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Allgemeines => Dies und Das! => Thema gestartet von: pinguin am 21. September 2017, 08:47

Titel: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 21. September 2017, 08:47
Das Bundesverwaltungsgericht folgte in 2013 nicht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus 2012.

Von beiden Gerichten hat es je eine Entscheidung, die den Begriff "Selbsttitulierung" enthält.

Pressemitteilung Nr. 04/2013 vom 17. Januar 2013
 - Beschluss vom 18. Dezember 2012 1 BvL 8/11 -
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/bvg13-004.html;jsessionid=FBB453D25854D84A048CD2A61EA0B058.1_cid394

Zitat
Selbsttitulierungsrecht ist mit dem Grundgesetz unvereinbar

BVerwG 10 C 10.12 Urteil vom 18.04.2013
http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?lang=de&ent=180413U10C10.12.0

Rn 30
Zitat
[...]um die Inanspruchnahme des Garantiegebers im Wege behördlicher Selbsttitulierung durch Verwaltungsakt und das Instrumentarium der Verwaltungsvollstreckung effektiver auszugestalten[...]

Seitens des BGH hat es mehrere Entscheidungen, u.a. auch eine Leitsatzentscheidung, die sich auf den oben genannten Fall bezieht, in dem das BVerfG entschieden hat.

- VII ZB 61/14 -
BESCHLUSS vom 27. April 2016 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2e07a2a77d6f01e73f73aebb2f3e8d45&nr=74968&pos=0&anz=8

Rn. 14
Zitat
[...]  Zwangsvollstreckungsmaßnahmen  nach  der  Zivilprozessordnung bei Fehlen eines wirksamen Vollstreckungstitels nichtig [...]

Rn. 19
Zitat
[...]der Begriff des Selbsttitulierungsrechts definiert als das Recht, die Zwangsvollstreckung von Forderungen "aufgrund eines [...] selbst gestellten Antrags zu betreiben, der einen vollstreckbaren Titel ersetzt"  (BVerfGE 132,  372  Rn. 1).

Am EuGH hat es keine Entscheidung zum Begriff "Selbstitulierung".
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Herr U. am 21. September 2017, 11:24
Im Urteil BVerwG 10 C 10.12 Urteil vom 18.04.2013
geht es um Behörden, die ein Recht auf Selbsttitulierug haben (sollen).

in Rz 30:
[..]dass die zuständigen Behörden ihre Aufwendungen ggf. im Wege der Festsetzung des Erstattungsanspruchs gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 und 3 AufenthG gegenüber einem Garantiegeber durchsetzen müssen.
[..]
um die Inanspruchnahme des Garantiegebers im Wege behördlicher Selbsttitulierung durch Verwaltungsakt und das Instrumentarium der Verwaltungsvollstreckung effektiver auszugestalten[..]


Beim  Beschluss vom 18. Dezember 2012  - 1 BvL 8/11 -  des BVerfG

ging es dagegen um Anstalten öffentlichen Rechts, Landesbanken in Niedersachsen, die im Wettbewerb zu anderen Bankinstituten stehen.

In soweit ist das neuerliche Gutachten von Prof. Kirchhof wertvoll, denn es bescheinigt ja, dass der ÖRR im Wettbewerb zu andern Rundfunkanstalten steht, somit liegt ein Verstoß gegen Art. 3 GG nach vorgenanntem Beschluss vor. Die ö.r. Rundfunkanstalten (und erst recht der BS) sind keine Behörden, denn dann wären sie staatliche Einrichtungen. Auch sind sie in BW und anderen Bundesländern von den VwVfG ausgeschlossen.

Zitat
LVwVfG  BW

§ 1 (2) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

§ 2 (1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und nicht für die Tätigkeit des Südwestrundfunks.

Also sollte damit doch feststehen, dass kein Selbsttitulierungsrecht besteht :  keine Behörde und im Wettbewerb zu anderen Anbietern, weil sonst eine Wettbewerbsvorteil vorläge , damit ein Verstoß gegen Art. 3 GG laut obigen Beschluss des BVerfG
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 21. September 2017, 12:41
@Herr U.

Wenn das Bundesverfassungsgericht hier in dieser Pressemitteilung als Überschrift formuliert, daß das Selbsttitulierungsrecht mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, darf man doch auf Grund dieser pauschalen Aussage zur Kenntnis gelangen, daß auch Behörden selbst nicht zur Selbsttitulierung befugt sind?
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: PersonX am 21. September 2017, 16:21
...
Wenn das Bundesverfassungsgericht hier in dieser Pressemitteilung als Überschrift formuliert, daß das Selbsttitulierungsrecht mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, darf man doch auf Grund dieser pauschalen Aussage zur Kenntnis gelangen, daß auch Behörden selbst nicht zur Selbsttitulierung befugt sind?
Das wird das Finanzamt freuen, dass es nicht selbst sich Titel ausstellen darf, weil das Selbsttitulierungsrecht mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Vielleicht ist die Pressemitteilung unvollständig oder es gibt Ausnahmen, alternativ müsste wohl der Weg gegen das Finanzamt offen stehen und neu gegangen werden. Das dürfte zu einiger Überraschung führen. Leiten die doch Ihre Ansprüche aus einer AO ab. Vielleicht ist diese in Teilen auch nicht mit dem GG vereinbar.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 21. September 2017, 17:00
@PersonX

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes bestimmt,

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG)
http://www.gesetze-im-internet.de/vwvg/BJNR001570953.html#BJNR001570953BJNG000100319

Zitat
§ 5 Anzuwendende Vollstreckungsvorschriften
[...]
2) Wird die Vollstreckung im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen, so ist sie nach landesrechtlichen Bestimmungen durchzuführen.

Rundfunkrecht ist Landesrecht, kommt also auch hier alleine Landesrecht zur Anwendung.

Das
Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg (VwVGBbg)
https://bravors.brandenburg.de/de/gesetze-212929

bestimmt

... das hatten wir doch schon einmal ...

Interessanter ist folgender §:

Zitat
§ 17
Vollstreckungsbehörden

(1) Verwaltungsakte, mit denen eine öffentlich-rechtliche Geldleistung gefordert wird (Leistungsbescheid), werden durch Beitreibung vollstreckt.
Ein Leistungsbescheid ist also auch hier zwingende Voraussetzung.

Zitat
(2) Die Beitreibung ist eine Aufgabe der Vollstreckungsbehörden. Soweit nichts anderes bestimmt ist, erfolgt die Beitreibung der öffentlich-rechtlichen Geldforderungen

    des Landes durch
        die Behörden der Finanzverwaltung, wenn es sich um Steuern und steuerliche Nebenleistungen handelt,
Rundfunkbeitrag ist offiziell keine Steuer, ist also nicht anzuwenden;

Zitat
        die Landkreise und kreisfreien Städte, soweit nicht die Beitreibung nach Buchstabe a oder Buchstabe b erfolgt,
Meine Stadt ist nicht kreisfrei, ist damit zur Vollstreckung gar nicht befugt;

Zitat
    der Stiftungen, Anstalten des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der kommunalen Anstalten im Sinne der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg sowie der sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Sitz im Land Brandenburg durch die kreisfreien Städte, amtsfreien Gemeinden und Ämter,
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat kraft RBB-Staatsvertrag seinen Sitz im Land Berlin; dieser Weg funzt also auch erst einmal nicht.

Selbst wenn die Selbsttitulierung echten Behörden erlaubt sein sollte, unterliegt diese auch vollumfänglich sämtlichen gesetzlichen Bestimmungen?

Der Rundfunkbeitrag ist keine Forderung des Landes Brandenburg, sondern eine der Anstalt öffentlichen Rechts namens Rundfunk Berlin-Brandenburg, eines in medialem Wettbewerb zu anderen Unternehmen der gleichen Medien-Branchen stehenden Unternehmens.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Schluss-mit-lustig am 21. September 2017, 17:18
Ergänzung / Korrektur zu:

[...] Rundfunk Berlin-Brandenburg hat kraft RBB-Staatsvertrag seinen Sitz im Land Berlin [...]

"RBB-Staatsvertrag"
Richtige Bezeichnung: Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg
http://gesetze.berlin.de/jportal/portal/t/1f43/page/bsbeprod.psml?doc.hl=1&doc.id=jlr-GemRdFunkABBErStVtrBErahmen&documentnumber=3&numberofresults=3&doctyp=Norm&showdoccase=1&doc.part=X&paramfromHL=true#focuspoint

Zitat
§ 2
Sitz und Regionalstudios

(1) Sitz des Rundfunk Berlin-Brandenburg und Dienstort des Intendanten oder der Intendantin sind Potsdam und Berlin.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Herr U. am 21. September 2017, 17:41
Ein fiktiver Bekannter ist bzgl. des Beschluss des BVerfG vom 18. Dezember 2012  der Meinung, dass der nicht allgemein für jede Behörde gilt, sondern nur für Anstalten des öffentlichen Rechts, die im Wettbewerb stehen. Also es wird Gleiches mit Gleichem verglichen. Das zeigt sich in den folgenden Auszügen/Rn.

Es geht um die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:
Zitat
Rn 44
Die vorgelegten Regelungen verletzen jedoch den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Was ist schon einem Finanzamt gleich? Dafür also wohl eher nicht anwendbar:
Zitat
Rn 45
1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 122, 210 <230>; 126, 268 <277>; stRspr). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416>; 129, 49 <68 f.>; Beschluss des Ersten Senats vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 -, NJW 2012, S. 1711 <Rn. 42>). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 110, 412 <432>; 126, 29 <47>; 129, 49 <68 f.>).

Es geht um die Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Einrichtungen, die in demselben Geschäftsfeld tätig sind. Hier könnte Kreditinstitut durch Rundfunkanstalt ersetzt werden:
Zitat
Rn 47
a) Die begünstigten Kreditinstitute - die Bremer Landesbank und die Landessparkasse zu Oldenburg - werden im Vergleich zu anderen Kreditinstituten, die in demselben Geschäftsfeld tätig sind und denen kein Selbsttitulierungsrecht zusteht, ungleich behandelt.

Das gilt auch für den ÖRR:
Zitat
Rn 50
b) Es lassen sich keine tragfähigen sachlichen Gründe finden, die die festgestellte Ungleichbehandlung gegenüber den privaten und gegenüber anderen öffentlichrechtlich verfassten Kreditinstituten in Niedersachsen rechtfertigen könnten.

