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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: Knax am 01. Januar 2015, 16:58

Titel: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: Knax am 01. Januar 2015, 16:58
Hallo zusammen,

für diejenigen, die die Argumentation, der "Rundfunkbeitrag" sei eine Steuer, vertiefen möchten, habe ich folgende Überlegung.

Habt Ihr schon mal im Wege einer Synopse den § 1 EStG den §§ 2, 3 RBStV gegenübergestellt?

Ich stelle die relevanten Textstellen nun gegenüber.

Zitat
§ 1 Absatz 1 Satz 1 EStG:
Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

§ 8 AO:
Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

§ 9 Satz 1 AO:
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Klein, Abgabenordnung, 12. Aufl., 2014, Rdnr. 2 zu § 9:
Eine Wohnung iSd § 8 ist nicht erforderlich, ebenso nicht die Beschränkung auf einen einzigen Ort.

§ 2 RBStV
Absatz 1: Im privaten Bereich ist für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.

Absatz 2: Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die

1. dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder

2. im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist.

§ 3 RBStV:
Absatz 1: Wohnung ist unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die

1. zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und

2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann.

Was fällt hierbei auf?

Es fällt auf, dass sowohl die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht als auch die Rundfunkbeitragspflicht von der Wohnungsinhaberschaft abhängig gemacht werden. Obwohl sich die Normen zwar im Detail voneinander unterscheiden, so sind sie doch in ihrem typischen Wesensgehalt praktisch identisch. So wird beispielsweise das Einkommensteueraufkommen derjenigen, die noch nicht volljährig sind, nur einen vernachlässigbar geringen Anteil am gesamten Einkommensteueraufkommen ausmachen. Auch wird der Anteil der noch nicht Volljährigen, die bereits über einen eigenen Hausstand verfügen, vernachlässigbar gering im Vergleich zur Gesamtzahl der Haushalte sein. In ihrem typischen Wesensgehalt sind die Normen aber praktisch identisch, d.h. sie treffen den gleichen Normadressatenkreis.

Ich stelle meine Überlegung hier nur zur Diskussion. Ich ziehe keine weitergehenden Schlüsse daraus. Eventuell ergibt sich daraus ja ein weiterer Angriffpunkt für diejenigen, die die Argumentation verfolgen, der "Rundfunkbeitrag" sei eine Steuer.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: 907 am 01. Januar 2015, 17:38
hier etwas aus BVerfGE 91, 186 - Kohlepfennig Urteil

Der Kohlepfennig war ein Preisaufschlag auf die Strompreise der Energieversorgungsunternehmen in Deutschland zur Finanzierung des Steinkohleabbaus in Deutschland. Der Kohlepfennig wurde von Verbrauchern in den alten Bundesländern von 1974 bis 1995 entrichtet und abgeschafft, nachdem er vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrige Sonderabgabe (Verstromungsabgabe) befunden wurde.

Zitat
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, der Kohlepfennig sei keine Sonderabgabe, sondern eine Steuer, die alle Stromverbraucher zur Finanzierung des Jahrhundertvertrages heranziehe. Da damit praktisch jeder Inländer den Kohlepfennig zahlen müsse, werde nicht eine von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbare Sondergruppe belastet.
Zitat
Die Ausgleichsabgabe belastet private Haushalte ebenso wie gewerbliche Verbraucher, die private ebenso wie die öffentliche Hand. Gemeinsam ist den Abgabeträgern nur der Stromverbrauch. Die bloße Nachfrage nach dem gleichen Wirtschaftsgut aber formt die Verbraucher nicht zu einer Gruppe, die eine Finanzierungsverantwortlichkeit für eine bestimmte Aufgabe träfe. Die Nachfrage mag Anknüpfungspunkt für eine Verbrauchsteuer sein, taugt aber nicht als Grundlage für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, die den Nachfrager für eine bestimmte struktur-, arbeitsmarkt- und energiepolitische Sicherung in Pflicht nimmt.
Der Kreis der Stromverbraucher ist somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der Steuerzahler auf. Die mit einer BVerfGE 91, 186 (205)BVerfGE 91, 186 (206)Sonderabgabe eingeforderte Finanzverantwortung findet keine homogene Gruppe vor, deren gemeinsame Interessenlage eine besondere Sachnähe zur Kohleverstromung begründete. Die Art der Stromproduktion ist für die Stromverbraucher unerheblich; ihr paralleles Interesse zielt eher auf die Sicherheit der jeweils individuellen Versorgung als Reflex der allgemeinen Versorgungssicherheit. Die Sicherstellung der Strom- oder Energieversorgung aber ist ein Interesse der Allgemeinheit, das deshalb als Gemeinlast - durch Steuer - finanziert werden muß.
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html

Es gibt deutliche Parallelen zum Kohlepfennig-Urteil, was der Kreis der Abgabepflichtigen betrifft.
Die Stromrechnung ebenso wie der Rundfunkbeitrag wird pro Haushalt bezahlt. Der Rundfunkbeitrag belastet genauso wie der Kohlepfennig die Allgemeinheit der Steuerzahler.

Drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung begrenzen die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben:
- Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben - über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle - einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.

