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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Probleme mit dem Beitragsservice => Thema gestartet von: Knax am 04. Dezember 2016, 22:21

Titel: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: Knax am 04. Dezember 2016, 22:21
Liebe Freunde der hartnäckigen Zahlungsverweigerung,

der wohlbekannte Grundsatz der Reform des Finanzierungsmodells des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lautet:

"Eine Wohnung - ein Beitrag"

Gemäß Rundfunkbeitragsstaatsvertrag haften mehrere Beitragspflichtige als Gesamtschuldner (§ 2 Absatz 3 Satz 1 RBStV). Unabhängig davon, dass ich hierin bereits eine systematisch bedingte Ungleichheit im Belastungserfolg sehe, stelle ich mir folgende Frage:

Wenn es in einer Wohnung mehrere Beitragspflichtige gibt und einer davon den Rundfunkbeitrag zahlen muss, weil der Beitragsservice ihn zur Zahlung auserkoren hat, dann hat der zahlende Beitragspflichtige in der Theorie einen zivilrechtlichen Ausgleichanspruch gegenüber dem nichtzahlenden Beitragspflichtigen. So weit, so gut. Wie funktioniert dies jedoch in der Praxis? Stellen wir uns doch mal vor, dass der nichtzahlende Beitragspflichtige tatsächlich vom zahlenden Beitragspflichtigen auf Ausgleich in Anspruch genommen werden soll. Der nichtzahlende Beitragspflichtige sieht es aber gar nicht ein, zu zahlen. Nun stellt sich doch für den zahlenden Beitragspflichtigen die ganz handfeste und praktische Frage, wie er an seinen Ausgleich kommt.

Meiner Ansicht nach muss der zahlende Beitragspflichtige, sofern hierum vor Gericht gestritten werden würde, nachweisen, dass der nichtzahlende Beitragspflichtige im Zeitraum von x bis y ebenfalls beitragspflichtig gewesen ist. Wie kann er dies tun? Meiner Ansicht nach kann der zahlende Beitragspflichtige diesen Nachweis nur dann antreten, wenn fest steht, dass

(1) der nichtzahlende Beitragspflichtige beitragspflichtig gewesen ist UND
(2) der nichtzahlende Beitragspflichtige im Zeitraum x bis y in DIESER betreffenden Wohnung beitragspflichtig gewesen ist.

Denn wie sonst kann der zivilrechtliche Ausgleichanspruch in seiner Höhe konkret nachgewiesen werden?

Ob jemand beitragspflichtig ist und in welchem Zeitraum er dies ist, ist eine behördliche Feststellung. Allerdings sehen wir in der Praxis, dass die Feststellungsbescheide immer lediglich an einen einzelnen Beitragsschuldner gerichtet sind. Der zahlende Beitragsschuldner kann daher nicht mit Wirkung für und gegen den nichtzahlenden Beitragsschuldner leisten, sofern die Behörde nicht feststellt, dass der zahlende und der nichtzahlende Beitragsschuldner Gesamtschuldner sind. Somit entsteht dann für den zahlenden Beitragspflichtigen auch kein Ausgleichanspruch gegen den nichtzahlenden Beitragspflichtigen.

Daher hier meine Frage, die ich als Vermutung zur Diskussion stellen möchte:

Sind Feststellungsbescheide für eine Wohnung mit mehreren Beitragspflichtigen rechtswidrig, sofern aus ihnen nicht hervor geht, dass nicht nur der zur Zahlung herangezogene Beitragspflichtige beitragspflichtig ist, sondern daneben für den Zeitraum x bis y auch noch weitere Beitragspflichtige beitragspflichtig sind?

Über eine rege Teilnahme an der Diskussion würde ich mich sehr freuen!


Weitere Beiträge zum Thema siehe Link-Sammlung unter
[Übersicht] Gesamtschuldnerschaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29680.0.html
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: gerechte Lösung am 05. Dezember 2016, 19:07
Ob die Frage beantwortet werden kann, weiß ich nicht.
Seppl hatte schon mal begonnen, sich hierbei heranzutasten.

Meinung:  Es hat normalerweise aus einem Schriftstück klipp und klar hervorzugehen, wie eine Regelung gehandhabt wird. Das ist hier nicht der Fall.
Die GEZ will Kohle und die Anderen sollen sich mal schön selbst einig werden.
Die GEZ will die Kohle aber "sozusagen von der Wohnung", pro Wohnung und nicht vom Nutzer und dennoch hat der Nutzer zu zahlen und nicht die Wohnung.
Es ist schwammig.
Ja, was hat Einer in einer 4-er WG zu zahlen? und wer hat zu zahlen? Nr.1, Nr.2, Nr.3 oder Nr.4? und wer wieviel?
Dazu kommen noch evtl. Befreiungen.
Wie sieht es dann aus?
Es ist nirgendwo konkret verankert und das wurde am 03.10.2016 in Karlsruhe auch angesprochen.

