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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: Daniel61 am 09. August 2014, 17:43
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Hallo zusammen.
Person A erstellt gerade seine Klageschrift gegen den Lohnsklaven-Beitrag zu Alimentierung des Bereicherungsmolochs, genannt "ÖRR". In diesem Zusammenhang hat Person A eine Frage:
Artikel 14, GG besagt
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Nun ist das Abpressen eines Zwangs-Beitrages (zu o.g. Zweck) aufgrund eines Gesetzes ja bekanntlich ein Eingriff in das Eigentum der Bürger, erst Recht, wenn in der Wohnung keinerlei technische Möglichkeiten bestehen, welche eine Nutzung (Empfang) der ÖRR-Zwangsbeglückungsdarbietungen erlauben.
In der Landesverfassung von Rheinland-Pfalz ist folgendes angemerkt:
2. Gleichheitsrechte - Artikel 17
(1) Alle sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Willkürliche Begünstigung oder Benachteiligung von Einzelpersonen oder Personengruppen sind den Organen der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung untersagt.
(3) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Der Staat ergreift Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Staat und Gesellschaft, insbesondere im Beruf, in Bildung und Ausbildung, in der Familie sowie im Bereich der sozialen Sicherung. Zum Ausgleich bestehender Ungleichheiten sind Maßnahmen, die der Gleichstellung dienen, zulässig.
(4) Der Staat achtet ethnische und sprachliche Minderheiten.
VI. Abschnitt, Die Wirtschafts- und Sozialordnung - Artikel 60
(1) Das Eigentum ist ein Naturrecht und wird vom Staat gewährleistet. Jedermann darf aufgrund der Gesetze Eigentum erwerben und darüber verfügen. Das Recht der Verfügung über das Eigentum schließt das Recht der Vererbung und Schenkung ein.
(2) Eigentum verpflichtet gegenüber dem Volk. Sein Gebrauch darf nicht dem Gemeinwohl zuwiderlaufen.
(3) Einschränkung oder Entziehung des Eigentums sind nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig, wenn es das Gemeinwohl verlangt. Dies gilt auch für Urheber- und Erfinderrechte.
(4) Enteignung darf nur gegen angemessene Entschädigung erfolgen. Angemessen ist jede Entschädigung, die die Belange der einzelnen Beteiligten sowie die Forderung des Gemeinwohls berücksichtigt. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der ordentliche Rechtsweg offen.
Wie seht Ihr diese Sache? Ist - bei fehlendem Vorteil aufgrund der Unmöglichkeit einer Nutzung und dem dadurch nicht existierenden jedoch angenommenen "persönlichen Vorteil" - der Rundfunkbeitrag nicht de-facto eine Enteignung von Bürgern, die das Medium "Rundfunk" überhaupt nicht interessiert?
LG;
Daniel61
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Hallo Daniel,
genau diese Ansicht habe ich in meiner Klage auch vertreten.
Die LRA schrieb dazu:
„Soweit der Empfang von technischen Anlagen abhängig ist ... da der Rundfunkbeitrag im Gegensatz zur früheren Rundfunkgebühr aber nicht für das Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten erhoben wird ... Anknüpfungspunkt der Beiträge ist allein die Verfügungsgewalt über Raumeinheiten ... “. (Klageerwiderung SWR, Seite 5 unten)
Nachzulesen hier:
"Erste Klageerwiderung LRA"
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,9789.msg70713.html#msg70713
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,9789.msg70837.html#msg70837
Aber ich möchte dich nicht entmutigen! Je mehr Menschen der Ansicht sind, daß alleine die "Zur-Verfügung-Stellung" unmöglich eine Zahlungspflicht begründen kann, umso größer die Chance, daß irgendwann mal ein Richter darüber nachdenkt, daß hier etwas nicht stimmen kann.
Im Übrigen empfehle ich, schon für die Klage vor dem VG einen Anwalt zu konsultieren, aber einen motivierten, denn ich denke mittlerweile, daß sich Richter nicht viel Mühe machen mit Schriftsätzen, die erkennbar von einem juristischen Laien gestrickt wurden. Wenn du meinen Thread weiter verfolgst, findest du auch eine Empfehlung, ich möchte das jetzt nicht schon wieder hier verlinken, sonst kommt noch jemand auf die Idee, ich bekäme Provision von der Kanzlei. ;D
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Wie seht Ihr diese Sache? Ist - bei fehlendem Vorteil aufgrund der Unmöglichkeit einer Nutzung und dem dadurch nicht existierenden jedoch angenommenen "persönlichen Vorteil" - der Rundfunkbeitrag nicht de-facto eine Enteignung von Bürgern, die das Medium "Rundfunk" überhaupt nicht interessiert?
Das kann man zwar so sehen, aber ob man damit durchkommt ist fraglich.
Allem voran sollte man sich vor Augen halten das Bundesrecht Landesrecht bricht, während ganz oben auf der Pyramide das Grundgesetz angesiedelt ist.
Art. 14 GG enthält einige Einschränkungen die ein enteignen zulassen, demnach könnten die Richter urteilen das es zum Wohle der Allgemeinheit, und das ist eben die Mehrheit der zahlenden, zulässig sein könnte....
andererseits verstößt der Rundfunkstaatsvertrag - egal ob es nun Gesetz ist oder Vertrag - gegen Grundrechte, hier nicht nur gegen Art. 14 GG, sondern auch gegen Art. 2GG in dem der den Bürger zwangsweise zum kunden der GEZ bzw des Beitragsservice macht. Genau genommen ist nämlich der Rundfunkbeiitragsstaatsvertag ein Vertrag der zum Gesetz erhoben wurde, um nämlich von dem Unrecht abzulenken das er gegen verschiedene einfache Gesetze verstößt und obendrein auch gegen Grundrechte. Schon der alte Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verstieß gegen diese Gesetze, ließ aber eine Abmeldung zu wenn kein Gerät vorhanden war. Das ist jetzt nicht mehr der Fall, womit er angreifbar wird. Warum:
Wenn der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als Gesetz gültig sein soll, könnten nun Städte und Gemeinden ihre Satzungen ändern und zwangsweise Gebühren für Schwimmbäder und Bibliotheken erheben auch wenn sie nicht genutzt werden. Damit säßen wir ganz schön in der Falle.