Ob die Sicherstellung einer angemessenen Finanzausstattung und die „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Interesse der Allgemeinheit liegt ist ein anderes Thema.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: Beitragender am 03. Januar 2015, 18:03
Es fällt auf, dass sowohl die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht als auch die Rundfunkbeitragspflicht von der Wohnungsinhaberschaft abhängig gemacht werden. Obwohl sich die Normen zwar im Detail voneinander unterscheiden, so sind sie doch in ihrem typischen Wesensgehalt praktisch identisch. So wird beispielsweise das Einkommensteueraufkommen derjenigen, die noch nicht volljährig sind, nur einen vernachlässigbar geringen Anteil am gesamten Einkommensteueraufkommen ausmachen. Auch wird der Anteil der noch nicht Volljährigen, die bereits über einen eigenen Hausstand verfügen, vernachlässigbar gering im Vergleich zur Gesamtzahl der Haushalte sein. In ihrem typischen Wesensgehalt sind die Normen aber praktisch identisch, d.h. sie treffen den gleichen Normadressatenkreis.

Sehr kluge Argumentation. Diese Argumentation sollte ausgebaut werden.
Wenn ich das richtig verstanden habe, stellen der BayVerfGH und der RhPfVerfGH vor allem darauf ab, dass der Rundfunkbeitrag sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben werde; zur Finanzierung dieser Aufgabe sollten nach der Konzeption des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags diejenigen herangezogen werden, denen die Rundfunkprogramme zugutekommen. Im Gegensatz zum BayVerfGH scheint der RhPfVerfGH einen erhöhten Begründungsbedarf für diese Annahme zu sehen. Dabei findet sich aber auch folgende Passage:

"Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag knüpft die Abgabenpflicht gemäß § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 RBStV an das Innehaben einer Wohnung im privaten sowie einer Betriebsstätte im nicht privaten Bereich an. Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll hierdurch die Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen, abgegolten werden. Insoweit hat der Gesetzgeber der Regelung unter Rückgriff auf statistische Angaben die Annahme zugrunde gelegt, dass die Bürger heutzutage nahezu ausnahmslos über empfangsfähige Geräte verfügen und diese daher - zumal angesichts des andernfalls notwendigen Kontrollaufwands - kein für eine Abgabenpflicht geeignetes Abgrenzungsmerkmal (mehr) darstellen. Auch wenn danach ein Rundfunkempfang oftmals ortsunabhängig ist, beruht die Maßgeblichkeit der Wohnung oder Betriebsstätte auf der Annahme, dort liege der Schwerpunkt der Rundfunknutzung, wie auch auf dem Umstand, dass dies eine den gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechende Zusammenfassung mehrerer Rundfunknutzer zu einer Empfangs- und damit Beitragsgemeinschaft ermöglicht. Der Rundfunkbeitrag wiederum dient § 1 RBStV zufolge der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne des § 12 Abs. 1 RStV sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV".

Interessant ist der Passus:
"Insoweit hat der Gesetzgeber der Regelung unter Rückgriff auf statistische Angaben die Annahme zugrunde gelegt, dass die Bürger heutzutage nahezu ausnahmslos über empfangsfähige Geräte verfügen und diese daher - zumal angesichts des andernfalls notwendigen Kontrollaufwands - kein für eine Abgabenpflicht geeignetes Abgrenzungsmerkmal (mehr) darstellen".
Weil also die Bürger heutzutage nahezu ausnahmslos über empfangsfähige Geräte verfügen, ist das Bereithalten von Empfangsgeräten kein geeignetes Abgrenzungsmerkmal mehr? Und beim Innehaben von Wohnungen sieht das wohl anders aus?! Wieso ist das Innehaben einer Wohnung -- ich kenne nicht all zu viele Obdachlose -- ein besserer Anknüpfungspunkt als das Bereithalten von Empfangsgeräten? Doch wohl nur, weil das besser kontrolliert werden kann! Nicht aber, weil das ein besser Anknüpfungspunkt für die Rundfunknutzung ist, oder vielleicht doch? Kann mir das jemand erklären?
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: dimon am 03. Januar 2015, 20:39
der "Rundfunkbeitrag" sei eine Steuer.

na klar, aber sowas von ;)

Zitat von Ermano Geuer
"Es geht darum, ob der Gleichheitssatz gewahrt ist und ob es sich bei den Rundfunkbeiträgen nicht um eine versteckte Steuer handelt",

mehr kannst du hier nachlesen  http://www.welt.de/wirtschaft/article126149120/Bayerisches-Gericht-koennte-Rundfunkbeitrag-kippen.html

Er hat die Klage im Mai 2014 leider verloren.
Im Großen und Ganzen wissen alle, dass der Rundfunkbeitrag eine versteckte Steuer ist, die nicht mal an das Einkommen gebunden ist. Das ganze stinkt doch bis zum Himmel.
Ich sehe eher den Beitrag als Schutzgeld, damit der Gerichtsvollzieher nicht ins Haus kommt.
Seitdem das neue Gutachten vorliegt habe ich etwas Hoffnung, dass unsere Politiker die Abpressung stoppen.
Ich wünsche mir, dass alle Parasiten, die sich von unserem hart verdientem Geld ernähren eines Tages zu spüren bekommen wie es sich wohl anfüllt ohne Finanzierung da zustehen.
Der Tag wird kommen!!! wir dürfen nicht aufgeben 8)


Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: PersonX am 04. Januar 2015, 06:39
Zitat
Seitdem das neue Gutachten vorliegt habe ich etwas Hoffnung, dass unsere Politiker die Abpressung stoppen.