Auch die fehlende allgemeine Staatsaufsicht ist ein Argument, den sie unterstehen gerade nicht einer staatlichen Aufsicht, da sind per Definition staatsfern zu sein haben:
Zitat
Rn 57
dd) Ebenso wenig lässt sich das Selbsttitulierungsrecht darauf stützen, dass die Bremer Landesbank und die Landessparkasse zu Oldenburg im Vergleich zu den Privatbanken, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Bundesbank kontrolliert werden, einer zusätzlichen Staatsaufsicht unterstehen. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften räumen den Kreditinstituten gerade das Recht ein, ihre Ansprüche eigenständig zu titulieren. Die Aufsicht könnte allenfalls kontrollieren, ob die Voraussetzungen der Selbsttitulierung (zum Beispiel die Antragstellung durch den Vorstand) ordnungsgemäß gehandhabt werden. Dass der titulierte Anspruch im Einzelfall tatsächlich besteht, kann von der allgemeinen Staatsaufsicht im Rahmen der ihr obliegenden Rechtmäßigkeitskontrolle nicht gewährleistet werden.

Dass der ÖRR in Konkurrenz mit den privaten Anbietern steht, das lässt sich u.a. anhand des neuen Gutachtens von Prof. Kirchhof wohl gerichtsfest belegen.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 21. September 2017, 20:18
@Schluss-mit-lustig

Zum einen weiß ich, wie dieser Vertrag korrekt heißt, und zum anderen ist der rechtlich maßgebliche Sitz Berlin; der "Sitz" Potsdam hat keine rechtliche Relevanz.

Zitat
§ 2
Sitz und Regionalstudios
[...]
(2) Der für den Gerichtsstand maßgebliche Sitz ist Berlin.
[...]
Es ist Unfug mit dem Sitz "Potsdam" zu argumentieren, wenn das Unternehmen "RBB" dort nicht verklagt werden kann, weil sein Gerichtsstand Berlin ist.

und

Zitat
§ 35
Anzuwendendes Recht

Für die Tätigkeit des Rundfunk Berlin-Brandenburg gilt, soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt, das Recht des Landes Berlin.
Und der Vertrag bestimmt nichts anderes.

Hatten wir doch alles längst durchgekaut.

Zudem wäre dann auch zu beachten, daß die Satzung des RBB nur innerbetriebliche Anwendung finden darf.

Zitat
§ 32
Satzungsrecht

(1) Der Rundfunk Berlin-Brandenburg gibt sich eine Satzung zur Regelung seiner innerbetrieblichen Verfassung und eine Finanzordnung. Er kann andere Satzungen im Rahmen seiner Aufgaben erlassen.

@Herr U.
Zitat
Dass der ÖRR in Konkurrenz mit den privaten Anbietern steht, das lässt sich u.a. anhand des neuen Gutachtens von Prof. Kirchhof wohl gerichtsfest belegen.
Gerichtsfester als durch den BGH geht doch gar nicht?

Bspw.:
URTEIL I ZR 207/14
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=a0a3aac655a3b68aee6b157a334022e4&nr=77624&pos=1&anz=20
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 22. September 2017, 08:55
Nochmal was zu "Sitz", "Nebensitz", "Hauptsitz"

Ausnahmsweise mal lt. Wiki:

Sitz (juristische Person)
https://de.wikipedia.org/wiki/Sitz_%28juristische_Person%29

Demnach wird mit dem Sitz auch der Gerichtsstand festgelegt. Gerichtsstand für den RBB ist Berlin und damit ist Berlin auch maßgeblicher Sitz des RBB.

Hier haben wir dann allerdings mal wieder eine evtl. Kollission mit EU-Recht, denn danach wird der "Sitz" in der Satzung festgelegt und nicht vom Gesetzgeber bestimmt.

Mit dem Begriff "Sitz" sind wir übrigens im Zivilrecht; hat mit Verwaltungsrecht also nichts zu tun.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 24 Sitz

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__24.html

Zitat
Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Herr U. am 22. September 2017, 11:49
@Pinguin  danke für den Hinweis

Zitat
Gerichtsfester als durch den BGH geht doch gar nicht?

Bspw.:
URTEIL I ZR 207/14

Allerdings: Ist es sicher, dass ein Verlag vergleichbar mit einer Rundfunkanstalt im Sinne der BVerfG gesehen werden kann? Es geht doch um das Magazin ARD BUFETT, einem gedruckten Heft, und das ist im Kern keine Rundfunkveranstaltung.
Zitat
Rn 45
1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.[...]

Es geht im BGH Urteil um Printmedien, da hat der SWR/ÖRR mit seinem uferlosen "Grundversorgungsanspruch" mal wieder über den Zaun gefressen.

Man könnte auch die Meinung vertreten, dass Printmedien und Rundfunk im Kern nicht in Konkurrenz zueinander stehen, also wesentlich ungleich sind, bis eben auf Überschneidungen in Teilgebieten. In dieser Hinsicht wäre die Aussage im Gutachten Kirchhof eindeutiger zuzuordnen.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: gerechte Lösung am 22. September 2017, 12:00
Siehe:
Zitat
  Streik beim WDR - Moderatoren im Radio bleiben stumm 
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24539.msg155654.html#msg155654

Bei einer 'angeblichen Behörde' wird gestreikt? Wie geht denn das? Und dann Selbsttitulierung?
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 22. September 2017, 12:03
Allerdings: Ist es sicher, dass ein Verlag vergleichbar mit einer Rundfunkanstalt im Sinne der BVerfG gesehen werden kann?[...]Man könnte auch die Meinung vertreten, dass Printmedien und Rundfunk im Kern nicht in Konkurrenz zueinander stehen,
Beide sind in der Medienbranche tätig, buhlen jeweils um eine hohe Quote, also um viele Kunden und nehmen sich u. U. Kunden gegenseitig weg. Hier wären sie als gleich im anzusehen?

Ungleich behandelt werden sie dort, wo die einen am gleichen Markt der Medien staatlich gestützt werden, (Rundfunk), sich die anderen ihre Mittel aber hart erarbeiten müssen, (Printpresse).

@gerechte Lösung

Streikverbot haben nur Beamte.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: gerechte Lösung am 22. September 2017, 13:03
@Pinguin
Danke.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Herr U. am 22. September 2017, 14:08
@ Pinguin

könnte man das nicht auch so sehen: Unser Grundgesetz unterscheidet das schon und zählt auf?
Zitat
Art. 5 (2) GG:
[...]Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.[...]

Aber müßig zu überlegen. Wichtig wird sein, wie es das BVerfG das sehen wird.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 22. September 2017, 16:20
könnte man das nicht auch so sehen: Unser Grundgesetz unterscheidet das schon und zählt auf?
Ja, freilich; deswegen heißt es ja auch vom ehemaligen Präsidenten des BVerfG, Herrn Prof. Papier, in seinem den Linken vorliegenden, nicht publizierten Gutachten, daß auch die Zustellung von Zeitungen dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz der Pressefreiheit unterliegt.

Das Problem einiger Personen scheint zu sein, Artikel 5 GG nur dem Rundfunk zugestehen zu wollen.

Diesen Artikel dürfen aber alle Unternehmen und natürlichen Personen für sich in Anspruch nehmen; lediglich juristische Personen des öffentlichen Rechts dürfen sich nicht auf die ersten Artikel des GG in eigener Sache berufen, haben sie deren Bestimmungen doch gegenüber anderen Personen zu gewährleisten.

Siehe auch:
Re: jurist. Personen d. öffentl. Rechts > kein Anspruch auf Grundrechte Art 1-17 GG
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21498.msg150467.html#msg150467

Bei der Printpresse ist alles klar, hat es doch hier alleine juristische Personen privaten Rechts, die sich ihrerseits allesamt auf das Grundgesetz berufen dürfen, sofern ihnen Grundgesetz, Bundesrecht und BVerfG diese Rechte zugestehen. (Landesrecht braucht hier nicht beachtet zu werden, da es keinen Verlag bspw. hat, der nur in einem einzigen Bundesland aktiv ist).

Beim Rundfunk ist alles anders, weil es sowohl privat-rechtlich als auch öffentlich-rechtlich organisierten Rundfunk hat.

Beide sind gleich zu behandeln; auch nach EU-Recht.

Für beide, wie für alle Unternehmen gilt, der Eigentümer bzw. Gründer des Unternehmens darf sein Unternehmen unterstützen!

Deswegen, und nur deswegen, wird es seitens der EU erlaubt, daß der Staat seinen ÖRR stützen darf, ist er doch Gründer desselben!

Ansonsten gilt, siehe weiter oben, daß alle Unternehmen gleich zu behandeln sind, eu-weit.

Der ÖRR hat keine anderen Rechte, Befugnisse oder auch Pflichten, als seine privat-rechtlich organisierte Konkurrenz.

Auch das europäische Recht wird hier noch einen erheblichen Wandel zu vollziehen haben; siehe Werbung bei ÖRR.

Es gilt in allen Bereichen des europäischen Binnenmarktes, daß die Person/der Verbraucher/der Konsument vor dem Eingehen einer Verpflichtung die freie Entscheidung hat, ob er diese Verpflichtung auch tatsächlich eingehen möchte.

Der Staat darf erst dann handeln, wenn er vom Vertragspartner dieser Person darum "gebeten" wird, weil diese Person ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, die sich aus der freiwilligen Akzeptanz dieser Verpflichtung für ihn ergeben.

Nicht ohne Grund heißt es ja in der nunmehr gefestigten Rechtsprechung des EuGH, daß es eines Vertrages zwischen Leistungserbringer und Leistungsnehmer bedarf, um den Inhalt des Begriffes "Gegenleistung" zu realisieren.

Wer im EU-Binnenmarkt etwas tut, ohne dazu vertraglich verpflichtet zu sein, tut dieses aus absolut freien Stücken.

Ich darf hier allerdings auch daran erinnern, daß auch Steuern Folge eines Vertrages zwischen Leistungsnehmer und Leistungserbringer sind.

Das ist bei der Grunderwerbssteuer so, (Grundlage ein Kaufvertrag über ein Grundstück bspw.), bei der Kfz.-Steuer, (dito hinsichtlich Kfz.), bei der Hundesteuer, (dito bezüglich Hund), und auch bei der Lohnsteuer, wo ein Arbeitsvertrag zugrundeliegt.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Kurt am 26. September 2017, 12:52
urteilsbesprechungen.de
Besprechungen deutscher und internationaler Gerichtsentscheidungen

BVerfG, Urteile vom 18. Dezember 2012, 1 BvL 8/11 und 1 BvL 22/11
Januar 4, 2017
Kategorien Verfassungsgerichte

Zitat
Betrifft das auch das Selbsttitulierungsrecht anderer Behörden?

