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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 02. Oktober 2018, 19:22
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... heißt es doch in der aktuellen Rundfunkentscheidung des BVerfG?
Genauer heißt es in der Entscheidung des
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 - Rn. (1-157),
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html
unter Rn 111
[...] Auf keinen Fall dürfen die Gesetzgeber aber von derselben Person Beiträge für die Möglichkeit der Rundfunknutzung über die Erhebung eines insgesamt vollen Beitrags hinaus verlangen.
Nun nehmen wir doch mal den Fall, dass es nicht um Zweitwohnungen geht, sondern um den Geschäftsinhaber/die Geschäftsinhaberin, der/die alleine in seinem/ihrem Kleinunternehmen steht, für seine/ihre private Wohnung Rundfunkbeitrag leistet, weil er/sie bspw. Rundfunk nutzt, aber einen außerhalb seiner/ihrer Wohnung befindlichen Geschäftsraum für sein/ihr Kleinunternehmen nutzt und nehmen wir an, er/sie hat keine Mitarbeiter/innen.
Dann dürfte doch für den Geschäftsraum außerhab der Wohnung kein weiterer Rundfunkbeitrag zu leisten sein?
Edit "Bürger":
Zitat/ Quelle mussten der Korrektheit wegen ergänzt werden.
Bitte nicht nur sinngemäße, im dümmsten Fall falsch wiedergegebene und damit irreführende, sondern - da unschwer verfügbar - wortgetreue Zitate und diese dann gem. Forum-Regeln (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,5770.0.html) mit Quellenangaben und Link versehen.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
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Jeder hat nur 1 Rundfunkbeitrag zu leisten
Genau das ist nicht der Fall. Nach einem Gespräch am Wochenende mit einem Masseur, der seine Massagepraxis innerhalb der Wohnung integriert hat, und den Rundfunkbeitrag für die Praxis und privat, also zweimal bezahlen muss.
Ich habe ihn dahingehend aufgekärt, dass nur ein Beitrag zu bezahlen ist, und er sich mit der LRA in Verbindung setzten soll.
Diese Situation dürfte sehr oft der Fall sein:
Steuerberater, Friseure, kleinere Dienstleistungsbetriebe die einen Büroraum innerhalb der Wohnung eingerichtet haben.
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§ 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV "Rundfunkbeitrag im nicht-privaten Bereich"
http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/RBeitrStV-5?AspxAutoDetectCookieSupport=1
(5) Ein Rundfunkbeitrag nach Absatz 1 ist nicht zu entrichten für Betriebsstätten
[...]
3. die sich innerhalb einer beitragspflichtigen Wohnung befinden, für die bereits ein
Rundfunkbeitrag entrichtet wird.
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Das wissen anscheinend sehr viele nicht, dass sie in dieser Situation nur einen - total überzogenen - Zwangsbeitrag bezahlen müssen >:(
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Das wissen anscheinend sehr viele nicht, [...]
Welcher (Klein)-Gewerbetreibende hat die Zeit, sich damit zu befassen? Der Tag hat nur 24 Stunden.
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Bitte unterscheiden:
Die Eingangsfrage bezog sich auf eine außerhalb der Wohnung liegende Betriebsstätte.
Für diese besteht gem. RBStV und auch nach der neuerlichen BVerfG-Entscheidung eine (weitere) "Rundfunkbeitragspflicht".
Für den zwischenzeitlich kommentierten Fall der Betriebsstätte innerhalb der Wohnung besteht - wie oben bereits zitiert und sofern kein "nicht ausschließlich privat genutztes KFZ" vorhanden ist - gem. RBStV keine weitere "Rundfunkbeitragspflicht".
Das BVerfG thematisiert diese Situation augenscheinlich nicht...
...und verstrickt sich somit in weitere Widersprüche, denn es argumentiert bei den Betriebsstätten und "nicht ausschließlich privat genutzten KFZ" mit einem in diesem Falle über den "privat zurechenbaren Vorteil" hinzukommenden "wirtschaftlichen Vorteil" für das Unternehmen der Betriebsstätte.
