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Reform per Verordnung, nicht per Gesetz
Die StVO-Reform fand per Verordnung, nicht per Gesetz statt, also ohne Befassung des Parlaments. Das ist üblich, um eine Feinjustierung von Vorschriften „im laufenden Betrieb“ zu ermöglichen, ohne für jede Änderung das parlamentarische Verfahren beschreiten zu müssen. Es setzt allerdings voraus, dass für Änderungen an dem betreffenden Gesetz eine „Verordnungsermächtigung“ besteht, aus der sich ergibt, welche Teile des Gesetzes später durch welche Stellen im Verordnungsweg geändert werden dürfen. Eine solche Verordnungsermächtigung gibt es für die StVO auch, und sie erstreckt sich auch auf die Schwellenwerte zur Verhängung von Fahrverboten – an sich ist die Reform also von den Kompetenzen von Verkehrsministerium und Bundesrat gedeckt.
Allerdings muss eine Verordnung die Verordnungsermächtigung, auf die sie sich stützt, auch ausdrücklich benennen („Zitiergebot“). In der Präambel der jüngsten Reform fehlt der Verweis auf denjenigen Teil der Verordnungsermächtigung, der die Änderung der Schwellenwerte für Fahrverbote erlaubt. Schäpe erklärt sich das mit Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Verkehrsministerium und Bundesrat: In der Ursprungsfassung der Reform sei es noch nicht nötig gewesen, die Ermächtigung zur Änderung der Fahrverbotsschwellenwerte zu zitieren, weil diese Änderung ja gar nicht vorgesehen war. Als sie später aufgenommen wurde, sei das Zitiergebot wohl schlicht vergessen worden.
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Sind die Änderungen der StVO-Novelle wirksam?
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2. Fehler im Gesetzgebungsverfahren
Zudem stellt sich die Frage nach der allgemeinen Wirksamkeit der StVO-Novelle, vor allem im Hinblick auf die Änderungen bei den Fahrverboten. Diese Zweifel folgen daraus, dass bei der StVO-Novelle das sog. Zitiergebot des GG, das für sie und die sie ändernden VO als Rechtsverordnungen nach Art. 80 GG gilt, verletzt ist (vgl. allgemein zum sog. Zitiergebot BVerfG NVwZ 14, 1219; 20, 220; zur Verletzung des Zitiergebots bei der sog. Schilderwaldnovelle VA 13, 89; Deutscher, VRR 10, 168; Schubert, NZV 11, 369, 373). Dieses (verfassungsrechtliche) Zitiergebot verlangt, dass die dem Erlass einer Verordnung zugrunde liegende Ermächtigungsgrundlage genannt wird. In der 54. ÄnderungsVO der StVO-Novelle 2020 werden aber in der Präambel, 3. Spiegelstrich nur § 26a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 StVG und nicht auch § 26a Abs 1 Nr. 3 StVG genannt. Das wäre für eine Änderung oder Neueinführung von Regelfahrverboten aber erforderlich gewesen.
Fraglich ist, welche Folgen dies hat. Das BVerfG ist bei einem Verstoß gegen das Zitiergebot wegen dessen Funktion streng (NJW 99, 3253, 3256). Danach führt der Verstoß zur Nichtigkeit der Verordnung. Unerheblich ist, dass es sich bei dem Verstoß wahrscheinlich um ein rein redaktionelles Versehen handelt, das seinen Grund im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren hat. Die Änderungen bei den Fahrverboten sind nämlich erst auf Initiative des Bundesrats nachträglich in die Verordnung aufgenommen worden.
https://www.mdr.de/unternehmen/informationen/dokumente/mdr-satzung-verfahren-leistung-rundfunkbeitrag-100.html
Satzung des Mitteldeutschen Rundfunks über das
Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge
vom 24. Oktober 2016
Gemäß Artikel 1 § 9 Abs. 2 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 15. bis 21. Dezember 2010 (Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV) in der Fassung des Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 3. bis 7. Dezember 2015 hat der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) folgende Satzung erlassen:
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Eine weitere Bedeutung des Wortes ist der Consigliere, der für die Mafia, insbesondere die US-amerikanische La Cosa Nostra oder die sizilianische Cosa Nostra tätig wird. Er fungiert dabei im übertragenen Sinne als Stabsstelle des Oberhauptes der Familie und übt in der Regel keine direkte Kommandogewalt aus. Bisher sind nicht mehr als drei aktive Ratgeber pro Familie bekannt geworden.