Ebenso könnte jeder Marktschreier für seine unerwünschten "Darbietungen" Entlohnung verlangen, oder Zeitungsverlage legen ihre Zeitungen griffbereit -
was als aus Angebot bereitstellen bezeichnet werden kann, und nun dafür Geld verlangen egal ob sie gelesen werden oder nicht. Wenn deren Lobby erst einmal wach wird und bei den käuflichen Volksvertretern vorstellig wird, könnte das schnell kommen.
Ich meine daher dass wer Darbietungen offeriert, nur Geld von dem verlangen darf, der sie annimmt, also auf Vertragsbasis! Im Umkehrschluss muss er dann seine Offerten gegen unbefugte Nutzung sichern. Für den Rundfunk hieße das, das er seine Angebote nicht mehr über elektomagnetische Wellen herkömmlicher Art verbreitet, sondern per Kabel, so dass nur der Zugang bekommt der nach Vertragsabschluss freigeschaltet wird wie es beim Internet ja auch ist. Das wäre dann rechtssicher, und würde sehr wohl akzeptiert werden.
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Eigentum (Geld) wird ja nicht als Ganzes aufgebraucht, sondern wird in Teile zerlegt: Essen, Miete, Gesundheitsvorsorge, Altersvorsorge, usw. Jeder ist für diese Aufteilung selbst verantwortlich.
Greift der Fremde in den aufgeteilten Bereich ein (z.B. in Informationsbeschaffung),
1. dann führt es zu Verschiebung innerhalb dieses Bereich zum Nachteil der anderen Anbietern,
2. reicht das Geld nicht im Informationsbeschaffung-Teil, dann kommen die anderen Bereiche dran (wie Gesundheitsvorsorge, Essen), die nichts mit Informationsbeschaffung zu tun haben, aber trotzdem diesen Bereich finanzieren müssen.
3. erschwerend dazu: der Eingriff ist nicht konstant, der ändert sich regelmäßig: 17,90; 17,50; vielleicht 21€, usw. Nimmt man eine 2-te Wohnung, wird man doppelt zur Kasse gebeten.
Ob es als Wille der Allgemeinheit interpretiert werden kann?
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Hallo Mitstreiter,
meine Gedanken zum Thema - keine Rechtsberatung.
Von der Ausgestaltung des RBStV ist der zu leistende Beitrag augenscheinlich eine Enteignung, aber:
Art. 14 GG enthält einige Einschränkungen die ein enteignen zulassen, demnach könnten die Richter urteilen das es zum Wohle der Allgemeinheit, und das ist eben die Mehrheit der zahlenden, zulässig sein könnte....
Rechtsprechende Gerichte dürften diese Argumentation nicht in Erwägung ziehen, da Art. 14 GG festlegt, dass eine Enteigung nur auf Gund eines Gesetzes möglich ist und das dem Enteigneten eine angemessene Entschädigung zusteht welche im Gesetz (RBStV) selbst festgeschrieben sein muss.
Der "Rundfunkbeitrag" wird aber eben nicht als Gegenleistung für eine Leistung erhoben, da schon die Rundfunkgebühr keine Leistung für eine Gegenleistung war (BVfG Entscheidung vom 27.07.1971, 2 BvF 1/68* u. a., Juris Rz. 39 und 41) und durch die Umgestaltung zum "Rundfunkbeitrag" eine konkretisierung der Leistung nicht erfolgte.
Fazit: Eine Entschädigung/Gegenleistung steht dem "Beitragszahler" nicht unmittelbar zu! Denmach ist eine Rechtfertigung des "Beitrags" als Enteignung zum Wohle der Allgemenheit, gestützt auf Art. 14 GG, unzulässig.
Ganz davon abgesehen wäre das Zitiergebot (GG Art. 19 Abs.1) bei einem derartigen Eingriff in das Eigentum im RBStV zwingend zu berücksichtigen.
Meint
der
Linksabbieger
Einladung zur Verhandlung am VG Dresden:
VG Dresden: Linksabbieger gegen MDR 30.08.2016
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19833.0.html
Edit DumbTV:
*Bei der ursprünglichen Angabe von 2 BvF 1/86 handelt es sich um einen Zahlendreher und wurde auf 2 BvF 1/68 korrigiert
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Eine beliebige Person hält den Rundfunkbeitrag wenn überhaupt, dann nur im übertragenem Sinn für eine “Enteignung” gemäß GG Art.14. Weil demzufolge dann das Programmangebot des örr - ein bereits gekauftes Produkt ohne vorherige Abstimmung mit dem Enteigneten - die “Entschädigung” dafür wäre. Beschlagnahme bzw. Konfiszierung eines bestimmten Geldwertes zu Gunsten des örr trifft den Sachverhalt des Rundfunkbeitrags mutmaßlich wohl eher.
Anders gesagt: Enteignung und damit auch Entschädigung ist verbunden mit einem konkreten Nutzen für die Allgemeinheit und die Beteiligten (siehe Abs. 3, Satz 3). Die Rundfunkabgabe aber nur an die Möglichkeit des Nutzens. Demnach ist Art. 14 GG der Person zufolge hier nicht anwendbar.
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Da die Schwerpunktargumentationen gegen den Rundfunkbeitrag die inhaltlichen (Staatsfunk, Propaganda) sind und im finanziellen Bereich der Augenmerk ausschließlich auf diejenigen gerichtet sind, denen das zahlen der Zwangsabgabe durch ihre wirtschaftliche Lage eine unverhältnismäßige Härte bringt, ist der Blickpunkt der Enteignung aus dem Fokus gerutscht. Ich krame ihn mal wieder heraus.
Was sind Anzeichen der Enteignung bem Rundfunkbeitrag?
- Es ist der hoheitliche Zugriff auf Vermögen einer natürlichen, auch bestimmter juristischen Person (z.B. GbR), das nach Art 14 GG besonders geschützt ist, gegen oder ohne ihre Willenserklärung. Der Rundfunkbeitrag wird aus dem Vermögen gezahlt, das dem einzelnen "Schuldner" nach Abzug der bundesrechtlich geregelten Abgaben (Steuern, Sozialabgaben) übrigbleibt. Und genau das gehört - eigentlich - zu dem Vermögen, über das die Person alleine bestimmt (ausser er wird enteignet).
- Die Enteignung dient offiziell einem Dienst "zum Wohle der Allgemeinheit" (hier: Finanzierung des ÖRR). Nur da ist sie erlaubt.
und wo klemmt es?
