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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 04. Dezember 2018, 14:33
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Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG)
§ 31 (1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.[...]
Gesetz über das Bundesverfassungsgericht
(Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG)
https://www.gesetze-im-internet.de/bverfgg/__31.html
Wir haben dieses
Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten hat den Rang eines Bundesgesetzes, (BVerfG - 2 BvR 1481/04 - Rn. 30), und bricht gemäß Art. 31 GG jede Art von Landesrecht, welches sich außerhalb der vom Bund gesetzten Norm bewegt, (BVerfG - 2 BvN 1/95 - Rn. 66).
in Verbindung zu
Leitsatz 1
Zur Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gehört die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung. Sowohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische "Vollstreckung" können gegen Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen.
Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2004/10/rs20041014_2bvr148104.html (http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2004/10/rs20041014_2bvr148104.html)
und wir haben die ungezählten Rundfunkentscheidungen, die offenbar bislang als einzige seitens des Rundfunks und der Behörden wie Gerichte eingehalten werden, weil sie einen überwiegend positiven Inhalt für den Rundfunk haben.
Die Behörden und Gerichte der Länder mißachten das Bundesverfassungsgericht, mißachten damit auch das Rechtsstaatsprinzip, denn zur Bindung an Recht und Gesetz gehört die Einhaltung der EMRK.
Warum bringt keiner der Kläger diese Entscheidungen des BVerfG mit in seiner Klage zur Geltung?
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Soll das heißen, dass die derzeitigen Senate des Bundesverfassungsgerichts bereit wären, sich Beschlüsse früherer Senate zu eigen zu machen und die Entscheidung vom 18. Juli diesen Jahres daher revidieren würden? Träum' weiter!
M. Boettcher
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(...) Warum bringt keiner der Kläger diese Entscheidungen des BVerfG mit in seiner Klage zur Geltung?
Werter user @pinguin,
das Vorbringen dieser Entscheidung des BVerfG wird genau so abgebügelt durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit wie hier in diesem Urteil.
Eine fiktive Person hat den Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG (was EMRK so auch widergibt) in ihrer Klage angesprochen.
Hier nun das Urteil der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Saarlandes vom 16. Januar 2017 mit AZ: 6 K 2061/15 diesbezüglich:
(...) Durch die Erhebung des Rundfunkbeitrags wird des Weiteren nicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
Vgl. VG des Saarlandes, Urteile vom 27.10.2016, a.a.O. und vom 27.11.2014, a.a.O.; BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 -1 BvR 209/83 u.a. -, zitiert nach juris
Dieser Schutzbereich wird durch die Erhebung und Entrichtung eines wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags gemäß § 2 Abs. 1 RBStV nicht berührt.
Die Frage, ob das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die der Erhebung vorgelagerte Verwendung von personenbezogenen Daten (vgl. § 11 RBStV) oder die Übermittlung von Daten der Meldebehörden (vgl. § 14 Abs. 9 Satz 1 RBStV) verletzt wird, berührt dagegen nicht die Beitragspflicht als solche.
Selbst wenn die Regelungen zur Verwendung und Übermittlung personenbezogener Daten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen sollten, hätte dies nicht die Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags selbst in § 2 Abs. 1 RBStV zur Folge.
Vgl. VG des Saarlandes, Urteile vom 27.10.2016, a.a.O. und vom 27.11.2014, a_a.O.
>:( Hervorhebungen nicht im Original!
Bild dir deine Meinung!
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Vielleicht muss deshalb eine vorsätzliche Rechtsbeugung eines VG angenommen werden.
Es kann sicherlich sein, dass eine Erhebung nicht die Absicht hat, dieses Recht zu verletzen, es ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Verletzung vorliegt, wenn die notwendigen Mittel für die Selbstbestimmung nicht mehr - auch nicht zur freien Wahl - zur Verfügung stehen. Es liegt somit eine Kollision vor, welche das VG Saarland nicht aufzulösen bereit ist.
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Soll das heißen, dass die derzeitigen Senate des Bundesverfassungsgerichts bereit wären, sich Beschlüsse früherer Senate zu eigen zu machen und die Entscheidung vom 18. Juli diesen Jahres daher revidieren würden?
Nein, wieso? Die EMRK, bspw., war ja nicht Gegenstand der Klagen? Und irgendetwas wiederrufen hat das BVerfG nicht; nur weil das BVerfG den Rundfunkbeitrag als mit dem Grundgesetz übereinstimmend befand, heißt das doch noch lange nicht, dass andere Entscheidungen des BVerfG deswegen nicht mehr eingehalten werden müssten.
@Marga
Selbst wenn die Regelungen zur Verwendung und Übermittlung personenbezogener Daten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen sollten, hätte dies nicht die Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags selbst in § 2 Abs. 1 RBStV zur Folge.
Hier im Land Brandenburg Verfassungsrecht:
EMRK
Artikel 8
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Zusatzprotokoll Nr. 4
Artikel 1
Verbot der Freiheitsentziehung wegen Schulden
Niemandem darf die Freiheit allein deshalb entzogen werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.
(Für den Fall, daß das Verhältnis zwischen ÖRR und Bürger ein öffentlich-rechtlicher Vertrag wäre).
Zur Achtung des Privatlebens gehört auch, zu respektieren, wenn jemand mit diesem Rundfunkmüll nix zu tun haben will.
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Nein, wieso? Die EMRK, bspw., war ja nicht Gegenstand der Klagen? Und irgendetwas wiederrufen hat das BVerfG nicht; nur weil das BVerfG den Rundfunkbeitrag als mit dem Grundgesetz übereinstimmend befand, heißt das doch noch lange nicht, dass andere Entscheidungen des BVerfG deswegen nicht mehr eingehalten werden müssten.
In dem oben verlinkten Beschluss des BVerfG heisst es in den Leitsätzen:
1. Zur Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gehört die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung. Sowohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische "Vollstreckung" können gegen Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen.
2. Bei der Berücksichtigung von Entscheidungen des Gerichtshofs haben die staatlichen Organe die Auswirkungen auf die nationale Rechtsordnung in ihre Rechtsanwendung einzubeziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei dem einschlägigen nationalen Recht um ein ausbalanciertes Teilsystem des innerstaatlichen Rechts handelt, das verschiedene Grundrechtspositionen miteinander zum Ausgleich bringen will.
Nun will das BVerfG selbst aber nicht "Vorlagegericht" sein, scheint sich also um die Gewährleistung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte selbst nicht sonderlich zu sorgen, was man unschwer als Verweigerung eines fairen Verfahrens betrachten kann. U. a. mit dem Argument soll ja vor dem EGMR geklagt werden. Zudem kann man diese Aussage des BVerfG getrost als Ankündigung nehmen, dass sich das BVerfG auch künftig nicht als "Vorlagegericht" betrachten wird, so dass bereits heute fraglich ist, ob das Gericht jemals zur Garantie der Menschenrechte und Grundfreiheiten zurückfinden wird. Im Zusammenhang mit der Sicherungsverwahrung musst sich das BVerfG ja mehrfach vom EuGH korrigieren lassen. Solche Schmach will man künftig wohl vermeiden. Wenn heute ein Gericht oder eine Behörde sich auf die Billigung des sogn. Rundfunkbeitrags durch den aktuellen Beschluss des BVerfG vom Juli 2018 beruft, so wird man mit der Behauptung, solches Handeln oder ein Urteil auf dieser Grundlage wäre eine Missachtung des BVerfG selbst beim BVerfG selbst wohl kaum durchdringen.
M. Boettcher