Im Grunde entsteht bei Nutzung eine Beziehung der LRA zum Nutzer.
4 wildfremde Mann in einer WG unterhalten keine GEZ-Beziehung und sind untereinander an nichts gebunden, was die GEZ betrifft.

Wenn ich einer wäre, der nutzt, dann würde ich 1/4 überweisen. Die GEZ müsste es sich von den andern 3 Mann holen. Das ist doch nicht meine Aufgabe.
Ist das irgendwo im Zivilrecht verankert, dass ich für die anderen 3 die Verantwortung zu tragen habe?

Das mit der Wohnungszwangsgebühr ist und bleibt eben große Kagge.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: neodym am 05. Dezember 2016, 19:30
Wäre ev. einfacher, wenn der Vermieter zur Zahlung herran gezogen würde, welcher diese auf die Nebenkosten umlegt.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: GEiZ ist geil am 05. Dezember 2016, 20:16
Wäre ev. einfacher, wenn der Vermiter zur Zahlung herran gezogen würde, welcher diese auf die Nebenkosten umlegt.

Und was ist dann mit einer Eigentumswohnung oder einem Einfamilienhaus? Kein guter Vorschlag, zumal der Vermieter dann auch noch als Inkassomensch der Buhmann ist.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: seppl am 05. Dezember 2016, 21:23
@Knax:
Super, dass Du das Thema auch aufnimmst. Das gesamtschuldnerische Verhältnis wird ja im BGB § 421-426 beschrieben.

Ich bin der Meinung, bei einer gesetzlichen Festlegung einer Gesamtschuldnerschaft muss das Konstrukt bis zu den einzelnen Gesamtschuldnern zumindest durchrechenbar sein. Das geht beim Rundfunkbeitrag in den meisten Fällen nicht.

Die LRAen sind da anderer Meinung. Ihnen reicht es, wenn sie von einer Person eine Summe bekommen und schauen nicht über den Tellerrand der "Verwaltungsvereinfachung" hinaus, die besagt, dass Behörden sich bei gesetzlich angeordneten Gesamtschuldnerschaften NICHT um den Innenausgleich zwischen den Schuldnern kümmern müssen. Das hätte im Vorwege der Gesetzgeber machen müssen (hat er aber nicht). In der Regel ist der zahlungspflichtige Gesamtschuldner eine der "zahlungskräftigeren" Personen der Wohngemeinschaft. An dieser Person wird dann auch der Beitrag berechnet.

Beispiele:
- 3 Vollzahler wohnen zusammen: von einem Vollzahler werden 17,50 Euro verlangt.
- 3 Befreite wohnen mit einem Vollzahler zusammen: von dem Vollzahler werden 17,50 Euro verlangt.
- 2 Befreite wohnen mit einem Ermäßigten zusammen: von dem Ermäßigten werden 5,83 Euro verlangt.
- 1 Ermäßigter wohnt mit einem Vollzahler zusammen: von dem Vollzahler werden 17,50 Euro verlangt.

Nur bei den zusammenwohnenden Vollzahlern ist eine Anwendung nach BGB möglich:
§ 426 BGB: (1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

Bei den anderen Fällen ist (per Gesetz über Ermäßigungs- und Befreiungstatbeständen)  etwas anderes bestimmt. Es wurde vom Gesetzgeber aber NICHT bestimmt, wer den Ausgleich bei Befreiungen und Ermäßigungen trägt. Das kann (und ist es in der juristischen Regel auch!!) der (hier ebenfalls gesetzlich bestimmte) Gläubiger, die LRA, sein. Im Fall des Rundfunkbeitrags ist es (nicht eindeutig gesetzlich bestimmte Praxis) dass der zahlende Gesamtschuldner den Ausgleich trägt, also praktisch nur eine Schuldverschiebung innerhalb der Wohngemeinschaft, keine Befreiung oder Ermäßigung!

Diese Regelung ist alles andere als eine gesamtschuldnerische nach BGB. Es werden in der Praxis verpflichtend und gesetzeswidrig Einzelschuldnerschaften konstruiert. Zudem werden so auch noch hohe Mehreinnahmen generiert, die rechtlich nicht geregelt sind.

