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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 31. Dezember 2019, 21:48

Titel: BVerfGE 20, 162 - Den Medien ist es verwehrt, den Staat in Frage zu stellen
Beitrag von: pinguin am 31. Dezember 2019, 21:48
Rn. 41
Zitat
4. Die Vorschriften über den Landesverrat (§§ 99, 100 StGB) sind "allgemeine Gesetze" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG. [...]

Rn. 119
Zitat
Die Presse genießt im Strafverfahren keine Privilegien; sie muß sich wie jeder Bürger, der durch sein Verhalten den ernsthaften Verdacht einer strafbaren Handlung erweckt, Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgungsorgane gefallen lassen. [...]

Rn. 125
Zitat
Landesverrat bedroht potentiell den Bestand des Staates und rechtfertigt grundsätzlich scharfe Reaktion der Staatsgewalt. Art. 21 Abs. 2 und Art. 91 GG lassen erkennen, daß bei Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland unnachsichtiges Einschreiten auch von der Verfassung her gefordert wird. [...]

BVerfGE 20, 162 - Spiegel
Teilurteil    
des Ersten Senats vom 5. August 1966 auf die mündliche Verhandlung vom 25., 26. und 27. Januar 1966    
-- 1 BvR 586/62, 610/63 und 512/64 --

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv020162.html
Titel: Re: BVerfGE 20, 162 - Den Medien ist es verwehrt, den Staat in Frage zu stellen
Beitrag von: drboe am 01. Januar 2020, 12:10
Ich empfehle dazu wenigstens den Beitrag in der Wikipedia zur sogn. "Spiegel-Affäre" zu lesen, die in Wahrheit eine von vielen Affären des Ministers Franz-Josef Strauß war, eine Regierungskrise auslöste und ein Angriff auf die Pressefreiheit darstellte.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Spiegel-Aff%C3%A4re

Zudem sollte man dem oben erwähnten Urteil des BVerfG ggf. nicht übermäßiges Gewicht beimessen. Die Abweisung der Klage erfolgte seinerzeit nämlich durch die Stimmengleichheit der Richter und es ist sehr fraglich, ob ein Senat des BVerfG heute noch einmal so entscheiden würde. Man muss diese Entscheidung eben auch im Kontext der jeweiligen Situation und u. U. der Zusammensetzung des Senats des BVerfG betrachten. Ich vermute stark, dass der Threadstarter den historischen Kontext nicht (ausreichend) und vermutlich auch nicht aus eigenem Erleben kennt.

Für Auseinandersetzungen mit dem ÖRR, noch dazu Erfolge im Kampf gegen die Wohnungssteuer, eignet sich die Entscheidung daher m. E. praktisch nicht. Noch dazu, weil die Aussage, dass es den Medien verwehrt sei den Staat in Frage zu stellen heute geradezu lächerlich klingt und m. E.  völlig überholt ist, auch angesichts von geradezu regelmäßig offengelegten Skandalen. Sie führt nämlich automatisch zu der Frage: "Warum sollte Kritik an der Handlungsfähigkeit staatlicher Institutionen sakrosankt sein und keine Aufgabe der Medien?" Würde man die Maßstäbe der Entscheidung anlegen, die Medien hätten im Bereich der Bundeswehr nie über die Gorch Fock, über nicht fliegende Hubschrauber, Mängel an Panzern, Gewehren und weiterer Ausrüstung der Bundeswehr berichten dürfen. Wir würden nichts über die Beratermillionen einer Ministerin von der Leyen wissen, Journalisten dürften also die militärischen Auslandseinsätze ebensowenig hinterfragen wie über die Vorratsdatenspeicherung, gesundheitspolitische Maßnahmen, den Verkauf von Wasserwerken, den Hamburger Kessel usw. und zig andere Maßnahmen, die sich in den letzten 70 Jahren teils als echte Sauereien gezeigt haben, berichten. Es bliebe dann nur die Verbreitung von Verlautbarungen und Pressemeldungen der Regierungen und staatlicher Institutionen, also letztlich ein Maulkorb für Journalisten und Wistleblower. Das würde aber die Kontrollfunktion der Presse konterkarieren.

M. Boettcher
Titel: Re: BVerfGE 20, 162 - Den Medien ist es verwehrt, den Staat in Frage zu stellen
Beitrag von: pinguin am 01. Januar 2020, 17:28
@drboe

Es wäre schön, Du würdest mal bei den herausgesuchten Zitaten bleiben, denn um nichts anderes geht es.

Und dann sind wir nämlich auch bei der aktuellen Problematik, wie sie in folgendem Thema diskutiert wird:

WDR-Kinderchor-Lied: "Meine Oma ist ne alte Umweltsau" (Satire?)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32854.msg201573.html#msg201573

Der Herabwürdigung von Personen und Personengruppen durch die Medien ist strafrechtlich relevant, da auch die Medien dem allgemeinen Recht wie dem Strafrecht unterworfen sind; was keiner darf, dürfen auch die Medien nicht.

Ok, der Titel ist evtl. da doch etwas irreführend?
Titel: Re: BVerfGE 20, 162 - Den Medien ist es verwehrt, den Staat in Frage zu stellen
Beitrag von: drboe am 01. Januar 2020, 19:47
Es wäre schön, Du würdest mal bei den herausgesuchten Zitaten bleiben, denn um nichts anderes geht es.
Ich betrachte den Titel des Threads - die Moderation legt bekanntlich erheblichen Wert darauf, bei diesem zu bleiben - und den Kontext des BVerfG-Beschlusses, aus dem die Zitate stammen. Ich war seinerzeit zwar kein regelmäßiger Leser des Spiegel, mit dem Urteil wurde aber die gesamte sogn. Spiegel-Affäre in sämtlichen Presseorganen nochmals breit dargestellt. Dieser Zusammenhang der Zitate steht nun einmal fest, und der legt nahe, dass dies Urteil hier im Forum ziemlich irrelevant ist. Zumal das BVerfG zur Durchsuchung der Räume von Cicero die Rechtswidrigkeit der Maßnahme festgestellt hat. Siehe https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2007/bvg07-021.html Wenn man also auf eine solche Durchsuchung referenziert, sollte man sich bei der Betrachtung auch die Entwicklung der Urteile seit den 1960er Jahren ansehen.

Dass hier eine weitere Diskussion des Nebenkriegsschauplatzes zum dämlichen Liedtext einer "Umweltsau" gestartet werden sollte, kann man dem Threadtitel tatsächlich nicht entnehmen. Zudem ist eine solche Diskussion etwa nützlich wie Fusspilz. Wer die will, ist doch beim Fratzenbuch und dem Gezwitscher gut aufgehoben.

M. Boettcher


Edit "Bürger":
Thread muss moderiert und zu diesem Zweck vorerst geschlossen bleiben.
Bitte etwas Geduld. Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.