gez-boykott.de::Forum
Aktuelles => Aktuelles => Thema gestartet von: ChrisLPZ am 24. Februar 2018, 12:52
-
BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache 21/12061, 16.02.2018
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien
über die Selbstbefassung „Telemedienauftrag“
I. Vorbemerkung
Der Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien hatte die Selbstbefassung auf Antrag der SPD-Abgeordneten in seiner Sitzung am 11. Juli 2017 nach § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft einstimmig beschlossen und am 19. Dezember 2017 abschließend beraten.
II. Beratungsinhalt
Die SPD-Abgeordneten begründeten ihren Wu nsch, das Thema zu besprechen. Die Bürgerschaft habe in der vorangegange nen Wahlperiode einen grundsätzlichen Beschluss zum Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien im Zeitalter der Digitalisierung gefasst. Der Prozess der Anpassung habe die Wahlperiode überdauert und der Senat verfolge den Auftrag weiter. Die SPD-Abgeordneten wiesen auf die aktuelle Diskussion hin. Darum wünschten sie, über den Sachstand und die verschiedenen Linien der Diskussion informiert zu werden.
Die Senatsvertreterinnen und -vertreter berichteten, die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hätten im Oktober 2013 und im Oktober 2014 das gemeinsame Ziel definiert, den sogenannten Telemedienauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu novellieren. Hinter dem Ausdruck verberge sich die Frage danach, was die öffentlich-rechtlichen Anstalten im Netz t un dürften. In der alten Medienwelt habe es einerseits eine privatwirtschaftlich organi sierte Presse gegeben, die in ihrem eigenen Marktsegment mit dem Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften ein klares Geschäftsmodell gehabt habe. Andererseits ha be es mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten einen Markt im Bereich der audiovisuellen Kommunikation gegeben. Diese beiden Bereiche träfen inzwischen mit ihren Angeboten im Netz aufeinander und sei- en im Zuge der medialen Konvergenz nicht mehr ohne weiteres zu unterscheiden. Denn die öffentlich-rechtlichen Anstalte n könnten Textangebote präsentieren und die Presse könne bewegte Bilder anbieten.
Im Zuge dessen gebe es eine Reihe von Abgrenzungskriterien, die seinerzeit fe stgelegt worden seien und bei denen es maß- geblich um die beihilferechtliche Bewertung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksys- tems und damit seiner europarechtlichen Zulässigkeit gehe. Eines der bekanntesten Beispiele sei die Beschränkung, innerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems regel- mäßig Inhalte nur sieben Tage in den Mediatheken vorzuhalten, um nicht in Konkur- renz zu anderen Medienangeboten zu treten und den Medienmarkt nicht über Gebühr aus beitragsfinanzierten Angeboten einseitig vorzustrukturieren. Darüber hinaus gebe es Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Umgang mit presseähnlichen Angeboten. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten hätten ihre Angebote kostenfrei anzubieten, da sie beitragsfinanziert seien.
Die Printmedien hingegen hätten ein Interesse daran, Bezahlmodelle zu implementieren. Die Verleger hätten im Zusammenhang mit der Frage der so entstehenden Konkurrenzsit uation zahlreiche Interventionen unternommen. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter wiesen auf eine Verfassungsrechtsprechung hin, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine sogenannte Entwicklungsgarantie zuspreche. Denn es könne nicht richtig sein, ihn auf Dauer auf Verbreitungsangebote festzulegen, die letztlich dazu führen würden, dass er am Markt obsolet werde. Bei diesem Urteil sei eine auskömmliche Finanzierung ein weiterer Aspekt. Die Länder seien vor diesem Hintergrund gefordert zu überlegen, welche Möglichkeiten auf neuen digitalen Vertriebswegen bestünden, ein öff entlich-rechtliches Angebot empfangbar zu machen. Darüber sei in einer Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Bundeslandes Sachsen- Anhalt ausführlich diskutiert worden.
