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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 04. April 2020, 00:35
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Verlinkt wird die Stellungnahme des damaligen Generalanwaltes; die Aussagen des EuGH selbst wurden noch nicht gesichtet und werden hier nachgetragen.
Nach den Ausführungen des Generalanwaltes können parafiskalische Abgabenin Form von Pflichtbeiträgen als Teil einer staatlichen Beihilfe von den Leistungspflichtigen verweigert werden, wenn bei Anmeldung der Beihilfe nicht auf diese Finanzierungweise hingewiesen worden ist.
Aussage zur Rechtssache C-114/91
1. Abgabenpflichtige, die zur Finanzierung von staatlichen Beihilfen bestimmten parafiskalischen Abgaben unterliegen, können der Erhebung derartiger Abgaben entgegentreten und gegebenenfalls ihre Erstattung fordern, wenn
° die Kommission im Rahmen einer aufgrund von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erlassenen Entscheidung die Unvereinbarkeit einer solchen Art der Finanzierung einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt hat;
° die nationalen Stellen derartige Abgaben unter Verstoß gegen den Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages niedergelegten Verpflichtungen zur Anmeldung und zur Nichtdurchführung staatlicher Beihilfen angewendet haben.
Verbundene Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 25. Juni 1992.
Georges Lornoy en Zonen NV und andere gegen Belgischer Staat.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank van eerste aanleg Turnhout - Belgien.
Parafiskalische Abgaben - Pflichtbeiträge zugunsten eines Fonds für die Tiergesundheit und die Tiererzeugung.
Rechtssache C-17/91.
Strafverfahren gegen Gérard Jerôme Claeys.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank van eerste aanleg Ieper - Belgien.
Parafiskalische Abgaben - Pflichtbeiträge zugunsten eines nationalen Amtes für den Absatz von Landwirtschafts- und Gartenbauerzeugnissen.
Rechtssache C-114/91.
Gilbert Demoor en Zonen NV und andere gegen Belgischer Staat.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank van eerste aanleg Brussel - Belgien.
Parafiskalische Abgaben - Pflichtbeiträge zugunsten eines Fonds für die Tiergesundheit und die Tiererzeugung.
Verbundene Rechtssachen C-144/91 und C-145/91.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1585946089759&uri=CELEX:61991CC0017
Das nachstehend bereits bestehende, weiterführende Thema zeigt die vergleichsweise Aktualität dieser Aussagen.
EuGH C-345/02 - Zwangsbeiträge als Teil einer Beihilfe meldepflichtig
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33338.msg204800.html#msg204800
Das dt. Regelwerk zur Finanzierung des dt. ÖRR könnte also trotzdem dem europäischen Rahmenrecht entgegenstehen, wenn die Länder der EU-Kommission nicht explizit mitgeteilt haben, daß auch rundfunkferne Personen zur Finanzierung des ÖRR herangezogen werden, (weil dann eindeutig Pflichbeitrag), und die EU-Kommission keine ausdrückliche Genehmigung für diese Vorgehensweise erteilt hat.
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Soeben in einen Schriftsatz dieser Tage eingefügt:
MES4. Rechtsquellen gegen "Unter-Subventionen".
MES4.a) Beispiel: EuGH / Generanwalt: Rechtssache C-114/91
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1585946089759&uri=CELEX:61991CC0017
- (umzudenken auf die analogen jetzigen Institutionen und Regelungen)
Zitat: " 1. Abgabenpflichtige, die zur Finanzierung von staatlichen Beihilfen bestimmten parafiskalischen Abgaben unterliegen, können der Erhebung derartiger Abgaben entgegentreten und gegebenenfalls ihre Erstattung fordern, wenn
- die Kommission im Rahmen einer aufgrund von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erlassenen Entscheidung die Unvereinbarkeit einer solchen Art der Finanzierung einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt hat;
- die nationalen Stellen derartige Abgaben unter Verstoß gegen den Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages niedergelegten Verpflichtungen zur Anmeldung und zur Nichtdurchführung staatlicher Beihilfen angewendet haben." (Zitatende)
Die Aussage des Generalanwalts gilt - unabhängig vom endgültigen Entscheid. Leider fehlt für die 2 Rechtsgrundlagen die an sich gebotene Klarstellung, ob "und" oder "oder". Mit diesen Details muss sich der "schriftsätzende" Bürger nicht belasten - dafür wird er nicht bezahlt, das ist Sache der superb bezahlten Gegner-Juristen.
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Die nur noch als PDF vorliegende Entscheidung des EuGH zur gleichen Sache wurde gesichtet; die Aussagen gehen punktuell sogar noch über jene des Generalanwaltes hinaus.
Rechtssache C-114/91
http://curia.europa.eu/juris/showPdf.jsf?text=&docid=97922&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=587912
Rn. 20
Schließlich ist festzustellen, daß die Artikel 12, 13 und 95 des Vertrages nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes unmittelbare Wirkung haben und für die einzelnen Rechte begründen, die die nationalen Gerichte zu schützen haben
Rn. 23
Es ist [...] Sache der nationalen Gerichte, die Rechte des einzelnen gegen eine mögliche Verletzung des in Artikel 93 Absatz 3 letzter Satz des Vertrages ausgesprochenen Verbots der Durchführung der Beihilfen, das unmittelbare Wirkung hat, durch die staatlichen Stellen zu schützen.