Ein Politiker hat aus Sicht von PersonX kein Interesse da irgendwas zu stoppen, die haben das doch erst mit verbrochen.
Es sind die Bürger selbst, welche es ändern können und das Ganz einfach -> Gutachten lesen und verstehen, sinngemäß steht in dem Gutachten -> "Sie dürfen jetzt die Zahlung einstellen, sonst ändert sich nichts." Sowie das jedem Bürger klar wird, dass dem so ist, dann wird es sich ändern. Ein jeder regt sich zwar auf, aber hat trotzdem immer bezahlt. Nach dem Lesen geht einigen ein Licht auf und die Zahlung wird eingestellt.
Der ÖRR wird alles daran setzen das Gutachten oder die Ersteller zu verunglimpfen, aber die Katze ist bereits aus dem Sack und kann und will nicht zurück. Normal, wenn es eine breitere Masse erreicht, sollte es eine Kettenreaktion bei den Zahlungseinstellungen werden. Weil dem ÖRR das bewußt ist, aus genau diesem Grund wird nicht oder nur zögerlich und nur auf Randsendern und wenn dann abgehoben und anmaßend darüber berichtet, aber genau das wird nach hinten los gehen für die Verantwortlichen. Es wäre doch besser das Gutachten ohne Einschränkung zu veröffentlichen und zur Diskusion zu stellen. Aber das ist bisher nicht passiert. Der ÖRR informiert nicht, nein er manipuliert und behindert die Freiheit.

Bei jeder nächsten Demo, egal um was es bei der Demo an sich geht, könnten ein oder mehr Schilder hochgehalten werden, welche die Adresse des Gutachtens zeigen, im Normalfall werden TV Aufnahmen von Demos veröffentlicht ;-).
Auch könnten sich die restlichen Teilnehmer dafür interessieren.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: koppi1947 am 04. Januar 2015, 10:10
Das wäre ein Anfang als Mitläufer zu agieren,bis sich die eigenen Demos formieren.
Leider sind viele Bürger noch nicht aus dem Dornröschenschlaf erwacht,deshalb ist es unsere Aufgabe zu informieren und aufzuklären.Der Winterschlaf muss früher beendet werden und die Trägheit muss nicht nur aus dem Körper sondern noch schneller aus dem Geiste.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: 907 am 04. Januar 2015, 12:31
Was fällt hierbei auf?

Es fällt auf, dass sowohl die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht als auch die Rundfunkbeitragspflicht von der Wohnungsinhaberschaft abhängig gemacht werden. Obwohl sich die Normen zwar im Detail voneinander unterscheiden, so sind sie doch in ihrem typischen Wesensgehalt praktisch identisch. So wird beispielsweise das Einkommensteueraufkommen derjenigen, die noch nicht volljährig sind, nur einen vernachlässigbar geringen Anteil am gesamten Einkommensteueraufkommen ausmachen. Auch wird der Anteil der noch nicht Volljährigen, die bereits über einen eigenen Hausstand verfügen, vernachlässigbar gering im Vergleich zur Gesamtzahl der Haushalte sein. In ihrem typischen Wesensgehalt sind die Normen aber praktisch identisch, d.h. sie treffen den gleichen Normadressatenkreis.

Ich stelle meine Überlegung hier nur zur Diskussion. Ich ziehe keine weitergehenden Schlüsse daraus. Eventuell ergibt sich daraus ja ein weiterer Angriffpunkt für diejenigen, die die Argumentation verfolgen, der "Rundfunkbeitrag" sei eine Steuer.

Drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung begrenzen die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben:
- Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben - über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle - einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.

"Es sind jedoch nicht beliebig viele Anknüpfungspunkte denkbar. Deren Anzahl ist vielmehr bei Beachtung des Grundsatzes der Belastungsgleichheit begrenzt. An denselben Anknüpfungspunkt kann aber nicht mehrmals mit verschiedenen Abgaben, die sich nur in der Bestimmung über die Mittelverwendung unterscheiden, angeknüpft werden. Materiell wäre dies als eine Erhöhung der entsprechenden schon bestehenden Steuer anzusehen.
  Der Spielraum wird auch durch die Annahme eines "Steuererfindungsrechts" des Bundes oder der Länder nicht größer, da auch eine "neu erfundene" Steuer einen bisher nicht verwendeten Anknüpfungspunkt benötigt.
"
Quelle: Link (https://books.google.de/books?id=a8zUBgIVaXUC&pg=PA250&dq=An+denselben+Ankn%C3%BCpfungspunkt+kann+aber+nicht+mehrmals+mit+verschiedenen+Abgaben,+die+sich+nur+in+der+Bestimmung+%C3%BCber+die+Mittelverwendung+unterscheiden,+angekn%C3%BCpft+werden.&hl=de&sa=X&ei=oB6pVOLLG4WiyAPnoYKYCA&ved=0CCAQ6AEwAA#v=onepage&q=An%20denselben%20Ankn%C3%BCpfungspunkt%20kann%20aber%20nicht%20mehrmals%20mit%20verschiedenen%20Abgaben%2C%20die%20sich%20nur%20in%20der%20Bestimmung%20%C3%BCber%20die%20Mittelverwendung%20unterscheiden%2C%20angekn%C3%BCpft%20werden.&f=false)
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: GEiZ ist geil am 04. Januar 2015, 12:49
"Es sind jedoch nicht beliebig viele Anknüpfungspunkte denkbar. Deren Anzahl ist vielmehr bei Beachtung des Grundsatzes der Belastungsgleichheit begrenzt. An denselben Anknüpfungspunkt kann aber nicht mehrmals mit verschiedenen Abgaben, die sich nur in der Bestimmung über die Mittelverwendung unterscheiden, angeknüpft werden. Materiell wäre dies als eine Erhöhung der entsprechenden schon bestehenden Steuer anzusehen.
  Der Spielraum wird auch durch die Annahme eines "Steuererfindungsrechts" des Bundes oder der Länder nicht größer, da auch eine "neu erfundene" Steuer einen bisher nicht verwendeten Anknüpfungspunkt benötigt."