Nein. Zum einen hat Gericht von vornherein nur über die zwei vorgelegten Gesetze geurteilt. Das Urteil reicht immer nur so weit wie der ausdrückliche Tenor.

Das Urteil ist auch nicht auf andere Behörden übertragbar, da diese in aller Regel nicht in einem Wettbewerbsverhältnis zu privaten Konkurrenten stehen. Damit liegt also keine Ungleichbehandlung vor, deretwegen das BVerfG diese spezifischen Selbsttitulierung für nichtig erklärt hat.

Kann man das Urteil auf die Selbsttitulierungsrechte der Rundfunkanstalten übertragen?

Man könnte nun meinen, dass das tragende Argument des Urteils, die Konkurrenzsituation, auf die Rundfunkanstalten übertragbar ist. Schließlich sind BR, WDR, NDR & Co. gegenüber privaten Wettbewerbern wie Sky, Amazon oder Netflix im Vorteil, weil sie die Rundfunkbeiträge durch Festsetzungsbescheid titulieren dürfen.

Allerdings liegt hier keine direkte Konkurrenzsituation vor. Denn der Bürger darf sich ja nicht etwa entscheiden, welches der verschiedenen Angebote er nutzen will: Mit dem staatlichen Rundfunk wird er immer kostenpflichtig zwangsbeglückt – ob er will oder nicht, ob er daneben ein Netflix-Abonnement hat oder nicht. Durch die Selbsttitulierung haben die Anstalten also keinen Marktvorteil, da sie sich dem Markt gar nicht erst stellen müssen.

Daher ist das Urteil wahrscheinlich nicht analog anwendbar. Eine Entscheidung darüber ist aber anscheinend noch nicht ergangen.
Quelle: https://www.urteilsbesprechungen.de/2017/01/04/bverfg-urteile-vom-18-dezember-2012-1-bvl-811-und-1-bvl-2211/
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: noGez99 am 26. September 2017, 13:00
Zitat
Allerdings liegt hier keine direkte Konkurrenzsituation vor. Denn der Bürger darf sich ja nicht etwa entscheiden, welches der verschiedenen Angebote er nutzen will: Mit dem staatlichen Rundfunk wird er immer kostenpflichtig zwangsbeglückt – ob er will oder nicht, ob er daneben ein Netflix-Abonnement hat oder nicht. Durch die Selbsttitulierung haben die Anstalten also keinen Marktvorteil, da sie sich dem Markt gar nicht erst stellen müssen.

Seltsame Argumentation.

Angenommen ein Bürger entscheidet sich ÖR und Netflix zu bestellen. Er bezahlt beide nicht:
- Der OR gibt seine Rechnung einfach an den GV weiter (Selbsttitulierung).
- Netflix muss erst einen Titel erwirken, und dann an den GV weitergeben.
-> Netflix ist klar benachteiligt.

Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: NichtzahlerKa am 26. September 2017, 13:27
Seltsame Argumentation.

Angenommen ein Bürger entscheidet sich ÖR und Netflix zu bestellen. Er bezahlt beide nicht:
- Der OR gibt seine Rechnung einfach an den GV weiter (Selbsttitulierung).
- Netflix muss erst einen Titel erwirken, und dann an den GV weitergeben.
-> Netflix ist klar benachteiligt.

Volle Zustimmung. Da der ÖR mit seinen Geldern Netflix ja tatsächlich Konkurrenz machen darf/soll/muss. Gerade die Konkurrenz (Filme/Sportangebote/Shows) macht ja einen Großteil der Kosten aus und nicht die Grundversorgung von 2-3€ im Monat, die auch mehr Leute zahlen würden.

Ergänzung: Der ÖR muss nicht um Kunden konkurrieren, aber um Filmrechte, Moderatoren usw. Hier bekommt er gegenüber Netflix einen unredlichen Vorteil durch Kostenersparnis bei der Eintreibung seiner Mittel.
Wenn man es sich überlegt, ist das lächerlich gegenüber dem Vorteil einfach x-Millionen Leute zu Ab-vom-Markt-Preisen zu zwangsenteignen und mit Geld nur so um sich werfen zu können. Aber wenn der ÖR behauptet, er tut das nicht  :o, dann muss er auch die volle Konkurrenz umsetzen und die Eintreibung selbst erwirken.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Markus KA am 26. September 2017, 14:20
Soweit ich das einschätzen kann, betrifft das Selbsttitulierungsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Zahlungsforderung des Rundfunkzwangsbeitrages. Somit liegt nur eine Benachteiligung gegenüber einer anderen, privaten Rundfunkanstalt vor, wenn diese eine Rundfunkbeitrag fordern muss. Bisher haben sich die privaten Sender mit Werbung finanziert und benötigen keinen Rundfunkbeitrag. Somit liegt auch erstmal keine Benachteiligung vor.

Spielt man den Gedanken weiter, z.B. seit DVBT-2 können die privaten Sender nur gegen einen Beitrag von ca. 70,- Euro über Antenne empfangen werden, dann könnte eine Benachteiligung eintreten, allerdings erst wenn der Zugang vor der Bezahlung des Beitrages freigeschaltet wird und der private Sender der Geldforderung "hinterherlaufen" muss.

Die Selbsttitulierung im Sinne einer Benachteiligung zu kritisieren wird schwer zu begründen sein.

Viel kritischer ist zu betrachten und hochbrisant ist der Zustand, dass lediglich ein angeblich staatsferner Radiosender die staatliche Macht besitzt, jeden Bürger (auch Richter, ihre Familie und Staatsbedienstete), der keine Immunität besitzt, mit staatlichen Mitteln relativ einfach hinter Gitter zu bringen, wenn die Beitragsschuld nicht bezahlt wird.
Wenn wundert es, dass italienische Sender Interesse zeigen und das Beispiel RBStV in Italien gerne übernehmen möchten.

Hinzu kommt der sehr kritische Punkt, dass im vorliegenden Fall das Selbsttitulierungsrecht, bzw. seine Ausführung in keiner Weise gesetzlich geregelt ist. Man begründet lediglich lapidar mit "allgemeine Rechtsgrundsätze", was man auch immer darunter verstehen soll.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: boykott2015 am 26. September 2017, 14:59
Man darf nicht vergessen, dass eine LRA nicht für sich selbst, sondern für 4 Beitragsgläubiger "Selbsttitulierung" durchführt. Das sind Landesrundfunkanstalt, Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), Deutschlandradio und Landesmedienanstalt.

Zitat
Charakteristisch für die Verwaltungsvollstreckung ist, dass aus Verwaltungsakten ohne vorheriges Erkenntnisverfahren vollstreckt werden kann („Selbsttitulierung“) ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsvollstreckungsrecht_(Deutschland)

D.h., da ein vorheriges Erkenntnisverfahren gar nicht stattfindet, kann sich der  arme "Schuldner" auch gar nicht in diesem Verfahren wehren.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: NichtzahlerKa am 26. September 2017, 15:13
Bisher haben sich die privaten Sender mit Werbung finanziert und benötigen keinen Rundfunkbeitrag. Somit liegt auch erstmal keine Benachteiligung vor.

Es geht auch eher um den Vergleich mit den "neuen" Angeboten. Sky, Netflix, Amazon und wie sie alle heißen, die sich durch Gebühren finanzieren. Der "private Rundfunk" hat aber auch Bezahlangebote (HD). Das ist aber in der Tat wohl vernachlässigbar. Im Kern geht es in dem Urteil ja auch genau darum, dass das Selbstitulierungsrecht an sich historisch schief gewachsen ist und eigentlich weg muss (siehe Abhandlung  http://www.nordoer.nomos.de/fileadmin/nordoer/doc/Aufsatz_NordOER_13_06.pdf  (http://www.nordoer.nomos.de/fileadmin/nordoer/doc/Aufsatz_NordOER_13_06.pdf)von Prof. Dr. Waldhoff).
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 26. September 2017, 16:22
Nee, so wird das nix;

wenn an einem Markt Beteiligte nicht in einen gemeinsamen Topf wirtschaften, aber letztlich die selbe Kundengruppe haben, stehen sie, übrigens auch unabhängig des Vertriebsweges, grundsätzlich in Wettbewerb zueinander.

Allen am Markt agierenden Medien ist eigen, daß sie, sei es aktiv oder passiv, um eine möglichst große Akzeptanz in der Bevölkerung, ergo um die größte Anzahl an Nutzern, ihres Produktes buhlen.

Es ist ja nicht nur EU-Recht, sondern in Folge auch Bundesrecht, wie bereits mehrfach im Forum eingestellt, daß alle Unternehmen gleich zu behandeln sind.

Die Medien haben auf Grund ihrer grundrechtlich geschützten Position allerdings in genau 1 Bereich einen Freibrief; dieser genau 1 Bereich betrifft die von staatlichen Gnaden unabhängige Berichterstattung.

Die Print- wie audio-visuelle Presse sind lediglich frei darin, zu berichten, was immer sie wollen; sie sind nicht frei darin, den Bürger finanziell über den Tisch zu ziehen. (Mal ganz volkstümlich ausgedrückt).

Nach EU-Recht wäre jedwede staatliche Unterstützung, erst recht eine zeitlich beliebige finanzielle Zwangsabzocke von Personen, untersagt, wenn dem Staat nicht das Recht gewährt wäre, bspw. einer vom ihm selbst betriebenen Print- oder audio-visuellen Presse in gesellschaftlichem, bzw. staatlichem Interesse liegende Auflagen aufzubürden. Nur dafür, also für die staatlich gewollte Einschränkung eines am Markt agierenden Unternehmens, ist eine staatliche Stütze zulässig, damit diesem Unternehmen kein Nachteil daraus widerfährt, einen staatlichen Auftrag angenommen zu haben, der nicht jenes Portfolio beinhaltet, das allen anderen zur Verfügung steht.

Bitte unterscheidet unbedingt zwischen, "eine neue Steuer einführen" und "eine Stütze aus den den Ländern eh zustehenden Steuermitteln gewähren".