Siehe Rn 112 und 113
112
3. Im nicht privaten Bereich verstoßen weder die Beitragspflicht für Betriebsstätten noch die Beitragspflicht für nicht zu ausschließlich privaten Zwecken genutzte Kraftfahrzeuge gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit. Die Möglichkeit des Rundfunkempfangs vermittelt einen Vorteil (a), der den Inhabern von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen zurechenbar (b) und gesetzlich belastungsgleich erfasst ist (c).
113
a) aa) Auch Inhabern von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen wird durch das Rundfunkangebot ein Vorteil zuteil, der ihre Inanspruchnahme mit Rundfunkbeiträgen rechtfertigt. Die Möglichkeit der Mediennutzung weist einen betrieblichen Bezug auf, der dem unternehmerischen Wirken zu Erwerbszwecken zugutekommt (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12 -, NJW 2014, S. 3215 <3218 Rn. 81>). Die Beitragsschuldner können sich aus dem Rundfunkangebot Informationen für den Betrieb beschaffen sowie das Rundfunkangebot zur Information oder Unterhaltung ihrer Beschäftigten und ihrer Kundschaft nutzen (vgl. BVerwGE 156, 358 <367 Rn. 29>; VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, NVwZ 2015, S. 64 <73>). Diese andere Vorteilslage rechtfertigt die gesonderte Inanspruchnahme von Betriebsstätteninhabern und Inhabern betrieblich genutzter Kraftfahrzeuge neben der Beitragspflicht im privaten Bereich.
Quelle: BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html
Weshalb dieser "wirtschaftliche Vorteil für das Unternehmen" jedoch entfallen soll, wenn die Betriebsstätte in der Wohnung liegt und nicht noch ein "nicht ausschließlich zu privaten Zwecken genutztes KFZ" vorhanden ist, wird nicht behandelt, obwohl die Ungleichbehandlung offenkundig ist.
Ebenso könnte mit der Aussage
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 - Rn. (1-157),
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html
unter Rn 111
[...] Auf keinen Fall dürfen die Gesetzgeber aber von derselben Person Beiträge für die Möglichkeit der Rundfunknutzung über die Erhebung eines insgesamt vollen Beitrags hinaus verlangen.
die Frage aufgeworfen werden, inwiefern "von derselben Person" über diesen "einen insgesamt vollen Beitrag" hinausgehende weitere "Rundfunkbeitragsanteile", die sich in faktisch allen Produkt- und Dienstleistungspreisen bis hin zu behördlichen Gebühren niederschlagen, überhaupt "verlangt" werden dürfen...
Im Endeffekt zahlt doch jeder - selbst der Nichtzahler - in jeglichen Preisen und Gebühren beinhaltete Rundfunkbeitragsanteile der privaten und öffentlichen "Betriebsstätten" und "KFZ".
Dies lässt sich zwar im Einzelnen schwer beziffnern - im Großen und Ganzen lässt sich aber wohl sagen, dass der Jahres-Gesamtetat von über 8 Millarden Euro schlussendlich ausschließlich auf dem Verbraucher/ Steuerzahler/ Nichtsteuerzahler/ Bürger lastet.
Die "Mehrfachzahlung" ist systemimmanent...
...und will mit eingangs zitierter Floskel vom BVerfG vertuscht werden - wie so vieles andere auch.
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Wie verhält sich das mit 1x dann, wenn die Betriebsstätte von X in der Wohnung von Y ist. Möglicherweise muss das anders betrachtet werden, vielleicht auch nicht in diesem Thema, aber wer zahlt dann einmal den Beitrag? Beide, X oder Y und wenn wer zahlt wieviel?
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Dann dürfte doch für den Geschäftsraum außerhab der Wohnung kein weiterer Rundfunkbeitrag zu leisten sein?
