gez-boykott.de::Forum

"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Vollstreckungen von Rundfunkbeiträgen (nach Bundesländern sortiert) => Thema gestartet von: Knax am 15. Mai 2015, 10:11

Titel: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Knax am 15. Mai 2015, 10:11
Edit "Bürger": Tangierende Themen siehe bitte u.a. unter
fehlendes Leistungsgebot > Zulässigkeit von Säumnisgebühren/ Säumniszuschlägen?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19657.0.html
Vollstreckungsrechtliche Folgen eines fehlenden Leistungsgebotes im Bescheid
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18629.0.html
Fehlendes Leistungsgebot und Verjährung
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15976.0.html


----------

Hallo zusammen,

auf Wunsch der Moderatoren eröffne ich nun eine separate Diskussion zum Thema "Leistungsgebot".

Zur Vorgeschichte
In der Diskussion "Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft (Bayern) > Haftbefehl" (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14194.0.html) kam die Frage auf, ob die "üblichen Festsetzungsbescheide" vollstreckbar seien. Meiner Ansicht nach kann diese Frage nicht pauschal, sondern nur im jeweiligen Einzelfall beantwortet werden.

Zum rechtlichen Hintergrund
Ein elementarer Grundsatz des deutschen Vollstreckungsrechts besagt, dass die Zahlungsaufforderung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner eine zentrale Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vollstreckung von Verwaltungsakten ist. Dieser Grundsatz findet sich in sämtlichen Vollstreckungsordnungen des Bundes und der Länder. Die Zahlungsaufforderung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner wird in der juristischen Fachsprache "Leistungsgebot" genannt. Leistungsgebote sind eigenständige Verwaltungsakte, die von der Festsetzung (hier: von der Festsetzung von Rundfunkbeiträgen) zu unterscheiden sind. Die Festsetzung ist ebenfalls ein eigenständiger Verwaltungsakt. Beide Verwaltungsakte, also die Festsetzung einerseits und das Leistungsgebot andererseits, können in einem Bescheid (d.h. auf demselben Dokument) enthalten sein. Die Formulierung für die Festsetzung lautet überlicherweise: "Für die Zeit vom ... bis ... wird ein Betrag in Höhe von ... Euro festgesetzt." Die Formulierung für das Leistungsgebot lautet überlicherweise: "Bitte zahlen Sie den festgesetzten Betrag in Höhe von ... Euro auf eines der u.a. Konten." Normalerweise müsste auch noch dabeistehen, bis wann dieser Betrag zu zahlen ist. Die Diskussion über die Fälligkeit ist allerdings ein separates Thema, welches durch die Beschlüsse des Landgerichts Tübingen aufgeworfen worden ist.

Das Kernproblem
Der Grund für eine genaue Einzelfallprüfung, ob ein Verwaltungsakt vollstreckbar ist, besteht darin, dass es mehrere Versionen von Beitragsbescheiden gibt. Ältere Bescheide, die mit "Beitragsbescheid" oder "Gebühren-/Beitragsbescheid" überschrieben sind, enthalten nach meiner Kenntnis korrekterweise sowohl die Festsetzung als auch das Leistungsgebot über die festgesetzten Beiträge. Neuere Bescheide, die mit "Festsetzungsbescheid" überschrieben sind, enthalten meiner Kenntnis nach kein Leistungsgebot. Sie sind aus diesem Grund nicht vollstreckbar. Zum Nachweis dafür, dass in neueren Festsetzungsbescheiden kein Leistungsgebot enthalten ist, bin ich gebeten worden, einen meiner Bescheide hier zur Ansicht einzustellen (siehe dazu den beigefügten anonymisierten Feststellungsbescheid). Hierin ist zwar ein Betrag festgesetzt worden. Allerdings fehlt das Leistungsgebot. Damit ist er meiner Ansicht nach nicht vollstreckbar.

Da Leistungsgebote eigenständige Verwaltungsakte sind, müssen sie dem sog. Bestimmtheitsgebot genügen. Das Bestimmtheitsgebot ist der grundlegende verwaltungsrechtliche Grundsatz, nach dem ein Verwaltungsakt klar und eindeutig formuliert sein muss, damit der Adressat ihm Folge leisten kann. Auch wenn in den neueren "Festsetzungsbescheiden" ein Leistungsgebot enthalten wäre, würde es meiner Ansicht nach dem Bestimmtheitsgebot nicht genügen, weil der Beitragsgläubiger nicht eindeutig erkennbar ist. Die Frage nach der Erkennbarkeit ist somit genau die gleiche, die auch die Beschlüsse des Landgerichts Tübingen aufwerfen.

Fazit
Ob ein Bescheid vollstreckbar ist oder nicht, ist daher in jedem Einzelfall genau zu prüfen. Nach meinen Recherchen sind die neueren "Festsetzungsbescheide" aufgrund des fehlenden Leistungsgebots nicht vollstreckbar.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: gurke7 am 15. Mai 2015, 23:57
hi
sehr interessant!
ich nehme an, du beziehst dich auf folgenden in den früheren Bescheiden zu findenden Absatz  (siehe Anhang)
die nicht vorhandene Fälligkeit hat eine Person Y auch in einer Klage angeführt.
zum Vergleich ein Screenshot
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Knax am 16. Mai 2015, 07:12
ich nehme an, du beziehst dich auf folgenden in den früheren Bescheiden zu findenden Absatz  (siehe Anhang)

Genau so ist es.

Das Vorhandensein eines solchen Leistungsgebotes in einem Leistungs-Verwaltungsakt ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit - sollte man meinen. Der Beitragsservice belehrt uns hier einmal mehr eines besseren. Es arbeiten dort hochbezahlte Verwaltungsjuristen - oder sollte man besser sagen "Dilettanten", die nicht wissen, wie ein Verwaltungsakt nach geltendem Recht zu erstellen ist...? Hinsichtlich der Anforderungen an den formalen Aufbau von Verwaltungsakten darf auch die Entscheidung des BGH in Bezug auf die Tübinger Beschlüsse mit Spannung erwartet werden.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Beitragender am 21. Mai 2015, 08:58
Unabhängig von dem konkret-individuellen Festsetzungsbescheid, den User Knax in diesem Thread hochgeladen hat, wurde im gez-boykott-Forum an mehreren Stellen die abstrakt-generelle Frage aufgeworfen, ob auf Grundlage von Festsetzungsbescheiden die Vollstreckung betrieben werden kann. Diese abstrakt-generelle Frage möchte ich aufgreifen.
Ich versuche die wesentlichen Punkte der abstrakt-generellen Diskussion nachfolgend noch einmal darzustellen:


I. Die These von Knax lautet:
Bescheide, die mit "Festsetzungsbescheid" überschrieben sind, [...] sind [...] nicht vollstreckbar.