- Es gibt keine Entschädigung. Das Argument, die Entschädigung wäre das Programm der ÖRR (siehe voriger post @sergal) kann nicht gelten, denn dann wäre die Autobahn, die durch das ehemalige Grundstück eines enteigneten Hausbesitzers verläuft auch eine Entschädigung. Auch er hat "die Möglichkeit" sie zu nutzen. Nein, er bekommt eine angemessene Entschädigung unabhängig davon.
- Es fehlt an einem Bundesgesetz, das diese Zwangsabgabe bundesweit mit dem Art. 14 GG harmonisiert. Die allseits bekannte "Finanzierungsgarantie des ÖRR" sagt dazu auch nichts aus. Ich kenne keine hoheitlichen Abgaben, die nicht durch Bundesgesetze geregelt werden. Auch die, die in der Verwaltung der einzelnen Länder stehen, haben eine bundesgesetzliche Grundlage, die allein den Vorwurf der Enteignung entkräftet. Müllgebühren werden z.B. von den Ländern verwaltet, die Grundlage, wer zahlen muss, ob er es nutzt oder nicht, bestimmen allerdings die bundesweiten abfallrechtlichen Bestimmungen. Ebenso wasserrechtliche Bestimmungen oder Sozialabgaben. Alles keine Enteignung!
Die Steuern als bundesweite Abgabe auf finanzielle Werte sind eben auch dadurch nicht als Enteignung zu bezeichen, da sie alle bundesgesetzlich mit dem Grundgesetz abgestimmt sind.
Die Zwangsabgabe "schwebt da in der Luft". Es gibt keine Verbindung zum Grundgesetz. Auch wenn die Vertreter der ÖRR immer wieder beschwören, dass nur auf gesetzlicher Grundlage gehandelt wird. Es sind vom GG losgelöste "staatsferne" Landesgesetze, bis hin zu den Satzungen der LRAen.
Zwangsabgabe auf das nicht ablegbare Grundbedürfnis "wohnen" (bzw. sogar "Schlafen" nach Definition RBStV §2 (1) mit §3 (1) 1), Zusammenfassung von Zusammenwohnenden ohne Willenserklärung der einzelnen Personen zu einer Gesamtschuldnerschaft RBStV §2 (3) sind Beispiele, die aus Sicht der Grundrechte der Einzelperson nicht mit den Artikeln des GGes abgeglichen worden sind.
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@seppl
Die unionsrechtliche Sicht sagt hier, daß der Begriff "Enteignung" allenfalls bei jenen Rundfunknutzenden diskutabel sein könnte, die sich nicht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Informationsmedium entschieden haben, wie darüberhinaus bei allen Rundfunknichtnutzenden.
Böswillige könnten meinen, daß der Begriff "Nichtsnutz" genau darin seinen Ursprung hat, daß der Rundfunknichtnutzende auf seinem Recht besteht.
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@pinguin: Diese Definition wäre hier möglich, wenn gesetzlich zwischen Nutzern und Nichtnutzern unterschieden werden würde. Das wird aber bei uns lt. RBStV nicht. Ich denke, man könnte nur sagen: Wer freiwillig zahlt, wird nicht enteignet. Wer sich wehrt, wird - entgegen der hiesigen rechtlichen Vorgabe - entschädigungslos enteignet.
Es geht bei der Enteignung nicht darum, wofür man enteignet wird. Es reicht die Definition "für das Allgemeinwohl" und dass es ohne persönliche Willenserklärung weggenommen wird.
Der Gedankengang spielt mit dem Widerspruch, dass der ÖRR "dem Allgemeinwohl dient" aber gleichzeitig jedem einen individuellen Nutzen bringen soll. Spielt die Gegnerschaft bei der Gegenargumentation allerdings auf dem individuellen Nutzen an, würde man einem enteigneten Grundbesitzer auch erzählen können, dass er ja die Autobahn nutzen könne, die nun dort gebaut wird und dass das die Entschädigung ist. Enteignung ohne gesetzliche Entschädigungsregelung ist grundrechtswidrig. Als Entschädigung gilt nicht der öffentliche Zweck, für den enteignet wurde.
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Diese Definition wäre hier möglich, wenn gesetzlich zwischen Nutzern und Nichtnutzern unterschieden werden würde.
Es ist aber von "Teilnehmern" die Rede, oder? Und der Begriff "Nutzer" kommt im neuen Medienstaatsvertrag auch vor.
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Zur Problematik der Enteignung habe ich eben eine Anfrage über "Frag den Staat" an die Finanzbehörde Hamburg formuliert.
Regelndes Gesetz zum Einzug des Rundfunkbeitrags aus dem Privatvermögen (GG Art. 14 (3) Enteignung)
https://fragdenstaat.de/a/227282
Edit "Bürger": Siehe auch weitere Anfragen unter
Interessante Anfragen im Portal fragdenstaat.de
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=22802.0
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Art. 17 der EU Charter of Fundamental Rights über Eigentum (Property)
Entspricht weitgehend dem Art. 14 GG
Art.17 ECHR: Right to property
1. Everyone has the right to own, use, dispose of and bequeath his or her lawfully acquired possessions. No one may be deprived of his or her possessions, except in the public interest and in the cases and under the conditions provided for by law, subject to fair compensation being paid in good time for their loss. The use of property may be regulated by law in so far as is necessary for the general interest.
2. Intellectual property shall be protected.
Art. 14 GG:
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
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Der Rundfunkbeitrag beruht auf gesetzlicher Regelung (Zustimmungsgesetz zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag) und ist daher (grundsätzlich) ein zulässiger Eingriff in das Eigentum (wie z.B. auch Steuern).
Will A also sich auf die Eigentumsgewähr berufen, muß A das Gesetz als solches angreifen.
Wie dies nun der Erhöhung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 20.07.2021 ist, darüber dürfte es zu erheblicher Diskussion kommen, ich habe mir dazu noch keine abschließende Meinung gebildet.
