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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: Kurt am 19. Juni 2016, 20:40

Titel: Gesetzliche Vermutung - wer ist in welcher Beweispflicht ?
Beitrag von: Kurt am 19. Juni 2016, 20:40
Hallo zusammen,

Gesetzliche Vermutung - wer muss was beweisen ?

Lt. RBStV wird vermutet:
Zitat
(2) Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die
1. dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder
...

Demzufolge vermuten die Beitragsabräumer dass die mit Bundesmeldegesetzdaten (Legaldefinition 1) bekannt gewordene Person eine nach Rundfunkrecht (Legaldefinition 2) definierte Wohnung bewohnt.

Für die diese Vermutung aufstellende Partei (LRA) wirkt sich diese Behauptung günstig aus: sie würde dadurch ja Geld erhalten.

Zitat
Beim Vorliegen einer gesetzlichen Vermutung ist die Partei, für die die Vermutung sich günstig auswirkt, verpflichtet, die Voraussetzungen der gesetzlichen Vermutung in tatsächlicher Hinsicht darzulegen und für den Fall, dass diese von dem Gegner bestritten werde, auch zu beweisen. Es sind also die Indizien zu beweisen und nicht die an sich streitige Tatsache.
Quelle: http://www.iww.de/pak/archiv/zpo-beweisrecht-so-koennen-sie-gesetzliche-vermutungen-in-der-beweisfuehrung-taktisch-einsetzen-f33393

Diesem folgend müsste doch die LRA - sofern ein armer Teufel bestreitet, eine nach RBStV definierte Wohnung (nach Legaldefinition 2) innezuhaben - die Indizien beweisen !?

Die beiden Legaldefinitionen "Wohnung" - zum einen nach Bundesmeldegesetz; zum anderen nach RBStV - weichen nämlich voneinander ab. ***

***
Legaldefinition 1:
Bundesmeldegesetz (BMG)
§ 20 Begriff der Wohnung
Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. Als Wohnung gilt auch die Unterkunft an Bord eines Schiffes der Marine. Wohnwagen und Wohnschiffe sind nur dann als Wohnungen anzusehen, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden.

Legaldefinition 2:
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag
§ 3 Wohnung
(1) Wohnung ist unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die
1. zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und
2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann.



Wie passt jetzt dies dazu:
Zitat
Die gesetzliche Vermutung begründet eine Beweislastumkehr, aufgrund deren die betreffende Person gegebenenfalls nachweisen muss, dass sie tatsächlich nicht Inhaber der jeweiligen Wohnung ist (vgl. Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 RBStV Rn. 15).
Quelle: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2016-N-43880?


Gruß
Kurt
Titel: Re: Gesetzliche Vermutung - wer ist in welcher Beweispflicht ?
Beitrag von: pinguin am 20. Juni 2016, 00:28
Eigentlich muß doch der eine Vermutung bzw. Behauptung beweisen, der sie aufstellt?
Titel: Re: Gesetzliche Vermutung - wer ist in welcher Beweispflicht ?
Beitrag von: Mork vom Ork am 25. Dezember 2016, 03:07
Wie sieht es denn aus, wenn eine Person in einer Wohnung wohne, die nur über eine andere unbewohnte Wohnung betreten werden kann?
Dann müsste doch eigentlich keine Beitragspflicht bestehen, oder?

Viele Grüße
Mork vom Ork




Edit Viktor:
Beitrag an die Regeln des Forums (hypothetische/fiktive Beitragsform) angepasst.
Titel: Re: Gesetzliche Vermutung - wer ist in welcher Beweispflicht ?
Beitrag von: PersonX am 25. Dezember 2016, 10:03
Zitat
Dann müsste doch eigentlich keine Beitragspflicht bestehen, oder?
Es besteht eine Beitragspflicht, wenn diese Wohnung einen eigenen Eingang hat, welcher nicht ausschließlich nur über eine andere Wohnung betretbar ist.
Titel: Re: Gesetzliche Vermutung - wer ist in welcher Beweispflicht ?
Beitrag von: Mork vom Ork am 25. Dezember 2016, 13:11
Ja, genau - die bewohnte Wohnung ist ausschließlich über eine andere unbewohnte Wohnung betretbar.

Mir geht es darum, ob in einem Zweifamilienhaus die Beitragspflicht für das komplette Haus erlischt, wenn die obere (bewohnte) Wohnung ausschließlich über die untere (unbewohnte) Wohnung betretbar ist. (Vom Windfang hinter der Haustür betritt man die untere Wohnung durch eine Wohnungstür, hinter der ein Durchgang zur Treppe der oberen Wohnung führt. Das heißt, dass jeder, der die obere Wohnung betreten will, zwangsläufig ein kurzes Stück durch die untere Wohnung gehen muss.

Interessant an diesem Beispiel ist, dass für die untere Wohnung niemand Rundfunkbeiträge bezahlt, weil sie nicht bewohnt wird, und für die obere Wohnung trifft die Definition der Wohnung nach RBStV nicht zu, weil sie keinen separaten Eingang hat. Also wäre das komplette Zweifamilienhaus beitragsfrei - oder?

Viele Grüße
Mork vom Ork
Titel: Re: Gesetzliche Vermutung - wer ist in welcher Beweispflicht ?
Beitrag von: PersonX am 25. Dezember 2016, 13:58
Nein, es gilt für jede Wohnung ist vom Inhaber zu bezahlen. Das bedeutet noch nicht automatisch, dass eine unbewohnte Wohnung beitragsfrei ist, dazu müssen die Regeln dazu beachtet werden, das gilt insbesondere bei Eigentum und Vermietung. Sollte der Eigentümer möglicherweise die Wohnung bewohnen, welche nur von der leeren jedoch nicht vermieteten aber dafür vorgesehenen Wohnung aus betretbar ist, dann wird durch den Meldedatenabgleich trotzdem die um zum Thema zurück zukommen Vermutung angestellt. Genau an dieser Stelle muss dann das Innehaben bestritten werden. Ohne Ortsbesichtigung ist es der Gegenseite nicht möglich das Gegenteil zu beweisen, deswegen würde vor Gericht ein "Beweisantrag" gestellt. Möglicherweise wird auf eine Ortsbesichtigung verzichtet, das wurde bereits erlebt nach einer genauen Beschreibung der Lage eines Zimmers (Raum/Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages) in der 2. Etage nach einer Treppe, welche zur unteren Wohnung gehört.