Begründet wird diese These von Knax im Wesentlichen mit dem folgenden Argument:
"Ein elementarer Grundsatz des deutschen Vollstreckungsrechts besagt, dass die Zahlungsaufforderung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner eine zentrale Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vollstreckung von Verwaltungsakten ist. Dieser Grundsatz findet sich in sämtlichen Vollstreckungsordnungen des Bundes und der Länder."
"Bescheide, die mit "Festsetzungsbescheid" überschrieben sind, enthalten [...] kein Leistungsgebot."
"Die Zahlungsaufforderung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner wird in der juristischen Fachsprache "Leistungsgebot" genannt."
"Leistungsgebote sind eigenständige Verwaltungsakte, die von der Festsetzung (hier: von der Festsetzung von Rundfunkbeiträgen) zu unterscheiden sind. Die Festsetzung ist ebenfalls ein eigenständiger Verwaltungsakt. Beide Verwaltungsakte, also die Festsetzung einerseits und das Leistungsgebot andererseits, können in einem Bescheid (d.h. auf demselben Dokument) enthalten sein."

Knax argumentiert mit dem Wortlaut des jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. Der Wortlaut der Verwaltungsvollstreckungsgesetze setze bei Vollstreckungen wegen Geldforderungen stets ein Leistungsgebot voraus; beispielsweise sei auf den Wortlaut des § 3 Abs. 2 -- insb. lit. a) -- VwVG verwiesen:
Zitat
Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:
a)    der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
b)    die Fälligkeit der Leistung;
c)    der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.



II. Hiergegen argumentiert nun u.a. InesgegenGEZ:
Wie gesagt, du irrst dich!

§10 (6) Rundfunkbeitragsstaatsvertrag:
Festsetzungsbescheide werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt. Ersuchen um Vollstreckungshilfe gegen Beitragsschuldner, deren Wohnsitz oder Sitz in anderen Ländern liegt, können von der zuständigen Landesrundfunkanstalt unmittelbar an die für den Wohnsitz oder den Sitz des Beitragsschuldners zuständige
Vollstreckungsbehörde gerichtet werden.

In 99,9% der Fälle in dem ein nichtzahlender Bürger Deutschlands einen Festsetzungsbescheid erhält, beinhaltet dieser eine Rechtsbehelfsbelehrung. Wird gegen diesen kein Widerspruch eingereicht, wird dieser bestandskräftig und es kann vollstreckt werden.

Um auf dein Beispiel mit dem Staat zu kommen. Der Rundfunkbeitrag ist ohne die Aufforderung eines Schreibens dem Landesrundfunkanstalten geschuldet. Mit den Festsetzungsbescheiden eröffnen die Landesrundfunkanstalten sozusagen das Vollstreckungsverfahren. Und dann hast du 2 Möglichkeiten:

1. Widerspruch + Klage
2. Kopf in den Sand und du wirst vollstreckt werden....

InesgegenGEZ argumentiert dem Wortlaut des § 10 Abs. 6 S. 1 RBStV. Der Wortlaut des § 10 Abs. 6 S. 1 RBStV setze für die Vollstreckung wegen des Rundfunkbeitrags ausdrücklich einen Festsetzungsbescheid voraus; ein "Leistungsgebot" wird dort nicht vorausgesetzt.


III. Damit scheinen zwei Normen unterschiedliche Voraussetzungen für die Vollstreckung aufzustellen. Hieran anknüpfend können zwei Fragen gestellt werden:
1. Stellen die beiden Normen tatsächlich unterschiedliche Voraussetzungen (einerseits: Festsetzungsbescheid; andererseits: Leistungsbescheid) für die Vollstreckung auf, oder scheinen sie nur unterschiedliche Voraussetzungen aufzustellen (--> gibt es bspw. einen Unterschied zwischen Leistungsgebot und Leistungsbescheid)?
2. Wenn die beiden Normen unterschiedliche Voraussetzungen für die Vollstreckung aufstellen, wie ist das Verhältnis dieser beiden Normen zueinander?

Unabhängig von diesen Fragen stellt sich die Frage, ob die Festsetzungsbescheide nicht so ausgelegt werden können (§§ 133, 157 BGB analog), dass sie ein Leistungsgebot enthalten? Diese Frage betrifft nicht zuletzt die Frage, inwieweit die Festsetzungsbescheide (un-)bestimmt sind? Diesbezüglich verweise ich auf meinen Beitrag unter:
Inhaltliche Unbestimmtheit von Beitragsfestsetzungen
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14091.msg95122.html#msg95122
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: InesgegenGEZ am 21. Mai 2015, 09:35
Um hier nochmals Licht ins Dunkel zu bringen. Es muss ein Festsetzungsbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung dem Beitragsschuldner zugestellt werden. Wenn ein Schreiben nur dir Festsetzung der Beiträge ohne Rechtsbehelfsbelehrung dem Beitragsschuldner zugestellt werden würde, kann die jeweilige Landesrundfunkanstalt keine Vollstreckung einleiten, weil der Beitragsschuldner gegen den Bescheid rechtskonform Widerspruch erheben kann. Allerdings werden meines Wissens nach nur Festsetzungsbescheide mit Rechtsbehelfsbelehrung verschickt.

_______________________

Knax argumentiert mit dem Wortlaut des jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. Der Wortlaut der Verwaltungsvollstreckungsgesetze setze bei Vollstreckungen wegen Geldforderungen stets ein Leistungsgebot voraus; beispielsweise sei auf den Wortlaut des § 3 Abs. 2 -- insb. lit. a) -- VwVG verwiesen:
Zitat

    Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:
    a)    der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
    b)    die Fälligkeit der Leistung;
    c)    der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.


________________________

Alle 3 Punkte sind erfüllt. Wo gibt es da noch Bedenken?
a. Festsetzungsbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung in dem die rückständigen Beiträge festgesetzt werden und der Beitragsschuldner zur Zahlung aufgefordert wird
b. Rundfunkbeiträge sind eine Schickschuld, sprich wenn nicht rechtzeitig bezahlt wird, sind sie fällig
c. zwischen Festsetungsbescheid und Vollstreckung vergehen locker eine Woche


Wikipedia sagt zum Leistungsgebot:
Das Leistungsgebot nach § 254 Abgabenordnung ist die Aufforderung an einen Steuerpflichtigen

    einen dem Grunde und der Höhe nach genau bestimmten Geldbetrag (z. B. Steuer),
    bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (Zahlungsfrist),
    bei einer bestimmten Stelle (Finanzkasse) und
    in einer bestimmten Art und Weise (durch Überweisung)

zu entrichten.

Ein Leistungsgebot ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 118 AO, welcher in der Regel mit dem Steuerbescheid verbunden ist.

Das Leistungsgebot ist Voraussetzung für die Vollstreckung eines Steuerbescheids. Die Vollstreckung darf erst beginnen, wenn die Leistung fällig und der Vollstreckungsschuldner zur Leistung oder Duldung oder Unterlassung aufgefordert worden ist (= Leistungsgebot) und seit der Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen ist.