Beispiele für einen Angriff gegen das Gesetz habe ich u.a. hier dargestellt:
Verfassungsbeschwerde in Brandenburg VfGBbg 44/21
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35589.0
(müssen natürlich auf das jeweilige Bundesland angepaßt und umfangreich recherchiert und begründet werden) und unter
Hoheitsrechte > Für Zustimmungsgesetze zum RBStV 2/3-Mehrheit erforderlich?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33694.0
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Ich glaube, Art. 14 GG meint mit der gesetzlichen Regelung eine Harmonisierung des Grundrechtseingriffs über ein parlamentarisch abgesegnetes Bundesgesetz, wie es übrigens in allen hoheitlichen Abgaben (ausser beim RB) der Fall ist. Die Müllgebühren z.B. beruhen auf den Abfallwirtschaftsgesetzen (Bund). Die Regelung des Einzugs wurde den Bundesländern überlassen, was auch sinnvoll ist. Und die Steuergesetze sind auch Bundesgesetze. Daneben gibts noch die Abgabenordnung. Auch Bundessache.
Es dürfte nicht möglich sein, Grundrechtseingriffe durch Staatsverträge zu regeln. Auch nicht, wenn daraus Landesgesetze erzeugt werden.
Es ist auch durch die Tatsache, dass nur bei nicht-freiwilliger Zahlung eine Enteignung stattfindet, der Sachverhalt sehr differenziert zu betrachten.
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Es dürfte nicht möglich sein, Grundrechtseingriffe durch Staatsverträge zu regeln. Auch nicht, wenn daraus Landesgesetze erzeugt werden.
Zur Erinnerung auch an nachstehendes Thema:
BVerfG - 1 BvL 118/53 - Keine Verwirkung eines Grundrechts durch Landesrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32879.msg202855.html#msg202855
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Ich glaube, Art. 14 GG meint mit der gesetzlichen Regelung eine Harmonisierung des Grundrechtseingriffs über ein parlamentarisch abgesegnetes Bundesgesetz, wie es übrigens in allen hoheitlichen Abgaben (ausser beim RB) der Fall ist. Die Müllgebühren z.B. beruhen auf den Abfallwirtschaftsgesetzen (Bund). Die Regelung des Einzugs wurde den Bundesländern überlassen, was auch sinnvoll ist. Und die Steuergesetze sind auch Bundesgesetze. Daneben gibts noch die Abgabenordnung. Auch Bundessache.
Es dürfte nicht möglich sein, Grundrechtseingriffe durch Staatsverträge zu regeln. Auch nicht, wenn daraus Landesgesetze erzeugt werden.
Es ist auch durch die Tatsache, dass nur bei nicht-freiwilliger Zahlung eine Enteignung stattfindet, der Sachverhalt sehr differenziert zu betrachten.
Art. 14 GG umfaßt auch Landesgesetze.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß dem nicht so wäre, enthalten die Landesverfassungen auch einen Gesetzesvorbehalt (siehe z.B. Art. 60 im Ausgangsbeitrag), der das Eigentum einschränkt.
Daß heute viele Steuergesetze auf Bundesrecht zurückgehen, liegt an Art. 72, 105 Abs. 2 GG.
Wäre beispielsweise vor kurzem der Antrag der FDP (?) auf die Abschaffung des Vermögenssteuergesetzes vom Bundestag bestätigt worden, hätte dies dazu geführt, daß jedes einzelne Bundesland sein eigenes Vermögenssteuergesetz hätte kreieren können.
Denn dann hätte der Bund nicht mehr von seiner konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht.
(Hinweis: Derzeit ist die Vermögenssteuer nur ausgesetzt, nicht abgeschafft.
Der Antrag war offensichtlich nicht zu Ende gedacht, denn genau dieses Ergebnis sollte nicht erreicht werden, vielmehr sollte gar keine Vermögenssteuer mehr erhoben werden, also der derzeitige Istzustand.)
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@Hako: Die Gesetzgebungskompetenz alleine reicht doch nicht für eine Enteignung aus... Es muss in den Gesetzen schon auf die Grundrechte eingegangen werden (Zitiergebot).
Ich möchte erst einmal die Antwort der Finanzbehörde Hamburg auf meine Anfrage https://fragdenstaat.de/a/227282 hören.
Vielleicht reicht ihr als Begründung ja auch schon das Landesgesetz zum RBStV.
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@seppl:
Leider sieht das Bundesverfassungsgericht das anders.
Das Zitiergebot nach dortiger Auffassung betrifft nicht Einschränkungen des Eigentums nach § 14 GG, da diese von der Verfassung (GG) erlaubt seien ("Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.").
Deshalb ist Art. 14 auch in den Steuergesetzen oder der Abgabenordnung nicht zitiert (siehe § 413 AO, ).
Ich habe mich daher in meiner Verfassungsbeschwerde nicht an Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG abgearbeitet, sondern den erheblichen Unterschied von Art. 5 Abs. 2 Satz 3 bbg LV zu Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG herausgearbeitet und kam nach der brandenburger Verfassung zu einem Zitiergebot von u.a. Art. 41 bbg LV (Eigentum).
Bisher hatte es sich das Landesverfassungsgericht einfach gemacht und sich stets nur die sehr restriktive Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zu Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG zurückgezogen, ohne auf den erheblichen Unterschied zur Regelung der Landesverfassung einzugehen.
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@Hako:
Die Senatskanzlei Hamburg schweigt sich seit meiner Anfrage vom 09.09.2020
Quelle des Rundfunkbeitrags
https://fragdenstaat.de/anfrage/quelle-des-rundfunkbeitrags-1/#nachricht-532969
über den Art. 14 GG aus.
Auch die ursprünglich gestellte Anfrage an den Landtag RLP
Quelle des Rundfunkbeitrags vom 01.09.2020
https://fragdenstaat.de/anfrage/quelle-des-rundfunkbeitrags/
bekam keine ausreichende Antwort.
Warum meinst Du, bekomme ich nicht einfach die von Dir gegebenen Antworten?
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Hallo Zusammen,
zum weiteren Verständnis, ob eine Enteignung vorliegt, muss sich näher mit dem Eigentumsbegriff nach Art. 14 Abs. 1 GG auseinandergesetzt werden.
In BVerfGE 4,7 (1954) zum Investitionshilfegesetzt heißt es
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv004007.html#017 (https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv004007.html#017)
Art. 14 GG schützt nicht das Vermögen als solches.