Erläuterndes Diagramm siehe
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21174.msg140698.html#msg140698
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: cook am 05. Dezember 2016, 21:54
Nehmen wir mal an, eine gut verdienende Person A hat den Beitrag für das vergangene Quartal an den BS bezahlt (ohne Festsetzungsbescheid) und verlangt nun von dem ebenfalls gut verdienenden Mitbewohner B die Hälfte des Quartals-Beitrags. Dieser weigert sich, weil er sich durch den RBStV nicht verpflichtet fühlt. Es sei A's Sache, wenn A den vollen Beitrag zahle, obwohl die Abgabenordnung (AO) nur eine anteilige Zahlungspflicht vorsehe.

Daraufhin zieht A vor Gericht und verklagt den B auf Zahlung des hälftigen Beitrags.

B erwidert, er könne nicht zur Zahlung herangezogen werden, weil der RBStV insgesamt nichtig sei, da er gegen EU-Beihilfenrecht vestöße. Er führt genaueres dazu aus und regt an, die Rechtsfrage vor dem EuGH klären zu lassen. Da aufgrund des geringen Streitwerts das Amtsgericht das letztinstanzliche Gericht ist, müsse dieses eine Vorlagefrage an den EuGH richten, wenn es auf EU-Recht ankommt.

A hat nichts gegen die Vorlage an den EuGH einzuwenden, da auch ihm nun Zweifel an der Rechtmäßigkeit des RBStV kommen. Es wäre dem Rechtsfrieden dienlich, wenn dies geklärt würde.

Würde das Amtsgericht eine Vorlage an den EuGH machen?
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: 907 am 05. Dezember 2016, 23:20
hier etwas Ähnliches: https://www.voerde.de/de/inhalt/deichverband-mehrum-satzung/

Zitat
§ 3 Mitglieder

(1) Mitglieder des Verbandes sind diejenigen Eigentümer und Erbbauberechtigten von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und Anlagen im Verbandsgebiet, die aus der Durchführung des Verbandsunternehmens Vorteile haben oder die Durchführung von Verbandsaufgaben erschweren. Auf § 14 Absatz 3 wird verwiesen.

(2) Über seine Mitglieder führt der Verband ein Mitgliederverzeichnis und hält es auf dem Laufenden. Es liegt beim Deichgräfen zur Einsichtnahme aus.

(3) Gemeinsame Eigentümer oder Erbbauberechtigte gelten als ein Mitglied.

Ist das Grundstück mehreren Personen zugerechnet, so sind sie Gesamtschuldner(Deichverband). Gemäß Rundfunkbeitragsstaatsvertrag haften mehrere Beitragspflichtige als Gesamtschuldner (§ 2 Absatz 3 Satz 1 RBStV).

Zitat
§ 38
Zwangsvollstreckung

Die auf dem Wasserverbandsgesetz oder der Satzung beruhenden Forderungen des Verbandes können im Verwaltungswege vollstreckt werden. Das Verfahren richtet sich nach dem Bremischen Gesetz über die Vollstreckung von Geldforderungen im Verwaltungswege (BremGVG) in der jeweils geltenden Fassung.
Quelle: http://transparenz.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen2014_tp.c.73600.de&asl=bremen203_tpgesetz.c.55340.de&template=20_gp_ifg_meta_detail_d

Zitat
Mehrheit von Schuldnern
(1) Wird gegen mehrere Schuldner wegen verschiedener Forderungen gleichzeitig vollstreckt, so werden die Vollstreckungsgebühren von jedem Vollstreckungsschuldner besonders erhoben.

(2) Absatz 1 gilt auch, wenn gegen mehrere Schuldner aus einer Forderung vollstreckt wird, für die sie als Gesamtschuldner haften. Sind die Gesamtschuldner jedoch Eheleute oder Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz), so werden die Gebühren nur einmal erhoben; für die Gebühren haften die Eheleute oder Lebenspartner als Gesamtschuldner.

(3) Die Gebühr wird nur einmal erhoben, wenn gegen mehrere Schuldner, die miteinander in einem Gesamthandverhältnis stehen, in das Gesamthandvermögen vollstreckt wird.
Quelle: Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Ausführungsverordnung VwVG - VO VwVG NRW) https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000352

Deichverband hat aber andere Rechtsform, sonst ist fast genau so.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: seppl am 06. Dezember 2016, 00:10
Also erst einmal unabhängig von der Gesamtschuld sind die Mitglieder des Deichverbandes nur die Personengruppe, die einen konkreten Vorteil aus der Arbeit des Verbandes zieht, nicht die Allgemeinheit für einen möglichen Vorteil. Desweiteren scheint es Berechnungsgrundlagen nach Aufwand für die Höhe des Beitrags zu geben. Es scheint dort soweit nach den Spielregeln zu laufen.

