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Aktuelles => Aktuelles => Thema gestartet von: Markus KA am 25. Juli 2017, 14:45

Titel: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Markus KA am 25. Juli 2017, 14:45
Beschluss des I. Zivilsenats vom 14.6.2017 - I ZB 95/16 -
Zitat
Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss
des Landgerichts Tübingen - 5. Zivilkammer (Einzelrichter) - vom 20. September 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.
Gerichtskosten  für  das  Rechtsbeschwerdeverfahren  werden  nicht erhoben.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&anz=564&pos=2 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&anz=564&pos=2)
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Kurt am 25. Juli 2017, 15:11
autsch...

RN 13 und 14:
Zitat
IV. Für die neue Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Beschwerde des Schuldners sei begründet, weil eine wirksame Zustellung nicht nachgewiesen sei und damit eine Grundvoraussetzung der Zwangsvollstreckung fehle, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Zustellung eines "Titels" ist ebenso wenig Voraussetzung der Beitreibung von Rundfunkbeiträgen wie die Zustellung des Vollstreckungsersuchens der Gläubigerin. Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts ist auch die wirksame Zustellung eines Beitragsbescheids keine Vollstreckungsvoraussetzung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2017 I ZB 91/16).
Quelle: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&anz=564&pos=2

na das kann ja heiter werden!?

Gruß
Kurt
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: ope23 am 25. Juli 2017, 15:15
(Eine kurze Darstellung der Gründe wäre hilfreich gewesen.)

Knackpunkt:
Es hätte nicht ein Einzelrichter, sondern die gesamte Kammer (3 Richter) entscheiden müssen.

(Das ist alles.)

Selbstverständlich konnte sich Herr K. es nicht verkneifen, noch unverbindlich (Rn 13ff) darauf hinzuweisen, dass die Zustellung eines "Titels" (Gänsefüßchen im Original!) und eines Vollstreckungsersuchens beide nicht Voraussetzung für die Beitreibung des Lösegelds (<- so nicht im Original), ebensowenig sei die Zustellung eines Beitragsbescheids Voraussetzung für eine Vollstreckung. Die Beschwerde aufgrund des Fehlens einer "materiellen Behördeneigenschaft" (Gänsefüßchen im Original) halte der rechlichen Nachprüfung nicht stand (hier wird BGH-Urteil vom 27.4.17 zitiert).

Das war's. Nichts Erhellendes, kein fulminanter Nachweis logischer Denkfehler, nur die Behauptung "hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand" heruntergeleiert.

Schön, dass sich der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshof zum wiederholten Male völlig zum Ei macht.

Immerhin:
Nur eine Zurückverweisung. Irgendwo für Herrn E. und seiner Firma doch noch ein bisschen riskant.

Sicherlich wurde der Einzelrichter zwischenzeitlich zum Tee eingeladen...
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Blackhand am 25. Juli 2017, 15:20
Da wurde mal wieder von einem Kirchhoff unrecht gesprochen.***

Zitat
2. Die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, die Beschwerde des Schuldners sei außerdem begründet, weil dem Gläubiger die "materielle Behördeneigenschaft" fehle, hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand
(vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2017 - I ZB 91/16).

Den Beschluss vom 27. April 2017 - I ZB 91/16 findet man derzeit nicht. Dass der SWR keine Behörde ist, wurde sogar recht akribisch und sehr nachvollziehbar vom LG Tübingen begründet. Der Beschluss ist bestimmt deswegen nicht online, weil er bestimmt offensichtlich willkürlich ist.


***Edit "Bürger" - Hinweis/ Korrektur, damit keine Irritationen aufkommen:
Am BGH sitzt nicht der Kirchhof mit einem "f". Dieser sitzt am BVerfG.
Bitte solche Aussagen vorher prüfen. Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Markus KA am 25. Juli 2017, 15:20
Man findet wohl den BGH, Beschluss vom 27. April 2017 I ZB 91/16 leider nicht im Netz, wurde evtl. darin schon über LG Tübingen 5 T 232/16 (16.09.16) entschieden?
Hat der BGH bewußt das Urteil vom 27. April 2017 I ZB 91/16 nicht veröffentlicht?