Ab Rn. 32 wird dann genauer ausgeführt:
4. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, das Investitionshilfegesetz verletze die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie. Einige qualifizieren die Investitionshilfe als verfassungsrechtlich unzulässige Enteignung, weil sie nicht im öffentlichen Interesse liege und keine oder nur unzulängliche Entschädigung gewähre; andere verneinen den Enteignungscharakter der Investitionshilfe, erblicken aber in ihr einen im Grundgesetz nicht vorgesehenen und daher unzulässigen Eingriff in das Eigentum.
Auf das Grundrecht aus Art. 14 GG können sich seinem Wesen nach auch juristische Personen berufen. Ein gleiches gilt für Handelsgesellschaften, soweit die Eingriffe sich auf gesamthänderisch gebundenes Eigentum beziehen.
Die Rügen sind jedoch unbegründet, denn das Investitionshilfegesetz ordnet keinen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum der Beschwerdeführer an. Wenngleich der Umfang der durch Art. 14 GG geschützten Objekte in Schrifttum und Rechtsprechung umstritten ist, besteht doch Einmütigkeit darüber, daß Art. 14 GG nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt. Solche Geldleistungspflichten, wie sie das Investitionshilfegesetz vorsieht, berühren nicht die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.
Daran kann auch die Überlegung nichts ändern, daß durch die Erfüllung einer Zahlungspflicht die Liquidität des Betriebsvermögens vermindert wird. Das gehört zum Wesen jeder Geldleistungspflicht. Die Liquidität eines Betriebes ist zwar eine "wirtschaftliche Position", aber kein selbständiges Recht; die Frage der Eigentumsgarantie kann daher überhaupt nicht aufgeworfen werden.
Und nun?
Fragt
der Linksabbieger
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Leg Dir Dein Geld als Besitz zu Hause hin. In einen Glaskasten, mach z.B. Kunst daraus. Dann stelle die Frage nach dem Eigentum erneut.
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Eine andere Aussage daraus ist viel wichtiger:
BVerfGE 4, 7 - Investitionshilfe
Urteil
des Ersten Senats vom 20. Juli 1954
-- 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/54 --
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv004007.html
Rn. 20
[...] Nach Art. 74 Nr. 11 GG können auch Bundesgesetze erlassen werden, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen. [...]
Der Bund hätte hier also durchaus die Möglichkeit, zu definieren, daß es zwischen "Verbraucher*innen im Sinne des Bundes- bzw. Unionsrechts" und einem "Unternehmen im Sinne des Bundes- bzw. Unionsrechts" zu keinem Zeitpunkt zu einer Rechtsbeziehung, welcher Art diese auch immer sein möge, kommen kann, wenn sie nicht seitens dieser "Verbrauher*innen im Sinne des Bundes- bzw. Unionsrechts" selbst aktiv begründet wird.
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@Linksabbieger:
Ohne weiter in die Materie einsteigen zu müssen, erkenne ich, dass es bei Deinem Beispiel um von Personen getrenntes Betriebsvermögen geht. Beim Rundfunkbeitrag geht es aber um das Vermögen der Person, da er nicht an die Wohnung als Eigentum und somit an einen belastbaren Vermögensgegenstand sondern an den Bewohner als Innehabenden gebunden ist.
Paul Kirchhof selbst spricht bei den Negativzinsen, die die Europäische Zentralbank erhebt auch von einer (unzulässigen) Enteignung, weil sie das nackte Geldguthaben "des kleinen Sparers" schmälern, und nicht etwa irgendwas belasten, worin er es angelegt hat.
"Die Politik der Negativzinsen vernichtet das Eigentum der kleinen Sparer. Das muss gestoppt werden"
https://www.youtube.com/watch?v=dPNua0ToB3c
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@seppl:
Keine Ahnung, aber Fragen, über die man erst mal nachdenken muß, werden von den Regierungen scheinbar grundsätzlich nicht beantwortet.
(Ich habe beispielsweise auf eine Frage vom Herbst 2020 zur Auslegung der Sars-Cov2-Eindämmungsverordnung auch bis heute keine Antwort erhalten, obwohl Ministerpräsident Dr. Woidke im November oder Dezember 2020 vor dem Landtag behauptet hat, sämtliche Anfragen zu dieser Verordnung würden zeitnah beantwortet werden.)
Übrigens konnten die Dozenten zu meiner Studienzeit (schon fast 30 Jahre her) auch nicht die Frage beantworten, warum Art. 14 GG nicht in § 413 AO aufgeführt ist.
Muß man ein bißchen recherchieren.
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Übrigens konnten die Dozenten zu meiner Studienzeit (schon fast 30 Jahre her) auch nicht die Frage beantworten, warum Art. 14 GG nicht in § 413 AO aufgeführt ist.
Weil eine hoheitliche Abgabe grundsätzlich nie direkt an die Existenz einer vom GG geschützte Person gebunden sein kann? Das wurde für mich bis zum Rundfunkbeitrag auch eingehalten. Mit der Abkoppelung vom Empfangsgerät und Ankoppelung an das Wohnen als von der natürlichen Person untrennbarem Grundbedürfnis wurde diese Grenze, die den Bürger vor nackter staatlicher Gewalt schützen soll, überschritten.
Eigentum kann verpflichten und für Handlungen kann man zur Rechenschaft gezogen werden, die bloße Existenz reicht für eine Belastung durch den Staat nicht aus.
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Die Frage der Enteignung ist immer noch nicht geklärt. Nach längerer "Auszeit" gab mir die Finanzbehörde die unbefriedigende Antwort
Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich findet ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in Verbindung mit § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, der die Höhe des monatlichen Beitrages festsetzt. Beide Staatsverträge gelten in allen 16 Ländern in Deutschland.
In den beiden Gesetzestexten ist jedoch nichts zum Thema "Enteignung" zu finden. Wie Art 14 GG aussagt, muss eine Enteignung durch ein Entschädigungsgesetz geregelt werden. Entschädigungsregelungen beinhalten beide Gesetze nicht.
Erstaunlicherweise wäre die Antwort - sollte es sich beim zwangsweise eingezogenen Rundfunkbeitrag nicht um eine Enteignung handeln - ja unglaublich einfach, indem geantwortet werden könnte, dass Art. 14 GG gar nicht betroffen ist!
