsbescheid oder die Klage gegen die Festsetzung hemmen die Verjährung der Forderung.
Die Verjährung einer Geldforderung kann nur durch die Anordnung einer Zahlungspflicht, also durch den Leistungsbescheid, gehemmt werden. Nur der Leistungsbescheid steht der Klageerhebung gleich. Und wie wir alle wissen, gibt es beim Rundfunkbeitrag keine Leistungsbescheide.
Die Verjährung wird auch nicht durch die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen unterbrochen. Denn damit Vollstreckungsmaßnahmen die Verjährung unterbrechen können, müssen diese rechtmäßig sein. Eine Vollstreckung, die keinen Titel, also keinen Leistungsbescheid als Grundlage hat, ist rechtswidrig und kann daher die Verjährung nicht unterbrechen.
Auch der bekannte Verweis des HR auf die 30jährige Verjährung nach dem VwVfG ist unbeachtlich, denn das Hessische VwVfG gilt nicht für die Tätigkeit des HR.
Damit gelten allein die Verjährungsregelungen des BGB.
Übrigens fehlt es mit der Nichtanwendbarkeit des HessVwVfG auch an sämtlichen gesetzlichen Bestimmungen zum rundfunkbeitragsrechtlichen Verwaltungsverfahren, so daß schon Form und Inhalt eines rundfunkbeitragsrechtlichen Verwaltungsakts nicht gesetzlich bestimmt sind, ebensowenig die Rechtmäßigkeit, die Rechtsgültigkeit und die Rechtswirkung und auch Regelungen zur Wirkung und Heilung von formalen und inhaltlichen Mängeln gibt es nicht.
Die nach meiner Ansicht einzig sinnvolle und wirksame Maßnahme gegen die Vollstreckung ist die sofortige Unterlassungsklage gegen die Vollstreckungsbehörde bzw. gegen den HR.
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@querkopf: Sind diese Argumente bereits von irgendeinem VG kommentiert worden?
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Diese Argumente sind derzeit in mehreren Unterlassungsklageverfahren an folgenden Gerichten vorgetragen:
VG Schleswig
VG Köln
VG Düsseldorf
VG Osnabrück
Die Klagen behandeln ausschließlich die Zulässigkeit der Vollstreckung, die Argumente könnten ebensogut gegen die Vollstreckung von Müllgebühren oder anderen Abgaben vorgebracht werden, sind also auf reines Verwaltungs(vollstreckungs)recht bezogen und nehmen keinerlei Bezug auf die Heranziehung zum Rundfunkbeitrag.
Die Klagen sind am VG Köln und am VG Düsseldorf teils seit mehr als einem Jahr anhängig, ohne daß die Gegenseite (kommunale Vollstreckungsbehörde bzw. LRA) zu dem sehr umfangreichen Klagevortrag, der sich auf zahlreiche andere Nachweise der Unzulässigkeit der Vollstreckung nach dem reinen Verwaltungs(vollstreckungs)recht (die Frage der Heranziehung zum Rundfunkbeitrag wird mit keinem Wort angeschnitten) erstreckt (Schriftsatzumfang ca. 60 Seiten) hierauf erwidert hätte oder sich das Gericht geäußert hätte. Es hat in keinem der Verfahren bisher eine Übertragung auf den Einzelrichter gegeben. In einem der Verfahren läßt sich die beklagte Kommune durch eine hochkarätige Anwaltskanzlei, die auch schon für den Landtag des betreffenden Bundeslandes in Verfassungsrechtsstreiten tätig war, vertreten. Diese Kanzlei arbeitet mittlerweile seit ca. 6 Monaten an der Klageerwiderung und stellt einen Fristverlängerungsantrag nach dem anderen.
All dies läßt die Annahme zu, daß die Argumente der jeweiligen Klageschrift nicht ganz abwegig sein und möglicherweise sogar ins Schwarze treffen könnten.
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Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat sich mit der Thematik offenbar auch dieses Jahr befasst. Auf die Problematik Festsetzungsbescheid ungleich Leistungsbescheid wird dort (natürlich) nicht eingegangen. Es lohnt sich vermutlich, sich zu der dort teilweise abenteuerlich geführten Argumentation eine entsprechende Gegenargumentation zu überlegen.
Wiss. Dienst "Vollstr. v. Rundfunkbeitragsford." (irriger?) Sachstand 02/24
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37903.0
Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, 09.02.2024, WD 7 - 3000 - 001/24
Vollstreckung von Rundfunkbeitragsforderungen (PDF, 13 Seiten, ~300kB)
https://www.bundestag.de/resource/blob/994364/f7ab5df9acb5a01c8708b553031d0119/WD-7-001-24-pdf.pdf
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[...]
Nehmen wir einmal an, man käme mit all diesen Argumenten durch, was wäre - neben der kurzfristigen Aufhebung der Vollstreckung und der Beschränkung der Zahlungspflicht auf nach BGB noch nicht verjährte Beiträge - die mittelfristige Folge?
Wenn nicht nach Hessischem VwVfG vollstreckt werden kann, müsste ja nach ZPO und Zivilrecht vollstreckt werden können?
a) (gerichtliche) Mahnung mit Fristsetzung durch die LRA?
b) Einklagen eines Vollstreckungstitels am Zivil-Gericht durch die LRA?
In dem Fall würden aber wahrscheinlich schon die durch den BS verschickten informellen Aufforderungen zur Zahlung ausreichen, um die Fälligkeit und damit den Verzug des Beitrags(nicht)zahlers zu begründen?
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Was die Ausnahme des HR vom Hessischen VwVfG betrifft, so würde des Teufels Advokat vermutlich behaupten, dass die Vollstreckungsmaßnahmen ja von den kommunalen Vollstreckungsbehörden vorgenommen werden, für die diese Ausnahme nicht gilt.
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@hankhug
Danke für den Link.
@querkopf
ja, die Sache mit dem fehlenden Leistungsbescheid. Schade, dass es da in den vergangenen 2 Jahren auch noch nicht so richtig weiterging. Hätte helfen können. :)
Aber ohne juristisch fundierte Kenntnis wird man da wohl schnell in die Sackgasse manövriert.
Ist eine solche verwaltungsrechtliche Unterlassungsklage im Rahmen einer privat Rechtsschutz grundsätzlich abgedeckt/abdeckbar?
Im Detail müsste man es natürlich bei der eigenen Versicherung klären.
Gilt es bei der Anfrage etwas zu beachten, um auch eine Zusage zu bekommen?
Ich denke ohne Deckungszusage läuft man Gefahr am Ende einige Tausend EUR zusätzlich zahen zu müssen.