Dabei heisst es:
Zitat
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ab dem 1. Januar 2000 finden Sie online in unserer Datenbank. Nicht darin enthalten sind Nichtannahme- und Verwerfungsbeschlüsse ohne Begründung. Bitte beachten Sie, dass die Entscheidungen nur zur nicht gewerblichen Nutzung kostenfrei bereit gestellt werden (§ 11 Abs. 2 Satz 2 JVKostG). Für eine schnelle und gezielte Recherche in der Datenbank haben wir einige Hinweise für Sie zusammengestellt.
http://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/entscheidungen_node.html (http://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/entscheidungen_node.html)

Also müsste die Entscheidung online zu finden sein, da in dieser wohl Begründungen vorliegen.

Oder man lässt sie sich gegen Kosten schicken:
Zitat
Entscheidungen bis einschließlich 1999 können Sie beim Entscheidungsversand des Bundesgerichtshofs schriftlich anfordern. Bis 50 Seiten beträgt die Dokumentenpauschale 0,50 Euro pro Seite, für jede weitere Seite 0,15 Euro.
http://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/EntscheidungenBis1999/entscheidungenBis1999_node.html (http://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/EntscheidungenBis1999/entscheidungenBis1999_node.html)
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Bürger am 25. Juli 2017, 15:39
Hat der BGH bewußt das Urteil vom 27. April 2017 I ZB 91/16 nicht veröffentlicht?

Seit 25.07. scheint bei "Frag den Staat" bereits eine diesbezügliche Anfrage zu laufen...
https://fragdenstaat.de/anfrage/beschluss-i-zb-9116/
Zitat
bitte senden Sie mir Folgendes zu:
Den Beschluss I ZB 91/16 vom 27. April 2017, auf welchen im Beschluss I ZB 95/16 vom 14. Juni 2017 hingewiesen wird. Eine Suche in der Datenbank des Bundesgerichtshofs lieferte keine Ergebnisse.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: tigga am 25. Juli 2017, 15:42
Über diesen Passus bin ich auch gestolpert... Wenn man sich dazu Absatz 2, Satz 3 § 41  LVwVfG - BW anschaut, dann hält die Begründung der geltenden Rechtsauffassung nicht stand.

Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg
(Landesverwaltungsverfahrensgesetz - LVwVfG)
in der Fassung vom 12. April 2005
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/;jsessionid=D7B2078D11A66194C652427115A4FABC.jp81?quelle=jlink&query=VwVfG+BW&psml=bsbawueprod.psml&max=true&aiz=true#jlr-VwVfGBW2005V2P41
Zitat
§ 41 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

Also laut Richter Dr. Kirchhoff*** und Kollegen ist es nicht nötig, dass, bei begründeter Annahme einer Nicht-Zustellung, ein Nachweis über die erfolgreiche Zustellung seitens der Behörde erfolgen muss? Auch ist es wohl egal, ob man selbst von einem Verwaltungsakt informiert wird oder nicht, vollstreckt wird im Zweifel trotzdem? Oder heißt es hier eher: Hier sind gar keine Voraussetzungen vorhanden und somit ist der gesamte Vorgang unnötig/nichtig?
Zitat
Die Zustellung eines "Titels" ist ebenso wenig Voraussetzung der Beitreibung von Rundfunkbeiträgen wie die Zustellung des Vollstreckungsersuchens der Gläubigerin. Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts ist auch die wirksame Zustellung eines Beitragsbescheids keine Vollstreckungsvoraussetzung.
Der Einzug von Rundfunkbeiträgen erfordert also keine Zustellung des "Titels" (Warum in Anführungszeichen? Ist es gar kein Titel im eigentlichen Sinne?) und auch nicht die Zustellung des Vollstreckungsersuchens der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, sowie die wie wirksame (also erfolgreiche, nachweisbare) Zustellung eines Bescheids? Also wenn hier die Zustellung und Bekanntgabe (entgegen der Landesverwaltungs- und -verfahrensgesetze) nicht als Voraussetzung für eine Vollstreckung vorhanden ist, dann ist doch überhaupt keine Voraussetzung vorhanden. Somit darf nicht vollstreckt werden. Wenn keine Voraussetzungen vorhanden sind, sind auch die Verwaltungsakte an sich schon nichtig (§ 44 Abs. 2, Nr 4 LVwVfG - BW).