Wird alles erfüllt seitens der Landesrundfunkanstalten. Das es hier überhaupt eine Diskussionsgrundlage gibt, wundert mich.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: leonardodavinci am 21. Mai 2015, 09:37
Eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung verlängert nur die Widerspruchsfrist auf 1 Jahr, sonst nichts.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Beitragender am 21. Mai 2015, 11:18
Alle 3 Punkte sind erfüllt. Wo gibt es da noch Bedenken?
a. Festsetzungsbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung in dem die rückständigen Beiträge festgesetzt werden und der Beitragsschuldner zur Zahlung aufgefordert wird
b. Rundfunkbeiträge sind eine Schickschuld, sprich wenn nicht rechtzeitig bezahlt wird, sind sie fällig
c. zwischen Festsetungsbescheid und Vollstreckung vergehen locker eine Woche

Ich versuche mal stellvertretend für Knax zu antworten -- ich hoffe, dass mir das gelingt ;)

zu a): Wenn ein Schreiben eine Beitragsfestsetzung und eine Zahlungsaufforderung zum Inhalt hat, dann hat dieses Schreiben eine Festsetzung und ein Leistungsgebot zum Inhalt. Allerdings wird ja gerade in Frage gestellt, ob alle Schreiben sowohl Festsetzung als auch Leistungsgebot zum Inhalt haben; zitat Knax:
Der Grund [... für die Diskussion] besteht darin, dass es mehrere Versionen von Beitragsbescheiden gibt. Ältere Bescheide, die mit "Beitragsbescheid" oder "Gebühren-/Beitragsbescheid" überschrieben sind, enthalten nach meiner Kenntnis korrekterweise sowohl die Festsetzung als auch das Leistungsgebot über die festgesetzten Beiträge. Neuere Bescheide, die mit "Festsetzungsbescheid" überschrieben sind, enthalten meiner Kenntnis nach kein Leistungsgebot"
Vgl. zu festsetzenden/feststellenden Verwaltungsakten ohne Leistungsgebot: VG Gera, Beschluss vom 6. 5. 2004 - Az. 5 E 71/04 (S. 5 der pdf-Datei, dort unter Nr. 3): http://www.thovg.thueringen.de/OVGThueringen/rechtsp.nsf/6c24af328dcfcb8cc1256ab9002dd3c/9c49e94ffe31f322c1256ea500160f34/$FILE/04-5E-00071-B-A.pdf (http://www.thovg.thueringen.de/OVGThueringen/rechtsp.nsf/6c24af328dcfcb8cc1256ab9002dd3c/9c49e94ffe31f322c1256ea500160f34/$FILE/04-5E-00071-B-A.pdf)

zu b): Fraglich ist, wann die Leistung fällig ist. Ist die Leistung mit aa) der Festsetzung, bb) der Zahlungsaufforderung oder cc) kraft gesetzlicher Anordnung (bspw. arg. e § 7 Abs. 1 S. 1 RBStV) fällig?

zu c): Wann die Wochenfrist abgelaufen ist, ist abhängig von a) und b).
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: seppl am 21. Mai 2015, 12:34
zu b) cc: Sie kann nicht Kraft gesetzlicher Anordnung fällig werden, da eine Beitragspflicht der Person erst festgestellt werden muss. Das Gesetz sagt: Für jede Wohnung ist ein Rundfunkbeitrag fällig und alle Bewohner haften als Gesamtschuldner. Mehr nicht.

Die Beitragspflicht wird mit Zutun des Teilnehmers oder ohne (per Direktanmeldung) festgestellt.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: pinguin am 21. Mai 2015, 12:40
Wikipedia sagt zum Leistungsgebot:
Das Leistungsgebot nach § 254 Abgabenordnung ist die Aufforderung an einen Steuerpflichtigen

***

Ein Leistungsgebot ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 118 AO, welcher in der Regel mit dem Steuerbescheid verbunden ist.

Das Leistungsgebot ist Voraussetzung für die Vollstreckung eines Steuerbescheids.


***

Wird alles erfüllt seitens der Landesrundfunkanstalten. Das es hier überhaupt eine Diskussionsgrundlage gibt, wundert mich.
Der Rundfunkbeitrag IST keine Steuer.
Für eine Steuer sind alleine die Finanzbehörden zuständig, sonst niemand. Weder Beitragsservice noch Rundfunkanstalten sind Finanzbehörden.
Der Rundfunkbeitragsschuldner ist kein Steuerschuldner und darf deshalb auch nicht wie ein solcher behandelt werden.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Greyhound am 21. Mai 2015, 12:53
Die Festsetzung dient gerade zur Vollstreckung

Möglicherweise beziehst Du Dich an dieser Stelle auf den Beschluss des AG Stuttgart vom 16.01.2015, Az. 2 M 57976/14, in dem es heißt:
„Erst zur Schaffung einer Vollstreckungsgrundlage und damit für die zwangsweise Durchsetzung rückständiger Gebühren bedarf es nach § 10 Abs. 5 und 6 RBStV der Festsetzung der rückständigen Gebühren samt Säumniszuschlägen durch einen Bescheid.“

Dies würde meiner Ansicht nach allerdings bedeuten, dass mit der Festsetzung als solcher kein eigenständiger Zweck mehr verfolgt werden würde, sondern sein Zweck darin bestünde, Vollstreckungsvoraussetzungen zu schaffen. Mit der Schaffung lediglich von Vollstreckungsvoraussetzungen ist jedoch keine unmittelbare Rechtsfolge verbunden. Damit würde es der Festsetzung an Verwaltungsaktqualität mangeln, denn es würde an dem Merkmal der unmittelbaren Außenwirkung fehlen. Die Festsetzung wäre hiernach lediglich als eine Vorbereitungshandlung der Verwaltung anzusehen, konkret als Vorbereitung der Vollstreckung bereits rückständiger Beiträge. Solche Vorbereitungshandlungen haben in Ermangelung einer unmittelbaren Außenwirkung die Qualität von Realakten, nicht jedoch von Verwaltungsakten. Ich habe diesen Aspekt auch bereits so im Entwurf meiner Klageschrift berücksichtigt.

und einer Aufforderung zur Entrichtung der festgesetzten Rundfunkbeiträge im Bescheid bedarf es nicht mehr.

Das sehe ich anders - aus folgenden Gründen:

In § 1 Absatz 1 HessVwVG (http://www.rv.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/1mj5/page/bshesprod.psml;jsessionid=FCF99EC20E0FA2F3B3C00B19321CE0B0.jp18?doc.hl=1&doc.id=jlr-VwVGHE2008rahmen:juris-lr00&documentnumber=1&numberofresults=106&showdoccase=1&doc.part=X&paramfromHL=true#jlr-VwVGHE2008pP1) heißt es:
"Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung oder eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, werden nach den Vorschriften dieses Gesetzes vollstreckt."

Die Festsetzung ist nach ihrem Sinn und Zweck weder eine Aufforderung zu einer Geldleistung noch zu einer sonstigen Handlung, Duldung oder Unterlassung.

In § 4 Absatz 2 HessVwVG (http://www.rv.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/1mj5/page/bshesprod.psml;jsessionid=FCF99EC20E0FA2F3B3C00B19321CE0B0.jp18?doc.hl=1&doc.id=jlr-VwVGHE2008rahmen:juris-lr00&documentnumber=1&numberofresults=106&showdoccase=1&doc.part=X&paramfromHL=true#jlr-VwVGHE2008pP4) heißt es:
"Als Pflichtiger kann in Anspruch genommen werden, wer durch Verwaltungsakt zu einer Geldleistung, zu einer sonstigen Handlung, zu einer Duldung oder Unterlassung aufgefordert worden ist."