Noch einmal der Hinweis: die Grenzüberschreitung zur Enteignung beginnt erst mit den Vollstreckungsersuchen der LRAen. Jede Zahlung, die vorher getätigt wird, kann als "freiwillig" eingestuft werden. Freiwillige Gernezahler können sich nicht auf Enteignung berufen. Dazu zählt auch die Zahlung aufgrund der "robusten Überzeugungsarbeit" des Beitragsservice wie auch die Einlassung des Zahlers auf die aus reiner Verwaltungssicht entstandenen Urteile der Verwaltungsgerichte. Ich denke auch, dass letztere sich noch nicht mit der auf die Vollstreckung beschränkte Enteignungsfrage beschäftigt haben.
Das BVerfG wurde mit der Frage auch noch nicht behelligt.
Die Rundfunkgebühren vor 2013 sind nicht betroffen, das der Gerätebesitz eine Art Freiwilligkeit darstellte. Das "Wohnen" als dem Menschen eigene Verhaltensweise beruht hingegen auf einer allgemeinen Notwendigkeit des Lebens.
Link zur Anfrage über Frag den Staat:
https://fragdenstaat.de/anfrage/regelndes-gesetz-zum-einzug-des-rundfunkbeitrags-aus-dem-privatvermogen-gg-art-14-3-enteignung/
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Ah...jetzt wird es klarer, worauf es hinausläuft: Ist die Zwangsvollstreckung eine Enteignung?
Ich frage mich schon die ganze Zeit, wann eine Zahlung noch als "freiwillig" ("konkludent") erfolgt und wann als erzwungen? Ist es immer noch freiwillig, wenn ich dem Gerichtsvollzieher im Termin das Geld hinlege? Oder erst, wenn er mir das Sparschwein aufschlägt und das Geld herauszählt?
Zu dieser Frage scheint sich das BVerfG aber wohl doch positioniert zu haben.
Ich finde hierzu folgendes Buch:
Frank Raue
Die Zwangsvollstreckung als Nagelprobe für den modernen Enteignungsbegriff
Die Enteignungsdefinition des Bundesverfassungsgerichts, kritisch hinterfragt anhand der Eigentumsübertragung nach § 817 Abs. 2 ZPO - Ein Beitrag zur Auslegung des Art. 14 GG
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht (TSSV), Volume 74
2006. 328 S.
ISBN 978-3-428-11895-3
Die Zwangsvollstreckung wird allgemein nicht als Enteignung aufgefasst. Gleichwohl erfüllt sie bei unbefangener Betrachtung alle Kriterien des Enteignungsbegriffs des BVerfG. Was sind die Ursachen dieses Widerspruchs? Vordergründig betrifft diese Frage nur ein Detailproblem - die verfassungsrechtliche Einordnung des vollstreckungsrechtlichen Eigentumsentzugs. Bei ihrer Beantwortung geraten jedoch zentrale Thesen der Auslegung des Art. 14 GG durch das BVerfG auf den Prüfstand: Inwieweit ergeben sich Gegenstand / Umfang des verfassungsrechtlichen Bestandsschutzes aus dem einfachen Recht? Ist der Schutz der Handlungsfreiheit des Eigentümers von einer einfachrechtlichen Zuweisung von Handlungsbefugnissen abhängig? Ist zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu trennen? Kann "Enteignung" rein formal, d. h. ohne materielle Kriterien, definiert werden? Welche Rolle spielt der Enteignungszweck - für den Begriff wie für die Rechtfertigung der Enteignung?
Diese Fragen sind nicht neu. Neu aber ist der Blickwinkel. Frank Raue nähert sich der verfassungsgerichtlichen Interpretation des Art. 14 GG nicht wie sonst üblich aus der "Vogelperspektive", sondern rollt sie "von innen" heraus auf. Dabei zeigt sich, dass das BVerfG grundsätzlich von zutreffenden Prämissen ausgeht, die hierauf gestützten Folgerungen jedoch zum Teil überzogen sind.
(...)
aus der Beschreibung ("Description") zum Buch
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Duncker & Humblot
https://www.duncker-humblot.de/en/buch/die-zwangsvollstreckung-als-nagelprobe-fuer-den-modernen-enteignungsbegriff-9783428118953/?page_id=1 (https://www.duncker-humblot.de/en/buch/die-zwangsvollstreckung-als-nagelprobe-fuer-den-modernen-enteignungsbegriff-9783428118953/?page_id=1)
Links gibt es einen Link zu einem "Extract", das sind die ersten paar Seiten einschließlich einem Inhaltsverzeichnis, das schon sehr interessante Hinweise liefert. Dieser Extract ist auch bei der Deutschen Nationalbibliothek schmerzlos zu finden.
Man lese die Seiten 23 und 24 des Extracts. ;D Leider hört der Extract da auch mittendrin auf; ich muss wohl mal in die Nationalbibliothek tigern...
Da gibt's noch was:
Stephan Klein, Grundrechtsschutz in der Zwangsvollstreckung, Mohr Siebeck (Reichhaltige Leseprobe)
Mal schauen. ???
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Die beiden Bücher scheinen einen interessanten Inhalt zu haben. Jedoch denke ich, hier sind Zwangsenteignungen, die auf "echten" zivilrechtlichen Schulden beruhen gemeint.
Eine Kritik an Zwangsvollstreckungen an sich soll meine Idee nicht sein. Beim Rundfunkbeitrag entsteht die (nicht vom GG gedeckelte) Zwangsenteignung aus der Vorbereitung dazu im internen, selbstverwalteten Bereich des Beitragseinzugs und wird erst mit dem Vollstreckungsersuchen "amtlich".
Der Rundfunkbeitrag wird seit 2013 aus dem nicht näher definierten, geschützen Privatvermögen abgeschöpft, ohne dass eine der Person konkret zurechenbare Leistung erbracht wird. Das ergibt sich - auch wenn viele Gerichte einen Zusammenhang zur konkreten Nutzung konstruieren - direkt aus dem RBStV: Im RBStV sind keine Empfangsgeräte, die konkludentes Handeln zur Nutzung eines Angebotes darstellen könnten genannt oder definiert. Vielmehr wird die Wohnung genauestens definiert. Der RBStV selbst stellt an keiner Stelle einen Brückenschlag zum Nutzungs- und/oder Zahlungswillen der konkret betroffenen Person her. Die Beziehung Wohnungsinhaber > Gerätebesitz > Nutzung ist nirgendwo im RBStV auch nur ansatzweise dargestellt, somit ist sie zwar gedanklich vorstellbar, aber nicht rechtlich herstellbar.