Die Länder sind nicht frei darin, eine Steuer einzuführen, aber durchaus frei darin, bereits vorhandene Steuermittel nach Gusto einzusetzen.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: NichtzahlerKa am 26. September 2017, 17:02
Nur dafür, also für die staatlich gewollte Einschränkung eines am Markt agierenden Unternehmens, ist eine staatliche Stütze zulässig, damit diesem Unternehmen kein Nachteil daraus widerfährt, einen staatlichen Auftrag angenommen zu haben, der nicht jenes Portfolio beinhaltet, das allen anderen zur Verfügung steht.

Ich finde es schwer von da den Faden zur Selbsttitulierung zu spinnen.
Ist dieses Privileg dafür da, dass dem ÖR kein Nachteil aus seinem Auftrag widerfährt? Meinst Du das?
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: MMichael am 26. September 2017, 17:48
Anstalt öffentlichen Rechts namens Rundfunk Berlin-Brandenburg, eines in medialem Wettbewerb zu anderen Unternehmen der gleichen Medien-Branchen stehenden Unternehmens.

Tja... Da hat ein ehemaliger Verfassungsrichter folgende Meinung:
Zitat
Das Europarecht hat die Eigenart des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anerkannt und ihn nach dem Maßstab des Art. 106 AEUV vom Wettbewerb ausgenommen.
Quelle: http://www.ard.de/download/4340606/Transparenz_des_oeffentlich_rechtlichen_Rundfunks.pdf
 ???

Als Begründung der „Nicht-Marktteilnahme“ wird die (gesetzlich erforderliche) finanzielle Unabhängigkeit (vom Wettbewerb) herangezogen, die wiederum durch die Zwangsabgabe gewährleistet wird:
Zitat
weil der Rundfunk seinen Auftrag unabhängig von Markt und Wettbewerb zu erfüllen hat, der Rundfunk seine Erwerbsgrundlage nicht im wirtschaftlichen Wettbewerb, sondern im Rundfunkbeitrag findet, das finanzielle Jahresergebnis des Rundfunks nicht von seinem wettbewerblich erzielten Markterfolg abhängt, sondern von dem Beitragsaufkommen.


Also: Da keine Einnahmen aus dem Wettbewerb erforderlich und kein Marktwerfolg nortwendig sind, stehen die örRA nicht im Wettbewerb. (trotz Konkurrenz)
Zitat
Im Rahmen des dualen Systems stehen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zwar in faktischer Konkurrenz zu den privaten Anbietern.
?

Und hier kopiere ich mal den ganzen Unter-Absatz (ohne Fußnoten) aus http://www.ard.de/download/4340606/Transparenz_des_oeffentlich_rechtlichen_Rundfunks.pdf hierher:
Zitat
c. Rundfunkauftrag und Wettbewerbsrecht

aa) Bundeswettbewerbsrecht und Landesrundfunkrecht

Die Gesetzgebungskompetenz innerhalb des Bundesstaates teilt das Grundgesetz auf Bund und Länder so auf, dass jeder Gesetzgeber für den jeweiligen Sachbereich eine eigene Kompetenz hat, die Kompetenz des einen grundsätzlich – strikt, klar, unverfügbar –, die des anderen ausschließt. 207
Die Art. 70 ff. GG weisen dem jeweiligen Gesetzgeber seine Kompetenz so zu, dass Kompetenzüberschneidungen ausgeschlossen sind, Kompetenzübergriffe zur Nichtigkeit des übergreifenden Gesetzes führen.208
Der Grundsatz des Art. 31 GG „Bundesrecht bricht Landesrecht“ hat deswegen kaum praktische Bedeutung.209
Die Gleichheit „vor dem Gesetz“ (Art. 3 Abs. 1 GG) gilt grundsätzlich nur innerhalb des jeweiligen Regelbereiches.210
Der Auftrag an den Gesetzgeber, gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet herzustellen und die Rechts- und Wirtschaftseinheit
im gesamtstaatlichen Interesse zu wahren, begründet nur für das Regelungsthema Steuern eine Kompetenz für den Bundesgesetzgeber
(Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG). Im Übrigen ergibt sich die Kompetenz von Bundes- oder Landesgesetzgeber aus den Katalogen
der Sachgegenstände nach Art. 73 und 74 GG. Das Erfordernis gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Rechts- oder Wirtschaftseinheit nach
Art. 72 Abs. 2 GG begründet ein zusätzliches Kompetenzerfordernis, wirkt also kompetenzverengend, nicht kompetenzbegründend.211
Der Schutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs ist nach Art. 72 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG Gegenstand der Bundesgesetz gebung.212
Gleiches gilt nach Art. 72 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 16 GG für das Kartellrecht.213
Das Rundfunkrecht ist Gegenstand der Landesgesetzgebung.214
Diese beiden Kompetenzbereiche überschneiden sich nicht, weil der Rundfunk seinen Auftrag unabhängig von Markt und Wettbewerb zu erfüllen hat,215
 der Rundfunk seine Erwerbsgrundlage nicht im wirtschaftlichen Wettbewerb, sondern im Rundfunkbeitrag findet, das finanzielle Jahresergebnis des Rundfunks nicht von seinem wettbewerblich erzielten Markterfolg abhängt, sondern von dem Beitragsaufkommen, das die Landesparlamente regeln, die KEF aufgrund von Anmeldungen der ARD und des ZDF empfehlend vorzeichnet. Zwar gab es Abgrenzungsfragen für das Verhältnis von Kartellrecht und Pressekonzentration, auch zur Konzentrationskontrolle des Rundfunks. Diese sind aber so zu beantworten, dass die Kompetenzgrundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 16 GG nicht greift, wenn rundfunk- oder kulturpolitische Ziele verfolgt werden.216
Eine Rundfunkkonzentrationskontrolle durch den Bund erscheint schon deshalb unvertretbar, weil die Landesgesetze die Konzentration der Rundfunkanstalten innerhalb der ARD, die Zusammenarbeit von ARD und ZDF in Gemeinschaftsprogrammen, die Gesamtfinanzierung von ARD und ZDF durch den Rundfunkbeitrag und dessen Bemessung in einem ARD und ZDF verbindenden Anmelde-, Entscheidungs- und Kontrollverfahren regeln. Die Landesgesetzgeber lassen sich bei diesen Bestimmungen von dem Rundfunkauftrag und den ihm zugrundeliegenden Freiheiten und Unabhängigkeiten leiten, auch von der Bedeutung des Rundfunks für Demokratie und Kultur bestimmen. Dieses fein austarierte System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darf nicht durch bundesgesetzliche Interventionen verfremdet werden.
Im Ergebnis ist der Landesgesetzgeber allein für die Regelung des Rundfunks zuständig. Er hat diese Zuständigkeit zur Regelung eines vom Wettbewerb unabhängigen Rundfunks genutzt.217
Das Europarecht hat die Eigenart des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anerkannt und ihn nach dem Maßstab des Art. 106 AEUV vom Wettbewerb ausgenommen.218
Diese Grundentscheidung könnte durch den RStV nochmals klargestellt werden. Der Bundesgesetzgeber dürfte diese Entscheidung allenfalls
durch eine wettbewerbsrechtliche Bereichsausnahme bestätigen
.

Oha: Hier geht noch ein "Auftrag" an die (Landes-)Gesetzgeber den EU-Richtlinien-Artikel 106 AEUV in die Rundfunkgesetze aufzunehmen!?
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Shuzi am 26. September 2017, 17:49
Nur dafür, also für die staatlich gewollte Einschränkung eines am Markt agierenden Unternehmens, ist eine staatliche Stütze zulässig, damit diesem Unternehmen kein Nachteil daraus widerfährt, einen staatlichen Auftrag angenommen zu haben, der nicht jenes Portfolio beinhaltet, das allen anderen zur Verfügung steht.

Da der Auftrag jedoch nirgends definiert ist, kann auch keine Aussage über dessen Portfolio getroffen werden.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: wolfsrex am 26. September 2017, 18:14
Anstalt öffentlichen Rechts namens Rundfunk Berlin-Brandenburg, eines in medialem Wettbewerb zu anderen Unternehmen der gleichen Medien-Branchen stehenden Unternehmens.

Tja... Da hat ein ehemaliger Verfassungsrichter folgende Meinung:
Zitat
Das Europarecht hat die Eigenart des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anerkannt und ihn nach dem Maßstab des Art. 106 AEUV vom Wettbewerb ausgenommen.
Quelle: http://www.ard.de/download/4340606/Transparenz_des_oeffentlich_rechtlichen_Rundfunks.pdf
 ???

Als Begründung der „Nicht-Marktteilnahme“ wird die (gesetzlich erforderliche) finanzielle Unabhängigkeit (vom Wettbewerb) herangezogen, die wiederum durch die Zwangsabgabe gewährleistet wird:
Zitat
weil der Rundfunk seinen Auftrag unabhängig von Markt und Wettbewerb zu erfüllen hat, der Rundfunk seine Erwerbsgrundlage nicht im wirtschaftlichen Wettbewerb, sondern im Rundfunkbeitrag findet, das finanzielle Jahresergebnis des Rundfunks nicht von seinem wettbewerblich erzielten Markterfolg abhängt, sondern von dem Beitragsaufkommen.


Also: Da keine Einnahmen aus dem Wettbewerb erforderlich und kein Marktwerfolg nortwendig sind, stehen die örRA nicht im Wettbewerb. (trotz Konkurrenz)
Zitat
Im Rahmen des dualen Systems stehen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zwar in faktischer Konkurrenz zu den privaten Anbietern.
?


Ich zitiere hier mal Art. 106 AEUV: https://dejure.org/gesetze/AEUV/106.html (https://dejure.org/gesetze/AEUV/106.html)
Zitat
(1) ...
(2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.
(3) ...
Ich verstehe hierunter in erster wirtschaftliche Institutionen wie z.B. Landesbanken, Kreditanstalten usw., jedoch unter keinen Umständen Rundfunkanstalten. Denn Rundfunk ist sicherlich keine "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse". Im übrigen erkenn ich in dieser Formulierung keine Verbindung zur Finanzierung der angesprochenen Unternehmen. Die Aussage aus dem Gutachten ist in meinen Augen eine Nebelkerze.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Kurt am 26. September 2017, 18:20
hierzu bitte ab Seite 74 in o.a. Gutachten lesen...
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 26. September 2017, 20:41
@NichtzahlerKa

Zitat
Ich finde es schwer von da den Faden zur Selbsttitulierung zu spinnen.
Es hat auch keinen direkten und der indirekte ist nicht pro ÖRR.
.
Zitat
Ist dieses Privileg dafür da, dass dem ÖR kein Nachteil aus seinem Auftrag widerfährt? Meinst Du das?
Nein; für die Gewährung einer staatlichen Stütze durch den Staat braucht es kein Recht der Selbsttitulierung, das es übrigens auch nicht hat.