Die Aufforderung zur Zahlung der festgesetzten Beiträge kann sachlogisch erst nach der Festsetzung als solcher erfolgen.

Die Regelungen über die Anspruchsentstehung, über die Anspruchsfälligkeit und die Entrichtung bleiben hiervon unberührt.


Vielen Dank Knax für Deinen Post, ich habe den mal hierrüber kopiert.

Zitat
Möglicherweise beziehst Du Dich an dieser Stelle auf den Beschluss des AG Stuttgart vom 16.01.2015, Az. 2 M 57976/14, in dem es heißt:
„Erst zur Schaffung einer Vollstreckungsgrundlage und damit für die zwangsweise Durchsetzung rückständiger Gebühren bedarf es nach § 10 Abs. 5 und 6 RBStV der Festsetzung der rückständigen Gebühren samt Säumniszuschlägen durch einen Bescheid.“
Dies würde meiner Ansicht nach allerdings bedeuten, dass mit der Festsetzung als solcher kein eigenständiger Zweck mehr verfolgt werden würde, sondern sein Zweck darin bestünde, Vollstreckungsvoraussetzungen zu schaffen.

Den Beschluss des AG Stuttgart vom 16.01.2015, Az. 2 M 57976/14, hatte ich bei meiner Argumentation nicht im Blick.

Aber ich denke, das ist so, dass mit der Festsetzung (lediglich) Vollstreckungsvoraussetzungen geschaffen werden sollen.

Alle Regelungsgesichtspunkte sind gesetzlich festgehalten. Die Festsetzung muss das Leistungsgebot nicht mehr konstitutiv festlegen.

Der Festsetzungsbescheid ist erforderlich als Vollstreckungstitel. Rechtsfolge ist die Vollstreckbarkeit.

Mit § 1 Absatz 1 bzw. § 4 Abs. 2 HessVwVG kann man meines Erachtens nicht argumentieren, da die Geldleistung nicht erst mit dem Verwaltungsakt gefordert wird, sondern die bereits vollumfänglich erfolgte gesetzliche Forderung nur deklaratorisch festhält.


Wäre es, wie Du sagst, muss man sich fragen, warum der Gegner von seinen "Gebühren-/Beitragsbescheiden" zu "Festsetzungsbescheiden" gewechselt ist.
Möglicherweise haben sie erst einige Zeit nach dem 01.01.2013 überhaupt erkannt, dass der Gesetzgeber sämtliche Leistungsbestimmungen bereits gesetzlich normiert und mit § 10 Abs. 5 und 6 RBStV auf die Vollstreckungsvoraussetzungen vermittels Festsetzungsbescheid ausdrücklich hingewiesen hat. 
Ich wüsste auch keine sonstige Verpflichtung, bei der alles, auch die Höhe einer Dauerschuld, bereits gesetzlich normiert wäre. Im Regelfall gibt das Gesetz die Ermächtigungsgrundlage für eine spätere konstitutive Bestimmung eines Betrages, der dann vermittels Leistungsgebot eingefordert wird.


zu b) cc: Sie kann nicht Kraft gesetzlicher Anordnung fällig werden, da eine Beitragspflicht der Person erst festgestellt werden muss. Das Gesetz sagt: Für jede Wohnung ist ein Rundfunkbeitrag fällig und alle Bewohner haften als Gesamtschuldner. Mehr nicht.

Das sehe ich anders. Die Fälligkeit ist bestimmt in § 7 Abs. 3 RBStV, wonach der Rundfunk"beitrag" monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist. Mithin ist der Rundfunk"beitrag" fällig zum 15. des zweiten Monats.
Gesamtschuldner haften alle auf den vollen Betrag. Der Gläubiger kann sich einen Schuldner aussuchen. Beitragspflichtig sind jedoch zunächst alle volljährigen Bewohner gesamtschuldnerisch.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: seppl am 21. Mai 2015, 13:15
zu b) cc: Sie kann nicht Kraft gesetzlicher Anordnung fällig werden, da eine Beitragspflicht der Person erst festgestellt werden muss. Das Gesetz sagt: Für jede Wohnung ist ein Rundfunkbeitrag fällig und alle Bewohner haften als Gesamtschuldner. Mehr nicht.

Die Beitragspflicht wird mit Zutun des Teilnehmers oder ohne (per Direktanmeldung) festgestellt.
Das sehe ich anders. Die Fälligkeit ist bestimmt in § 7 Abs. 3 RBStV, wonach der Rundfunk"beitrag" monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist. Mithin ist der Rundfunk"beitrag" fällig zum 15. des zweiten Monats.
Gesamtschuldner haften alle auf den vollen Betrag. Der Gläubiger kann sich einen Schuldner aussuchen. Beitragspflichtig sind jedoch zunächst alle volljährigen Bewohner gesamtschuldnerisch.

Falsch gedacht!
Der Beitragsservice muss auch erst einmal die Gruppe der Gesamtschuldner einer Wohnung definiert haben, um sich Einen auszusuchen.
Die Meldeadresse genügt dafür nicht

Beispiel: WG 4 Personen

Szenario 1:
Alle Bewohner bekommen Anmeldeaufforderungen aber stecken den Kopf in den Sand und melden sich trotzdem nicht beim BS.
Was passiert: Per Direktanmeldung wird die Beitragspflicht für jede Einzelperson (4 Beiträge) festgesetzt und eingefordert.
- obwohl es nicht rechtens ist.

Szenario 2:
Die Bewohner sind brav und melden sich rück und bestimmen Einen, der die Zahlung übernimmt.
Was passiert? Die Anmeldungen werden überprüft und es wird 1 Beitrag für eine Person fällig.

Der Beitragsservice weiss nicht von vornherein, wer mit wem zusammenwohnt. Daher kann er sich nicht eine Einzelperson aussuchen, sondern er muss die Beitragspflicht für Einzelpersonen bestimmen.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Knax am 21. Mai 2015, 13:22
Ich wollte gerade mit dem Schreiben einer Antwort beginnen. Da kam plötzlich die Antwort Nr. 7 von seppl dazwischen.

Ich sehe es ähnlich wie seppl.