Wird eine solche Verletzung von einem einzelnen, der hierzu berechtigt ist, geltend gemacht und von den nationalen Gerichten festgestellt, so müssen diese entsprechend ihrem nationalen Recht daraus alle Folgerungen sowohl für die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch für die Wiedereinziehung der gewährten finanziellen Unterstützungen ziehen.
Wenn diese Gerichte insoweit eine Entscheidung treffen, äußern sie sich dabei nicht zur Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt, da für diese abschließende Einschätzung ausschließlich die Kommission — unter der Kontrolle des Gerichtshofes — zuständig ist [...]
Mit "Vertrag" ist in den obigen Zitaten der damalige EWG-Vertrag gemeint
Vertrag von ROM
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:11957E/TXT&from=DE
Die Artikel 12 und 13 betreffen Zölle, Art. 95 betrifft Steuern und Art. 93 Abs 3 letzter Satz lautet:
Art. 93 Abs 3 letzter Satz; Seite 52 der PDF
Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.
Und dieser Satz hat also ebenso unmittelbare Wirkung.
Die entsprechende Aussage findet sich heute in Art. 108 Abs. 3, letzter Satz, AEUV.
Es wäre also zu untersuchen, evtl. nicht in diesem Thema:
ob Änderungen in den Rundfunkstaatsverträgen nach Brüssel gemeldet worden sind,
ob die Kommission dazu jeweils eine Aussage getätigt hat,
ob die Änderungen vor der jeweiligen Aussage der Kommisssion realisiert worden sind oder erst danach,
ob die Meldung darüber erfolgt ist, daß die Beihilfe auch aus Zwangsbeiträgen nichtabgabepflichtiger*** Personen besteht,
...
*** = "nichtabgabepflichtig" im Sinne der europäischen Rahmenkonditionen.
Die nationalen Gerichte sind also verpflichtet, nicht von Brüssel genehmigte Beihilfen einzuziehen; siehe dem 2 Absatz der zitierten Rn. 23.
Leider fehlt für die 2 Rechtsgrundlagen die an sicht gebotene Klarstellung, ob "und" oder "oder".
Das sollte aus Rn. 23 der Entscheidung EuGH C-114/91 erkennen sein.
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Als parafiskalische Abgabe werden im Kontext des europäischen Steuerrechts Steuern bezeichnet, die sowohl für im Inland produzierte als auch für importierte Waren gezahlt werden müssen.
Ihr Ertrag kommt allerdings nur den inländischen Erzeugnissen zugute. Sie gelten somit im Europarecht als „Abgaben gleicher Wirkung“ (wie ein Zoll) nach Artikel 90 EGV. Sie behindern somit den Europäischen Binnenmarkt und sind daher unzulässig.
Quelle: https://www.juraforum.de/lexikon/parafiskalische-abgabe
Der sogn. Rundfunkbeitrag belastet gerade nicht den Import von Waren aus der EU und im EU-Ausland angesiedelte Unternehmen, sondern ausschließlich Bürger mit Wohnsitz im Inland und hier mit Firmensitz niedergelassene Unternehmen für ein innerdeutsches Angebot von ÖRR, das nach Ansicht des BVerfG jedem Bürger und jedem Unternehmen in Deutschland einen Vorteil bietet. Der sogn. Rundfunkbeitrag behindert daher nicht den freien Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt. Der "Beitrag" führt natürlich zur Verteuerung des Wohnens und Wirtschaftens innerhalb Deutschlands. Wohnraum und Geschäftsräume außerhalb Deutschlands werden nicht belastet. Selbst wenn ein Anbieter von Wohn- oder Geschäftsräumen in DE seinen Firmensitz im EU-Ausland hat, wird er nicht belastet, da die Zahlungen nicht durch ihn sondern die jeweiligen Mieter/ Geschäftsinhaber zu leisten sind. Insgesamt kann daher der sogn. Rundfunkbeitrag m. E. nicht als parafiskalische Abgabe im Sinne der Definition betrachtet werden.
M. Boettcher
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Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 26. Juni 2008.
Société Régie Networks gegen Direction de contrôle fiscal Rhône-Alpes Bourgogne.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour administrative d’appel de Lyon - Frankreich.
Staatliche Beihilfen - Beihilferegelung zugunsten von lokalen Radiosendern - Finanzierung durch eine parafiskalische Abgabe auf die Vermarktung von Werbezeiten - Positive Entscheidung der Kommission nach Abschluss der Vorprüfungsphase gemäß Art. 93 Abs. 3 EG-Vertrag (jetzt Art. 88 Abs. 3 EG) - Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein können - Art. 92 Abs. 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 87 Abs. 3 EG) - Berufung auf die Rechtswidrigkeit der Entscheidung - Begründungspflicht - Würdigung des Sachverhalts - Vereinbarkeit der parafiskalischen Abgabe mit dem EG-Vertrag.
Rechtssache C-333/07.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1586017262117&uri=CELEX:62007CC0333
97. [...]
Eine staatliche Beihilfe, die wegen einer ihrer Modalitäten gegen Bestimmungen des EG-Vertrags oder gegen allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts verstößt, darf daher von der Kommission nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden(74) .
– Verpflichtung der Kommission, die Art der Finanzierung zu berücksichtigen
101. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Finanzierung durch eine Abgabe immer dann von der Kommission bei der Beurteilung einer Beihilferegelung zu berücksichtigen, wenn diese Abgabe oder ein Teil von ihr sich als integraler Bestandteil der Beihilferegelung darstellt. Dies ist anzunehmen, wenn zwischen der Abgabe und der Beihilfe ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne besteht, dass das Abgabenaufkommen notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird(78) .