Eine Vielzahl von Veränderungen sei erörtert worden, unter anderem zur sogenannten Sieben- Tage-Regelung, zur Klassifizierung von sendungsbezogenen und nicht sendungsbezogenen Inhalten, zu der Möglichkeit, Angebote vor ihrer Ausstrahlung im linearen Fernsehen in der Mediathek vorzuhalten, zur Beauftragung eigenständiger audiovisueller Inhalte, die nicht für das lineare Fern- sehen, sondern primär für das Netz pr oduziert würden, zur Nutzung sogenannter Drittplattformen, zur Bereitstellung von Angebot en in der Mediathek, die nicht von den Anstalten selbst produziert worden seien, zu der Frage, ob Fußballspiele länger als 24 Stunden auf der Mediathek vorgehalten we rden dürften sowie zur Präzisierung der Norm zur sogenannten Presseähnlichkeit. Im Kreis der Länder habe lange Zeit Einig- keit darüber geherrscht, zu einer moderaten Weiterentwicklung in den verschiedenen Bereichen zu kommen.
Ziel sei es, die öffentlich-rechtlichen Anstalten in die Lage zu versetzen, ihr Publikum unter veränderten medialen Rahmenbedingungen zu finden. Im Kreis der Länder sei ein ursprünglich ko nsentierter Vorschlag entwickelt worden, der allerdings nicht mehr Konsens gewesen sei, als er zur Beratung angestanden habe, weil das Land Sachsen-Anhalt einen veränderten Vorschlag in die Beratung der Rundfunkkommission eingebracht habe. De rzeit werde im Kreis der Länder daran gearbeitet, erneut einen gemeinsamen Vorschl ag einzubringen. Die Ministerpräsiden- tinnen und Ministerpräsidenten hätten vereinbart, auf ihrer Sitzung am 31. Januar 2018 über einen gemeinsamen Vorschlag zur Veränderung des Telemedienauftrags zu beraten, der Teil des 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrags werden solle. Dieser solle insgesamt ein Modernisierungsstaat svertrag werden, der sich grundlegend mit den Fragen von Strukturen und Auftrag des öffentlich-r echtlichen Rundfunksystems, des Telemedienauftrags und der medienre gulatorischen Einbindung von Plattformen und digitalen Mittlern auseinandersetze.
Die Länder seien gehalten, in einem klugen Abwägungsprozess einerseits dafür zu sorgen, dass private Medienangebote Mög- lichkeiten am Markt fänden, sich refinanzieren zu können, und andererseits zu verhin- dern, dass das öffentlich-rechtliche Rundfun ksystem sein Publikum nicht mehr errei- che und in seinem Bestand gefährdet we rde, weil es bestimmte Verbreitungswege nicht mehr nutzen dürfe. Die SPD-Abgeordneten sprachen den Begriff der Presseähnlichkeit an. Er stelle den Versuch dar, einen Begriff aus der analogen Welt in die digitale Welt zu übertragen. Es sei zu fragen, wie zeitgemäß er noch sei.
Die SPD-Abgeordneten fragten, wie eng der Begriff gefasst werde. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter hiel ten den Begriff noch für zeitgemäß, weil er die Abgrenzung zwischen zwei unterschiedlichen und untereinander in Konkurrenz befindlichen Systemen markiere. Er sei nicht mehr zeitgemäß, wenn er in einem aus- schließlichen Sinne verwendet werde. Im Kreis der Länder sei die Frage zu diskutie- ren, ob es einen Punkt gebe, an dem sich das öffentlich-rechtliche als im Kern audio- visuelles Angebot so weit von seinem Kern entferne, dass es in problematischer Wei- se in die Marktmöglichkeiten privater Anbieter hineinreiche. Die Frage sei zu einem Zeitpunkt aktuell, zu dem noch nicht klar se i, wie sich Marktanteile auf neuen Plattfor- men verteilten.
Der Begriff der Presseähnlichkeit dürfe nicht mit einer Ausschließlichkeit ausgelegt werden, die die Veröff entlichung sendungsbezogener Inhalte, bei- spielsweise Transkripte von Sendungen, im Ne tz verhindern würde. Allerdings bedürfe es einer rechtlichen Abgrenzung hinsichtlic h der Frage, ob die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihr Korrespondentennetz nutzten, um eigenständige Textbeiträge zu produ- zieren. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter nannten die im Rundfunkstaatsvertrag festge- legte und bisher gültige Legaldefinition des Begriffs der Presseähnlichkeit: Ein pres- seähnliches Angebot seien nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, son- dern alle journalistisch redaktionell-gestal teten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprächen. Dieser Begriff sei seinerzeit politisch schwierig zu verhandeln gewesen. Er habe nicht zu einem Rechtsfrieden geführt. In den aktuellen Verhandlungen sei er nicht vollständig ausgetauscht worden. Vielmehr sei versucht worden, an anderen Stellen für mehr Klarheit zu sorgen.