1. Die Kfz-Fahrer-Eliminierung war untragbar.Ganz offen: Meiner Meinung nach gehört es zum Handwerk eines Gesetzesbastlers, zu sehen, dass sein Gesetz(entwurf) in einen allgemeineren Rahmen eingebettet wird und seine Legitimation nicht nur rein formal durch den schieren Gesetztesbeschluss der Legislative (Bundes- oder Landtag) erhält, sondern auch durch übergeordnete Normen. Dass es ein Zitiergebot auf Normen von Verfassungsrang geben muss, finde ich deshalb sehr logisch. Es muss immer eine Rückbindung oder eine Legitimationskette zurück auf etwas Souveränes geben, etwa auf die Verfassung (Grundgesetz) oder auf den eigentlichen Souverän, das Volk (indirekt via Parlamente, direkt durch Plebiszite).
Dass diese Unvorstellbarkeit im Bundesverkehrsministerium niemand vor Erlass der Verordnung auffiel, ist das Makaberste daran. Gibt es Leute in Verantwortung mit einem Intelligenzquotienten nur noch Nähe Alzheimer?
(2) Die zuständige Landesrundfunkanstalt wird ermächtigt, Einzelheiten des Verfahrens
1. der Anzeigepflicht,
2. zur Leistung des Rundfunkbeitrags, zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht oder zu deren Ermäßigung,
3. der Erfüllung von Auskunfts- und Nachweispflichten,
4. der Kontrolle der Beitragspflicht,
5. der Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen und
6. in den übrigen in diesem Staatsvertrag genannten Fällen
durch Satzung zu regeln. Die Satzung bedarf der Genehmigung der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde und ist in den amtlichen Verkündungsblättern der die Landesrundfunkanstalt tragenden Länder zu veröffentlichen. Die Satzungen der Landesrundfunkanstalten sollen übereinstimmen.
6. : Besteht wirklich vorherige Zustimmungspflicht der Rechtsaufsicht?Es besteht, auch wenn ich nicht der Angesprochene bin, eine ultimative Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle ob der korrekten Verwendung der "staatlichen Beihilfe"; wer immer eine "staatliche Beihilfe" gewährt, hat zu garantieren, daß diese nur zur Realisierung des staatlichen Auftrages verwendet wird und dieses gegenüber Europa auf Verlangen nachzuweisen. Es ist Usus, daß die mißbräuchliche Verwendung einer "staatlichen Beihilfe" vom EuGH schon mal in voller Höhe der mißbräuchlich verwendeten Mittel zurückgefordert wird.
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Wir haben keine "(umfassende) Sachaufsicht" mit Eingriffsrecht - Staatsferne verpflichtet.
Die "(nur) Rechtsaufsicht" kann eigentlich nur eine Rechtsfehler rügende Funktion haben?
§ 9 RBStV - Auskunftsrecht, SatzungsermächtigungDa kommt noch etwas auf die Rechtsaufsicht zu, denn dieser hätte bei richtiger Prüfung auffallen müssen, dass die Einschränkung eines Bundesgesetz nicht möglich bzw. gar nicht zulässig ist. Und ebenfalls das dazu keine Ermächtigung erteilt wurde. Zumindest bleibt dazu die Beantwortung der Vorlagefragen abzuwarten. Also noch etwas um die drei Monate für den General und noch x Tage mehr für den Rest.
https://gesetze.berlin.de/perma?d=jlr-RdFunkBeitrStVtrBEV5P9Zitat von: § 9 RBStV - Auskunftsrecht, Satzungsermächtigung(2) [...] Die Satzung bedarf der Genehmigung der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde und ist in den amtlichen Verkündungsblättern der die Landesrundfunkanstalt tragenden Länder zu veröffentlichen. [...]