Dieser Punkt wird von den LRAen im selbstverwalteten Bereich des Beitragseinzugs sträflich ignoriert. Dafür bleibt die (jetzt nicht mehr zutreffende) Vorstellung des aus der Zeit der Rundfunkgebühren stammende Gerätebesitzes erhalten, der ein konkludentes Verhalten zur Nutzung des ÖRR darstellte.
Zurück zur Zwangsvollstreckung: Der Nachweis, dass hier keine freiwillige Zahlung vorliegt, liefert der Beitragsservice selbst mit dem Vollstreckungsersuchen an die Vollstreckungsstelle. Ab dem Zeitpunkt wird sichtbar, dass der Beitrag von der Person weder freiwillig gezahlt wird, noch durch eine konkrete Leistung gerechtfertigt, noch als Abschöpfung eines entstandenen Mehrwertes eines Eigentumgegenstandes gelten kann.
Der Rundfunkbeitrag in seiner jetzigen Ausgestaltung mindert einfach nur unfreiwillig das Privatvermögen. Das ist aber so einfach durch Art 14 nicht möglich, der nämlich eine Entschädigungsregelung fordert: Wenn Privateigentum zum Nutzen der Allgemeinheit eingezogen werden soll, darf der Betroffene nicht "ärmer" werden. Insbesondere dann, wenn mit so einer Regelung Millionen- bzw. Milliardenbeträge bundesweit eingezogen werden.
Eigentlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass der Fehler in der Entstehungsphase der Schuld steckt, nicht in der Zwangsvollstreckung selbst. Das wäre ein anderes Thema!
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Zur Verdeutlichung meiner Argumentation und Vorgehensweise hier ein fiktiver Antrag an "meine" Vollstreckungsstelle (Verbesserungsvorschläge erwünscht):
Finanzbehörde - Kasse.Hamburg
Bahrenfelder Strasse 254-260
22765 Hamburg
Antrag auf Rückweisung eines Vollstreckungsersuchens Az.:...
Mit dem genannten Vollstreckungsersuchen fordert der NDR Hamburg von mir einen Beitrag aus meinem allgemeinen Privatvermögen.
Nach den Regelungen des RBStV soll dieser Beitrag von mir nicht aufgrund konkreter Nutzung eines Angebotes zu leisten sein, noch schöpft er einen entstandenen Mehrwert eines meiner Eigentumsgegenstände ab.
Eine freiwillige Zahlung liegt durch das Vollstreckungsersuchen des NDR vom ... bestätigt, von meiner Seite nicht vor.
Durch die Forderung des Rundfunkbeitrags wird somit ohne Gegenleistung in mein grundrechtlich durch Art 14 geschütztes Privatvermögen mindernd eingegriffen. Da es sich mit dem Rundfunkbeitrag um die Finanzierung eines Gegenstandes des öffentlichen Wohls handeln soll, wäre ein Zugriff gegen meinen Willen auf mein Privatvermögen unter den Voraussetzungen des Art 14 (3) möglich.
Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich findet ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag i.V.m § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, der die Höhe des monatlichen Beitrages festsetzt.
Beide Rechtsgrundlagen enthalten keine Entschädigungsregelung nach Art 14 (3) GG. Die Forderung ist daher grundrechtswidrig. Das Vollstreckungsersuchen ist zurückzuweisen und die Pfändung meines Girokontos aufzuheben.
Mit freundlichen Grüssen
xxx
Per Fax an Finanzbehörde - Kasse.Hamburg: 040427923855
Entscheidend ist meiner Auffassung nach der Nachweis der Unfreiwilligkeit der Zahlung durch das Vollstreckungsersuchen.
Bei der Finanzierung eines öffentlichen Gutes ist die "Möglichkeit der Nutzung" dem Angebot immanent, weil es sonst kein öffentliches Gut wäre. Eine Entschädigung durch konkrete Leistung wäre also daraus nicht konstruierbar.
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Die Kasse wird (in herrschender Meinung) antworten:
Eine Zwangsvollstreckung ist keine Enteignung im Sinne von Art. 14 GG.
Fertig.
Dieses Ding mit Gegenleistung oder Nutzung ist völlig irrelevant, ebenso, was verwaltungsintern abläuft (nach außen kommt schon der bestandskräftige Festsetzungsbescheid, nicht erst die Mahnung oder gar die Vollstreckungsankündigung). Das alles ist auf dem Klageweg zu erörtern, aber nicht in der Zwangsvollstreckung. Da geht es nur noch ums Geld.
btw: Ich finde es sehr bezeichnend, dass im Zusammenhang mit der Vollstreckung die Rede "der Schuldner unterwirft sich der Vollstreckung" besteht...das hat immer noch einen Touch von freiwilliger Zahlung.
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@ope23: In meiner diesbezüglichen Anfrage
Regelndes Gesetz zum Einzug des Rundfunkbeitrags aus dem Privatvermögen (GG Art. 14 (3) Enteignung)
https://fragdenstaat.de/anfrage/regelndes-gesetz-zum-einzug-des-rundfunkbeitrags-aus-dem-privatvermogen-gg-art-14-3-enteignung/
habe ich da schon vorgetestet: die Finanzbehörde hat da bislang nichts von "ist keine Enteignung im Sinne von Art. 14 GG" gesagt, obwohl es doch eigentlich so einfach wäre.
Es geht allerdings auch immer noch NICHT um die Zwangsvollstreckung. Es geht um das grundrechtswidrig enteignende Entstehen der Beitragsschuld im internen Bereich der LRA, die vollstreckt werden soll.
Im Brieftext wird begründet die Rückweisung des ERSUCHENS gefordert, was auch geschehen kann, ohne dass das Mittel der Zwangsvollstreckung in Frage gestellt wird. Zwangsläufig entsteht aus der Rückweisung dann aber auch eine Aufhebung der Pfändung.
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Ich würde die Frage gern wieder aufgreifen, weil ich sie für wichtig halte. Mir kam es so ähnlich:
Wo ist eigentlich die Pflicht die festgesetzten Beiträge zu bezahlen definiert? Wo kommt die her?
