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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Aktionen – Alternativen – Erlebnisse => Thema gestartet von: seppl am 15. August 2019, 14:28
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Mehrfach habe ich dem WDR über 'Frag den Staat' als öffentliche Informationsplattform Fragen gestellt, die Bezug zum Rundfunkbeitrag hatten. Konsequent antwortete mir die "WDR Publikumsstelle" mit "Bescheiden". Diese sollen sogar widerspruchsfähig sein.
Merkwürdig hingegen ist der in jedem Bescheid ebenfalls auftauchende Satzbaustein "Jedweder Veröffentlichung dieser Antwort wird widersprochen". Erstens hatte ich ja nun extra eine Anfrage über ein öffentlich einsehbares Portal gestellt, bei dem die Antwort zwangsläufig veröffentlicht werden soll, bzw. eine nicht veröffentlichbare Antwort sinnfrei ist, zweitens habe ich diesen Satz noch in keinem anderen Verwaltungsakt gefunden.
Ich fragte also an, was der Grund dafür sei dies nicht veröffentlichen zu dürfen. Die Publikumsstelle antwortete mit dem Hinweis auf das Urheberrecht. Nun ist das Urheberrecht ja zum Schutz persönlicher geistiger Schöpfung gedacht. Das ist so ziemlich das genaue Gegenteil von Verwaltungsarbeit, bei der sich alles an Rechtsvorschriften zu orientieren hat und "persönlicher geistiger Ausfluss" dort nichts zu suchen hat.
Da man ja zu Anfragen, die etwas problematischer sind, von den LRAen nie Antworten bekommt, die mal positiv ausfallen, nahm ich das Angebot des Widerspruchs an. Ich wollte mal sehen, was dann so kommt. Weiterer geistiger Ausfluss?
Mitnichten! Es kam ein "echter" Widerspruchsbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung vom Justiziariat des WDR formell Handschriftlich unterzeichnet von bekannten "Stars" der WDR- Justiziariatsszene in der von der Klagemöglichkeit vor dem VG Köln gesprochen wurde! Man erinnere sich: Der geistige Ausfluss einer Person soll nun mit einem mal verwaltungsrechtlich verwendbar sein!
Das ist nun schon etwas her, aber ich fand diesen Behördengetue des WDR so anmaßend, dass ich nun Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der beiden Bescheide beim WDR gestellt habe. Aber es ist nicht nur anmaßend: Der WDR nimmt sich heraus, etwas auf den Verwaltungsweg zu verweisen, was von der Stelle "ausfliesst", die nach dem WDR Gesetz § 10 für inhaltliche Publikumsanfragen zuständig ist. Wie wir wissen soll nach Frau Tucholke (Beckscher Komm. z. Rfr.) ja eine strikte Trennung der Verwaltung von der eigentlichen Tätigkeit der Landersrundfunkanstalten gehalten werden. Das ist hier wohl offensichtlich nicht so.
Man kann sich vorstellen, wenn man als ahnungsloser Tropf nun in der Sache an sich vors VG Köln wandert um seine Information zu bekommen: Der Kölner Appellhofplatzklüngel WDR/VG Köln) wird bestimmt einen Weg finden, den kreativen Ausfluss der Publikumsstelle für richtig zu erklären. Wahrscheinlich sogar besser vorbereitet als Justitia: mit "Augen und Ohren zu"... Das der formale Weg irgendwie nicht eingehalten wurde, wird gar nicht bearbeitet.
Ein Bescheid ist nichtig, wenn er von einer Stelle ausgestellt wird, die nicht dazu befugt ist. Ein Widerspruchsbescheid auf einen nicht rechtwirksamen Bescheid ist ebenso nichtig. Anhängend das Schreiben an den WDR, heute per Fax abgesendet.
Textversion:
Westdeutscher Rundfunk
Justiziariat
Appellhofplatz 1
50667 Köln
Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Auskunftsbescheides als Verwaltungsakt vom 19. Oktober 2018 auf meinen Antrag vom 7. September 2018 in Form des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2019 auf meinen am 7. November 2018 erfolgten Widerspruch
Begründung:
In der Sache beschied die Publikumsstelle des WDR meinen Antrag auf amtliche Auskunft zur Handhabung der Gesamtschuldnerschaft entsprechend §§268 ff. AO mit einem Negativbescheid.
Die Publikumsstelle ist laut WDR Gesetz zuständig für Eingaben, Beschwerden und Anregungen zum Programm oder zu Telemedienangeboten (WDR Gesetz § 10 (1), (3)). Mein Antrag war jedoch verwaltungsrechtlicher Natur. Die PS ist dafür nicht zuständig und keine Stelle, die Verwaltungsakte erstellen kann.
