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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 20. April 2021, 16:55

Titel: BVerfG: Aussagen d. Fachgerichtes -> für Gerichte anderer Fachrichtungen bindend
Beitrag von: pinguin am 20. April 2021, 16:55
In der folgenden Entscheidung geht es um die Begrifflichkeit "Gewalt", aber dieses selbst ist nicht Gegenstand des Themas, sondern die Aussage des BVerfG, daß alleine das Strafgericht als zuständiges Fachgericht bestimmt, was unter dem Begriff "Gewalt" zu verstehen ist.

Dieses läßt sich äquivalent auf alle fachgerichtlichen Bereiche übertragen; folglich definieren alleine die Wirtschaftgerichte, (Kartellsenate, Landgerichte als zuständige Fachgerichte), was bspw. "Unternehmen im Sinne des Kartellrechts" sind***; an diese Aussagen sind Gerichte anderer Fachrichtungen absolut gebunden und nicht zur eigenen Definition befugt. Nur das BVerfG darf fachgerichtliche Aussagen dahingehend einbremsen, wenn das Grundgesetz zu großzügig seitens der Fachgerichte ausgelegt wird und Begriffsdefinitionen nicht mehr damit vereinbar sind.

Einziges Zitat:

BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. März 2007
- 2 BvR 932/06 -, Rn. 1-24,

http://www.bverfg.de/e/rk20070329_2bvr093206.html

Rn. 13
Zitat
Die Interpretation des Gewaltbegriffs bei § 240 StGB obliegt allein den Strafgerichten als zuständigen Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht prüft lediglich nach, ob die von den Strafgerichten vorgenommene Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

*** ->
BGH KZR 31/14 - Dt. ÖRR = Unternehmen im Sinne des Kartellrechts
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33155.msg202828.html#msg202828

Die Definitionen des Kartellsenates als oberstem Fachgericht des Bundes für alle Belange der Wirtschaft sind für alle anderen fachgerichtlichen Ebenen, damit auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, bindende Vorgaben, die mangels Kompetenz, dieses selbst zu definieren, nicht davon abweichen dürfen.

Hier kommt dann drei weitere Entscheidungen in das Blickfeld, denn die Kompetenzen von Bund und Land sind nicht verhandelbar, was letztlich auch für die fachgerichtlichen Zuständigkeiten gelten muß.

Weiterführend auch:
BVerfG 2 BvE 7/11 - Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Land unzulässig
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32437.msg199398.html#msg199398

BVerfG 2 BvF 1/20 - Neben einem Bundesgesetz ist für ein Landesgesetz kein Raum
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35136.msg212973.html#msg212973

BVerwG 6 A 2.12 - Einhaltepflicht höherrangiger Rechtsgrenzen durch Landesrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33743.msg205499.html#msg205499