Jenes Unternehmen, das vom Staat einen konkreten Auftrag erhält, hat lediglich wie jedes Unternehmen das Recht, daß der Auftraggeber diesen Auftrag auch angemessen bezahlt; das Recht, Dritte damit zu belästigen, hat dieses Unternehmen nicht.

@MMichael
Zitat
Das Europarecht hat die Eigenart des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anerkannt und ihn nach dem Maßstab des Art. 106 AEUV vom Wettbewerb ausgenommen
Hier ist primär entscheidend, was der EuGH empfindet. Und der sagt nun einmal in seiner gefestigten Rechtsprechung, daß der Verbraucher die freie Entscheidung haben muß und Behörden gemäß EuGH C-201/14 bspw. nicht befugt sind, personenbezogene Daten der Bürger ohne Vorabinfo an diese zwecks Inanspruchnahme des allgemeinen Widerspruchsrechtes an andere Behörden weiterzugeben.

Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - Vertrag über die Europäische Union (konsolidierte Fassung) - Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (konsolidierte Fassung) - Protokolle - Anhänge - Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz, die den am 13. Dezember 2007 unterzeichneten Vertrag von Lissabon angenommen hat - Übereinstimmungstabellen

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=celex%3A12012E%2FTXT
Zitat
Artikel 106

(ex-Artikel 86 EGV)

(1) Die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Verträgen und insbesondere den Artikeln 18 und 101 bis 109 widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten.

(2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.

(3) Die Kommission achtet auf die Anwendung dieses Artikels und richtet erforderlichenfalls geeignete Richtlinien oder Beschlüsse an die Mitgliedstaaten.

@kurt
Es werden keine Dokumente beachtet oder aufgerufen, die auf Seiten von ÖRR und Co. hinterlegt sind. Recht findet man beim Gesetzgeber und nicht bei dem durch ein Gesetz evtl. Begünstigten.

@wolfsrex
Zitat
Ich verstehe hierunter in erster wirtschaftliche Institutionen wie z.B. Landesbanken, Kreditanstalten usw., jedoch unter keinen Umständen Rundfunkanstalten.
Nö; so es EU-seitig keine Einschränkung hat, sind grundsätzlich alle Unternehmen gemeint. Bitte vergiß nicht, daß auch Unternehmen der Privatwirtschaft einen etwaigen Auftrag gleichen Inhalts erhalten können und beachte ferner, daß seitens der EU alle(!) Unternehmen gleich zu behandeln sind.

@Shuzi
Zitat
Da der Auftrag jedoch nirgends definiert ist,
Für nationales Verständnis hat es einen in rudimentärer Form im Rundfunkstaatsvertrag; für EU-Verständnis hat es keinen, weil ein Auftrag eigentlich nur auf Basis eines Vertrages zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber entstehen kann. Und da es diesen Vertrag nicht hat, hat es folgerichtig gemäß EuGH C-337/06 auch jeweils keine Gegenleistung zwischen Staat und ÖRR, bzw. zwischen Verbraucher und ÖRR.

Solange EU-Recht nicht verletzt ist, interessieren den EuGH nationale Besonderheiten allerdings nicht.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: MMichael am 27. September 2017, 12:19
hierzu bitte ab Seite 74 in o.a. Gutachten lesen...
Dazu mal den Absatz Seite 74 (ohne Fußnoten) hierher kopiert:
Zitat
AEUV: Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Das Unionsrecht errichtet einen Binnenmarkt (Art. 3 Abs. 3 EUV) und begründet auf dieser Grundlage ein weitgreifendes Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen (Art.101 AEUV), nimmt aber nach Art.106 Abs.2 AEUV Unternehmen aus, „die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind“. Ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu diesen Unternehmen gehören, war zwischen den Gemeinschaftsorganen und zwischen der Union und den Mitgliedstaaten lange streitig. 199
Das „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Mitgliedstaaten“ zum Vertrag von Amsterdam, 200
das unverändert als Protokoll Nr.29 in den Vertrag von Lissabon übernommen worden ist,201
hat jedoch die Befugnis der Mitgliedstaaten klargestellt, ihren Rundfunkanstalten Aufgaben im öffentlichen Interesse zu übertragen. Die Kommission hat sich in ihren Mitteilungen über die Anwendung der Beihilfevorschriften auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk202
ausdrücklich für die Anerkennung der Tätigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ausgesprochen.203
Die klare Trennung des „Bereichs des öffentlichen Auftrags“ und des „kommerziellen Bereichs“ beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk fordert das Einstellungsschreiben der Kommission 204
ausdrücklich. Es sind die erforderlichen Rechtsvorschriften zu erlassen, um eine getrennte Buchführung zu gewährleisten, zwischen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und sonstigen Tätigkeiten zu unterscheiden. Die Finanzierung der öffentlichen Rundfunkanstalten ist auf die Nettokosten des öffentlichen Auftrags zu beschränken. Rein kommerzielle Tätigkeiten sind nicht durch eine staatliche Garantie zu begünstigen. Eine Überkompensierung und eine Quersubventionierung kommerzieller Tätigkeiten sind auszuschließen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seien zu einem marktkonformen Verhalten gegenüber Dritten und gegenüber ihren gewerblichen Tochtergesellschaften zu verpflichten und in dieser Verpflichtung regelmäßig extern zu kontrollieren. Maßstab ist dabei der Fremdvergleich.205
Das Europarecht anerkennt somit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seinen verfassungsbestimmten Handlungsauftrag im Rahmen des Binnenmarktes und als Ausnahme von den Wettbewerbsregeln, fordert aber eine klare Trennung zwischen diesem speziellen Rundfunkauftrag und den kommerziellen Tätigkeiten der Rundfunkanstalten. Die Grenzen dieser Aufgabenbereiche sind europarechtlich gefordert, aber nicht definiert. Sie sind in der Erwerbsfunktion einer kommerziellen Tätigkeit insbesondere als zulässige Finanzierungsquelle jenseits der vorrangigen Beitragsfinanzierung zu finden, sodann daraufhin zu überprüfen, ob sie die Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten gegenüber dem Staat stärken und ob und wann die Risiken einer kommerziellen Orientierung verfremdend auf die freie Programmgestaltung einwirken.206

Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 27. September 2017, 14:13
@MMichael

Dem Wortlaut, siehe großes Zitat, kann man ja durchaus zustimmen; dennoch müssen alle Unternehmen gleich behandelt werden, die in einem gemeinsamen Markt agieren:

Kleiner Ausflug zum Europarecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12861.msg151048.html#msg151048
Zitat

Rechtssache C-347/14
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=verbraucher%2Bfreie%2Bentscheidung&docid=170123&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=282239#ctx1

Rn. 22
Zitat

    Außerdem zielt die Richtlinie 2010/13 nach ihren Erwägungsgründen 11, 21 und 24 darauf ab, dass in einem besonders wettbewerbsstarken Medienumfeld für Anbieter, die sich an das gleiche Publikum richten, die gleichen Regeln gelten und verhindert wird, dass audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, wie die im Ausgangsverfahren fragliche Videosammlung, dem herkömmlichen Fernsehen gegenüber unlauteren Wettbewerb betreiben können.

Alleine daraus folgt, daß die ÖRR kein Recht zur Selbsttitulierung haben können, da die PRR dieses Recht auch nicht haben, für den ganzen Rundfunk aber die gleichen Regeln gelten müssen.

Zum Wettbewerb sei daran erinnert:

Kleiner Ausflug zum Europarecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12861.msg147721.html#msg147721

Zitat
Rechtssache C-150/16
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=%25C3%25B6ffentliches%2BUnternehmen&docid=190790&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=156381#ctx1

Rn. 33
Zitat

    In Bezug auf die Voraussetzung der Wettbewerbsverzerrung ist darauf hinzuweisen, dass Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (Urteil vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam, C-494/06 P, EU:C:2009:272, Rn. 54).

Es sei hier also nochmals darauf hingewiesen, daß erstens eine staatliche Unterstützung im Regelfall nicht für Bereiche erfolgen darf, die dem regulären Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind, weil es grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälscht, und allen Teilnehmern eines Marktsegmentes übereinstimmende Regeln auferlegt sein müssen.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: marga am 27. September 2017, 16:34
(...)
Alleine daraus folgt, daß die ÖRR kein Recht zur Selbsttitulierung haben können, da die PRR dieses Recht auch nicht haben, für den ganzen Rundfunk aber die gleichen Regeln gelten müssen.
(...)

Auch hier wird im Beschluss vom Landgericht Tübingen durch Herrn Dr. Sprißler folgendes zitiert:
Vorlage an den EuGH gem. Art. 267 AEUV, Az. C-492/1
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24203.msg153607.html#msg153607

Zitat
(...)
3. Das sogenannte Selbsttitulierungsrecht haben nationale Gerichte10 für öffentlich-rechtliche Landesbanken bereits als gleichheitswidrige Privilegierung, d.h. als Verfassungsverstoß, angesehen. Die Selbsttitulierung ist schneller, einfacher und billiger als das gerichtliche Verfahren. Diese Vorteile gegenüber Wettbewerbern führen zu Nachteilen beim Verbraucher; gerichtlicher Rechtsschutz und richterliche Prüfung vor Titulierung und vor Vollstreckung werden im praktischen Alltag nahezu ausgeschlossen bzw. erheblich erschwert. Aus Sicht des vorlegenden Gerichts handelt es sich um eine gleichheitswidrige Privilegierung öffentlich-rechtlicher Sender gegenüber konkurrierenden Privatsendern, die auch nicht für die Umsetzung des sogenannten dualen Rundfunksystems — das allerdings seit der Entwicklung des Begriffs sich dank Internet, Satelliten und Mobilfunk und damit verbundener unmittelbarer Konkurrenz von Sendern und Verlagen im Internet, so nicht mehr existiert, notwendig ist. Die Privilegierung bedeutet auch Reduzierung der Kosten für Beitreibung und Vollstreckung und stellt damit auch eine grundlos privilegierende Beihilfe dar.
(...)

