Tag 149 (noch 32 Tage):
Nachdem in den Plenarsitzungen vom 29.04.21, 19.05.21 und 02.07.21 im NRW-Landtag Anträge zur Freilassung des WDR-Gefangenen Georg Thiel mit dem Stimmen der CDU, SPD, FDP und Grünen abgelehnt wurden, macht es Sinn, die einzelnen Abgeordneten dieser Fraktionen zur Rede zu stellen, um die Motive für ihr skandalöses Abstimmungsverhalten in Erfahrung zu bringen. Siehe hierzu auch die folgenden Themen:
Rundfunkbeitrag: Haft wird im NRW-Landtag besprochen - und der WDR bezahlt die Redner
https://www.markus-maehler.de/post/der-nrw-landtag-spricht-%C3%BCber-georg-thiel-und-der-wdr-bezahlt-die-redner
Beitragsrebell verhaftet: Die Falle der ARD schnappt wieder zu (2021)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,34937.msg213651.html#msg213651
Neu im Landtag NRW 19. Mai 2021 ab 17h10: Wiederum: Georg freizulassen!
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35270.msg213801.html#msg213801
Pressemeldungen zur Beugehaft / Erzwingungshaft von Georg Thiel (2021)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35110.msg214599.html#msg214599
Unabhängig von der politischen Einordnung des Skandals ergeben sich viele Fragen, die einer Aufarbeitung bedürfen. Der einfachste Weg, sich mit Fragen an Politikern zu wenden, ist immer noch der, diese Fragen über Abgeordnetenwatch an die einzelnen Parlamentarier zu richten. Ein Liste der Mitglieder des Düsseldorfer Landtags ist hier zu finden:
Abgordnetenwatch: Nordrhein-Westfalen - Abgeordnete
https://www.abgeordnetenwatch.de/nordrhein-westfalen/abgeordnete
Darüber hinaus gibt es natürlich auch den Weg sich mit Mails und Briefen an die Mitglieder des Landtages zu wenden. Ein Bekannter aus Nordrhein-Westfalen hat sich beispielsweise mit einem Brief an seine Landtagsabgeordnete gewendet, dessen Inhalt ich hier in anonymisierter Form veröffentlichen darf:
Mitglied des Landtags
xxxxxxxxxxxxxx persönlich
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf
Betr.: Ihr Ja zur Fortsetzung der Inhaftierung des Nicht-Konsumenten der
Rundfunkempfangsmöglichkeit Georg Thiel und die Konsequenzen
Sehr geehrte MdL xxxxxxxxxxxxx,
von einem Bekannten habe ich erfahren, dass ihre Fraktion und Sie drei oder vier Mal einen Antrag auf Freilassung des WDR-Häftlings Georg Thiel im Düsseldorfer Landtag abgelehnt haben. Da ich Sie bei der letzten Landtagswahl gewählt habe, was ich mittlerweile bereue, möchte ich Sie in dieser Angelegenheit zur Rede stellen, da ich mich in einer ähnlichen Situation wie der Gandhi aus Borken befinde.
Denn auch ich verweigere die Zahlung des Rundfunkbeitrages seit 2013 und muss mich seit 2016, nachdem der WDR versucht hatte, ein Vollstreckung gegen meine Person durchzuführen, ernsthaft mit der Möglichkeit auseinandersetzen, für meine weltanschaulichen Überzeugungen, die eine Ablehnung des Konsums von Rundfunk und Fernsehen beinhalten, in Haft zu gehen. Den damaligen Versuch einer Vollstreckung konnte ich mit juristischen Mittel abwenden, was mich von Georg Thiel unterscheidet, der diese Möglichkeiten anscheint nicht hatte, sondern sein Girokonto stattdessen nur in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt hat.
Ebenso wie bei Georg Thiel geht es bei mir mittlerweile um rückwirkende Forderung bis ins Jahr 2013, also um fast 2000 Euro, die der WDR-Beitragsservice von mir auch nicht freiwillig erhalten wird. Weitere Vollstreckungsversuche gab es bisher nicht, da ich mich seit 2016 in einem permanent Rechtsstreit mit dem WDR befindet; was zu Verfahrenskosten (Rechtsanwalt, Gerichtsgebühr usw.) geführt hat, die in etwa dem Dreifachen der Summe entsprechen, was der WDR von mir haben will. Daher habe ich immer noch drei offene Verfahren gegen den WDR laufen, was nicht bedeutet, dass es nicht zu noch mehr Verfahren kommen kann, da es tatsächlich notwendig ist, gegen jeden Festsetzungsbescheid den der Beitragsservice in einem vollständig automatisierten Verfahren (vgl. dazu den neuen § 10a RBStV) erlässt, in ein Widerspruchsverfahren zu gehen. Dieses Prozedere muss jemand erst verstehen, damit er nicht wie Georg Thiel in die Situation gerät, wegen eines solchen Bescheides inhaftiert zu werden. Natürlich kommt man sich albern vor, wenn man genötigt wird, auf eine solche Roboter-Korrespondenz zu antworten, denn die nachfolgenden Schreiben sind nicht besser. Soweit der Sachverhalt.