Das würde ja bedeuten, daß der Dummfunkbeitrag unabhängig davon ob man ihn als Steuer oder Beitrag qualifiziert, unzulässig wäre, weil er an die Wohnungsinhaberschaft anknüpft, an die bereits die Einkommensteuerpflicht anknüpft?
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: Beitragender am 04. Januar 2015, 13:36
Vielen Dank! Die zitierten Ausführungen aus dem Kohlepfennig-Urteil finden sich auch in neueren Entscheidungen des BVerfG und können damit als st. Rspr. angesehen werden, vgl. bspw.:

BVerfG, zum Urteil des Zweiten Senats vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. (Tz. 49 ff.) – Immatrikulations- und Rückmeldegebühr in BaWü
(http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20030319_2bvl000998)

BVerfG, Beschluß vom 17. 7. 2003 - 2 BvL 1/99 u.a (Tz. 118 ff.) – Altenpflegeumlage
(http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20030717_2bvl000199)

BVerfG, Urteil vom 6. 7. 2005 - 2 BvR 2335/95 u. 2391/95 (Tz. 114 ff.) – Solidarfond Abfallrückführung
(http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2005/07/rs20050706_2bvr233595.html)
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: 907 am 04. Januar 2015, 13:54
Die Finanzierung der sog. Energiewende erfolgt im Wesentlichen über die EEG-Umlage. Sie wird seit dem 1.1.2010 bundeseinheitlich für das jeweilige Jahr von den Netzbetreibern festgelegt, pro kWh Stromverbrauch von den Stromversorgern erhoben und an die Stromkunden weitergegeben. Dies entspricht in der rechtlichen Gestaltung in wesentlichen Punkten dem vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verworfenen früheren Kohlepfennig.
Quelle: http://et-energie-online.de/Zukunftsfragen/tabid/63/NewsId/378/Die-Zukunft-der-EEGUmlage--weiter-auf-verfassungswidrigen-Wegen.aspx (http://et-energie-online.de/Zukunftsfragen/tabid/63/NewsId/378/Die-Zukunft-der-EEGUmlage--weiter-auf-verfassungswidrigen-Wegen.aspx)
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: Viktor7 am 04. Januar 2015, 15:34
...

"Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag knüpft die Abgabenpflicht gemäß § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 RBStV an das Innehaben einer Wohnung im privaten sowie einer Betriebsstätte im nicht privaten Bereich an. Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll hierdurch die Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen, abgegolten werden. Insoweit hat der Gesetzgeber der Regelung unter Rückgriff auf statistische Angaben die Annahme zugrunde gelegt, dass die Bürger heutzutage nahezu ausnahmslos über empfangsfähige Geräte verfügen und diese daher - zumal angesichts des andernfalls notwendigen Kontrollaufwands - kein für eine Abgabenpflicht geeignetes Abgrenzungsmerkmal (mehr) darstellen. Auch wenn danach ein Rundfunkempfang oftmals ortsunabhängig ist, beruht die Maßgeblichkeit der Wohnung oder Betriebsstätte auf der Annahme, dort liege der Schwerpunkt der Rundfunknutzung, wie auch auf dem Umstand, dass dies eine den gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechende Zusammenfassung mehrerer Rundfunknutzer zu einer Empfangs- und damit Beitragsgemeinschaft ermöglicht. Der Rundfunkbeitrag wiederum dient § 1 RBStV zufolge der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne des § 12 Abs. 1 RStV sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV".