Der Begriff sei dahin gehend angepasst worden, dass alle Angebote als presseähnlich zu betrachten seien, die in Gestaltung und Inhalt gedr uckten Zeitungen und Zeitschriften entsprä- chen. Mit der Klarstellung sei angestrebt worden, das Urteil des Bundesgerichtshofes in der Sache Tagesschau-App umzusetzen. Die Definition müsse im Zusammenhang mit der Regelung des Rundfunkstaatsvertrags , Paragraf 11d, gesehen werden. Der Vorschlag zu dieser Regelung, der ursp rünglich der Rundfunkkommission vorgelegt worden sei, habe vorgesehen, dass Teleme dienangebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht presseähnlich sein dürften. Sie seien presseähnlich, wenn die Tele- medien, die überwiegend Text und Bild enthielten und keinen Bezug zu einer Sen- dung hätten, die Telemedien überwiegen würden, die einen Bezug zu einer Sendung auswiesen, überwiegend Ton, Bewegtbild oder internetspezifische Gestaltungsmittel enthielten oder Angebotsübersichten, Schl agzeilen, Informationen über die jeweilige Anstalt und Maßnahmen zum Zweck der Barrierefreiheit beinhalteten. Die Norm sehe also eine Abwägung der verschiedenen Anteile am gesamten Angebot vor. Derzeit werde über die Formulierung diskutiert.
Der Vorschlag des Landes Sachsen-Anhalt sehe eine strengere Regelung gegenüber der Presse vor, indem ihre Angebote nicht im Schwerpunkt audiovisuell oder auditiv sein dürften. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erklärten, die Tagesschau-App sei ein anschauliches Beispiel für eine nicht press eähnliche Gestaltung eines Angebots. Dies werde schon an der Startseite deutlich, die lediglich Überschriften enthalte, über die die Inhalte aufgerufen werden könnten. Eine St artseite, auf der Texte präsentiert wür- den, deute auf eine Konkurrenz zu Angeboten der Presse hin. Für die Abwägung, ob ein Angebot presseähnlich sei, könnten ni cht einfach Vorgaben in Prozenten gemacht werden. Vielmehr müsse eine Abwägung vo rgenommen werden. Die Senatsvertrete- rinnen und -vertreter meinten, hier könn e von einer „regulatorischen Brückentechnolo- gie“ gesprochen werden. Denn es sei zu erwarten, dass die Ang ebote in 15 bis 20 Jahren weniger unterscheidbar sein würden.
Anhand eines Beispiels wiesen die Senatsvertreterinnen und -vertreter auf eine entsprechende Entwicklung hin. Künftig werde eine Unterscheidung eher über die Organisationsform und die qualitative Gestaltung des Inhalts erfolgen. Im Kreis der Länder müsse über Auftrag, Organisati- on und Struktur des öffentlich-rechtl ichen Systems gesprochen werden. Die SPD-Abgeordneten stellten fest, dass da s öffentlich-rechtliche Rundfunksystem Gegenstand einer stark juristisch geprägt en Debatte sei. In einem hoch dynamischen Umfeld mit einer wachsenden Zahl an Medienangeboten werde darüber diskutiert, welche seiner Angebote zulässig seien.
Es müsse die Frage gestellt werden, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk in diesem Wettbewerbsumfeld mittelfristig überhaupt noch eine Zukunft habe, wenn jedes seiner Angebote auf der Grundlage der erläuter- ten Regelungen juristisch überprüft werde. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter führ ten aus, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei seinerzeit etabliert worden, weil nur wenige Frequenzen hätten vergeben werden können und weil ein Interesse an einer nicht marktwirtschaftliche Kontrolle der Nut- zung dieser Frequenzen in der Verbreitung von Radio- und Fernsehangeboten bestanden habe. Viele Jahre lang habe es ausschließlich öffentlich-rechtliche Angebo- te in Deutschland gegeben. Erst in den 1980 er-Jahren seien private Sender hinzuge- kommen. Im Laufe der Zeit, insbesondere se it der Etablierung digitaler Technologien habe sich dieser Begründungszusammenhang für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erübrigt. Es gehe nicht mehr um die Verteilung eines knappen Gutes. Vielmehr hätten die Menschen inzwischen weltweit Zugang zu einer Vielzahl von Angeboten. Seit Langem bestehe Konsens in der Absicht, ein duales Rundfunk- und Mediensystem zu haben.