Im Übrigen: Verweise auf nicht öffentlich einsehbare Urteile sind echt unnötig und werden erstmal als Fake-Urteile abgestempelt. Aber vielleicht wird dieses ja noch mal öffentlich gestellt, da hier ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt (https://fragdenstaat.de/anfrage/beschluss-i-zb-9116/).


***Edit "Bürger" - auch hier der Hinweis/ Korrektur, damit keine Irritationen aufkommen:
Am BGH sitzt nicht der Kirchhof mit einem "f". Dieser sitzt am BVerfG.
Bitte solche Aussagen vorher prüfen. Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.


Edit "Bürger":
Link ergänzt. Bitte bei Zitaten außer der Quellen-Angabe immer auch gem. Forum-Regeln (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,5770.0.html) einen Link angeben.
Danke für das Verständnis und die zukünftige Berücksichtigung.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: cleverle2009 am 25. Juli 2017, 15:46
Der Beschluss bezieht sich auf LG Tübingen Beschluss 20. September 2016

siehe:
LG Tübingen, Beschluss vom 09.12.2016, 5 T 280/16
https://www.urteilsbesprechungen.de/2016/12/18/lg-tuebingen-beschluss-vom-09-12-2016-5-t-28016/

Nach dieser Urteilsbesprechung dürfte noch nichts entgültig entschieden sein.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: pinguin am 25. Juli 2017, 15:46
Rn 9.
Zitat
2 Der angefochtene Beschluss des Einzelrichters ist aufzuheben, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).[...]

Rn 10
Zitat
a) Der Einzelrichter durfte über die Beschwerde nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen   der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen.[...]

Es wird also die Aufgabe des Einzelrichters sein, die Angelegenheit an die große Kammer zu übertragen.

-> wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Markus KA am 25. Juli 2017, 15:55
Emailanfrage an die Pressestelle des BGH zum BGH, Beschluss vom 27. April 2017 - I ZB 91/16 wurde soeben gestellt.

Eine Verhandlung vor der gesamten Kammer, drei Berufsrichter, zwei ehrenamtliche Richter.
Hoffentlich erfahren wir den Termin der Verhandlung rechtzeitig.
Wer wohnt in Tübingen oder in der Nähe?
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: samson_braun am 25. Juli 2017, 16:06
Was sagt Dr. Hennecke dazu?
Gott sei Dank ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange in good ol´ Germany
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Blackhand am 25. Juli 2017, 16:16
Mal angenommen, den LRA wird tatsächlich letztenendes richterlich eine Behördeneigenschaft bescheinigt. Dann ergeben sich doch auch wieder neue Angriffspunkte bzgl. fehlender Staatsferne. Eine Unabhängigkeit wäre dann ja selbst auf dem Papier nicht mehr gegeben. Eine Abgabe an eine Behörde und somit dem Staat wäre dann ja u.U. eigentlich doch wieder eine Steuer
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: boykott2015 am 25. Juli 2017, 16:54
Zitat
Rz. 5
Das Vollstreckungsgericht habe sich zu Unrecht auf die Zugangsvermutung gemäß §§ 41, 43 Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg (LVwVfG BW) gestützt. Diese Vorschriften seien gemäß § 2 LVwVfG BW nicht anwendbar. Die Zustellung richte sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften gemäß §§ 130, 132 BGB.