Interessant ist der Passus:
"Insoweit hat der Gesetzgeber der Regelung unter Rückgriff auf statistische Angaben die Annahme zugrunde gelegt, dass die Bürger heutzutage nahezu ausnahmslos über empfangsfähige Geräte verfügen und diese daher - zumal angesichts des andernfalls notwendigen Kontrollaufwands - kein für eine Abgabenpflicht geeignetes Abgrenzungsmerkmal (mehr) darstellen".
Weil also die Bürger heutzutage nahezu ausnahmslos über empfangsfähige Geräte verfügen, ist das Bereithalten von Empfangsgeräten kein geeignetes Abgrenzungsmerkmal mehr? Und beim Innehaben von Wohnungen sieht das wohl anders aus?! Wieso ist das Innehaben einer Wohnung -- ich kenne nicht all zu viele Obdachlose -- ein besserer Anknüpfungspunkt als das Bereithalten von Empfangsgeräten? Doch wohl nur, weil das besser kontrolliert werden kann! Nicht aber, weil das ein besser Anknüpfungspunkt für die Rundfunknutzung ist, oder vielleicht doch? Kann mir das jemand erklären?

http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp?rowguid=%7BBC9E30B9-7C13-4048-8493-83609955DCFD%7D


Ich übersetze die Aussage des VerfGH Rheinland-Pfalz vom 13.05.2014 wie folgt:

Weil eine jährliche Einnahmesteigerungen für den ausufernden ö.-r. Rundfunk anhand der Geräte nicht mehr möglich ist, bedient man sich der Wohnung. Die Tendenz zu Singlehaushalten ist ungebrochen und wächst von Jahr zu Jahr. Darüber lassen sich weitere Einnahmesteigerungen über Jahre erzielen. Das ist der wahre Grund für den Wechsel.

Das Abgrenzungsmerkmal Wohnung ist noch ungeeigneter als die heutigen Multifunktionsgeräte, die ja noch was mit der Nutzung des ö.-r. Rundfunks haben können. Auf Grund der Vielzahl der Medienanbieter ist heute nur noch die Abrechnung nach Nutzung gerecht und tragbar. Das Abgrenzungsmerkmal Wohnung diskriminiert die Nichtnutzer der ö.-r. Programme.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: Beitragender am 04. Januar 2015, 19:31
Mein Argumentationsvorschlag zum Thema "Synopse zwischen Einkommenssteuer- und Rundfunkbeitragspflicht":

BVerfG, Urteil vom 6. 7. 2005 - 2 BvR 2335/95 u. 2391/95, Tz. 113:
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich aus den Begrenzungs- und Schutzfunktionen der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) Grenzen für Abgaben, die der Gesetzgeber in Wahrnehmung einer ihm zustehenden Sachkompetenz auferlegt. Die Finanzverfassung, die die bundesstaatliche Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen im Wesentlichen – neben den Zöllen und Finanzmonopolen – nur für das Finanzierungsmittel der Steuer regelt, schließt die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben verschiedener Art zwar nicht aus; das Grundgesetz enthält keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen. Die grundgesetzliche Finanzverfassung verlöre aber ihren Sinn und ihre Funktion, wenn unter Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern beliebig nichtsteuerliche Abgaben unter Umgehung der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln begründet werden könnten und damit zugleich ein weiterer Zugriff auf die Ressourcen der Bürger eröffnet würde. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes schützt insofern auch die Bürger“.

Hieran anknüpfend formuliert das BVerfG in st. Rspr. drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung, welche die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben begrenzen (vgl. auch BVerfGE 93, 319 [342 f.]; 108, 1 [16 f.]; 108, 186 [215 f.]; 110, 370 [387 f.]:

BVerfG, Urteil vom 6. 7. 2005 - 2 BvR 2335/95 u. 2391/95, Tz. 115:
Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben – über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle – einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden“.

BVerfG, Urteil vom 6. 7. 2005 - 2 BvR 2335/95 u. 2391/95, Tz. 116:
Die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe muss der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung tragen. Der Schuldner einer nichtsteuerlichen Abgabe ist regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und wird schon als solcher zur Finanzierung der Lasten herangezogen, die die Gemeinschaft treffen. Neben dieser steuerlichen Inanspruchnahme bedürfen nichtsteuerliche Abgaben, die den Einzelnen zu einer weiteren Finanzleistung heranziehen, einer besonderen Rechtfertigung aus Sachgründen“.

BVerfG, Urteil vom 6. 7. 2005 - 2 BvR 2335/95 u. 2391/95, Tz. 117:
Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 1 GG) ist berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert. Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält. Nur so können Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden“.