Die Genehmigung hätte im Amtsblatt publiziert werden müssen, um für die Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen. Oder?§ 9 RBStV - Auskunftsrecht, SatzungsermächtigungDa kommt noch etwas auf die Rechtsaufsicht zu, denn dieser hätte bei richtiger Prüfung auffallen müssen, dass die Einschränkung eines Bundesgesetz nicht möglich bzw. gar nicht zulässig ist. [...]
https://gesetze.berlin.de/perma?d=jlr-RdFunkBeitrStVtrBEV5P9Zitat von: § 9 RBStV - Auskunftsrecht, Satzungsermächtigung(2) [...] Die Satzung bedarf der Genehmigung der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde und ist in den amtlichen Verkündungsblättern der die Landesrundfunkanstalt tragenden Länder zu veröffentlichen. [...]
Es besteht, auch wenn ich nicht der Angesprochene bin, eine ultimative Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle ob der korrekten Verwendung der "staatlichen Beihilfe"; wer immer eine "staatliche Beihilfe" gewährt, hat zu garantieren, daß diese nur zur Realisierung des staatlichen Auftrages verwendet wird und dieses gegenüber Europa auf Verlangen nachzuweisen.
MAU3. Einschränkung der Staatsferne: Der Satzungs-Vorbehalt ( *neu 2020-07-05)
MAU3.a) Zusammenwirken der Rechtsnormen:
Der "Rundfunkbeitragsstaatsvertrag" wird durch die Zustimmungsgesetze in den einzelnen Bundeslängern zu Landesrecht. Es ist bundeseinheitliches Landesrecht. Die 16 Bundesländer haben also "Bundesrecht von unten her" geschaffen.
MAU3.b) Die Rechtsaufsicht erhielt für dies Rechtsgebiet auch Funktion ähnlich einer Sachaufsicht:
Dort: "§ 9 Auskunftsrecht, Satzungsermächtigung":
"(2) Die zuständige Landesrundfunkanstalt wird ermächtigt, Einzelheiten des Verfahrens
1. der Anzeigepflicht,
2. zur Leistung des Rundfunkbeitrags, zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht oder zu deren Ermäßigung,
3. der Erfüllung von Auskunfts- und Nachweispflichten,
4. der Kontrolle der Beitragspflicht,
5. der Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen und
6. in den übrigen in diesem Staatsvertrag genannten Fällen
durch Satzung zu regeln. Die Satzung bedarf der Genehmigung der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde und ist in den amtlichen Verkündungsblättern der die Landesrundfunkanstalt tragenden Länder zu veröffentlichen. Die Satzungen der Landesrundfunkanstalten sollen übereinstimmen."
MAU3.d) Interessante Besonderheiten bei Mehrländer-Anstalten: x
Die Rechtsaufsicht ist zwar alternierend. Da diese Satzung Jahresperioden übergreift, dürfte dann aber die Zustimmung aller Landesregierungen faktisch erfolgt sein.
Bei Mehrländeranstalten ist die Anstalt wohl immer dem Recht des Sitz-Bundeslandes unterstellt. Beispielsweise sehr konkret der RBB bleibt dem Berliner Landesrecht unterstellt selbst, wenn turnusgemäß die Rechtsaufsicht beim Land Brandenburg liegt.
MAU3.d) Welche Auswirkung hat dies auf den Härtefallantrag für Geringverdiener?
Eine Formalisierung des Nachweises eines "sozialen Härtefalls" für § 4 Abs. 6 Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag wäre zulässig: Siehe oben § 9, dort Abs. 2 Ziffer 2.
Diese bestand (wohl jahrzehntelang) bis etwa 2005: Prüfungspflicht der Sozialbehörden. Diese Möglichkeit wurde sodann aufgehoben. Seither ist es also den Sozialbehörden-Mitarbeitern untersagt: Verbot der "Veruntreuung" (Straftat!) der Sozialbehörden-Ressourcen.
Eine alternative Fixierung der Modalitäten ist seit (etwa) 2005 nie erfolgt. Für das Jahr 2011 hat das Bundesverfassungsgericht dies festgehalten, nämlich in den Schlusssätzen von BVerfG 1 BvR 665/10. So ist es bis heute (2020). Hier lag also die Ermächtigung zum Einbezug in die Satzung im Gesetz vor, wurde aber nicht angewandt.