In der Vollstreckungsregelung steht auch nur, wenn auch etwas kompliziert zu erkennen, dass wenn gegen mehrere Gesamtschuldner vollstreckt werden soll, jeder davon mit Vollstreckungsgebühren belastet wird. Das ist eben für den Aufwand.
Beim Rundfunkbeitrag stellt sich diese Frage garnicht, da sowieso nur eine Person zur Zahlung herangezogen wird und daher bei Vollstreckung nur einmal die Gebühren anfallen. Es wäre (dadurch dass die Allgemeinheit bebeitragt wird) verwaltungstechnisch unmöglich, jeden Einzelnen der Gesamtschuldner mit Vollstreckung zu behelligen.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: seppl am 08. Februar 2017, 16:24
Zu meinem obigen Kommentar unter
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21174.msg136159.html#msg136159

Ein Diagramm zur Erläuterung der Praxis der Gesamtschuldnerberechnung von 2 bis 4 Bewohnern als Vergleich:
1) Wie es die LRAen handhaben
2) Wie es rechtlich möglich ist

Die Hinweise am rechten Rand beziehen sich auf die Tabelle ganz links (Handhabe der LRAen)

GS1 bis 4 stellen den Beitrag dar, der zwischen den Bewohnern im Innenverhältnis geschuldet werden.

Deutlich wird aus der Tabelle, dass die LRAen mit der derzeitigen Praxis sowohl die Einnahmen steigern als auch den Verlust (Zahlungsausfall) minimieren - und zwar statistisch gar nicht so knapp.

Dass der Verlust bei manchen Kombinationen vom Gläubiger (LRA) und bei anderen Kombinationen von der Gesamtschuldnerschaft getragen werden muss ist eindeutig eine Ungleichbehandlung.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: gerechte Lösung am 08. Februar 2017, 23:01
GS1 bis 4 stellen den Beitrag dar, der zwischen den Bewohnern im Innenverhältnis geschuldet werden.

Dass der Verlust bei manchen Kombinationen vom Gläubiger (LRA) und bei anderen Kombinationen von der Gesamtschuldnerschaft
getragen werden muss ist eindeutig eine Ungleichbehandlung.
" Das Verhältnis der Anstalt zum Benutzer wird durch ...  ",,  so ist es zu lesen.
Die LRA ist definitiv eine Anstalt.

Ein Innenverhältnis und eine Gesamtschuldnerschaft bei z.B. 4 wildfremden Personen in einer WG erschließt sich mir nicht.
Es gibt hinsichtlich der GEZ kein Innenverhältnis. Dann müsste es im BGB nachzulesen sein.
Welches Verhältnis besteht zur Anstalt? Eine Wohnung kann kein Verhältnis zur Anstalt haben.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: seppl am 08. Februar 2017, 23:28
Das Innenverhältnis entsteht in dem Moment, in dem einer der Mitbewohner zur Zahlung der Gesamtschuld herangezogen wird. Er hat mit dem Begleichen der Anteile der anderen Mitbewohner das Recht, diese Anteile von ihnen zurückzubekommen.

RBStV:
Zitat
§2 Rundfunkbeitrag im privaten Bereich
(1) Im privaten Bereich ist für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.
(2) Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt
...
(3) Mehrere Beitragsschuldner haften als Gesamtschuldner entsprechend § 44 der Abgabenordnung.

Abgabenordnung:
Zitat
§ 44 Gesamtschuldner
(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist*, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.
(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner....

* Durch Befreiungs- und Ermäßigungsmöglichkeiten des RBStV ist etwas anderes bestimmt, und zwar bezogen auf Einzelpersonen, nicht auf die Wohnung!

Mir erschliesst sich auch nicht eine "automatische" Gesamtschuldnerschaft "wildfremder" Personen. Die müsste erst definiert werden, bevor Geld gefordert wird. Im RBStV wird sie ja klar erwähnt, in der Praxis aber nicht beachtet.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: gerechte Lösung am 12. Februar 2017, 11:34
@seppl,
Ich stelle dazu mal ein paar Fragen. Das hat nichts mit dir zu tun, sondern richtet sich gegen diesen Schwachsinn, den da 16 Mann ausgeheckt haben.

Woraus soll das Innenverhältnis "GEZ" in einer 4-er WG hervorgehen?
Wodurch soll eine GEZ-Gesamtschuld entstehen?
Ich sehe da nichts. Man bezieht sich, wie du schreibst, auf § 44 der Abgabenordnung. Dieser wiederum ist Steuerrecht.
In welchem steuerrechtlichen Verhältnis stehen 4 wildfremde Personen in einer 4-er WG zueinander?

Rundfunkabgabe darf aber keine Steuer sein, obwohl diese ab 2013 wie eine Steuer gehandhabt wird. Das ist dieser Widerspruch, den es zu klären gilt. Die Berufung auf § 44 der Abgabenordnung ist schon mal nicht zulässig. Man kann Privatrecht und Steuerrecht nicht vermischen.