Ich schreibe Ihnen eigentlich auch nur, um in Erfahrung zu bringen, ob Sie vielleicht davon Kenntnisse haben, ob die Landesregierung in Nordrhein-Westfallen beabsichtigt ein spezielles Gefängnis für WDR-Häftlinge einzurichten, da es nach meinen Kenntnissen nicht erlaubt sein soll, Häftlinge in Erzwingungshaft mit Untersuchungshäftlingen und Strafgefangenen in einem Gefängnis unterzubringen. Nachdem der WDR es geschafft hat, dass die Inhaftierung des Präzedenzfall Georg Thiel derart eindeutig vom Landtag abgesegnet worden ist, gehe ich davon aus, dass der WDR dieses Druckmittel zur Durchsetzung des Unrechtsbeitrages in Zukunft häufiger anwenden wird und es zu noch mehr Inhaftierungen kommen wird. Denn anders als wie Sie vielleicht denken, wird die Exempelstatuierung der sechsmonatigen Inhaftierung an einen Verteidiger von Demokratie und Rechtsstattlichkeit nicht dazu führen, dass die Menschen in diesem Lande ihren Widerstand gegen den Unrechtsbeitrag aufgeben werden.
Vollstreckungsersuchen des WDR Köln in der Kommune Borken:
(https://gez-boykott.de/Forum/index.php?PHPSESSID=fb1ce3043652dd938a1255a4144ec798&action=dlattach;topic=35392.0;attach=27292;image)
Quelle: https://fragdenstaat.de/a/221329
Zu den Vollstreckungsersuchen verweise ich zunächst auf die neusten Zahlen aus dem Beitragsservice Jahresbericht 2020, der erst vor kurzem veröffentlicht wurde. Demnach gab es zum Stichtag vom 31.12.2020 immer noch 3,28 Millionen Beitragskonten im Widerstand bzw. „in einer Mahnstufe oder in der Vollstreckung“, so wie es der Beitragsservice nennt (vgl. ebenda S. 8 und S.21). Selbst wenn von diesen 3,28 Millionen Menschen im Widerstand am Ende nur 20.000 Menschen übrig bleiben sollten, die es auch auf eine Inhaftierung ankommen lassen, dann müssen Sie es sich schon jetzt überlegen, wo Sie diese Menschen unterbringen wollen.
Aus einer Anfrage bei der Kommunalverwaltung Borken bei „FragDenStaat“ können Sie zudem entnehmen (vgl. obige Graphik), dass sich die Anzahl der Verhaftungsaufträge für den WDR erst im letzten Jahre in signifikanter Weise erhöht hat. Es gab im Jahr 2019 lediglich einen Auftrag, während die Anzahl im Jahre 2020 plötzlich auf 38 Aufträge angestiegen ist, obwohl die Gesamtzahl der Vollstreckungsersuchen des WDR eigentlich gesunken ist. Es fällt dabei auf, dass die meisten dieser Aufträge im Juni (23) und im August (12) gestellt wurden, also in der zeitlichen Nähe zur Veröffentlichung der Jahresberichte des Beitragsservice, die für gewöhnlich erst im Juni erscheinen. Es ist nicht bekannt, weshalb es zu den übrigen 37 Haftaufträgen, die es alleine in der Kommune Borken gab, zu keiner weiteren Verhaftung gekommen ist. Es liegt hier durchaus der Verdacht nahe, dass Georg Thiel nur deshalb ausgewählt wurde, weil er als Aktivist von Rundfunk-frei bekannt ist, wobei es sich um eine Bürgerinitiative handelt, die sich für einen Volksentscheid zum Rundfunkbeitrag einsetzt. Haftbefehle werden von Stadtkassen wohl erst dann ausgeführt, wenn der WDR eine Kostenzusage den Vollstreckungsorganen erteilt; was vielleicht eine Erklärung dafür ist, weshalb ein Haftbefehl vom Juni 2020 erst im Februar 2021 vollstreckt wurde (also erst 7 Monate später). Nach den Abstimmungen im Landtag wird der WDR in Zukunft wohl versuchen, die Kosten für solche Vollstreckung auf das Land Nordrhein-Westfalen abzuwälzen.
Da ich mich innerlich bereits auf eine Inhaftierung eingestellt habe, wäre es nett, wenn Sie mir meine Frage beantworten würden, ob die Landesregierung die Unterbringung von WDR-Häftlingen in speziellen Gefängnissen bereits plant oder diesbezüglich noch hinter den Planungen der Landesrundfunkanstalten hinterherhinkt. Der Bau von Konzentrationslager ist hoffentlich nicht geplant.
Mit freundlichen Grüßen