Über die Fälligkeit muss selbstverständlich eine Regelung im Rahmen des Gesetzes getroffen werden. Bloß: Die Regelung in § 7 Absatz 3 Satz 2 RBStV ist meiner Ansicht nach so nicht haltbar, weil sie mit elementaren Grundgedanken des Rechtsschutzes kollidiert. So wie § 7 Absatz 3 Satz 2 RBStV formuliert ist, tritt die Fälligkeit nämlich unabhängig von der Beitragsfestsetzung ein. Eine der zentralen Fragen, die durch die Tübinger Beschlüsse aufgeworfen werden, ist eben genau die Frage, um die es auch in dieser Diskussion geht, nämlich, ob öffentliche Abgaben fällig sein können, bevor überhaupt eine Beitragsfestsetzung stattgefunden hat. Meiner Ansicht nach lautet die Antwort auf diese Frage: "Nein." Die Fälligkeit kann meiner Ansicht nach aus dem Rechtsschutzinteresse des Bürgers nicht vor der Festsetzung öffentlicher Abgaben eintreten, weil ein ganz bestimmter Ablauf eben aus Gründen des Rechtsschutzes (letztlich gründend auf dem Rechtsstaatsgebot) eingehalten werden muss:

1. Schritt: Der Anspruch auf die öffentliche Abgabe muss erst entstanden sein.
2. Schritt: Dann erfolgt die Festsetzung des Anspruchsumfangs, in diesem Fall die Festsetzung der Rundfunkbeiträge.
3. Schritt: Erst wenn die Festsetzung des Beitrages (also des Anspruchs auf die öffentliche Abgabe) erfolgt ist, wird der betreffende Bürger aufgefordert, den festgesetzten Betrag zu entrichten, d.h. den Anspruch zu erfüllen. Und diese Aufforderung (das sog. Leistungsgebot) hat aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes zum Inhalt

a) in welcher Höhe der Geldbetrag zu entrichten ist,
b) an wen (d.h. an welchen Beitragsgläubiger) dieser zu entrichten ist, sofern sich dies nicht schon eindeutig aus den Umständen ergibt,
c) bis zu welchem Zeitpunkt er zu entrichten ist,
d) wie er zu entrichten ist, d.h. in aller Regel unbar auf ein bestimmtes Konto.

Ein Bespiel für die konkrete und korrekte Umsetzung des Rechtsstaatsgebotes ist diesbezüglich meiner Meinung nach § 36 Absatz 4 Satz 1 EStG, der lautet:
"Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zuungunsten des Steuerpflichtigen ergibt, hat der Steuerpflichtige (Steuerschuldner) diesen Betrag, soweit er den fällig gewordenen, aber nicht entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen entspricht, sofort, im Übrigen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung)."

In § 36 Absatz 4 Satz 1 EStG wird die Fälligkeit der Einkiommensteuernachzahlung von dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Steuerbescheids abhängig gemacht.
Meiner Ansicht nach ist aber auch in diesem Falle ein Leistungsgebot nicht entbehrlich, nur weil die Fälligkeit abstrakt in einem Gesetz geregelt ist. Denn eine abstrakte Regelung der Fälligkeit in einem Gesetz ist weder eine konkrete Anordnung gegenüber dem betroffenen Bürger innerhalb eines Verwaltungsaktes noch kann sie eine konkrete Anordnung im Einzelfal ersetzen.

Würden abstrakte Regelungen in einem Gesetz die konkrete Anordnung im Einzelfall ersetzen können, so bedürfte es keiner Verwaltungsakte mehr, weil ein Verwaltungsakt definitionsgemäß eine Entscheidung bzw. Anordnung im (konkreten) Einzelfall ist. Daher hätte die Festsetzung -wie ich schon vorher erläutert hatte- nicht mehr die Qualität eines Verwaltungsaktes, sondern nur die Qualität eines Realaktes, weil es sich um eine schlichte Vorbereitungshandlung der Verwaltung handeln würde.

Allerdings muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass der Beitragsservice sehr wohl der Ansicht ist, dass abstrakte Regelungen in einem Gesetz konkrete Entscheidungen im Einzelfall ersetzen zu können. Denn es sind durchaus Fälle bekannt, in denen der Beitragsservice versucht hat, Beiträge ohne jegliche Verwaltungsakte zu vollstrecken. Diese Diskussion zieht sich eben durch bis zum hier diskutierten Thema der Fälligkeit.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: seppl am 21. Mai 2015, 13:43
Würden abstrakte Regelungen in einem Gesetz die konkrete Anordnung im Einzelfall ersetzen können, so bedürfte es keiner Verwaltungsakte mehr, weil ein Verwaltungsakt definitionsgemäß eine Entscheidung bzw. Anordnung im (konkreten) Einzelfall ist.

Das wäre nur möglich, wenn eine gesetzliche Regelung z.B. heissen würde: "Jeder volljährige Bürger muss 17,50 Euro Rundfunkbeitrag zahlen". Dann wäre ohne Verwaltungsakt der Schuldner und somit der konkrete Zahler feststellbar.

Da aber eine unbestimmte Gruppe (Bewohner einer Wohnung)  bebeitragt wird, muss neben der Feststellung der Gesamtschuldnerschaft noch der konkrete Zahler definiert werden.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Greyhound am 21. Mai 2015, 13:57
Der Beitragsservice weiss nicht von vornherein, wer mit wem zusammenwohnt. Daher kann er sich nicht eine Einzelperson aussuchen, sondern er muss die Beitragspflicht für Einzelpersonen bestimmen.

Das ist ein Argument. Das hieße aber, dass vor der Festsetzung eine Bestimmung der Gesamtschuldner zu erfolgen hat, wenn die Gesamtschuldner nicht bei der Bestimmung zuvor mitgewirkt haben.
Das heißt aber doch nicht, dass ein Festsetzungsbescheid eine Leistungsaufforderung mit beinhalten muss. Die Schuldnerbestimmung und die hier diskutierte Frage, ob der Festsetzungsbescheid eine Leistungsaufforderung zu beinhalten hat, sind doch zwei unterschiedliche Gesichtspunkte.
Und ungeachtet der Problematik der Gesamtschuldnerbestimmung ist im Gesetz geregelt, dass volljährige Wohnungsinhaber ohne Ansprüche auf Sozialleistungen gesamtschuldnerisch schulden. Mithin ist der Schuldner klar bestimmt.
Auch wären die Gesamtschuldner nur einmal zu klären, die Festsetzung kann Quartal für Quartal erforderlich sein.

Meines Erachtens spricht das Argument daher nicht für die Meinung, der Festsetzungsbescheid müsse eine Leistungsaufforderung enthalten.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Greyhound am 21. Mai 2015, 14:06
Knax, alle von Dir aufgezählten Bestimmtheitsgrundsätze sind beim Rundfunk"beitrag" gesetzlich geregelt.

Des Festsetzungsbescheides bedarf es, weil es für Vollstreckungsmaßnahmen eines Titels bedarf.

Du siehst es aus der Sicht eines Steuerrechtlers, hier besteht aber die Besonderheit, dass alle Regelungsgesichtspunkte einer Abgabe bereits gesetzlich geregelt sind.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: InesgegenGEZ am 21. Mai 2015, 15:45
Eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung verlängert nur die Widerspruchsfrist auf 1 Jahr, sonst nichts.

Für einige Institutionen des öffentlichen Dienstes ist die Rechtsbehelfsbelehrung vorgeschrieben. Und ich denke, dass dies bei den Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheiden auch so ist. Natürlich ist es so, wenn die Belehrung fehlt oder fehlerhafte Angaben beinhaltet, die Widerspruchsfrist auf 1 Jahr verlängert.