Es gilt also BGB. In den Ländern, in denen in Verwaltungsverfahrensgesetzen die LRA ausgeschlossen ist.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: samson_braun am 25. Juli 2017, 16:55
Daraus werden sie sich - und tun sie ja auch schon - rausreden. Das gilt dann nur für den Gebühreneinzug - nicht für den Rest. Das alles ist ja hoheitlich - auch so ne Worthülse ohne Leben. Das hoheitlich müsste wann wegdiskutiert bekommen - dann würde eventuell ein Schuh draus.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: tigga am 25. Juli 2017, 17:04
Zitat
Rz. 5
Das Vollstreckungsgericht habe sich zu Unrecht auf die Zugangsvermutung gemäß §§ 41, 43 Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg (LVwVfG BW) gestützt. Diese Vorschriften seien gemäß § 2 LVwVfG BW nicht anwendbar. Die Zustellung richte sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften gemäß §§ 130, 132 BGB.

Es gilt also BGB. In den Ländern, in denen in Verwaltungsverfahrensgesetzen die LRA ausgeschlossen ist.

Soweit ich mittlerweile gebildet wurde (u.a. durch dieses Forum), gilt eben nicht das BGB im direkten Sinne. Es ist nur ein Verweis aufs BGB, da dort wohl explizit ein Vorgang erläutert wird und dieser für andere Bereiche Anwendung findet. "Wir, als Behörde, geben Ihnen XYZ Tage Zeit, weil das in §§ BGB steht" Es gilt nicht zwingend das BGB beim Rundfunkbeitrag. Es sind eben nur bestimmte Fristen erläutert. Sonst müsse man in jedes Gesetz copy&paste die jeweiligen Passagen übernehmen. Ändert sich aber in einem Gesetzesblatt etwas, müsse es auch in anderen Blättern geändert werden. Das ist nicht wirklich produktiv.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Besucher am 25. Juli 2017, 17:09
Keine Sorge...

Mal angenommen, den LRA wird tatsächlich letztenendes richterlich eine Behördeneigenschaft bescheinigt. Dann ergeben sich doch auch wieder neue Angriffspunkte bzgl. fehlender Staatsferne. Eine Unabhängigkeit wäre dann ja selbst auf dem Papier nicht mehr gegeben.
...

...dann werden im Bedarfsfall entweder dieselben Richter oder deren im besonderen auf Staatsraison gepolte Geistesverwandte an derartigen »speziellen« Behörden deren besondere Eigenschaft der genuinen Staatsferne »entdecken«...

Falls aber nicht, wäre ersatzweise evtl. auch Gedankengut nachstehender Güteklasse heranzuziehen (war es nicht Berlin?): Wenn eine staatliche Institution (die keinen Behördenstatus geniesst) allein anhand ihres Willens, behördlich zu handeln, zu einer solchen wird, sollte auch etwas Umgekehrtes möglich sein. Wenn letztlich keine Behörde eine Behörde sein können soll, dann kann auch eine Behörde in einem bestimmten Zeitpunkt keine Behörde sein. Also ist die geforderte Staatsferne gegeben :->. Problem gelöst. Ist ja jetzt auch 14:30. Tennis- oder Golf-Termin warten.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Markus KA am 25. Juli 2017, 17:14
Es scheinen wohl mehrere Vollstreckungsverfahren beim LG Tübingen anhängig zu sein und der BGH spielt den Ball zurück ins Spiel, statt selbst eine Entscheidung zu finden...oder gibt es schon eine?...der BGH veröffentlicht zudem eines seiner Urteile nicht...es bleibt sonderbar, spannend, leider auf unsere Kosten...aber wir bleiben dran.
Markus wills wissen!!! 8)


Edit "Bürger" @alle:
Bitte hier nicht in einen Chat ausarten lassen und zu allem und jedem kommentieren, sondern bitte eng und zielgerichtet am eigentlichen Kern-Thema dieses Threads bleiben, welches da lautet
Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
und insbesondere den eingangs geposteten Beschluss des I. Zivilsenats des BGH vom 14.6.2017 - I ZB 95/16 zum Inhalt hat.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: ope23 am 25. Juli 2017, 18:23
Wenn nun der BGH in mehreren Urteilen (einschließlich seines Geheimurteils vom April) der Meinung ist, dass für die Beitreibung der Rundfunkbeiträge es keinerlei Zustellung von irgendwelchen Schriftstücken bedarf,... dann braucht man keine öffentliche Verwaltung mehr.