Behörden und Amtsträger müssen sich an Recht und Gesetz halten. Gesetze sind also in erster Linie SCHUTZRECHTE des Bürgers vor Übergriffen anderer (Bürger und Amtsträger etc.). Der Bürger muss sich erstmal nicht an ein Gesetz halten, dessen Zwangswirkung sich nicht aus der Verfassung herleiten lässt und dass sonst niemanden belastet. Zweckloser Zwang genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein Gesetz. Steuern zahlt man, weil man formal selbst darüber verfügt (durch Vertretung) und sie der Allgemeinheit nützen.
Doch der Rundfunkbeitrag nützt nicht der Allgemeinheit - und selbst wenn, dann ist das nicht der Punkt, wie das Bundesverfassungsgericht 2018 ausgeführt hat, sondern der Bürger bekommt einen "Vorteil" aufgedrückt. Doch mit welchem Recht? Ich will diesen "Vorteil" nicht.
Daher nochmal die Frage: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung? Wenn er keine Enteignung ist, was ist es dann? Die Behörden haben sich gewunden darauf zu antworten.
In Grundgesetz Artikel 5 steht jedenfalls nicht, dass der Bürger für sein Recht auf Information etwas zahlen muss.
Das ist keine Kleinigkeit. Ein Gesetz ist verfassungswidrig, wenn es einen Zwang ausübt, der nicht vom Grundgesetz zugelassen ist. Auch jede Interpretation des Bundesverfassungsgerichts muss irgendwo auf einen Artikel des Grundgesetzes verweisen, der diesen Zwang erlaubt. Ich sehe den nirgends. Der Rundfunkbeitrag ist für Nichtnutzer auch kein "implizit akzeptierter Tauschhandel".
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Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung? Wenn er keine Enteignung ist, was ist es dann?
Eine staatlich errichtete Zugangshürde -Last-.
Die staatlich festgelegte Last verletzt das Grundrecht genau dann, wenn sie darauf zielt oder wegen ihrer Höhe objektiv dazu geeignet ist, nutzungswillige Interessenten von Informationen aus bestimmten Quellen fernzuhalten, die Last somit prohibitiven Charakter hat.
vgl. VG Hamburg · Urteil vom 21. Oktober 2010 · Az. 3 K 2796/09
https://openjur.de/u/593021.html (https://openjur.de/u/593021.html)
bei openjur die Randnummer 38
vgl.
BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 06. September 1999
- 1 BvR 1013/99 -, Rn. (1-14), Randnummer 11
http://www.bverfg.de/e/rk19990906_1bvr101399.html (http://www.bverfg.de/e/rk19990906_1bvr101399.html)
vgl. "prohibitiver Charakter" des Rundfunkbeitrags
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,11749.msg79211.html#msg79211 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,11749.msg79211.html#msg79211)
und nochmal
vgl. "prohibitiver Charakter" des Rundfunkbeitrags
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,11749.msg120938.html#msg120938 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,11749.msg120938.html#msg120938)
und die mögliche Anwendung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18321.msg120923.html#msg120923 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18321.msg120923.html#msg120923)
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Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung? Wenn er keine Enteignung ist, was ist es dann?
Eine staatlich errichtete Zugangshürde -Last-.
Gemäß der aktuellen BVerfG-Rundfunkentscheidung ist der Rundfunkbeitrag eine Sonderlast, (Sonderabgabe), und hat alle dafür vorgesehenen Kriterien einzuhalten.
BVerfG 1 BvR 1675/16 - Rundfunkbeitrag ist eine Sonderabgabe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33318.0
Edit "Bürger" - gesammelte Links zum Thema "Sonderabgabe":
Urteile BVerfG zu Sonderabgaben
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=16581.0
"Der Rundfunkbeitrag eine Steuer?" > verfassungswidrige Sonderabgabe (2022)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36805.0
Reihe Klage-Argumente - Die Haushaltsabgabe ist eine unzulässige Sonderabgabe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=5621.0
Ist der Rundfunkbeitrag in Echt eine nicht-steuerliche Sonderabgabe?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30030.0
BVerfG 1 BvR 1675/16 - Rundfunkbeitrag ist eine Sonderabgabe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33318.0
Kirchhof > Rechtsgutachten zur Filmförderung als Sonderabgabe (01/2016)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=18796.0
Das Thema "Sonderabgabe" bitte hier nicht weiter vertiefen, sondern hier bitte ausschließlich eng und zielgerichtet am eigentlichen Kern-Thema dieses Threads diskutieren, welches da lautet
Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.
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Moment. Man kann nicht einfach "irgendwas" "Sonderabgabe" nennen und dann kassieren. Wir sind hier nicht bei der Mafia.
Eine Zwangs-Sonderabgabe fürs "Wohnen" ist ein Widerspruch in sich.
Aber danke für den Hinweis. Auch wenn mir noch immer nicht klar ist, auf welchem Grundgesetzartikel dieser Zwang nun fußt? Ich meine damit nicht die Informationsversorgung, sondern tatsächlich etwas handfestes, das allgemeine Kriterien für den Abgabenzweck festzurrt, wenn der aufgezwungen wird.
PS Für eine Demokratie kann ÖRR schon deshalb nicht notwendig sein, weil kleine Länder sowas gar nicht haben können. Stirbt die Demokratie in Luxemburg, weil sie so etwas nicht kennen? Ist mir nicht bekannt. Zentralismus ist das Gegenteil von Demokratie. Landesweite Rundfunksender sind nichts weiter als ein Tor zur Hölle der Tyrannei. Hatten wir alles schonmal. Ein Nutzen ist ausschließlich behauptet und durch nichts erwiesen.
Edit "Bürger" - gesammelte Links zum Thema "Sonderabgabe":
Urteile BVerfG zu Sonderabgaben
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=16581.0
"Der Rundfunkbeitrag eine Steuer?" > verfassungswidrige Sonderabgabe (2022)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36805.0
Reihe Klage-Argumente - Die Haushaltsabgabe ist eine unzulässige Sonderabgabe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=5621.0
Ist der Rundfunkbeitrag in Echt eine nicht-steuerliche Sonderabgabe?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30030.0
BVerfG 1 BvR 1675/16 - Rundfunkbeitrag ist eine Sonderabgabe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33318.0
Kirchhof > Rechtsgutachten zur Filmförderung als Sonderabgabe (01/2016)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=18796.0
Das Thema "Sonderabgabe" bitte hier nicht weiter vertiefen, sondern hier bitte ausschließlich eng und zielgerichtet am eigentlichen Kern-Thema dieses Threads diskutieren, welches da lautet
Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.