@Knax - Die Pflicht zur Zahlung der Rundfunkbeiträge besteht ohne vorherigen Bescheid.
Klingt blöd, ist es auch. Aber so sieht die Rechtslage zur Zeit aus. Außer durch das Tübinger Urteil tut sich vielleicht nun doch bald etwas.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Beitragender am 21. Mai 2015, 16:37
Des Festsetzungsbescheides bedarf es, weil es für Vollstreckungsmaßnahmen eines Titels bedarf.

Unstreitig ist, dass es eines vollstreckbaren Titels bedarf. Ein Verwaltungsakt kann ein vollstreckbarer Titel sein (sog. vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt). Allerdings ist nicht jeder Verwaltungsakt vollstreckungsfähig. Wenn wir davon ausgehen, dass die "Festsetzungsbescheide" -- zumindest "formelle" -- Verwaltungsakte sind, dann stellt sich also die Frage, ob diese Verwaltungsakte zugleich vollstreckungsfähig sind. Der Frage nach der Vollstreckungsfähigkeit der "Feststellungsbescheide" liegt damit die Frage zugrunde, wann ein Verwaltungsakt vollstreckungsfähig ist. Die gesetzespositivistische Antwort auf diese Grundlagenfrage lautet: Ein Verwaltungsakt ist vollstreckungsfähig, wenn ein Gesetz sagt, dass er vollstreckungsfähig ist; damit wird auf die verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Normen verwiesen (bspw. § 1 i.V.m. § 3 VwVG und § 6 VwVG). Diese regeln, wann ein Verwaltungsakt einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Bei der Prüfung, ob ein Verwaltungsakt einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, ist außerdem zu prüfen, ob der Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt ist, siehe:
Inhaltliche Unbestimmtheit von Beitragsfestsetzungen
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14091.msg95122.html#msg95122
Und dem dortigen Verweis auf:
Bayerischer VGH, Beschluss vom 22. April 2008 - Az. 19 ZB 08.489:
http://openjur.de/u/388793.html (dort Rn. 27 ff., insb. Rn 34:)
Zitat
"Die Befugnis, eine Geldforderung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) festsetzen zu dürfen, ist ein von Gesetzes wegen eingeräumtes Privileg [...], das die Verwaltungsbehörden von der ansonsten bestehenden Verpflichtung zur klageweisen Durchsetzung ihrer Forderungen entbindet. Eine entsprechende Leistungsklage müsste die bestimmte Angabe des Klagegegenstandes und des Klagegrundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten – bezifferten – (Klage-)Antrag enthalten (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) können bei einer Geltendmachung durch Leistungsbescheid unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) keine geringeren Anforderungen gelten."

Nehmen wir also an, dass ein -- fiktiver -- "Festsetzungsbescheid" folgenden Inhalt hat:
"Für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 03.01.2015 wird ein Betrag von 53,94 EUR (Berechnung siehe Kontoauszug) festgesetzt".
Könnte dies Inhalt einer Leistungsklage oder eines vollstreckbaren Endurteils (vgl. § 704 ZPO) sein?

Nehmen wir weiterhin an, dass der -- fiktive -- "Festsetzungsbescheid" zusätzlich folgende Angaben enthält:
"Einschließlich des festgesetzten Betrags weist Ihr Beitragskonto bis Ende 01.04.2015 einen offenen Gesamtbetrag von 71,92 EUR auf.
Wenn Sie den offenen Gesamtbetrag von 71,92 EUR umgehend begleichen, können Sie Mahnmaßnahmen vermeiden, die mit weiteren Kosten verbunden sind
".
Nehmen wir an, dass die Auslegung dieser zusätzlichen Angaben gem. §§ 133, 157 BGB analog zu dem Ergebnis führt, dass ein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt vorliegt. Wäre dieser Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt? Was soll denn nun geleistet/vollstreckt werden? Die 53,94 EUR oder die 71,92 EUR? Und was bedeutet eigentlich "umgehend"?
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Greyhound am 21. Mai 2015, 18:06
Nehmen wir also an, dass ein -- fiktiver -- "Festsetzungsbescheid" folgenden Inhalt hat:
"Für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 03.01.2015 wird ein Betrag von 53,94 EUR (Berechnung siehe Kontoauszug) festgesetzt".
Könnte dies Inhalt einer Leistungsklage oder eines vollstreckbaren Endurteils (vgl. § 704 ZPO) sein?

Das stimmt in beeindruckender Weise, aus dem Urteil könnte man nicht vollstrecken. Meine Begründung, dass im Festsetzungsbescheid deklaratorisch das gesetzlich Bestimmte aufgeführt wird, stimmt nicht. Jetzt wird mir überhaupt erst klar, warum Knax Zweifel hat.   

Die Frage wäre also wohl, ob die gesetzliche Leistungsaufforderung ausreicht.

Das Gericht hat in dem Beschluss Vollstreckungsgericht Stuttgart, Az. 2 M 57976/14, vom 16.01.2015 auf Seite 2 ausgeführt:
Zitat von: Vollstreckungsgericht Stuttgart, Az. 2 M 57976/14, vom 16.01.2015
"Gemäß § 16 Abs. 3, 15a Abs. 3 LVwVG tritt an die Stelle des Vollstreckungstitels und dessen vollstreckbare Ausfertigung das schriftliche Vollstreckungsersuchen des Gläubigers, hier vom 01.08.2014, sodass eine Vorlage der zu vollstreckenden Beitragsbescheide selbst nicht erforderlich ist."

§ 16 Abs. 3 Satz 3 1. Hs. Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg lautet:
Zitat
"An die Stelle des Vollstreckungstitels tritt der schriftliche Antrag der Vollstreckungsbehörde; ..."

Das heißt, die ersuchende Vollstreckungsstelle kann in keiner Weise sehen, ob überhaupt ein rechtswirksamer Vollstreckungstitel vorliegt.

Das Vollstreckungsgericht Stuttgart hatte noch einen "Gebühren-/Beitragsbescheid" vorliegen.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Greyhound am 22. Mai 2015, 15:17
@Beitragender,

kann es vielleicht sein, dass vorliegend wie bei einer Zwangsgeldfestsetzung oder Ordnungsgeldfestsetzung vollstreckt wird? Dort lautet der Tenor auch nur: "... wird gegen X ein Zwangsgeld von ... € ... angeordnet (bzw. festgesetzt)" oder "Gegen X wird ein Ordnungsgeld von ... € ... festgesetzt". Kein Leistungsgebot und die Beschlüsse werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt.
Die Vollstreckung würde sich dann nach §§ 10 Abs. 5 Satz 1, 6 Abs. 1 RBStV als spezielle vollstreckungsrechtliche Regelung richten.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Beitragender am 22. Mai 2015, 18:44
@ Greyhound:
Ich habe noch keine abschließende Meinung zu der hier diskutierten abstrakt-generellen Frage (Frage = Kann auf Grundlage von "Festsetzungsbescheiden" die Vollstreckung betrieben werden?). Meine Absicht war zunächst, diese Frage, die in einigen anderen Threads -- und damit dezentral -- diskutiert wurde, in diesem Thread zentral zur Diskussion zu stellen. Dabei habe ich zunächst versucht die -- m.M.n. -- wesentlichen Argumente zusammenzutragen und sich hieraus ergebende Fragen zu formulieren (siehe Antwort #3). In der sich hieran anschließenden Diskussion verstärkte sich der Eindruck, dass Knax' Anliegen möglicherweise nicht ganz so verstanden wurde, wie er es -- wohl -- verstanden wissen wollte. Deswegen hatte ich versucht das Anliegen von Knax mit anderen Worten zum Ausdruck zu bringen und zu erläutern (siehe Antwort #6 und Antwort #16) -- übrigens lautet das Thema, für das ich mich in diesem Zusammenhang eigentlich interessiere: Inhaltliche Unbestimmtheit von Beitragsfestsetzungen (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14091.msg95122.html#msg95122 ;).