Die PS erstellt Bescheide, die – durch einen Satzbaustein kenntlich gemacht - nicht veröffentlicht werden dürfen. Sie sollen der Aussage der PS nach urheberrechtlich geschützt sein. Urheberrecht ist ein Persönlichkeitsrecht und schliesst eine verwaltungsrechtliche bzw. behördliche Tätigkeit aus. Baut ein Bescheid auf persönlicher geistiger Schöpfung auf, ist er aufgrund der strikten Orientierung der öffentlichen Verwaltung an Recht und Gesetz als Verwaltungsakt untauglich.
Es herrscht eine strikte Trennung zwischen der eigentlichen programmlichen Aufgabe des WDR, die vom Verwaltungsverfahren nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz ausgeschlossen ist ( VwVfG NRW §2 (1) und der Verwaltungstätigkeit, die entsprechend der Landesverwaltungsverfahrensgesetze geführt werden soll. (vgl. Tuchokle in Beckscher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4, Aufl. 2018, RBStV § 10 Rn. 33)
Ich erhob fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid. Erst der Widerspruchsbescheid des Justiziariats wies sich mit der Klagemöglichkeit vor dem VG Köln eindeutig als „echter“ Verwaltungsakt aus. Der Widerspruchsbescheid erfolgte aber auf einen Bescheid, der keinen Verwaltungsakt im Sinne des Verwaltungsrechts darstellt und auch nicht von einer dazu berechtigten Abteilung des WDR erstellt wurde. Die Verwaltungstätigkeit der Landesrundfunkanstalten ist bezüglich des Rundfunkbeitrags ausschließlich den anstaltseigenen Beitragsservices und dem ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice Köln vorbehalten.
Es ist daher festzustellen, dass sowohl der Ausgangsbescheid als auch der darauf aufbauende Widerspruchsbescheid nichtig sind. (VwVfG NRW § 44 (1), (5)).
Somit ist mein Antrag bisher nicht bearbeitet worden. Die Auskunftsbescheidung obliegt einer Stelle, deren Entscheidung verwaltungsrechtlichem und nicht geistig-schöpferischen Ursprungs ist und die entsprechend den Regelungen des LandesverwVfG abgewickelt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
vorab per Fax an 00492212208504
PS.: Die "urheberrechtlich geschützten" Bescheide der Publikumsstelle durfte ich natürlich auf "Frag den Staat" veröffentlichen. (Rücksprache mit Herrn Semsrott, Kurzlink: https://fragdenstaat.de/a/33343 ) Kurz habe ich mich allerdings gefragt, ob ich die Ersteller der "öffentlich rechtlichen Kunstwerke" nach urheberrechtlichen Regeln dort nicht doch sogar namentlich nennen müsste... ;) hab ich dann aber gelassen.
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"Frag den Staat" hatte wegen der Veröffentlichung eines Glyphosat-Gutachtens einen ähnlichen Maulkorb erhalten, genauer eine Abmahnung, für die sich die Bundesregierung auf Urheberrecht berief. Das ist aber nach hinten los gegangen. Ein Gutachten dürfte eine größere geistige Leistung beinhalten als die Beantwortung der Frage, wie der sogn. Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bezüglich einiger Details zu verstehen sei. Immerhin müssen die Anstalten das Beitragsrecht ja genau kennen, schließlich wenden sie es ja täglich an.
M. Boettcher
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@seppl
Diese Aussagen sind zweifelhaft, denn schon vor Gericht darfst Du diese Dokumente zur eigenen Verteidigung einbringen können; insofern darfst Du auch damit privat tun, was Dir beliebt? Das Urheberrecht sagt hier nur, daß Du diese Dokumente nicht als Dein eigenes Werk ausgeben darfst.
Die LRA sollten halt einfach wissen, was sie wollen; Dokumente einer Behörde oder behördenähnlichen Struktur sind in jedem Falle publikationsfähig. Die LRA können nur dann mit "Geheimhaltung" punkten, wenn sie eben gerade keine Behörden oder behördenähnlichen Strukturen sind, sondern schlicht Unternehmen im Sinne des Kartellrechts, (siehe BGH KZR 31/14, Rn. 2, 29 & 47); aber selbst dann sind alle ihre Dokumente gerichtsfähig, die sie an sie u. U. mal verklagen wollende Personen/Geschäftspartner versandt haben.
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@pinguin: Das Publikationsverbot der Bescheide ist nur mein gedanklicher Auslöser gewesen. Es geht darum, dass "Kunstwerke" nicht vor dem VG verhandelt werden können. Der Widerspruchsbescheid behandelt den Auskunftsbescheid wie einen Verwaltungsakt, der er nicht ist. Daher die Nichtigkeit beider Bescheide. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass der Beitragsservice antwortet...
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Jedenfalls die Rechtsmittelbelehrung im Widerspruchsbescheid scheint mir ein echtes "Kunstwerk" zu sein:
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 26. Oktober 2007, GVBl. I S. 699, verkündet am 9. November 2007 in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.