Der 44 der Abgabenordnung spricht eindeutig von Steuerschuldverhältnis und bezieht sich darauf. Dort steht nichts, dass es auch auf die GEZ angewendet werden muss.
Wann entsteht ein Steuerschuldverhältnis?
Was soll das mit der GEZ-Gebühr zu tun haben? --- Nichts.
Steuer ist eine ganz andere Kategorie.
Mehrere Gesellschafter haften gesamtschuldnerisch. Das geht aus Verträgen hervor, die diese miteinander geschlossen haben.
4 Mann einer WG haben mit Sicherheit keinen GEZ-Vertrag geschlossen.

Zitat
Mir erschliesst sich auch nicht eine "automatische" Gesamtschuldnerschaft "wildfremder" Personen.
Die erschließt sich niemanden, der einigermaßen klar denken kann. Das ist eine Erfindung von 16 professionellen Abzockgemeinschaften.

Zitat
Die müsste erst definiert werden, ...
M.E. geht das nicht, wie bereits ober erwähnt. Man kann die 4 Personen nicht steuerrechtlich miteinander verknüpfen.
Jede dieser 4 Personen ist eine eigenständige Einheit und privat selbständig eigenverantwortlich.

Das, was dort in diesem Machwerk steht, ist schlichtweg glatter Unfug in meinen Augen.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: seppl am 12. Februar 2017, 12:46
Das ganze Elend der Gesamtschuldnerschaft geht aus der gesetzlichen Regelung des RBStVs hervor. Hatte ich schon geschrieben.
Gesamtschuldnerschaften kann man aus allem Möglichem konstruieren. Im Privatrecht werden sie dann durch Unterschrift besiegelt, im Verwaltungsrecht durch Gesetz.
Das Innenverhältnis ergibt sich analog aus BGB §§ tralala Gesamtschuldner.

Abgabenordnung heisst nicht Steuerordnung. Der RB ist auch eine Abgabe. So wird dann bestimmt argumentiert werden.

Natürlich könnte man versuchen zu sagen: der § 2 RBSTV gildet nicht, weil die Abgabenordnung nicht greift. Dadurch wird aber die Schweinerei, nämlich das Verschwindenlassen von Millionen von Freistellungen und Ermäßigungen, nicht angegriffen. Gerade diese haben in der Gesamtschuldnerschaft nämlich eine besondere Rolle.

Die 4 Mann einer WG haben keinen Vertrag geschlossen. Das Gesetz hat ihnen die Gesamtschuldnerschaft übergestülpt.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: volkuhl am 12. Februar 2017, 13:15
Zitat
§ 44 Gesamtschuldner
...
(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.

Zitat
§ 268 Grundsatz

Sind Personen Gesamtschuldner, weil sie zusammen zu einer Steuer vom Einkommen oder zur Vermögensteuer veranlagt worden sind, so kann jeder von ihnen beantragen, dass die Vollstreckung wegen dieser Steuern jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269 bis 278 bei einer Aufteilung der Steuern ergibt.

§ 269 Antrag

(1) Der Antrag ist bei dem im Zeitpunkt der Antragstellung für die Besteuerung nach dem Einkommen oder dem Vermögen zuständigen Finanzamt schriftlich oder elektronisch zu stellen oder zur Niederschrift zu erklären.

(2) Der Antrag kann frühestens nach Bekanntgabe des Leistungsgebots gestellt werden. Nach vollständiger Tilgung der rückständigen Steuer ist der Antrag nicht mehr zulässig. Der Antrag muss alle Angaben enthalten, die zur Aufteilung der Steuer erforderlich sind, soweit sich diese Angaben nicht aus der Steuererklärung ergeben.

§ 270 Allgemeiner Aufteilungsmaßstab

Die rückständige Steuer ist nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei Einzelveranlagung nach Maßgabe des § 26a des Einkommensteuergesetzes und der §§ 271 bis 276 ergeben würden. Dabei sind die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen maßgebend, die der Steuerfestsetzung bei der Zusammenveranlagung zugrunde gelegt worden sind, soweit nicht die Anwendung der Vorschriften über die Einzelveranlagung zu Abweichungen führt.

§ 278 Beschränkung der Vollstreckung

(1) Nach der Aufteilung darf die Vollstreckung nur nach Maßgabe der auf die einzelnen Schuldner entfallenden Beträge durchgeführt werden.
...



Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: seppl am 12. Februar 2017, 13:35
dazu die Idee des Splitting:
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20488.msg132357.html#msg132357
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: pinguin am 12. Februar 2017, 14:26
Abgabenordnung heisst nicht Steuerordnung.
Hab' mal gelesen, daß Steuerrechtler die Abgabeordnung als Steuergrundrecht bezeichnen, demnach müsste jede Abgabe oder Steuer etc. damit kompatibel sein.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: Knax am 12. Februar 2017, 16:35
Hab' mal gelesen, daß Steuerrechtler die Abgabeordnung als Steuergrundrecht bezeichnen,

Richtig, und zwar aus folgendem Grund: Die Abgabenordnung als Gesetzeswerk enthält die Regelungen zum steuerlichen Verwaltungsverfahren, zum steuerlichen Vollstreckungsverfahren, zum steuerlichen Rechtsbehelfsverfahren und zum Steuerstrafrecht. Die Einzelsteuergesetze (EStG, KStG, UStG usw.) ergänzen die Regelungen der Abgabenordnung. Die Einzelsteuergesetze enthalten konkrete Regelungen zum Verwaltungsverfahren für die jeweilige Steuerart. Schwerpunktmäßig geht es dabei um das Veranlagungsverfahren, das Teil des Verwaltungsverfahrens ist.

demnach müsste jede Abgabe oder Steuer etc. damit kompatibel sein.

Welche Steuern betroffen sind, regelt der Anwendungsbereich in § 1 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung:

Zitat
Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden.

Die Gewerbesteuer ist beispielsweise eine kommunale Steuer. Auf sie finden die Regelungen der Abgabenordnung daher keine Anwendung. Deshalb ist der korrekte Rechtsbehelf gegen einen Gewerbesteuerbscheid nicht der Einspruch gemäß Abgabenordnung, sondern der Widerspruch.

Randnotiz: Je mehr Regelungen aus dem steuerlichen Bereich laut Rechtsprechung auf den Rundfunkbeitrag "analog" (also entsprechend) anwendbar sind, desto mehr rückt die Rechtsprechung selbst den Rundfunkbeitrag in der Nähe der Abgabenart "Steuer". Man kann halt nicht einfach sagen, es handele sich bei einer Abgabe nicht um eine Steuer, wendet dann jedoch einen Großteil steuerbezogener Regelungen analog auf die Abgabe an. Es wäre höchst interessant, in einem separaten Thema all diejenigen steuerbezogenen Regelungen überblicksartig darzustellen, die laut Rechtsprechung für den Rundfunkbeitrag "analog" gelten sollen. Dies würde ein weiteres Mal die gesamte Widersprüchlichkeit der bisherigen Argumentation der Rechtsprechung aufdecken.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: pinguin am 12. Februar 2017, 17:09
Die Gewerbesteuer ist beispielsweise eine kommunale Steuer. Auf sie finden die Regelungen der Abgabenordnung daher keine Anwendung.
Steuerrecht ist Bundesrecht; die Länder haben da keine Hoheit, also auch nicht deren Landkreise, Städte und Gemeinden. Die Länder dürfen steuerrechtlich nur im Rahmen bundesrechtlichen Genehmigungsrechts, (nenne ich mal so), Steuern erheben; einführen dürfen sie u. U. keine, wenn es nicht vom Bund vorgesehen ist.

Letztlich muß deshalb auch für kommunale Steuern die bundesweite Abgabeordnung gelten.

Deshalb die Frage, wo konkret in einem Bundesgesetz steht, daß die bundesweite Abgabeordnung nicht für kommunale Steuern gilt?
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: Knax am 12. Februar 2017, 17:34
Deshalb die Frage, wo konkret in einem Bundesgesetz steht, daß die bundesweite Abgabeordnung nicht für kommunale Steuern gilt?

Dies ergibt sich wiederum aus § 1 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung (und die Abgabenordnung ist ein Bundesgesetz):

Zitat
Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden.

Die Abgabenordnung gilt für alle Steuern, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden.

Umkehrschluss daraus: Für solche Steuern, die nicht durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden, gilt die Abgabenordnung nicht.

Die Gewerbesteuer wird weder durch eine Bundesfinanzbehörde noch durch eine Landesfinanzbehörde verwaltet, sondern durch die Kommunen, weil die Kommunen die Gewerbesteuer durch Gewerbesteuerbescheid festsetzen, denn das Heberecht für die Gewerbesteuer steht den Kommunen zu, Art. 106 Absatz 6 Satz 1 des Grundgesetzes:

Zitat
Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: pinguin am 12. Februar 2017, 17:56
Ok, soweit begriffen, aber es muß doch eine gesetzliche Bundesregelung geben, weil Steuerrecht nun einmal Bundesrecht ist, die den Kommunen Kriterien auferlegt, nach denen sie ihre Steuern zu gestalten haben?