Da ich noch keine abschließende Meinung habe, fällt es mir auch schwer, zu Deiner Frage Stellung zu nehmen. So hatte ich unter Antwort #3 ausgeführt:
III. Damit scheinen zwei Normen unterschiedliche Voraussetzungen für die Vollstreckung aufzustellen. Hieran anknüpfend können zwei Fragen gestellt werden:
1. Stellen die beiden Normen tatsächlich unterschiedliche Voraussetzungen (einerseits: Festsetzungsbescheid; andererseits: Leistungsbescheid) für die Vollstreckung auf, oder scheinen sie nur unterschiedliche Voraussetzungen aufzustellen (--> gibt es bspw. einen Unterschied zwischen Leistungsgebot und Leistungsbescheid)?
2. Wenn die beiden Normen unterschiedliche Voraussetzungen für die Vollstreckung aufstellen, wie ist das Verhältnis dieser beiden Normen zueinander?
Wenn ich Dich richtig verstehe, sind für Dich §§ 10 Abs. 5 Satz 1, 6 Abs. 1 RBStV lex specialis zu der jeweiligen landesrechtlichen Verwaltungsvollstreckungsnorm, welche die Vollstreckung wegen Geldforderung normiert (bundesrechtliche Norm = § 3 Abs. 2 VwVG). Das ist sicherlich vertretbar; nur wird es sicherlich auch Menschen geben, die dies nicht vertreten. Deswegen kommt es auf die Argumentation an.
Man kann bspw. zunächst einmal die Frage stellen, ob ein "Leistungsbescheid" sich nicht auch in einer "Festsetzung" erschöpfen kann. Wenn man diese Fragestellung zulässt, kann man sich gleichzeitig die Frage stellen, ob eine "Festsetzung" nicht auch ein "Leistungsgebot", oder -- um es mit den Gesetzesworten zum Ausdruck zu bringen -- ob eine "Festsetzung" nicht auch eine "Leistungsaufforderung" (vgl. § 3 Abs. 2 lit. a VwZG: "durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist") ist.
Als Steuerrechtler hat man es wahrscheinlich leicht diese Begrifflichkeiten auseinanderzuhalten, weil die Steuergesetze (insb. AO) einigermaßen klar zwischen der Festsetzung (insb. Steuerfestsetzung i.S.d. § 155 Abs. 1 AO) und dem Leistungsgebot (insb. § 254 Abs. 1 AO) unterscheiden. Ob diese begriffliche Unterscheidung nun aber auch außerhalb des Steuerrechts besteht, lässt sich -- wohl -- nicht so einfach sagen.
So liest man bspw. in § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG:
"Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen".
Ist dieser Verwaltungsakt nun vollstreckungsfähig oder ist er es nicht, weil ja nur von "festzusetzen" die Rede ist? In den Gesetzgebungsmaterialien liest man folgendes (BT-Drs 13/1534, S. 6 linke Spalte unten; http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/015/1301534.pdf ):
"Satz 2 stellt klar, daß die zu erstattende Leistung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) zurückgefordert werden kann, also nicht etwa eine verwaltungsgerichtliche Klage vorausgehen muß".
Das scheint mir für die Annahme eines vollstreckungsfähigen Verwaltungsaktes zu sprechen.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Philosoph am 06. März 2016, 17:55
Eine der grundlegenden Fragen ist doch noch immer, ob das Gesetz allein ausreicht, um die Beitragspflicht auszulösen. Laut den Tübiger Beschlüssen nicht, denen zufolge der Beitragsschuldner erst anhand des Bescheides überhaupt ins Bild gesetzt wird.

Ein Indiz für diese Auslegung könnte evtl. § 2 Abs. 3 RBStV liefern:
Zitat
Mehrere Beitragsschuldner haften als Gesamtschuldner entsprechend § 44 der Abgabenordnung. [...]

§ 44 AO (https://dejure.org/gesetze/AO/44.html) besagt:
Zitat
(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.
(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.

Sieht man sich nun die in § 44 Abs. 2 AO genannten §§ an, so findet man § 268 AO (https://dejure.org/gesetze/AO/268.html):
Zitat
Sind Personen Gesamtschuldner, weil sie zusammen zu einer Steuer vom Einkommen oder zur Vermögensteuer veranlagt worden sind, so kann jeder von ihnen beantragen, dass die Vollstreckung wegen dieser Steuern jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269 bis 278 bei einer Aufteilung der Steuern ergibt.

Und weiter § 269 AO (https://dejure.org/gesetze/AO/269.html)
Zitat
(1) Der Antrag ist bei dem im Zeitpunkt der Antragstellung für die Besteuerung nach dem Einkommen oder dem Vermögen zuständigen Finanzamt schriftlich zu stellen oder zur Niederschrift zu erklären.
(2) Der Antrag kann frühestens nach Bekanntgabe des Leistungsgebots gestellt werden. Nach vollständiger Tilgung der rückständigen Steuer ist der Antrag nicht mehr zulässig. Der Antrag muss alle Angaben enthalten, die zur Aufteilung der Steuer erforderlich sind, soweit sich diese Angaben nicht aus der Steuererklärung ergeben.

Könnte man daraus ableiten, daß sich aus dem Gesetz nicht der genaue Beitragsschuldner ergibt, da das Gesetz ausdrücklich auf die Regelungen der AO für Gesamtschuldner verweist und sich daraus folgern läßt, daß ein Leistungsbescheid zu ergehen hat, damit die Gesamtschuldner den Antrag stellen können, getrennt veranlagt zu werden? (Das natürlich vom RBStV nicht gewollt, aber immerhin bezieht er sich ja von selbst auf diese §§.)

Daß das Gesetz gerade nicht den genauen Beitragsschuldner festlegt, kann man auch in den Gesetzesbegründungen nachlesen (z.B. des Bay LT (https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP16/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000004500/0000004526.pdf), S. 13):
Zitat
Es besteht grundsätzlich keine gesetzlich vorgegebene Rangfolge unter den Verpflichteten. In der Praxis wird von den Bewohnern durch die Anmeldung nach § 8 Abs. 1 und 3 festgelegt, wer gegenüber der Landesrundfunkanstalt vorrangig in Erscheinung treten und in Anspruch genommen werden soll. Jedoch kann die Landesrundfunkanstalt im Einzelfall den Beitragsschuldner heranziehen, der einen vollen Beitrag zu entrichten hat.
Insoweit wäre das Gesetz ohne den zusätzlichen Verweis auf die AO unbestimmt, oder?
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: volkuhl am 06. März 2016, 18:09
Zitat
Sind Personen Gesamtschuldner, weil sie zusammen zu einer Steuer vom Einkommen oder zur Vermögensteuer veranlagt worden sind, so kann jeder von ihnen beantragen, dass die Vollstreckung wegen dieser Steuern jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269 bis 278 bei einer Aufteilung der Steuern ergibt.