Der sog. Rundfunkbeitrag unterscheidet sich in seiner Art nach nicht deutlich von der Steuer. Die Rundfunkbeitragspflicht für den privaten Bereich knüpft gemäß § 2 Abs. 1 RBStV an das Innehaben einer Wohnung an. In der gleichen Weise knüpft bspw. die persönliche Einkommenssteuerpflicht § 1 Abs. 1 S. 1 EStG an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland an. Da das EStG keine Legaldefinition des Begriffes „Wohnsitz“ enthält, ist auf die Legaldefinition in der AO zurückzugreifen (Blümich/Rauch, § 1 EStG [124. Auflage, 2014] Rz. 145). Gemäß § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Mit der Anknüpfung des § 2 Abs. 1 RBStV ist der Kreis der Rundfunkbeitragspflichtigen somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der (Einkommens-)Steuerpflichtigen auf. Die mit einer Sonderabgabe, wie sie der Rundfunkbeitrag darstellt, eingeforderte Finanzverantwortung (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 11. 10. 1994 – 2 BvR 633/86 = BVerfGE 91, 186 [203 ff.] – Kohlepfennig) findet keine homogene Gruppe vor, die eine besondere Sachnähe zur Rundfunkversorgung/-nutzung begründet. Vielmehr ist die Rundfunkversorgung ein Interesse der Allgemeinheit, das deshalb – in Anknüpfung an das Kohlepfennig-Beschluss – als Gemeinlast durch Steuer finanziert werden muss. Oder, um es in abgewandelter Form mit den Worten des Kohlepfennig-Beschlusses (vgl. BVerfGE 91, 186 [206]) zu sagen: Das Interesse an einer Rundfunkversorgung ist heute so allgemein wie das Interesse am täglichen Brot. Die Befriedigung eines solchen Interesses ist eine Gemeinwohlaufgabe des Parlaments, das Finanzierungsinstrument die Gemeinlast der Steuern.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: 907 am 04. Januar 2015, 21:07
Der sog. Rundfunkbeitrag unterscheidet sich in seiner Art nach nicht deutlich von der Steuer. Die Rundfunkbeitragspflicht für den privaten Bereich knüpft gemäß § 2 Abs. 1 RBStV an das Innehaben einer Wohnung an. In der gleichen Weise knüpft bspw. die persönliche Einkommenssteuerpflicht § 1 Abs. 1 S. 1 EStG an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland an. Da das EStG keine Legaldefinition des Begriffes „Wohnsitz“ enthält, ist auf die Legaldefinition in der AO zurückzugreifen (Blümich/Rauch, § 1 EStG [124. Auflage, 2014] Rz. 145). Gemäß § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Mit der Anknüpfung des § 2 Abs. 1 RBStV ist der Kreis der Rundfunkbeitragspflichtigen somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der (Einkommens-)Steuerpflichtigen auf. Die mit einer Sonderabgabe, wie sie der Rundfunkbeitrag darstellt, eingeforderte Finanzverantwortung (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 11. 10. 1994 – 2 BvR 633/86 = BVerfGE 91, 186 [203 ff.] – Kohlepfennig) findet keine homogene Gruppe vor, die eine besondere Sachnähe zur Rundfunkversorgung/-nutzung begründet. Vielmehr ist die Rundfunkversorgung ein Interesse der Allgemeinheit, das deshalb – in Anknüpfung an das Kohlepfennig-Beschluss – als Gemeinlast durch Steuer finanziert werden muss. Oder, um es in abgewandelter Form mit den Worten des Kohlepfennig-Beschlusses (vgl. BVerfGE 91, 186 [206]) zu sagen: Das Interesse an einer Rundfunkversorgung ist heute so allgemein wie das Interesse am täglichen Brot. Die Befriedigung eines solchen Interesses ist eine Gemeinwohlaufgabe des Parlaments, das Finanzierungsinstrument die Gemeinlast der Steuern.

Zu beachten ist jedoch, dass es sich auch nach der neuen Rechtslage bei dem „Rundfunkbeitrag“ - wie bei der alten „Rundfunkgebühr“ - nicht um eine Steuer, sondern um eine sog. „Vorzugslast“ handeln soll. Die Vorzugslast knüpft an eine Gegenleistung, eine individuell zurechenbare Leistung an. Diese soll hier die Möglichkeit der Nutzung von Rundfunk sein, die bei der Inhaberschaft einer Wohnung vermutet wird. Legitimierender Grund für eine „Vorzugslast“ ist unter anderem der Ausgleich von Vorteilen und Nachteilen. http://stgh.baden-wuerttemberg.de/de/presse-und-service/pressemitteilungen/pressemitteilung-22082013/ (http://stgh.baden-wuerttemberg.de/de/presse-und-service/pressemitteilungen/pressemitteilung-22082013/)

F. Kirchhof, Grundriss des Abgabenrechts, Rdnr. 11, charakterisiert die Sonderlasten dadurch, dass sie nur von einem Teil der „leistungsfähigen Steuerbürger“ zu zahlen sind. Der Schuldner einer Sonderlast ist lediglich im Regelfall zugleich Steuerpflichtiger.
Der Begriff der Vorzugslast wurzelt in der Unterscheidung von Gemeinlast und Sonderlast als Grundformen der öffentlichen Last. Während die Gemeinlast Steuer grundsätzlich allen auferlegt wird, werden Sonderlasten nur von einem besonderen Teil von Abgabepflichtigen erhoben. Eine Form der Sonderlast ist die Vorzugslast.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: Beitragender am 04. Januar 2015, 21:13
Vielleicht verstehe ich das -- wegen meiner mangelhaften Kenntnisse des Abgaben- und Steuerrechts -- auch alles gar nicht richtig.

Ich dachte, dass der Witz der hier dargestellten Sache gerade ist, dass der Rundfunkbeitrag -- der Rspr. des BayVGH und VGH Rheinland-Pfalz folgend -- nicht als Steuer konzipiert ist aber -- was so noch nicht angesprochen wurde? -- als Steuer hätte konzipiert werden sollen bzw. mit den Steuern hätte finanziert werden sollen. Insofern: Umkehrung der bisherigen Argumentation.
Wie gesagt, vielleicht ist das auch vollkommener Quatsch.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: ThisIsSparta! am 07. Mai 2015, 10:19
Gibt es hierzu neue Erkenntnisse?
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: Beitragender am 25. Mai 2015, 13:26
Die Argumentation zu den vom BVerfG in st. Rspr. formulierten "drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung, welche die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben begrenzen", sollte weiter ausgebaut werden. Dazu schlage ich folgende Vorgehensweise vor:

1. Die Entscheidungen des BVerfG zu diesen drei grundlegenden Prinzipien sind auf Passagen hin zu untersuchen, die gegen den Rundfunkbeitrag verwendet werden können.