Weiterlesen: Neuer Beschluss Dr. Sprißler, 5. Zivilkammer LG Tübingen: Vorlage beim EuGH
Antwort #2 am: 28. August 2017, 23:34
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24203.msg153614.html#msg153614 +++  >:D
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: marga am 08. Oktober 2017, 15:23
Zum Wettbewerb sei daran erinnert:

Kleiner Ausflug zum Europarecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12861.msg147721.html#msg147721

Zitat
Rechtssache C-150/16
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=%25C3%25B6ffentliches%2BUnternehmen&docid=190790&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=156381#ctx1

Rn. 33
Zitat

    In Bezug auf die Voraussetzung der Wettbewerbsverzerrung ist darauf hinzuweisen, dass Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (Urteil vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam, C-494/06 P, EU:C:2009:272, Rn. 54).
[Hervorhebung durch user@marga]

Es sei hier also nochmals darauf hingewiesen, daß erstens eine staatliche Unterstützung im Regelfall nicht für Bereiche erfolgen darf, die dem regulären Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind, weil es grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälscht, und allen Teilnehmern eines Marktsegmentes übereinstimmende Regeln auferlegt sein müssen.

Hier ein "Fundstück" aus dem neuerlichen Gutachten des Profs. Kirchhof zum Thema:

Zitat
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist von Anfang an nicht als privatwirtschaftlich, wettbewerblich tätiges Unternehmen konzipiert.
Insoweit findet das Wettbewerbs- und Kartellrecht keine Anwendung.
Soweit der Rundfunk allerdings seinen Rundfunkauftrag verlässt und erwerbswirtschaftlich tätig wird
– er Filmrechte verkauft, Sendekapazitäten vermietet oder Leistungen des allgemeinen Unternehmensbedarfs nachfragt –,
gelten die für Markt und Wettbewerb verbindlichen allgemeinen Regeln.

17. Soweit im Rahmen des dualen Systems öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten
und private Rundfunkunternehmen in faktischer Konkurrenz stehen,
hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu gewährleisten, dass eine Verengung oder Einseitigkeit
des privaten Sektors nicht zu einer Unausgewogenheit des Gesamtangebotes führt,
das die Ziele des Art.5 Abs.1 GG verfehlen würde (BVerfG).
Deswegen gilt im Rahmen dieses Rundfunkauftrags das Rundfunkrecht, nicht das Wettbewerbsrecht.
Quelle: http://www.ard.de/download/4340606/Transparenz_des_oeffentlich_rechtlichen_Rundfunks.pdf (http://www.ard.de/download/4340606/Transparenz_des_oeffentlich_rechtlichen_Rundfunks.pdf)

Hiernach wird das von user@pinguin zitierte "Urteil vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam, C-494/06 P, EU:C:2009:272, Rn. 54" völlig umgedreht?

Meinungen? +++  >:D
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 08. Oktober 2017, 16:10
Meinungen? +++  >:D
Es wird den EuGH nicht interessieren, ob europäisches Recht mit nationalem übereinstimmt; seine Aufgabe ist es, zu prüfen, ob nationales Recht mit europäischen in Übereinstimmung steht und, wenn nicht, klar darauf zu verweisen, daß es im EU-Binnenmarkt nur ein gültiges, anzuwendendes Recht hat, nämlich das der EU, und es auch Aufgabe des EuGH ist, dieses gemeinsame EU-Recht durchzudrücken.

Zitat
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist von Anfang an nicht als privatwirtschaftlich, wettbewerblich tätiges Unternehmen konzipiert.
Das spielt für die EU keine Rolle; es zählt alleine, daß er in diesem Rundfunkmarkt = Medienmarkt tätig ist.

Zitat
Deswegen gilt im Rahmen dieses Rundfunkauftrags das Rundfunkrecht, nicht das Wettbewerbsrecht.
Sieht die Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste mit Erwägungsgrund 82 leicht anders:

RICHTLINIE 2010/13/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 10.März 2010

zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)

(kodifizierte Fassung)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1440190481646&uri=CELEX:02010L0013-20100505

Zitat
(82)
Abgesehen von den Praktiken, die unter die vorliegende Richtlinie fallen, gilt die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern ( 26 ) für unlautere Geschäftspraktiken, darunter auch für irreführende und aggressive Praktiken in audiovisuellen Mediendiensten.[...]

Es ist ohne jeden Zweifel eine irreführende Geschäftspraxis, dem Verbraucher zu suggerieren, er müsste für eine von ihm nicht bestellte Ware oder Dienstleistung finanzielle oder anderweitige Mittel aufwenden.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: marga am 08. Oktober 2017, 16:32
Es ist ohne jeden Zweifel eine irreführende Geschäftspraxis, dem Verbraucher zu suggerieren, er müsste für eine von ihm nicht bestellte Ware oder Dienstleistung finanzielle oder anderweitige Mittel aufwenden.

Werter user@pinguin,

die von dir zitierte "Geschäftspraxis" wird mit dem Satz von dem Gutachten Ersteller aber negiert:

Zitat
... nicht privatwirtschaftlich, wettbewerblich tätiges Unternehmen ...

Der Bürger hat es doch dann damit einer "staatlichen Einrichtung" zu tun. Da haben wir dann doch wieder das "Zwitterwesen Rundfunk".
Der Rundfunk wird sich darauf berufen und wie beim Gutachten des Profs. Paul Kirchhof zum RBStV, diesen Standpunkt vom "nicht privatwirtschaftlich, wettbewerblich tätiges Unternehmen" als "Verfestigtes Dogma" vertreten.

Der EuGH wird sich sicherlich sehr schwer tun, nach deinen Ausführungen, was das Eu-Recht betrifft, zu urteilen.
Es bleibt spannend und wir harren aus, der Dinge die da kommen werden ... +++  ;) >:D

PS.

Was sind nach diesem Zitat als ...
Zitat
... irreführende und aggressive Praktiken in audiovisuellen Mediendiensten ...

... zu bezeichnen?

Der Vordere Satzteil >>> im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern ( 26 ) für unlautere Geschäftspraktiken <<< trifft ja dann nur zwischen Unternehmen und Verbraucher zu und würde nach der Aussage des Profs. Paul Kirchhof in seinem Gutachen, nicht für den Rundfunk zutreffen. Wäre z. B. die sogen. "Selbsttitulierung" des Rundfunks eine solche irreführende Praktikabilität?
Siehe auch hier:
Neuer Beschluss Dr. Sprißler, 5. Zivilkammer LG Tübingen: Vorlage beim EuGH
Selbsttitulierung « Antwort #30 am: 27. September 2017, 16:34 »
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24527.msg156079.html#msg156079
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: boykott2015 am 08. Oktober 2017, 20:50
Der Bürger hat es doch dann damit einer "staatlichen Einrichtung" zu tun. Da haben wir dann doch wieder das "Zwitterwesen Rundfunk".

Der Bürger könnte nicht den gesamten Rundfunk ansehen, sondern nur Teil, das ihn interessiert. Alles was mit dem Rundfunkbeitrag zusammenhängt.

Rundfunk hat genau für das Teil EU-Marken registriert und benutzt sie. D.h. mit dem Rundfunkbeitrag agiert er EU-weit im Wettbewerb.
Person P hat z.B. WDR angefragt, auf welcher gesetzlichen Basis wurden die Marken angemeldet und jetzt benutzt. Die Antwort kam: § 44b Kommerzielle Tätigkeiten des WDR-Gesetzes (https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=4737&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=377916).

Rundfunk mag eine staatliche Einrichtung sein, aber das Teil, das für den Rundfunkbeitrag zuständig ist, wird definitiv im kommerziellem Bereich ausgeführt.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: marga am 08. Oktober 2017, 20:52
Rechtsgrundlagen für öffentliche Unternehmen, wer übt den „beherrschenden Einfluss“ aus?

Zitat
Im weiteren Sinne gehören alle bundes- und landesunmittelbaren Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie die mehrheitlich von einem öffentlich-rechtlichen Träger gehaltenen privatrechtlich organisierten Unternehmen zum Sektor der öffentlichen Unternehmen. Zu den öffentlichen Unternehmen zählen gemäß § 2 Abs. 3 Finanzstatistikgesetz alle Unternehmen, an deren Nennkapital die öffentliche Hand (Bund, Länder, Gemeinden) mit mehr als 50 % beteiligt ist. Nach der Definition der Finanzstatistik werden Unternehmen als öffentlich bezeichnet, wenn die öffentliche Hand die Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit besitzt. Im engeren Sinne ist der Begriff des öffentlichen Unternehmens auf privatrechtlich organisierte Unternehmen mit überwiegend öffentlich-rechtlicher Beteiligung eingeengt.

Eine erste europarechtliche Legaldefinition hielt Art. 2 Abs. 1 b) Transparenzrichtlinie vom Juni 1980 bereit.[2] „Es wird vermutet, dass ein beherrschender Einfluss ausgeübt wird, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt oder über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leistungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.“ Diese Definition wurde fast wörtlich in Art. 1 Nr. 2 EU-Sektorenrichtlinie [3] übernommen. Nach der neuen Transparenzrichtlinie vom Juli 2000[4] ist öffentliches Unternehmen „jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.“ Daraus folgt, dass der beherrschende Einfluss der öffentlichen Hand als wichtigstes Kriterium für ein öffentliches Unternehmen angesehen wird und nicht etwa das öffentliche Eigentum, sofern dieser Einfluss die Befugnis zur Besetzung der leitenden Stellen im Unternehmen oder die Kontrolle über unternehmerische Entscheidungen aufgrund von Sonderrechten der Vertreter der Staatsgewalt umfasst.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentliches_Unternehmen (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentliches_Unternehmen)

Kommentar:
Die hier beschriebenen Rechtsgrundlagen, dass z. B. die LRA „Saarländischer Rundfunk“ ein „öffentliches Unternehmen“ darstellt, treffen nicht zu.
Der Saarländische Rundfunk hier als Beispiel zu nennen, wird nach Auffassung der Richter des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes, nicht zur „staatlichen Ebene“ zugerechnet. Somit kein öffentliches Unternehmen darstellt. Auch dies bestätigt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk doch als „privatwirtschaftlich, wettbewerblich tätiges Unternehmen agiert. Damit wird die Aussage des Prof. Paul Kirchhof in seinem neuerlichen Gutachten ad absurdum geführt.
Zitat
Anders als bei den Rundfunkanstalten, die nach zutreffender Auffassung nicht der staatlichen Ebene zuzurechnen sind (vgl. dazu Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/-Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, B 5, Vor § 11 Rdn. 3 ff.) stellen die Hochschulen Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung dar. Allerdings ist das Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen ebenso wie dasjenige der Rundfunkanstalten Ausdruck des von den Hochschulen wahrgenommenen Grundrechts.
Quelle Seite 251: Wendt/Rixecker Verfassung des Saarlandes Kommentar Herausgegeben von den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes.
https://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/Kommentar%20SVerf%20(Endfassung%2022-06-09).pdf (https://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/Kommentar%20SVerf%20(Endfassung%2022-06-09).pdf)

Hier die Rechtsgrundlage nach dem Saarländischen Mediengesetz:
Zitat
§ 22 SMG – Rechtsform, Sitz, Selbstverwaltung, Bestands- und Entwicklungsgarantie
(1) Der "Saarländische Rundfunk" (SR) ist eine rechtsfähige gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Sitz in Saarbrücken. Er hat im Rahmen dieses Gesetzes das Recht der Selbstverwaltung.
(2) Bestand und Entwicklung des SR werden gewährleistet. Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des SR ist unzulässig.