Wenn man das so konstruiert, dass die Geschäftsräume die Zweitwohnung ist (=kein Beitrag) und in der Zweitwohnung dann die Räumlichkeit für den gewerblichen Betrieb genutzt wird, dann ist auf jeden Fall keine Rundfunkgebühr fällig. Eventuell muss noch ein rein privater Raum vorhanden sein als Rechtfertigung für die Zweitwohnung (reicht da das WC?).
Es lebe die Verwaltungsvereinfachung!!! (Wie simpel wäre es doch steuerfinanziert)
PS:
Es kann natürlich sein dass dieses Konstrukt steuerliche Nachteile hat, die den Rundfunkbeitrag bei weitem übersteigen.
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Man muss unterscheiden, ob sich die Ausführungen im Urteil auf Wohnungen oder Geschäftsräume beziehen. Das BVerfG hat die Erhebung von "Rundfunkbeiträgen" als verfassungskonform definiert und lediglich mehrfache Zahlungen für Wohnungen (!) durch eine Person als unzulässig bezeichnet. Daraus lässt sich nicht schließen, dass der privat für eine Wohnung Zahlende als Eigner eines Unternehmens für dessen Geschäftsräume nicht zahlen müsste. Ebenso wenig lassen sich andere Konstellationen, als die vom BVerfG erklärte Ausnahme von der Verfassungskonformität, als befreit betrachten. Andernfalls hätte das BVerfG dies im Urteil ausgeführt.
Zu den hier für Geschäftsräume in der Wohnung erstellten Antworten, auf die der Eingangsbeitrag gar nicht abhebt: Da für Geschäftsräume in der Wohnung keine Beitragspflicht besteht, muss man keinen weiteren "Beitrag" für diese zahlen. Allerdings besteht eine "Beitragspflicht für geschäftlich genutzte Fahrzeuge mit der Besonderheit, dass es kein erstes Fahrzeug gibt, für das nicht gezahlt werden muss, da diese Befreiung nur im Zusammenhang mit der Zahlung für Unternehmen im Gesetz steht. D. h., dass z. B. der Freiberufler, der für seine Tätigkeit ein eigenes Fahrzeug nutzt, für dieses zahlen muss. Wobei es auf die Rechtsform des Unternehmens wohl nicht ankommt. Mir ist eine GmbH bekannt, die ihren Sitz und die Geschäftsräume im Wohnhaus des GF hat. Er zahlt für die Wohnung einen Beitrag und nicht für das Unternehmen. Allerdings besitzt das Unternehmen drei Fahrzeuge, für die je 1/3 Beitrag fällig wird. Würde er für das Unternehmen zahlen, so würde dafür 1/3 Beitrag fällig, das erste Fahrzeug wäre frei, für die beiden nächsten müsste aber je 1/3 Beitrag gezahlt werden. Erkennbar zahlt er in beiden Fällen 2 Beiträge. Lohnen würde sich das erst, wenn bei mehr als 8 Angestellten nicht gezahlt wird. Z. B., wenn man mehr als 8 Außendienstler, Reinigungskräfte etc. vom Wohnhaus aus führt und keine weiteren Geschäftsräume benötigt.
Nebenbei: ich bin immer noch vor allem daran interessiert, den sogn. Rundfunkbeitrag zu beseitigen. Zumal ich ihn, allen Verrenkungen der Richter des BVerfG zum Trotz, weiterhin für verfassungswidrig halte. Konstruktionen, die eine auch nur theoretische Ausweitung der Reichweite des rein politischen Urteils des BVerfG ermöglichen könnten, sind letztlich schon deshalb uninteressant, als sie im Fall der Wirksamkeit einen exotisch kleinen Teil der Bevölkerung betreffen würden. Wobei ich vermutlich nie Teil einer so fast krampfhaft konstruierten Gruppe wäre, da ich eher der Typ Durchschnittsbürger bin.
M. Boettcher