Dies sei auch höchstrichterlich bestätigt. Auf der einen Seite gebe es ein Organisationsprinzip von Öffentlichkeit über privatwirtschaftliche Organisationen, deren Geschäftsmodell es sei, die gesamt e Bandbreite von Medieninhalten finanzie- ren und refinanzieren zu können. Auf der an deren Seite solle das öffentlich-rechtliche Angebot beibehalten werden, um einen qua litativen Wettbewerb zwischen den ver- schiedenen Angeboten aufrechtz uerhalten. Im europarec htlichen Kontext seien bestimmte Kautelen zu berücksichtigen, um ein beitragsfinanziertes Modell in einem Marktsegment zu erhalten, in dem es pr ivatwirtschaftliche Angebote gebe, ohne dass es aus beihilferechtlichen Gründen als unzulässig gelte. Daraus erwüchsen viele der detaillierten rechtlichen regulatorischen Vo rgaben. Wie die Zukunft des öffentlich- rechtlichen Rundfunksystems aussehen kö nne, werde in einer weiteren Arbeitsge- meinschaft der Rundfunkkommission disk utiert.
Dort habe Hamburg den Vorschlag gemacht, künftig nicht mehr kleinteilig einzelne Programmangeb ote vorzugeben, son- dern in der Auftragsdefinition des Rundfunk staatsvertrages bestimmte qualitativ inhalt- liche Benchmarks für die zu produzierenden Inhalte zu entwickeln und darüber hinaus den Anstalten ein Budget für die Produktion und Distribution dieser Inhalte nach angemessenen Marktstandards zu geben. Die Kontrolle der Erfüllung des Auftrags würde durch Aufsichtsgremien der jeweili gen Anstalten wahrgenommen. Damit sei allerdings verbunden, dass die Politik auf ihre derzeit gegebene, sehr detaillierte Vor- gabefunktion verzichte. Dieses Szenario bewerteten die Senatsvertreterinnen und -vertreter als plausibel. Sofern die entsprechenden Aufsichtsgremien eingerichtet wür- den, sei eine solche Entwicklung im Rahmen der Entwicklungsgarantien, die das Ver- fassungsgericht ausgesprochen habe, denkbar.
Die Diskussion im Kreis der Länder über die Zukunft der Anstalten sei nicht abgeschlossen. Die SPD-Abgeordneten stellten die Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk der sich schnell verändernden Nachfrage folgen könne. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter me inten, der öffentlich-rechtliche Rundfunk könne der Entwicklung folgen, wenn die Rahmenbedingungen verändert würden. Der- zeit liege die durchschnittliche Dauer des Fernsehkonsums bei vier Stunden. An dem hohen Fernsehkonsum hätten nicht nur ältere Zuschauerinnen und Zuschauer Anteil. Auch bei jüngeren Zielgruppen liege der Anteil des Fernsehkonsums höher als der des Internetkonsums. Noch sei Fernsehen das Leitmedium. Es sei zu erwarten, dass sich dies in der Zukunft ändere. Hamburg setze sich im Kreis der Länder dafür ein, die Zeit bis dahin zu nutzen, um die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass die Anstalten auch im Netz präsent sein könnten.
Im Zusammenhang mit dem Telemedi- enauftrag werde unter anderem darüber diskutiert, ob Facebook genutzt werden dür- fe, um für öffentlich-rechtliche Inhalte zu werben und in welchem Umfang öffentlich- rechtliche Inhalte bei YouTube eingestellt werden dürften. Hier gebe es keine eindeu- tigen rechtlichen Regelungen. Die Anstalten hätt en Interesse daran, ihr Publikum auch künftig auf neuen distributiven Wegen zu erre ichen. Es sei dafür zu sorgen, dass dies künftig zulässig sei, ohne dass die öffentlic h-rechtlichen Anbieter private Medienanbie- ter aus dem Markt drängten. Der Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE erklärte, das Problem der Verleger sei weniger der öffentlich-rechtliche Rundfunk, sondern die Tatsache, dass sie mit ihrem bisherigen Modell wirtschaftlich nicht mehr erfolgreich seien. Anlässlich der Anhörung zur Situation der Regionalpresse in Ham burg hätten die Vertreterinnen und Vertreter der Verlage eingeräumt, im Zusammenhang mit ihren kostenlosen Angeboten Fehler gemacht zu haben. Dieser Aspekt müsse berü cksichtigt werden. Ein weiterer sei das politische Problem, dass die Kontrolle der sogenannten vierten Gewalt schwächer geworden sei. Wenn nunmehr ein Streit zwischen den Verlegern und dem öffentlich- rechtlichen Rundfunk dazu f ühren würde, dass dieser se ine Möglichkeiten kritisch überprüfen und seine Aktivitäten einschränken müsse, sei dies aus politischer Sicht problematisch. Der öffentlich-rechtliche R undfunk sei einer der wenigen Akteure, die gegenwärtig eine kritische Aufarbeitung v on wirtschaftlichem und politischem Handeln noch leisten könnten. Dies müsse in der Diskussion im Kreis der Länder stärker berücksichtigt werden. Wenn die Ausei nandersetzung zwischen den Verlegern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk bewirke, dass die Kontrollfunktion der Medien weniger ausgefüllt würde, sei das eine gefährliche Entwicklung.