§ 25 SMG – Organe der Anstalt
Die Organe der Anstalt sind:
1.   der Rundfunkrat,
2.   der Verwaltungsrat,
3.   die Intendantin oder der Intendant.
Quelle: http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=150748400965229857&sessionID=114969018322650462&templateID=document&source=document&chosenIndex=Dummy_nv_68&xid=186198,1&task=chose_fliesstext#gesetz_fliesstext_186198,1 (http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=150748400965229857&sessionID=114969018322650462&templateID=document&source=document&chosenIndex=Dummy_nv_68&xid=186198,1&task=chose_fliesstext#gesetz_fliesstext_186198,1)

Hier die Insolvenzordnung:
Zitat
Insolvenzordnung (InsO)
§ 12 Juristische Personen des öffentlichen Rechts
(1) Unzulässig ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen
1.   des Bundes oder eines Landes;
2.   einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes untersteht, wenn das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Hat ein Land nach Absatz 1 Nr. 2 das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person für unzulässig erklärt, so können im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung dieser juristischen Person deren Arbeitnehmer von dem Land die Leistungen verlangen, die sie im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch über das Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit und nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom Träger der Insolvenzsicherung beanspruchen könnten.

Kommentar:
Der "Saarländische Rundfunk" (SR) ist eine rechtsfähige gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Sitz in Saarbrücken und gehört mit seinem Vermögen nicht zum Bund und nicht zum Land, gemäß der Insolvenzverordnung § 12 Abs. (1) Nr. 1.
Auch die Aufsicht nach Abs. (1) Nr. 2 wird nicht vom Land durchgeführt,
Lediglich gemäß Abs. (2) können Arbeitnehmer vom Land Leistungen nach dem SGB III beanspruchen, im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person. Hier wird dann trotz „unzulässiger Insolvenz“ im Falle der „Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach dem SGB III“, ein Vermögensanspruch definiert.  +++
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 09. Oktober 2017, 15:23
@Marga

Die zwar legitimen Fragen erstaunen mich, wurden diese doch im Forum bereits geklärt.

Zitat
... nicht privatwirtschaftlich, wettbewerblich tätiges Unternehmen ...
Das EU-Recht bemißt sich nach seiner Wirkung; es kommt nicht darauf an, ob eine "Einrichtung" nach nationalem Recht eine Behörde ist oder ein "richtiges" Unternehmen. Maßgebend für EU-Recht ist, ob diese "Einrichtung" in einem Bereich wirkt, wo es Wettbewerber hat, bzw. haben kann.

Zitat
Was sind nach diesem Zitat als ...
Zitat
... irreführende und aggressive Praktiken in audiovisuellen Mediendiensten ...
... zu bezeichnen?
Dafür schaust Du bitte in die benannte Richtlinie:

RICHTLINIE 2005/29/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Mai 2005

über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1507553374697&uri=CELEX:32005L0029

Zitat
Artikel 2

Definitionen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)
„Verbraucher“ jede natürliche Person, die im Geschäftsverkehr im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;
Eine juristische Person ist also nicht "Verbraucher" im Sinne dieser Richtlinie.

Zitat
Artikel 4

Binnenmarkt

Die Mitgliedstaaten dürfen den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Warenverkehr nicht aus Gründen, die mit dem durch diese Richtlinie angeglichenen Bereich zusammenhängen, einschränken.

Zitat
Artikel 5

Verbot unlauterer Geschäftspraktiken
[...]
(2)   Eine Geschäftspraxis ist unlauter, wenn
[...]
b)
sie in Bezug auf das jeweilige Produkt das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers, den sie erreicht oder an den sie sich richtet oder des durchschnittlichen Mitglieds einer Gruppe von Verbrauchern, wenn sich eine Geschäftspraxis an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, wesentlich beeinflusst oder dazu geeignet ist, es wesentlich zu beeinflussen.
Kein Rundfunknichtnutzer würde sich freiwillig für Rundfunk als zu unterstützendes Medium entscheiden; ihm zu suggerieren, daß er das müsste, ist unlauter.

Zitat
(5)   Anhang I enthält eine Liste jener Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen als unlauter anzusehen sind. Diese Liste gilt einheitlich in allen Mitgliedstaaten und kann nur durch eine Änderung dieser Richtlinie abgeändert werden.

Zitat
ANHANG I

GESCHÄFTSPRAKTIKEN, DIE UNTER ALLEN UMSTÄNDEN ALS UNLAUTER GELTEN

[...]
11.
Es werden redaktionelle Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eingesetzt und der Gewerbetreibende hat diese Verkaufsförderung bezahlt, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern und Tönen eindeutig hervorgehen würde (als Information getarnte Werbung). Die Richtlinie 89/552/EWG (1) bleibt davon unberührt.
Bspw. wäre die Behauptung, jeder müsse Rundfunkbeitrag bezahlen, eine dieser verbotenen, unlauteren Geschäftspraktiken.

Zitat
18.
Erteilung sachlich falscher Informationen über die Marktbedingungen [...]

Zitat
20.
Ein Produkt wird als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder Ähnliches beschrieben, obwohl der Verbraucher weitere Kosten als die Kosten zu tragen hat, die im Rahmen des Eingehens auf die Geschäftspraktik und für die Abholung oder Lieferung der Ware unvermeidbar sind.
Ist das nicht beim ÖRR alltägliche Praxis?

Zitat
21.
Werbematerialien wird eine Rechnung oder ein ähnliches Dokument mit einer Zahlungsaufforderung beigefügt, die dem Verbraucher den Eindruck vermitteln, dass er das beworbene Produkt bereits bestellt hat, obwohl dies nicht der Fall ist.
Was ist Infopost anderes als Werbung?

Zitat
Aggressive Geschäftspraktiken

[...]

26.
Kunden werden durch hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien geworben, außer in Fällen und in den Grenzen, in denen ein solches Verhalten nach den nationalen Rechtsvorschriften gerechtfertigt ist, um eine vertragliche Verpflichtung durchzusetzen. Dies gilt unbeschadet des Artikels 10 der Richtlinie 97/7/EG sowie der Richtlinien 95/46/EG (2) und 2002/58/EG.
Bspw. Infopost? Da es keine vertragliche Verpflichtung zwischen Verbraucher und ÖRR hat, ist eine derartige Praxis nicht zulässig.

->
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
Rechtssache C-611/14

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184853&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=121032

Rn 4
Zitat
Art. 1 der Richtlinie 2005/29 lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen, zu einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts und zum Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen.“

Rn. 5
Zitat
Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck



c)      ‚Produkt‘ jede Ware oder Dienstleistung …
[...]
e)      ‚wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers‘ die Anwendung einer Geschäftspraxis, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte;

Rn. 7
Zitat
Art. 6 („Irreführende Handlungen“) der Richtlinie 2005/29 bestimmt:

„(1)      Eine Geschäftspraxis gilt als irreführend, wenn sie falsche Angaben enthält und somit unwahr ist oder wenn sie in irgendeiner Weise, einschließlich sämtlicher Umstände ihrer Präsentation, selbst mit sachlich richtigen Angaben den Durchschnittsverbraucher in Bezug auf einen oder mehrere der nachstehend aufgeführten Punkte täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist und ihn in jedem Fall tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ansonsten nicht getroffen hätte:
Kein Rundfunknichtnutzer würde freiwillig an ÖRR und Co. eine Zahlung leisten.

Zitat
e)
die Notwendigkeit einer Leistung, [...]

f)
die Person, die Eigenschaften oder die Rechte des Gewerbetreibenden oder seines Vertreters, wie Identität und Vermögen, seine Befähigungen, seinen Status, seine Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen sowie gewerbliche oder kommerzielle Eigentumsrechte oder Rechte an geistigem Eigentum oder seine Auszeichnungen und Ehrungen;
Auf Basis welcher Befugnis meint der ÖRR, er hätte hoheitliche Rechte?

Und damit sind wir dann auch bei der vermeintlich vom Gesetzgeber zugestandenen "Selbsttitulierung", die ein am EU-Markt agierendes Unternehmen grundsätzlich nicht hat.

Übrigens;

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
Rechtssache C-526/11

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=140948&doclang=DE

Die vom Bürger zu zahlenden Finanzmittel zu Händen des Rundfunks nennt man doch Rundfunkbeitrag?

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung wie eine berufsständische Körperschaft des öffentlichen Rechts weder das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch die öffentlichen Stellen erfüllt, wenn sich diese Einrichtung überwiegend durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert, zu deren Festsetzung und Erhebung sie durch ein Gesetz ermächtigt wird, das nicht den Umfang und die Modalitäten der Tätigkeiten regelt, die sie im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, die mit diesen Beiträgen finanziert werden sollen, ausübt, noch das Kriterium der Aufsicht öffentlicher Stellen über ihre Leitung allein deshalb erfüllt, weil die Entscheidung, mit der sie die Höhe der Beiträge festsetzt, der Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde bedarf.

Ich wünsche fröhliches Grübeln.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: marga am 10. Oktober 2017, 16:26
Werter user @pinguin,
aus dem „Grübeln“ in der
RICHTLINIE 2005/29/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates den Urteilen des Rates …

Quelle: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1507553374697&uri=CELEX:32005L0029 (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1507553374697&uri=CELEX:32005L0029)

… und dem URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) Rechtssache C-611/14 …

Quelle: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184853&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=121032 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184853&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=121032)

… unterliegen die Vergabe von „öffentlichen Aufträgen“ (Vergabe vom Zwangsrundfunkbeitragseinzug – INKASSO -- an den privatrechtlichen BS als GbR) einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Soweit die Übertragung an den BS nicht schon wegen „Fehlens“ der hoheitlichen Befugnis dieser Übertragung durch ein Bundesgesetz, hätte erfolgen müssen.