Für die Gewerbesteuern hat es bspw. das Gewerbesteuergesetz des Bundes

Gewerbesteuergesetz (GewStG) http://www.gesetze-im-internet.de/gewstg/

Daneben hat es bspw. für das Land Brandenburg noch ein

Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) https://bravors.brandenburg.de/de/gesetze-212928

Interessant daraus übrigens:
Zitat
§ 8
Beiträge
[...]
(2) Beiträge sind Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2 oder Teilen davon, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen.[...]

Beiträge sind zur Unterhaltung des Regelbetriebes nicht zulässig.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: drboe am 12. Februar 2017, 19:03
... weil Steuerrecht nun einmal Bundesrecht ist, ...

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Art 105

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Daraus ergibt sich wohl, dass die Länder a) zu Teilen ein Mitspracherecht bei der Steuergesetzgebung haben und b) nicht bundesgesetzlich gleichartige Steuern sehr wohl erheben können. Ich bin nicht ganz sicher, ob in 2a womöglich ein Schlupfloch für die Rundfunksteuer und das BVerfG liegt. Es käme auf die Abgrenzung an und ob Rundfunksteuern zu Verbrauchs- bzw. Aufwandssteuern gerechnet werden könnten. M. E. nicht, aber das ist lediglich eine (ungesicherte) Meinung.

M. Boettcher
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: pinguin am 12. Februar 2017, 22:01
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

Grundgesetz https://www.bundestag.de/gg
Zitat
Artikel 72

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

[...]

Zitat
Artikel 74

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
[...]
4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
[...]
7. die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
[...]
11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
[...]
13. die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
[...]
15. die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
[...]
19a. die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;

20. das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
[...]
22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
[...]
25. die Staatshaftung;

26. die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;

Zustimmung des Bundesrates braucht es bei Art. 74, Satz 1, Ziffer 25 und 27.
Zitat
[...]
25. die Staatshaftung;
[...]
27. die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

In Art. 106 und 106a steht dann explizit, wem welche Steuern zustehen.

Und, übrigens, im Bereich des Rundfunks hat es mit dem Deutsche Welle-Gesetz ein Bundesgesetz:

Zitat
Gesetz über die Rundfunkanstalt des Bundesrechts "Deutsche Welle" (Deutsche-Welle-Gesetz - DWG)
http://www.gesetze-im-internet.de/dwg/BJNR309410997.html#BJNR309410997BJNG000201310

Wenn die Länder hier in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden, steht das Grundgesetz mglw. entgegen?

Zitat
Artikel 70

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

Wenn ein Gesetz aber weder in den Bereich der auschließlichen, noch in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung einzusortieren ist, greift letztlich ebenfalls Art. 31 GG, wonach Bundesrecht Landesrecht bricht.

Zitat
Artikel 72

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
[...]

Zitat
Artikel 23
[...]

(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Steht Rundfunk in alleiniger Gesetzgebungszuständigkeit der Länder? -> Kann nicht sein, sonst dürfte es das Deutsche Welle-Gesetz nicht geben.

Wo hat es das Bundesgesetz, daß der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wenn Landesrecht einen Rechtsbereich berührt, für den der Bund die Gesamtverantwortung trägt?

Ach so, Art 33 GG
Zitat
[...]
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ständige Aufgabe; wie war das doch gleich mit dem Rundfunkbeitrag, dem Beitragsservice und dem arbeitsrechtlichen Status der Mitarbeiter von BS und LRA?

Nur Berufsbeamte stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, und nur denen darf der Rundfunkbeitragseinzug im Rahmen hoheitlicher Ausübung als ständige Aufgabe übertragen werden.

Der Umkehrschluß lautet, daß der Beitragseinzug nur nicht hoheitlich sein kann, wenn er als ständige Aufgabe von Leuten durchgeführt wird, die keine Beamten sind.

Ok, bin wohl dezent vom Thema abgewichen?

Beim Gabler-Wirtschaftslexikon werden ZDF, ARD und Co als öffentliche Unternehmen geführt.
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: drboe am 12. Februar 2017, 22:42
Und, übrigens, im Bereich des Rundfunks hat es mit dem Deutsche Welle-Gesetz ein Bundesgesetz:

Zitat
Gesetz über die Rundfunkanstalt des Bundesrechts "Deutsche Welle" (Deutsche-Welle-Gesetz - DWG)
http://www.gesetze-im-internet.de/dwg/BJNR309410997.html#BJNR309410997BJNG000201310

Wenn die Länder hier in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden, steht das Grundgesetz mglw. entgegen?