Da Modalitäten nicht definiert sind, wäre eine Fixierung von Modalitäten - Beispiel "Sozialbescheid-Pflicht") eine unzulässige "Willkür" - wenn man so will, wäre "ultra vires". Sondern es gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass bei Nachweisbedarf eine "nachvollzioehbare Glaubhaftmachung" genügt.
Ob man derartige Privatdaten überhaupt ohne Prüfkommission einliefern muss, ist eine weitere Frage, die die Murksarbeit des Gesetzes zeigt: Das Gesetz ist wegen Rechtsnormen-Kollision für die Prüfung von "sozialen Härtefällen" undurchführbar.
MAU3.e) Von dort zurück zur Rechtsaufsicht:
Da die Rechtsaufsicht diesbezüglich bisher keine Bewilligung erteilen konnte / musste, ist es nun Aufgabe der Rechtsaufsicht der Landesregierungen, den Verzicht auf die sogenannte Bescheidpflicht durchzusetzen. Hat sie hierzu beispielsweise folgende Möglichkeiten?
(1) Strafanzeige gegen Mitwirkende (und Intendanten) wegen Inkasso-Betrug § 263 StGB? (Da muss erst analysiert werden, ob dies rechtlich überhaupt in Betracht kommt.)
(2) Landesrechtlich / Niveau der Exekutive: Aussetzung der Vollstreckung der Rundfunkabgabe, bis für die Vollstreckungsfälle von der "öffentlich-rechtlichen" ARD-Landesanstalt der Nachweis geliefert wird, dass die Härtefallprüfung "Geringverdiener" als "informative Bringschuld" unübersehbar den Bürgern bekannt gemacht wurde, beispielsweise schon in Mahnschreiben.
MAU3.f) Anträge, die diese Möglichkeiten erörtern, liegen den 16 Landesregierungen seit Ende April 2020 vor.
Die Begeisterung der verantwortlichen Mitarbeiter für ein Tätigwerden "hält sich in engen Grenzen", soweit nach bisherigem Befund beurteilbar.
Fortgeltung der Bußgeldkatalog-Verordnung auch nach Erlass der StVO-Novelle vom 20.04.2020
Normenketten:
GG Art. 80 Abs. 1 S. 3
StVG § 24, § 24a, § 25 Abs. 1 S. 1, § 25 Abs. 2a, § 26a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
BKatV § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
OWiG § 4 Abs. 3, § 17, § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 2
StPO § 349 Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei einer vor Inkrafttreten der 54. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.4.2020 [BGBl. I, 814] begangenen, jedoch erst nach deren Inkrafttreten am 28.04.2020 erfolgten Verurteilung wegen einer Abstandsunterschreitung kann bei unverändert vorgesehener Sanktionsfolge dahinstehen, ob aufgrund des fehlenden Zitats der Ermächtigungsgrundlage des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG in der vorgenannten Verordnung ein Verstoß gegen das Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG zu erblicken ist und ob dieser gegebenenfalls die (Teil-) Nichtigkeit der Bußgeldkatalog-Verordnung zur Folge hätte. Denn selbst bei einer Nichtigkeit der 54. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.4.2020 bleibt die Bußgeldkatalog-Verordnung in ihrer bisherigen Fassung weiterhin Grundlage für die Ahndung. (Rn. 7)
2. Die Bußgeldkatalog-Verordnung ist lediglich ein Instrument zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung. Die Rechtsgrundlage für die Verhängung von Geldbußen bzw. die Anordnung von Fahrverboten folgt aber weiterhin unmittelbar aus §§ 24, 24a, 25 StVG i.V.m. § 49 StVO, § 17 OWiG (u.a. Anschluss an BGH, Beschluss vom 28.11.1991 - 4 StR 366/91 = BGHSt 38, 125 = ZfSch 1992, 30 = NJW 1992, 446 = VerkMitt 1992, Nr. 11 = NStZ 1992, 135 = DAR 1992, 69 = NZV 1992, 117 = BGHR StVG § 25 Fahrverbot 1 = VRS 82 [1992], 216; OLG Karlsruhe NZV 1991, 278; OLG Düsseldorf NZV 1991, 398, 399; OLG Saarbrücken NZV 1991, 399, 400; KG, Beschluss vom 27.04.2020 - 3 Ws (B) 49/20 - 122 Ss 19/20 = BeckRS 2020, 18279). (Rn. 11)
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