Die LRAn haben aber keine Aufsichtsbehörden. Sie bestehen lediglich aus den folgenden 3 Organen, wegen der sogen. „Selbsttitulierung“ im jeweiligen Landesmediengesetz z. B. Saarl. Mediengesetz SMG :
Zitat
§ 25 SMG – Organe der Anstalt
Die Organe der Anstalt sind:
1.   der Rundfunkrat,
2.   der Verwaltungsrat,
3.   die Intendantin oder der Intendant.

Guggst du hier als Beispiel der „Saarländische Rundfunk“ hat nach dem Saarländischen Mediengesetz SMG kein Aufsichtsorgan. Nur die Landesmedienanstalt unterliegt der Rechtsaufsicht des Landes.
Zitat
§ 42 SMG – Rechtsaufsicht. (Siehe (1) In Fällen, in denen die Gesetze verletzt werden, kann die Landesregierung die Organe des SR im Wege der Rechtsaufsicht auf Maßnahmen oder Unterlassungen der Anstalt hinweisen. (2) Wird diese Rechtsverletzung nicht innerhalb einer angemessenen Frist behoben, so weist die Landesregierung den SR an, bestimmte Maßnahmen auf Kosten der Anstalt durchzuführen)

Nun schauen wir mal als Beispiel zur „Saarländischen Staatskanzlei“ …
Ministerpräsidentin und Staatskanzlei
Medienpolitik
Zitat
Medien gehören zu einer der wichtigsten Wachstumsbranchen. Die saarländische Medienpolitik ist Politik für die Region, durch die eine dynamische Entwicklung des Medienstandortes Saarland erfolgen soll.
Die Aufgabe der saarländischen Staatskanzlei ist (…)
(…) entsprechend dieser ihre Rechtsaufsicht über den Saarländischen Rundfunk und die Landesmedienanstalt Saarland auszuüben und mit Blick auf die Globalisierung der Informations- und Kommunikationswirtschaft - und gesellschaft die Konvergenz der Medien sowie die Digitalisierung der Übertragungswege zu fördern. (…)
Quelle: https://www.saarland.de/5136.htm (https://www.saarland.de/5136.htm)

Hier wird der Öffentlichkeit die „Staatskanzlei als Aufsichtsbehörde“ irreführend dargestellt, was nach dem Landesmediengesetz nicht tituliert ist. Die Landesregierung kann lediglich "auf Maßnahmen oder Unterlassungen der Anstalt hinweisen", aber auch nicht mehr und nicht weniger. Allein die Organe der LRA treffen die Entscheidungen.
Der „Rundfunk“ hat gar keine „Aufsichtsbehörde“. Oder doch?

Die Behauptung von Herrn Prof. Paul Kirchhof, der Rundfunk sei >>> Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist von Anfang an nicht als privatwirtschaftlich, wettbewerblich tätiges Unternehmen konzipiert. <<< ist eine „irreführende Handlung“, da der Rundfunk sich selbst verwaltet und keine „staatliche Einrichtung“ darstellt. Somit würde dann das URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) Rechtssache C-611/14, greifen.
Quelle: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184853&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=121032 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184853&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=121032) +++  >:D
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: gerechte Lösung am 10. Oktober 2017, 20:05
Soweit die Übertragung an den BS nicht schon wegen „Fehlens“ der hoheitlichen Befugnis dieser Übertragung durch ein Bundesgesetz, hätte erfolgen müssen.

Ich mach mal ganz langsam:

Der BS kann keine GbR sein. Der BS kann auch kein Inkasso sein.

Der BS ist zwar bundesweit tätig.
Rundfunk ist jedoch immer noch Landesrecht. Welches "Bundesgesetz" denn, bitte? Das ist schlichtweg absurd. Das geht nicht, auch nicht 'hätte'.
Der BS ist (angeblich) Teil der LRA. Er unterliegt somit dem Landesrecht (Sozusagen allen Landesrechten. Zumindest theoretisch, praktisch verm. nicht so recht machbar?).
Der BS hat kein Recht der Selbstverwaltung, da ja Teil der LRA. Rechtlich also ein NICHTS. Die LRA hat ihn rechtlich mit zu betreuen.

Natürlich stellt der BS sich selbst die angeblichen "Titel" aus, lässt Konten pfänden und beauftragt zusätzlich auch noch das Inkasso Creditreform.

Und diese ganzen Schweinereien werden durch die sogenannte Rechtsprechung noch abgedeckt, anstatt beseitigt.
Der BS hat Narrenfreiheit und der Bürger wurde entmündigt.   Prost.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Kurt am 10. Oktober 2017, 20:21
[..]
Der BS kann keine GbR sein.
[..]

Warum klärt das denn eigentlich (endlich) jemand nachhaltig/belegbar?

Bei wem könnte man denn nachfragen?

1) BS selbst ?
2) Stadt Köln ?
3) Finanzamt Köln ?
4) firmenwissen.de ?
5) ...?
... ???


Gruß
Kurt
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: gerechte Lösung am 10. Oktober 2017, 20:38
Die GEZ hat damals die Funktion der Bundespost übernommen hinsichtlich Gebühr. Damit ist im Grunde schon alles gesagt.

Das Geld steht der LRA zu. Ist auch an die LRA zu zahlen. Jede LRA hat es zu managen. Jede LRA ist dazu verpflichtet.

Gegen einen Zusammenschluss zu einem gemeinsamen Rechenzentrum ist nichts einzuwenden, was aber nicht besagt, dass der BS irgendwelche rechtlichen Handlungen durchführen darf.
Eine GbR ist voll rechtsfähig. (So etwa seit kurz nach 2000.)
Und was ist der BS? Ein absolutes rechtliches NICHTS.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: pinguin am 10. Oktober 2017, 20:44
@marga

Im Thema

Strukturelle Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen -> EU-Recht
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23124.0.html

wurde auch diese Entscheidung des EuGH

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
Rechtssache C-82/07

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Grundsatz%2Bder%2BTrennung%2Bhoheitlicher%2Bund%2Bbetrieblicher%2BFunktionen&docid=69593&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=635120#ctx1

sicher bereits thematisiert.

Rn. 3
Zitat
Der 11. Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie lautet:
„Nach dem Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen sollten die Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit ihrer Regulierungsbehörde(n) garantieren, um die Unparteilichkeit ihrer Beschlüsse sicherzustellen. Die Anforderung der Unabhängigkeit berührt weder die institutionelle Autonomie und die verfassungsmäßigen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten noch den Grundsatz der Neutralität im Hinblick auf die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten nach Artikel 295 des Vertrags. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen.“

Wenn eine Regulierungsbehörde grundsätzlich neutral sein muß, kann sie nicht selbst Teil des von ihr zu kontrollierenden, regulierenden Systems sein, weil Neutralität dann nimmer gewahrt wäre. Wird dieser Ansatz jetzt auf eine Aufsichtsbehörde übertragen, wird klar, daß auch diese nicht Teil des Systems sein kann, da auch diese in diesem Falle nicht neutral wäre.

Aus diesem Grunde 

Zitiert aus Leitsatz 1
Zitat
dass die Funktionen der Zuteilung der nationalen Nummerierungsressourcen und der Verwaltung der nationalen Nummerierungspläne als hoheitliche Funktionen anzusehen sind.
ist auch

Eine Medienanstalt ist eine Behörde, sagt der EuGH
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22235.0.html

die Zuteilung von Funkfrequenzen bspw. genauso behördlicher Natur, wie die Überwachung der privaten Rundfunkunternehmen durch die Medienanstalt.

Was ist hoheitlich, was betrieblich?

Beides darf in jeder Fallkonstellation nicht in einem "Gebilde" zusammengefasst werden; bereits daraus folgt, daß ein Unternehmen nach EU-Definition nicht über hoheitliche Befugnisse verfügen darf.

Das "Gebilde" mit hoheitlichen Befugnissen darf keine strukturelle Verbindung zu jenem "Gebilde" mit betrieblicher Funktion haben, denn es muß neutral und unabhängig davon nach europa-, bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen agieren können.

Bei wem könnte man denn nachfragen?
6.) Gewerbezentralregister?
7.) Handelsregister?

Weil, "man kann ja nie wissen, ob ***"
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: Markus KA am 02. November 2017, 13:20
Fundsache zum Thema Wettbewerb, BGH · Urteil vom 16. Juni 2015 · Az. KZR 83/13 Rn 59:;
Zitat
"Die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten stehen insbesondere hinsichtlich der Finanzierung ihres Programmangebots sowohl untereinander als auch mit den privaten Rundfunkanbietern in Wettbewerb."
BGH · Urteil vom 16. Juni 2015 · Az. KZR 83/13
https://openjur.de/u/776026.html (https://openjur.de/u/776026.html)

Wenn der ÖRR, laut BGH, im Wettbewerb mit privaten Rundfunkanbietern steht, dann ist die Selbsttitulierung wohl durchaus ein Wettbewerbsvorteil.
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: LECTOR am 06. November 2017, 15:11
Zum Thema Selbsttitulierung bleibt der Aufsatz von Christian Waldhoff einschlägig:

Selbsttitulierung und öffentlich-rechtliche Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen.
Zum Ende von Vollstreckungsprivilegien in der Grenzzone zwischen zivilprozessualer Zwangsvollstreckung und Verwaltungsvollstreckung
(BVerfG v. 18.12.2012 – 1 BvL 8/11 und 22/11)


http://www.nordoer.nomos.de/fileadmin/nordoer/doc/Aufsatz_NordOER_13_06.pdf

Siehe den Hinweis hier im Forum unter
Waldhoff > Selbsttitulierg. u. öff.-rechtl. Vollstr. privatrechtl. Forderungen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=23333.0
Titel: Re: Selbsttitulierung
Beitrag von: ope23 am 13. Juni 2020, 23:52
Sehr interessant.  :)

Der Autor Waldhoff zielt wiederholt stark darauf ab, dass eine Durchsetzung privatrechtlicher Forderungen in einem öffentlichen Vollstreckungsverfahren und eine Teilnahme am Wettbewerb in Kollision stehen - Stichwort: Wettbewerbsvorteil. Selbst wenn es um Daseinsvorsorge geht.

Wer den Artikel auch mal durchackern mag... die letzten beiden Seiten des pdfs finde ich sehr interessant.