Vermutlich nicht. Die Deutsche Welle sendet ins Ausland, ZDF und die Sender der ARD teilen sich das (inländische) Sendegebiet der BRD, wobei jedes Bundesland nur für das eigene Gebiet die Gesetzgebungskompetenz haben dürfte. Als gemeinsamen Spielball gönnen sich die Länder das bundesweite ZDF.

Zitat
Steht Rundfunk in alleiniger Gesetzgebungszuständigkeit der Länder? -> Kann nicht sein, sonst dürfte es das Deutsche Welle-Gesetz nicht geben.

Sehe ich anders, siehe oben.

Zitat
Wo hat es das Bundesgesetz, daß der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wenn Landesrecht einen Rechtsbereich berührt, für den der Bund die Gesamtverantwortung trägt?

Welche Bereiche könnten das sein?

M. Boettcher
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: alexparty am 12. Februar 2017, 22:59
WIKIPEDIA:

Bundesrepublik Deutschland
In der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland wird eine Kollektivhaftung, welche die Sippenhaftung einschließt, als nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar betrachtet und hat daher keine juristische Definition. Soweit dennoch ein mit Sippenhaft vergleichbares Verhalten von staatlichen Institutionen praktiziert wird, wird dies von der Rechtsprechung unterbunden, so z. B. wurde eine Sanktion der Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales vom Landessozialgericht als rechtswidrig festgestellt und als Sippenhaftung bezeichnet.

Und schließlich haften ja auch Eheleute nicht immer gegenseitig und überschreiben sich vor Pleiten noch schnell Anteile und Vermögen.

Fundstück im beck-shop:

Abstammung meint „die natürliche biologische Beziehung eines Menschen
zu seinen Vorfahren“ (BVerfGE 9, 124/128; Heun DR 127), also den
Umstand, dass jemand Abkömmling einer bestimmten Vorfahrenreihe ist.
Einzubeziehen ist die familienrechtliche Abstammung, etwa im Hinblick auf
eine Vaterschaftsvermutung, nicht jedoch im Hinblick auf die familienrechtliche
Qualifikation (Sachs HbStR V § 126 Rn.43), etwa hinsichtlich der
Nichtehelichkeit (insoweit ist Art.6 Abs.5 einschlägig). Erfasst wird ein Anknüpfen
an Eigenschaften der Eltern (etwa Religion oder Kriminalität). Das
Merkmal der Abstammung richtet sich insb. gegen Sippenhaft
(Heun DR
127) und Vetternwirtschaft (Sacksofsky UC 318; Kischel EH 204; Eckertz-
Höfer AK 114).
Quelle: http://www.chbeck.de/fachbuch/leseprobe/Jarass-Grundgesetz-Bundesrepublik-Deutschland-GG-9783406609411_0305201208360809_lp.pdf (http://www.chbeck.de/fachbuch/leseprobe/Jarass-Grundgesetz-Bundesrepublik-Deutschland-GG-9783406609411_0305201208360809_lp.pdf)

Hier ein Urteil des VerwG BaWü zur Vorlage ans BVerfG (wegen Grundgesetzwidrigkeit) weil Familienmitglieder innerhalb von Asylfamilien für Straftaten von Familienmitgliedern "haften" sollen:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=11736 (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=11736)

Hier auf FOCUS ein Urteil einer Hartz IV Familie von der ein Mitglied eine Kürzung bekam, was sich auf den Mietanteil niderschlägt und somit der gesamten Familie schadete, weil diese nun von ihrem Anteil die Ausfälle bezahlen müssten.
http://www.focus.de/finanzen/news/arbeitsmarkt/tid-25513/umstrittene-rechtsprechung-die-zehn-unglaublichsten-hartz-iv-urteile-urteil-20-wenn-der-junior-mist-macht-keine-sippenhaft-_aid_1110726.html (http://www.focus.de/finanzen/news/arbeitsmarkt/tid-25513/umstrittene-rechtsprechung-die-zehn-unglaublichsten-hartz-iv-urteile-urteil-20-wenn-der-junior-mist-macht-keine-sippenhaft-_aid_1110726.html)
Titel: Re: Zivilprozessualer Nachweis eines Ausgleichanspruchs bei Gesamtschuldnerschaft
Beitrag von: pinguin am 13. Februar 2017, 00:19
Welche Bereiche könnten das sein?
Steht doch unter Antwort #22 im zitierten Teil des Art. 23 GG. Die Bereiche sind mit schulischer Bildung, Kultur und Rundfunk klar genannt. Auch steht in Satz 7 klar, daß Näheres  zu Satz 6 ein Gesetz regelt, dem der Bundesrat zuzustimmen hat.

Welches Gesetz ist das, und wo steht es?

Zitat
Artikel 23 GG
[...]

(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.