2. Die höchstrichterlichen Entscheidungen zum Rundfunkbeitrag sind auf diese drei grundlegenden Prinzipien hin zu untersuchen; insb. BayVGH, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12 und RhPfVGH, Urteil vom 13.05.2014 - VGH B 35/12.


1. Entscheidungen des BVerfG
Da wir nicht wissen, wann das BVerfG erstmalig die "drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung, welche die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben begrenzen" formuliert hat, folgen wir einfach den Rspr.-Verweisen des BVerfG.


1.1. BVerfGE 91, 186 = BVerfG, Beschluss vom 11.10.1994 - 2 BvR 633/86
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html
In diesem Thread von Knax wurde maßgeblich auf den sog. Kohlepfennig-Beschluss des BVerfG abgestellt. In diesem Beschluss findet sich folgende Passage, deren Rspr.-Verweise wir einfach zurückverfolgen (BVerfGE 91, 186 [203]):
"Das Bundesverfassungsgericht hat in nunmehr gefestigter Rechtsprechung die Grenzen benannt, in denen Sonderabgaben allein zulässig sind (vgl. BVerfGE 55, 274 [298 ff.]; 67, 256 [275 ff.]; 82, 159 [179 ff.]). Hierauf wird verwiesen (s. zuletzt BVerfGE 82, 159 [179 ff.])".

[Anm. Moderator: siehe u.a. auch unter
Parallelen: Rundfunkbeitrag und Kohlepfennig
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,4557.0.html ]



1.1. BVerfGE 55, 274 = BVerfG, Urteil vom 10.12.1980 - 2 BvF 3/77
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html
Spannend wird es ab S. 304 (BVerfGE 55, 274 [304 ff.]):
"In Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung sieht das Bundesverfassungsgericht die Erhebung von Sonderabgaben unter folgenden Voraussetzungen als verfassungsrechtlich zulässig an".

Eine interessante Voraussetzung findet sich dann auf den S. 305 f. (BVerfGE 55, 274 [305 ff.]):
"dd) Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt (vgl. BVerfGE 23, 12 [23 f.]; 37, 1 [16] [Weiterverfolgen!]; Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 18; Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 [55 f.]). Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten, die nicht in der Rechts- und Sozialordnung materiell vorgegeben sind, normativ zu bilden.
ee) Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus (vgl. BVerfGE 11, 105 [116]; 18, 315 [328]; 37, 1 [16]; Friauf in: Festschrift für Jahrreiß, 1974, S. 45 [53 ff.]; ders., Verfassungsrechtliche Probleme einer Reform des Systems zur Finanzierung der beruflichen Bildung, 1974, S. 37 ff.; ders., in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 [116 ff.]). Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler; andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Aus dieser zu fordernden Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen. Die Aufgabe, die mit Hilfe des Abgabeaufkommens erfüllt werden soll, muß demnach ganz überwiegend in die Sachverantwortung der belasteten Gruppe, nicht in die der staatlichen Gesamtverantwortung fallen. Andernfalls würde es sich bei der Verfolgung des Zwecks um eine öffentliche Angelegenheit handeln, deren Lasten nur die Allgemeinheit treffen dürfen und die deshalb nur mit von der Allgemeinheit zu erbringenden Mitteln, das heißt im wesentlichen mit Steuermitteln finanziert werden darf (so Friauf in: Festschrift für Haubrichs, 1976, S. 103 [118]; vgl. BVerfGE 23, 12 [23])
[Weiterverfolgen!]".


1.2. BVerfGE 67, 256 = BVerfG, Urteil vom 6.11.1984 - 2 BvL 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv067256.html
Spannend wird es ab S. 275 (BVerfGE 67, 256 [275 ff.]:
"Dementsprechend hat des Bundesverfassungsgericht Kriterien entwickelt, nach denen sich zulässige außersteuerliche Abgaben von Steuern unterscheiden lassen. Diese Kriterien dienen dazu, die bundesstaatliche Finanzverfassung vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes der Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung von Sonderabgaben Kompetenzschranken zu beachten, die seinen Gestaltungsspielraum im Verhältnis zur übrigen Regelungsbefugnis in der jeweiligen Sachmaterie deutlich verengen; es ist ihm verfassungsrechtlich versagt, eine öffentliche Aufgabe nach seiner Wahl im Wege der Besteuerung oder durch Erhebung einer "parafiskalischen" Sonderabgabe zu finanzieren (BVerfGE 55, 274 [299 ff.] [Siehe oben!]). Demgemäß ist die Erhebung von Sonderabgaben nur unter engen Voraussetzungen verfassungsrechtlich zulässig".

Eine interessante Voraussetzung findet sich, in Anknüpfung an BVerfGE 55, 274, dann auf den S. 276 f. (BVerfGE 67, 256 [276 f.]:
"Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt. Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten, die nicht in der Rechts- oder Sozialordnung materiell vorgegeben sind, normativ zu bilden.
(2) Weiter setzt die Erhebung einer Sonderabgabe eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Erhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Aus dieser Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Erhebungszweck muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen. Dabei ist der Begriff der "Sachnähe" nach materiell-inhaltlichen Kriterien zu bestimmen, die sich einer gezielten Normierung des Gesetzgebers aus Anlaß der Einführung der Abgabe entziehen
".