Die Senatsvertreterinnen und -vertreter warnten davor, das Verhältnis zwischen Pres- se und öffentlich-rechtlichem Rundfunk aussc hließlich mit Blick auf die spezielle Situa- tion in Hamburg zu bewerten. In Flächenländern sei der Raum, den eine Lokalzeitung anspreche, deutlich kleiner als das Gebiet, dass eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit ihrem Regionalfenster abdecke. Im Übrigen werde im Kreis der Länder nicht über die redaktionelle Struktur der Anstalten diskut iert. Diese Frage sei der Politik entzogen, sondern werde von einer staat sfernen Organisation bewertet. Im Kreis der Länder werde über die Frage gesprochen, wo sich Konflikte in den Verbreitungswegen erge- ben könnten. Die Senatsvertreterinnen und -v ertreter pflichteten dem Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE bei in der Auffassung, dass aus medienpolitischer Sicht dar- über zu diskutieren sei, wie sich Medienmärkte durch das Hinzukommen neuer digita- ler Mittler veränderten. Der Konflikt zwischen Verlegern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei weniger scharf, als es sich der Öffentlichkeit darstelle. Der AfD-Abgeordnete nahm Bezug auf di e Ausführungen der Senatsvertreterinnen und -vertreter zur Gründung des öffentlich-rech tlichen Rundfunksystems.
Aus seiner Sicht sei nicht die begrenzte Anzahl an Frequenzen entscheidend gewesen, sondern die Nichtanwendung des Ausschlussprinzips. Die Bereitstellung audiovisueller Medien sei nicht privaten Anbietern überlassen wo rden. Vielmehr sei eine gesellschaftliche Lösung gefunden worden. Inzwischen sei der Grund obsolet. Es gebe keinen ökono- mischen Grund mehr, öffentlich-rechtliche n Rundfunk aus diesem Grund noch zu haben. Die Politiker hätten stets eine Vorlie be für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehabt. Sie hätten einen großen Einfluss auf die Medienanstalten und den Rundfunk finanziell gut ausgestattet. Die Konkurrenzsi tuation zwischen privaten audiovisuellen Medien und öffentlich-rechtlichen audiovis uellen Medien sei geprägt von der finanziel- len Ausstattung, die den öffentliche-rechtlichen Medien gewährt werde. Die Höhe der Gebühren, über die Politiker entschieden, se i ein wichtiger Punkt. Ein weiterer Punkt seien die Regelungen zur Werbung. Auf die Ausführungen der SPD-Abgeordneten eingehend, denen zufolge sich der öffentlic h-rechtliche Rundfunk in der Defensive befinde, sagte der AfD-Abgeordnete, dies sei nicht der Fall. Vielmehr sei der öffent- lich-rechtliche Rundfunk das dominierende Medium und die generelle meinungsbil- dende Instanz in Deutschland. Viele andere M edien, beispielsweise die privaten Fern- sehanstalten und inzwischen auch die Zeitungen, befänden sich aufgrund von finanzi- ellen Restriktionen in der Defensive. Es gehe weniger um eine juristische als vielmehr um die politische Frage, welcher Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Rela- tion zu den anderen mit ihm konkurrierenden Medien gewünscht sei.