Es "steht" ja alles im Gesetz. Die öffentliche Verwaltung braucht keine personalisierten Bescheide zu erlassen, um den Bürger konkret über seine individuelle Zahlungspflicht in Kenntnis zu setzen. Der Bürger soll wohl durch selbständige Kombination von §§ des Gesetzes herausfinden, was er zahlen müsste. Zahlt er zuwenig, schlägt der Säumniszuschlag oder gleich der Gefängniswärter zu. Lustig übrigens, dass im Gesetz gar nicht steht, was der Bürger zu zahlen hat. Der Bürger muss also auf den GV warten, der ihm dann schuldbefreiend die Höhe des Lösegelds nennt.

Wir wissen, dass der BS für den Beitragsbürger nicht einmal eine Zusammenfassende Meldung anhand der individuellen Gegebenheiten (Wohnungen, Kfz,...) formuliert, sondern mit Bettelbriefen Fantasiepreise nennt, die nicht einmal aufgeschlüsselt sind.

Der BGH verweigert dem Bürger die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs, da ein Bescheid ja nicht zugestellt werden braucht. Man braucht in den Augen des BGH also auch keinen rechtsstaatlichen Schutz gegen die Entscheidungen der Verwaltung. Der BGH sieht keine Notwendigkeit von Abwehrrechten des Bürgers gegen den Staat. Beschädigt der BGH den Rechtsstaat? Ist er ein Verfassungsfeind?

***

Ich habe schon lange den Verdacht, dass der ganze Chichi mit Festsetzungsbescheid, Widerspruchsbescheid, Klage vor dem VG,... vollkommen gegenstandslos und reines verwaltungsrechtliches Schaulaufen ist.

Meiner Meinung nach ist erst das Schreiben des Gerichtsvollziehers im gelben Umschlag das Ding, was überhaupt eine relevante Bedeutung hat.

Kann gut sein, dass der BGH der Meinung ist, dass der Bürger mit seinen Zahlungen nur mehr oder weniger freiwillig und konkludent handelt. Die Zahlungspflicht wird erst durch das gelbe Schreiben des GV dinglich wirksam.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Bürger am 25. Juli 2017, 19:04
Wenn nun der BGH in mehreren Urteilen (einschließlich seines Geheimurteils vom April) der Meinung ist, dass für die Beitreibung der Rundfunkbeiträge es keinerlei Zustellung von irgendwelchen Schriftstücken bedarf,... dann braucht man keine öffentliche Verwaltung mehr.
Bitte dies hier ohne Kenntnis des genauen Wortlauts der (noch?) nicht veröffentlichten Entscheidung nicht weiter vertiefen, da dies vorerst rein spekulativ bleibt, wie genau dies formuliert wurde.
Im Übrigen sollte man mglw. bei einem ZIVILgericht - auch dem "höchstinstanzlichen" BGH - nicht allzuviel an VERWALTUNGsrechtskenntnis voraussetzen... ;)
...dafür wäre dann wohl eher das BVerwG zuständig, wobei... naja... ::) :o :-\ ;D

PS: Wenn es keiner Bescheide und keiner Verwaltung mehr bedürfte, bedürfte es wohl auch keiner Gerichte mehr - auch nicht des BGH ;) >:D :police:
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: drboe am 25. Juli 2017, 19:04
@op23: Danke! Mir scheint seit langer Zeit, dass in Sachen "Rundfunkfinanzierung" alle Gerichte, bis hinauf zu den höchsten Instanzen, auf geltendes Recht scheissen und anstelle guter, nachvollziehbarer Rechtsprechung sich vor allem im Bereich abenteuerlicher Formulierungen und "Begründungen" hervor tun. Wenn Behörden keine Bescheide ausstellen müssen, gleichwohl rechtswirksam vollstrecken können, brauchen wir keine Gesetze, sondern können das Faustrecht wieder einführen und die bewaffneten Horden des Landesfürsten in Marsch setzen, wenn ein Untertan nicht spurt.

