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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 20. Juli 2021, 00:25
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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
3. Juni 2021(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Sozialpolitik – Gleiches Entgelt für Männer und Frauen – Art. 157 AEUV – Unmittelbare Wirkung – Begriff ‚gleichwertige Arbeit‘ – Klagen auf gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit – Einheitliche Quelle – Arbeitnehmer verschiedenen Geschlechts, die denselben Arbeitgeber haben – Verschiedene Betriebe – Vergleich“
In der Rechtssache C-624/19
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=242024&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=3632503
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
Art. 157 AEUV ist dahin auszulegen, dass er in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten, in denen ein Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei „gleichwertiger Arbeit“ im Sinne der Vorschrift geltend gemacht wird, unmittelbare Wirkung entfaltet.
Rn. 21
Entsprechend hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass aufgrund des zwingenden Charakters von Art. 157 AEUV das Verbot diskriminierender Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen nicht nur für staatliche Stellen verbindlich ist, sondern sich auch auf alle Tarifverträge, die abhängige Erwerbstätigkeit kollektiv regeln, sowie alle Verträge zwischen Privaten erstreckt (Urteil vom 8. Mai 2019, Praxair MRC, C-486/18, EU:C:2019:379, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Rn. 22
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs entfaltet Art. 157 AEUV unmittelbare Wirkung, indem er für Einzelne Rechte begründet, die die nationalen Gerichte zu gewährleisten haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Oktober 2019, Safeway, C-171/18, EU:C:2019:839, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Rn. 23
Die Betroffenen können sich vor den innerstaatlichen Gerichten auf den in Art. 157 AEUV aufgestellten Grundsatz u. a. im Fall von Diskriminierungen berufen, die ihren Ursprung unmittelbar in Rechtsvorschriften oder in Kollektivverträgen haben, sowie in dem Fall, dass die Arbeit in ein und demselben privaten oder öffentlichen Betrieb oder Dienst verrichtet wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. April 1976, Defrenne, 43/75, EU:C:1976:56, Rn. 40, und vom 13. Januar 2004, Allonby, C-256/01, EU:C:2004:18, Rn. 45).
Rn. 24
In den Rn. 18 und 21 bis 23 des Urteils vom 8. April 1976, Defrenne (43/75, EU:C:1976:56), hat der Gerichtshof insbesondere festgestellt, dass die Diskriminierungen, die sich aus Rechtsvorschriften oder Kollektivverträgen ergeben, zu denen zählen, die sich schon an Hand der in Art. 119 EWG-Vertrag (nach Änderung Art. 141 EG, jetzt Art. 157 AEUV) verwendeten Merkmale „gleiche Arbeit“ und „gleiches Entgelt“ allein feststellen lassen, im Gegensatz zu denjenigen, die nur nach Maßgabe eingehenderer Durchführungsvorschriften festgestellt werden können. Er hat weiter festgestellt, dass hierher auch der Fall ungleichen Entgelts für männliche und weibliche Arbeitnehmer bei gleicher Arbeit in einem und demselben öffentlichen oder privaten Dienst oder Betrieb gehört und dass der Richter in diesen Fällen in der Lage ist, alle die Tatsachenfeststellungen zu treffen, die es ihm ermöglichen, zu beurteilen, ob eine Arbeitnehmerin ein geringeres Entgelt bezieht als ein mit der gleichen Arbeit betrauter Arbeitnehmer.
Rn. 28
Ferner ist zu beachten, dass die Begriffe „gleiche Arbeit‘“, „gleicher Arbeitsplatz“ und „gleichwertige Arbeit“ im Sinne von Art. 157 AEUV eine rein qualitative Bedeutung haben, da sie ausschließlich mit der Art der von den betroffenen Arbeitnehmern verrichteten Arbeit zusammenhängen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Juni 2001, Brunnhofer, C-381/99, EU:C:2001:358, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Rn. 34
Weiter ist festzustellen, dass die Union nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 EUV insbesondere die Gleichstellung von Frauen und Männern fördert und dass nach Art. 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union die Gleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen ist.