Die Frage betref- fe nicht nur die Nachfrageseite, sondern ebenso positionelle Güter wie die Rechte an Fußballübertragungen. Es müsse eine polit ische Entscheidung getroffen werden, die auch für die privaten Anbieter von M edien eine faire Lösung darstelle. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter gingen auf die Nutzungsreichweiten digitaler Angebote ein. Unter den Top 25 Anbietern am deutschen Meinungsmarkt gebe es derzeit mit tagesschau.de und heute.de zwei öffentlich-rechtliche Anbieter, die kumu- liert einen Anteil von etwa 17 Prozent an den Nutzungsreichweiten erreichten. Etwa vier Fünftel des Marktes seien in privatwirtschaftlicher Hand. Die SPD-Abgeordneten zeigten die Konfliktlin ien in der Frage der Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Anstalten im Netz auf. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger habe geäußert, dass die Situation in Ordnung wäre, wenn die ARD so wäre wie das ZDF. Der für Medien zuständige Minister des Landes Sach- sen-Anhalt habe das ZDF gelobt und eine Anpassung der Tagesschau gefordert, die nur noch ein regionales Angebot sein solle. Die SPD-Abgeordneten äußerten sich erstaunt über diese Forderung, zumal die Verleger den Schwerpunkt auf die Regiona- lität verlagerten. Durch die Regionalisie rung eines öffentlich-rechtlichen Angebots würde eine Konkurrenzsituation entste hen.
Die SPD-Abgeordneten fragten, ob die Auffassung des Ministers die Linie der CDU wiedergebe oder eine Einzelmeinung darstelle. Sie wiesen auf den Beschluss de r Bürgerschaft zum Telemedienauftrag in der 20. Wahlperiode hin und äußerten die Hoffnung, dass sich die Haltung der ham- burgischen CDU seitdem nicht geändert habe. Die SPD-Abgeordneten stellten die Frage, welche Folgen eine Regionalisierung der Tagesschau hätte. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter verwiesen darauf, dass CDU-geführte Länder in der Rundfunkkommission zu diesem Them a unterschiedliche Anträge gestellt hätten. Dies deute darauf hin, dass der parteiinterne Diskussionsprozess noch nicht abgeschlossen sei. In diesem Zusammenhang gehe es nicht nur um den Telemedien- auftrag. Die Senatsvertreterinnen und -vertret er wiesen auf ihre Ausführungen zu der Arbeitsgemeinschaft hin, die sich mit Auftrag und Strukturoptimierung befasse. Sie sei gegründet worden, weil es eine Aussage des Vorsitzenden der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich- rechtlichen Anstalten gegeben habe, der bei der Vorstellung des letzten beitragsrelevanten Berichts der Kommission darauf hingewiesen habe, dass es ab 2020 zu einer erheblichen Beitragsanpassung um bis zu 2 Euro kommen könne, wenn die Kost enentwicklung linear fortgeschrieben werde. Nach zehn Jahren der Beitragsstabilität würde dies einen massiven Anstieg darstel- len. In einigen Landtagen seien Resolutionen gegen eine Anpassung des Beitrags verabschiedet worden. Dies mache es für die Landesregierungen schwer, einer Bei- tragsanpassung zuzustimmen. Die Senatsvertr eterinnen und -vertreter distanzierten sich vom Vorschlag des für Medien zuständigen Ministers des Landes Sachsen- Anhalt. Eine Regionalisierung der Tagesschau bedeute nicht nur eine Schwächung des Medienstandortes Hamburg, sondern auch die Abschaffung der stärksten Fern- sehnachrichtenmarke und des höchsten Vertrauensträgers von Informationen in der deutschen Öffentlichkeit. Beruhigend sei, das s die Länder in allen medienpolitischen Fragen einvernehmlich entscheiden müssten. Hamburg werde einem solchen Vor- schlag nicht zustimmen.
III. Ausschussempfehlung
Der Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien empfiehlt der Bürgerschaft, von seinen Beratungen Kenntnis zu nehmen.
Dr. Joachim S., Berichterstattung
Link zum Originaldokument (pdf, 37 kb)
http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/61325/bericht-des-ausschusses-f%c3%bcr-wirtschaft-innovation-und-medien-%c3%bcber-die-selbstbefassung-%e2%80%9etelemedienauftrag%e2%80%9c.pdf
Alternativ hier im Anhang:
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?action=dlattach;topic=26505.0;attach=20206
-
Grüazi!
Die "Bürgerschaft" ist wohl das Stadt-Parlament Hamburgs, nicht die Bürgerschaft als Gesamtheit der Bürger Hamburgs.
Hop Schwyz!
Michael
-
@maikl_nait: in der Tat heißen die Landesparlamente in Hamburg und Bremen "Bürgerschaft".
M. Boettcher