M. Boettcher
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Frühlingserwachen am 25. Juli 2017, 19:57
Die Zeit für Rebellion und Revolution auf breiter Ebene ist schon längst überfällig. Ich hatte es hier schon mal geschrieben, noch ist Zeit, die Leute da draußen mitzunehmen, das der Widerstand dermaßen anwächst, und das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr um eine grundlegende Reformierung des Rundfunkstaatsvertrages gar nicht drum herum kommt. Wenn es so weiter plätschert wie bisher, sehe ich weiter nicht (schwarz) allerdings auch nicht besonders optimistisch. Ich bin mittlerweile der Überzeugung, ein Großteil der Konsumenten da draußen wollen gar keine Veränderung des jetzigen Systems. Die eine Veränderung wollen, muss man erreichen, in erster Linie durch Öffentlichkeits/Außenarbeit, da wird zu wenig getan. Die Empörung über alles mögliche, die sich hier im Forum (wohl berechtigt) niederschlägt, läuft ins Leere, da das draußen kaum jemand mitkriegt. Die im Forum sind, wissen es eh.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: wei am 25. Juli 2017, 20:01
das ist doch Geschichte, https://www.urteilsbesprechungen.de/2016/09/24/lg-tuebingen-beschluss-vom-16-09-2016-5-t-232-16/

schon durch die Rückverweisung zum LG Tübingen wird offensichtlich ,daß das LG Tübingen seinen Beschluss korrigieren soll.Hätte er das nicht sollen,dann hätte der BGH den Beschluss kassiert und es wäre zu einem neuerlichen Beschluss gekommen.

Weil das LG Tübingen den BGH Beschluss wieder auf den Tisch hatte ,hat er praktisch im nächsten Beschluss die Mängel abgestellt und die Revision beim BGH wieder  zugelassen.

In soweit ist es auch nicht erforderlich das die Zurückverweisung veröffentlicht wird, sondern es geht hier nur noch praktisch ums Kräftemessen zwischen den einzelnen Fachgerichten.

Übrigens ist es eine Zivilsache die genau nur diese Fachgerichte angeht.Ein Verwaltungsgericht entweder zwecks Verweisung, ansonsten nur bei Verwaltungsstreitigkeiten der Verwaltungen untereinander zuständig.


Nochmaliger letzter Hinweis @alle:

Es geht hier im Thread NICHT um
LG Tübingen vom 16.09.2016, Az. 5 T 232/16
und das diesbezüglich u.a. auch gem. Verfahrensgang unter
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=LG%20T%FCbingen&Datum=16.09.2016&Aktenzeichen=5%20T%20232%2F16
(noch?) nicht bekannte Aktenzeichen im Revisionsverfahren am BGH.
Dieser Beschluss des LG Tübingen wurde im Forum bereits mehrfach und ausgiebig behandelt und daher hier nicht Gegenstand doppelt- und mehrfacher Diskussion.

Es geht hier im Thread um die Zurückverweisung des Beschlusses des
LG Tübingen vom 20.09.2016, Az. 5 T 98/16
ans LG Tübingen per Beschluss des
BGH vom 14.6.2017, Az. I ZB 95/16

Danke für das Verständnis und nunmehr konsequente Berücksichtigung.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Shuzi am 25. Juli 2017, 20:17
[...]
Es "steht" ja alles im Gesetz. Die öffentliche Verwaltung braucht keine personalisierten Bescheide zu erlassen, um den Bürger konkret über seine individuelle Zahlungspflicht in Kenntnis zu setzen. Der Bürger soll wohl durch selbständige Kombination von §§ des Gesetzes herausfinden, was er zahlen müsste. Zahlt er zuwenig, schlägt der Säumniszuschlag oder gleich der Gefängniswärter zu. Lustig übrigens, dass im Gesetz gar nicht steht, was der Bürger zu zahlen hat
[...]