Daraus ließe sich ja ableiten, dass bei Mehrpersonen-Haushalten jeder nur den Bruchteil des fälligen Beitrages zu zahlen hätte...
Das würde den BS wieder ein wenig mehr beschäftigen und gleichzeitig die soziale Ungerechtigkeit verdeutlichen.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Philosoph am 06. März 2016, 18:13
Theoretisch ist das ja so, z.B. in WGs. Allerdings sah es immer so aus, als müßten sich die einzelnen WGler privat einigen, was ein verwaltungsrechtliches Problem in den privatrechtlichen Bereich verschoben hätte.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Weißseher am 18. April 2016, 16:47
Person X hat es einmal versucht, in einer Beschwerde gegen eine zurückgewiesene Erinnerung gegen die Zwangsvollstreckung ( <- ist das wirklich noch die deutsche Sprache?), das nicht vorhandene Leistungsgebot in einem Festsetzungsbescheid anzugreifen. Zumindest das Vollstreckungsgericht Besigheim und das Landgericht Heilbronn waren aber beide der Auffassung, dass die Abgabenordnung hier nicht anwendbar ist, weil keine Steuer. Die Details kann ich noch posten, falls überhaupt noch Interesse besteht. Mittlerweile scheint aus dem ganzen "Klagen statt zahlen"-Ding ja ein wenig die Luft heraus zu sein und alle warten wieder auf ein Wunder vom Bundesverfassungsgericht oder aus Strasburg.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: volkuhl am 18. April 2016, 16:58
...
 Mittlerweile scheint aus dem ganzen "Klagen statt zahlen"-Ding ja ein wenig die Luft heraus zu sein und alle warten wieder auf ein Wunder vom Bundesverfassungsgericht oder aus Strasburg.

Wie kommst Du auf DAS schmale Brett?
Mir sind Menschen bekannt, die mehr als 1,5 Jahre auf den Widerspruchsbescheid gewartet haben und nun dabei sind, ihre Klagebegründungen zu formulieren.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: PersonX am 18. April 2016, 17:21
Zitat
... mehr als 1,5 Jahre auf den Widerspruchsbescheid gewartet ...

Genau warten war richtig, denn eine Klagebegründung im Voraus zu schreiben wäre zwar im Prinzip möglich, aber nicht sehr sinnvoll, denn ein Widerspruchsbescheid könnte ja auch positiv ausfallen und dann wäre die ganze Arbeit mit der Klagebegründung für die Katze.

Wenn das ganz viele so gemacht haben, dann läuft die Klagewelle erst richtig an und das ganz unabhängig von der wahrscheinlich aktuellen noch ausstehenden Begründung vom 18.03.2016.
Mit Erscheinen dieser, muss diese natürlich geprüft werden, welche Punkte überhaupt nicht vorkommen um diese noch stärker in den Fokus zu rücken.

z.B. könnte einer dieser Punkte dieser sein, ob der Zugang zu Informationen versperrt ist?

"prohibitiver Charakter" des Rundfunkbeitrags
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,11749.msg79211.html#msg79211


@alle:
Bitte hier nicht weiter in allgemeine Diskussionen zum Rechtsweg abdriften, sondern eng am Kern-Thema dieses Threads bleiben, welches da lautet
Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Bürger am 02. August 2016, 04:17
Siehe aus aktuellem Anlass tangierende Diskussion unter
Vollstreckungsrechtliche Folgen eines fehlenden Leistungsgebotes im Bescheid
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18629.0.html
Ledigliche FESTSETZUNGsbescheide ohne Leistungsgebot, die Beträge lediglich "festsetzen", jedoch
- keine "öffentliche Abgabe anfordern" oder
- zu deren "Zahlung verpflichten"
dürften demnach keine "vollstreckbaren Verwaltungsakte" i.S.d.
Landes-Verwaltungsverfahrensgesetze sein...
[...]

Zum Thema der
Vollstreckungsrechtlichen Folgen eines fehlenden Leistungsgebotes im Bescheid
bitte in o.g. Thread weiterdiskutieren.
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Grit am 13. April 2017, 23:05
Die Formulierung für die Festsetzung lautet überlicherweise: "Für die Zeit vom ... bis ... wird ein Betrag in Höhe von ... Euro festgesetzt." Die Formulierung für das Leistungsgebot lautet überlicherweise: "Bitte zahlen Sie den festgesetzten Betrag in Höhe von ... Euro auf eines der u.a. Konten."


Neuere Bescheide, die mit "Festsetzungsbescheid" überschrieben sind, enthalten meiner Kenntnis nach kein Leistungsgebot. Sie sind aus diesem Grund nicht vollstreckbar.


Die Festsetzungsbescheide werden ja nun 2017  noch immer mit " Für den Zeitraum vom ....bis. ..wird daher ein Beitrag von .....(Berechnung siehe Kontoauszug)  festgesetzt ", ausgewiesen.

Gibt es diesbezüglich - also 2 Jahre später - bzgl.  dem Leistungsgebot neue Erkenntnisse? 
Titel: Re: "Leistungsgebot" und andere Formanforderungen an Festsetzungsbescheide
Beitrag von: Kurt am 26. April 2021, 00:28
Hier eine gerichtliche Entscheidung:
Zitat
Der Festsetzungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt i. S. v. § 80 Abs.1 Satz 2 VwGO, da er feststellt, dass [..] die sachliche Beitragspflicht in Höhe von insgesamt xxx.xx € entstanden ist.
Über die Festsetzung hinaus enthält er aber noch keine weitere Regelung, insbesondere hinsichtlich eines Leistungsgebotes bzw. der Fälligkeit des Beitrages.
Sein Regelungsgehalt geht über die Festsetzung nicht hinaus. Damit beinhaltet der Festsetzungsbescheid auch keine Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten i. S. v. § 80 Abs. 2 Nr.1 VwGO, [..]
Denn Anforderung i. S. v. § 80 Abs.2 Nr. 1 VwGO ist nicht die bloße Festsetzung, ohne dass ein Leistungs- oder Heranziehungsbescheid ergeht (vgl. Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 2. Auflage, § 80 Rn.30).
Gericht:   VG Gera      
Entsch.-Datum:   06.05.2004      
Entsch.-Typ:   BESCHLUSS      
Aktenzeichen:   5 E 71/04 GE
Quelle: http://www.thovg.thueringen.de/OVGThueringen/rechtsp.nsf/6c24af328dcfcb8cc1256ab9002dd3c7/9c49e94ffe31f322c1256ea500160f34?OpenDocument?OpenDocument

Somit ist auch die Vollstreckbarkeit von "Festsetzungsbescheiden" - aufgrund des Beschlusses des VG Gera - zu hinterfragen.