Es folg die Subsumtion des konkret zu entscheidenden Falles unter diese Voraussetzungen auf den S. 279 f. (BVerfGE 67, 256 [279 f.]:
"Die Investitionshilfeabgabe erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Verfassungsmäßigkeit einer Sonderabgabe mit Finanzierungszweck. Abgabepflichtig sind einkommensteuerpflichtige Personen von einem bestimmten Einkommen an und körperschaftsteuerpflichtige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§§ 2, 3 InvHG). Sie bilden keine Gruppe unter Gesichtspunkten, die in der Rechts- und Sozialordnung materiell vorgegeben wären; verbunden sind sie nur durch ihre Körperschaftsteuerpflicht bzw. durch ein bestimmtes Einkommen und die daran anknüpfende Einkommensteuerpflicht. Es besteht auch keine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem Zweck der Förderung des Wohnungsbaus. Sie stehen diesem Zweck nicht näher als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Die Verwendung des Abgabeaufkommens zur Förderung des Wohnungsbaus liegt auch weder im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen noch nützt sie ihnen. Wenn der Wohnungsbau gefördert wird, erwächst ihnen daraus kein besonderer Vorteil".


1.3. BVerfGE 82, 159 = BVerfG, Beschluss vom 31.05.1990 - 2 BvL 12, 13/88, 2 BvR 1436/87
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv082159.html
Spannend wird es ab S. 179 (BVerfGE 82, 159 [179 ff.]:
"Das Bundesverfassungsgericht hat auch im Blick darauf die Grenzen benannt, in denen Sonderabgaben zulässig sind (vgl. BVerfGE 55, 274 [298]; 67, 256 [275] [siehe oben!]). Die dabei entwickelten Kriterien dienen dazu, die bundesstaatliche Finanzverfassung vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes des Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen (vgl. im einzelnen BVerfGE 67, 256 [276 ff.][siehe oben!])".

Eine interessante Voraussetzung findet sich, in Anknüpfung an oben, dann auf den S. 180 f. (BVerfGE 82, 159 [180 f.]:
"b) Die einen Sachbereich gestaltende Sonderabgabe darf nur eine vorgefundene homogene Gruppe in Finanzverantwortung nehmen; diese Gruppe muß durch eine vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar sein. Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten zu bilden, die nicht in der Rechts- oder Sozialordnung materiell vorgegeben sind.
Dabei rechtfertigt die Homogenität einer Gruppe eine Sonderabgabe nur, wenn sie sich aus einer spezifischen Sachnähe der Abgabepflichtigen zu der zu finanzierenden Aufgabe ergibt. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Erhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Aus dieser Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Erhebungszweck muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen. Bei einer nicht in die besondere Verantwortung der belasteten Gruppe fallenden Aufgabe handelt es sich um eine öffentliche Angelegenheit, deren Lasten nur die Allgemeinheit treffen dürfen und die deshalb nur mit von der Allgemeinheit zu erbringenden Mitteln, d.h. im wesentlichen mit Steuermitteln finanziert werden darf.
c) Die nichtsteuerliche Belastung von Angehörigen einer Gruppe setzt voraus, daß zwischen den von der Sonderabgabe bewirkten Belastungen und den mit ihr finanzierten Begünstigungen eine sachgerechte Verknüpfung besteht. Diese Verknüpfung wird hergestellt, wenn das Abgabenaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also gruppennützig, verwendet wird. "Fremdnützige" Sonderabgaben sind - unerachtet möglicher Bedenken aus den Grundrechten - unzulässig, es sei denn, daß die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zugunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt. Gruppennützige Verwendung besagt allerdings nicht, daß das Aufkommen im spezifischen Interesse jedes einzelnen AbBVerfGE 82, 159 gabepflichtigen zu verwenden ist; es genügt, wenn es überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet wird
".


2. BayVGH, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12
Interessant ist eine -- in diesem Forum schon mehrmals zitierte -- Feststellung in Rn. 75:
"Der Rundfunkbeitrag mag aufgrund der dem Abgabentatbestand zugrunde liegenden Typisierungen und unwiderleglichen Vermutungen nahezu jeden im Inland Wohnenden und Arbeitenden unausweichlich erfassen und sich so einer Gemeinlast annähern".

Eine Auseinandersetzung mit den drei Prinzipien des BVerfG scheint im Urteil des BayVGH im Wesentlichen in den Rn. 79 bis 86 stattzufinden.
Titel: Re: Synopse zwischen Einkommensteuerpflicht und Rundfunkbeitragspflicht
Beitrag von: pinguin am 25. Mai 2015, 19:08
2. BayVGH, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12
Interessant ist eine -- in diesem Forum schon mehrmals zitierte -- Feststellung in Rn. 75:
"Der Rundfunkbeitrag mag aufgrund der dem Abgabentatbestand zugrunde liegenden Typisierungen und unwiderleglichen Vermutungen nahezu jeden im Inland Wohnenden und Arbeitenden unausweichlich erfassen und sich so einer Gemeinlast annähern".
Wäre das nicht schon Grund gewesen, das dem BVerfG vorzulegen?