Es steht, wie richtig erkannt, eben nicht alles im Gesetz (hier RBStV). Es fehlen u.a. die Höhe bzw. die Berechnungsgrundlage, die Gegenleistung (im Falle eines Beitrags), die Zuständigkeit der LRA (Gläubigers) u.s.w.. D.h. es mangelt dem RBStV an Normenklarheit. Ferner scheint der RBStV ein einmaliges Konstrukt in der Landschaft der Abgaben zu sein, welches nach § 12 RBStV die Begehung einer Ordnungswidrigkeit voraussetzt, um Rechtsmittel einlegen zu können, was zusätzlich noch mit unzulässigen Säumniszuschlägen einhergeht. Allein das ist schon absurd genug. Wenn es nun gar keiner Bescheide mehr bedürfen sollte, wäre damit dem Bürger auch die Möglichkeit genommen, überhaupt noch Rechtsmittel einlegen zu können.

Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: LECTOR am 25. Juli 2017, 20:55
Zitat
Rz. 5
Das Vollstreckungsgericht habe sich zu Unrecht auf die Zugangsvermutung gemäß §§ 41, 43 Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg (LVwVfG BW) gestützt. Diese Vorschriften seien gemäß § 2 LVwVfG BW nicht anwendbar. Die Zustellung richte sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften gemäß §§ 130, 132 BGB.

Es gilt also BGB. In den Ländern, in denen in Verwaltungsverfahrensgesetzen die LRA ausgeschlossen ist.

Zu bedenken ist hierbei, dass Rz. 5 die Rechtsauffassung des LG Tübingen referiert, daher die indirekte Rede. Die Antwort darauf seitens des BGH findet sich in Rz. 14, die wie oben bereits bemerkt, allerdings ohne Begründung bleibt, sondern lediglich behauptet, dass die wirksame Zustellung keine Vollstreckungsvoraussetzung sei.

Der BGH macht sich hier zum Wortführer rechtlicher Willkür ...
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Besucher am 25. Juli 2017, 21:45
Hm...
Der BGH macht sich hier zum Wortführer rechtlicher Willkür ...
...nach allgemeinem Kenntnisstand darf sich aber doch ein Staat, der Mitglied der Europäischen Union sein möchte, derartige Extratouren wie Rechtswillkür nicht leisten? Oder gibt es auch da Gleiche und Gleichere?


Edit "Bürger":
Da die Begründung/ Formulierung "wirksame Zustellung eines Beitragsbescheids keine Vollstreckungsvoraussetzung" im BGH-Beschluss vom 27. April 2017, Az. I ZB 91/16 (welcher hier ohne weitere Ausführungen angeführt wird) und die hier so die Gemüter erhitzt, in ihrem Wortlaut (noch) nicht bekannt ist, das Forum keine Kapazitäten für seitenweise Spekulationen hat und diesbezügliche Selbstdisziplin augenscheinlich (mglw. auch verständlicherweise) schwer einzuhalten ist, bleibt dieser Thread vorerst und bis zur Kenntnis der entsprechenden Passagen geschlossen.
Hinweise zum Volltext des in Rede stehenden BGH-Beschlusses vom 27. April 2017, Az. I ZB 91/16 bitte an die Moderatoren.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Entscheidung LG Tübingen vom 20.09.2016, 5 T 98/16 vom BGH zurückverwiesen
Beitrag von: Bürger am 11. August 2017, 17:05
Zwischenzeitlich ist die Entscheidung I ZB 91/16 aufgetaucht...
Anbei der BGH Beschluss I ZB 91/16, frisch von der BGH Homepage.
Vorinstanzen
AG Tübingen, Entscheidung vom 14.07.2016 - 2 M 176/16 -
LG Tübingen, Entscheidung vom 20.09.2016 - 5 T 143/16 -
Quelle:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f940f78fbb1dcb0ddd07da9b321ce8a8&nr=79197&pos=0&anz=1


Da sich diese auf ein anderes Verfahrenszeichen des LG Tübingen vom gleichen Tag bezieht und weitere Zurückverweisungen weiterer Entscheidungen des LG Tübingen erfolgten, wird geprüft, wie das Thema ggf. hier im Thread oder in einem neuen Thread fortgeführt werden kann, ohne vollends durcheinander zu kommen.

Bitte etwas Geduld. Danke für das Verständnis.