Hier kann man die hessische Verordnung nachlesen: http://starweb.hessen.de/starweb/LIS/amtsblaetter.htm (http://starweb.hessen.de/starweb/LIS/amtsblaetter.htm):
wenn man in den drei Ebenen eingibt:
GVBl
2007
23 (S. 693-708)
erhält man das pdf mit der Verordnung. Diese ist aber schon am 31.12.2012 außer Kraft getreten.
Laut Verordnung kann man die elektronisch einzulegende Klage an ein hessisches Rechenzentrum schicken, welches dann die Klage an das zuständige Gericht weiterleitet. Das ist natürlich irreführend, wenn man die Klage bei einem NRW-Gericht einlegen muss.
Wie eine Rechtsmittelbelehrung in NRW aussehen kann, ist in einem Erlass des NRW-Innenministers geregelt:
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=16755&ver=8&val=16755&sg=0&menu=1&vd_back=N (https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=16755&ver=8&val=16755&sg=0&menu=1&vd_back=N)
„Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).“
Deshalb scheint mir die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft zu sein. Das würde bedeuten, dass die Jahresfrist gilt und man den Bescheid noch anfechten kann.
Davon abgesehen halte ich es für unzulässig, wegen eines in Hamburg schwebenden Verfahrens, an dem der NDR und nicht der WDR beteiligt ist, die Auskunft zu verweigern.
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Großes Lob an die Bewohner Absurdistans!
Ihr habt echt gute Ideen.
Ich fürchte aber, daß die Erkenntnisse nur von denen wahrgenommen werden, die eh wußten, daß da was faul ist.
Gibts keine Journalisten, die sowas recherchieren und dann veröffentlichen können, so daß es auch Lieschen Müller versteht, in was für einer Bananenrepublik wir leben?
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Deshalb scheint mir die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft zu sein. Das würde bedeuten, dass die Jahresfrist gilt und man den Bescheid noch anfechten kann.
Lieschen Müller kann meinetwegen einen Bescheid der Publikumsstelle anfechten, wenn ihr die letzte Folge von Rosenherz nicht gefallen hat. Ich halte das für Unsinn, diesen Bescheiden den Charakter von Verwaltungsakten zuzuschreiben. Daher: Nix Anfechtung - Nichtigkeit!
Davon abgesehen halte ich es für unzulässig, wegen eines in Hamburg schwebenden Verfahrens, an dem der NDR und nicht der WDR beteiligt ist, die Auskunft zu verweigern.
Diese Einstellung, nicht antworten zu müssen, weil die Person gerade eine Klage laufen hat, hatte ich auch schon beim NDR. Dabei wird übersehen, dass es gesetzlich vorgegeben ist, diese Klage gegen die LRA zu führen. Die LRAen übersehen, dass sie in diesem Punkt behördlichen Charakter haben, interpretieren die Klage jedoch als Angriff gegen ein Privatunternehmen. Der NDR hat damals auf Nachfrage zurückgerudert und einfach eine andere Begründung gefunden, mir nicht zu antworten...
Ich fürchte aber, daß die Erkenntnisse nur von denen wahrgenommen werden, die eh wußten, daß da was faul ist.
Es kann egal sein, ob die Herren/Damen beim WDR das wissen oder nicht. Meine Anträge stelle ich, weil ich nach Verwaltungsrecht einen Fehler im Verwaltungsweg entdeckt habe.
Zur Sache selbst (Inhalt der Ursprungsanfrage): Es ist interessant, dass der WDR die Antwort darauf verweigert, wie ein Antrag auf Gesamtschuldteilung verwaltungstechnisch gehandhabt wird. Dabei wäre die Antwort so einfach: Es gibt keine Regelung zur Aufteilung. Die Antwort wird aber nicht gegeben, da den Herren/Damen bewusst ist, dass hier eine (Grund)rechtswidrigkeit vorliegt! Man schleicht sich mit halbgaren Ausreden davon...
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Die LRAen übersehen, dass sie in diesem Punkt behördlichen Charakter haben,
Das wird bezweifelt, denn Mischformen sind unzulässig. Sie haben allenfalls öffentlich-rechtlichen Charakter, aber keinen behördlichen, denn dazu müssten sie Behörde sein, was sie wegen ihres Wettbewerbes ob der Unternehmensgleichbehandlung in Europa und Bund weder sind, noch sein dürfen. (Siehe auch BGH KZR 31/14, Rn. 2, 29 & 47).
interpretieren die Klage jedoch als Angriff gegen ein Privatunternehmen.
Was fehl ginge, da es dazu der privaten Rechtsform bedürfte.
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Ihr seid einfach göttlich!
Ich hätte gedacht, daß man den Jungs und Mädels juristisch nicht mehr beikommt.
Falls noch etwas Kleingeld in Höhe z.B. eines Schundfunkbeitrages für diverse Klagen dieser Art gebraucht wird, wäre Z gerne bereit, entsprechede Anzahl von Münzen in ein Porzellanschweinchen zu stecken und Euch zukommen zu lassen, ggf. auch ohne Schweinchen...