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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: gelddruckmaschine am 06. Juli 2014, 23:07

Titel: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: gelddruckmaschine am 06. Juli 2014, 23:07
Habe 2 Urteile gefunden, die sich mit Zwangsmitgliedschaften befassen.
Besonders das erste finde ich im Zusammenhang mit den GEZwangsbeiträgen interessant. Es zeigt, dass ethische Gründe bei der Befreiung aus Zwangsmitgliedschaften durchaus individuell Berücksichtigung finden können.

Beim zweiten Urteil sprechen Gründe für eine Zwangsmitgliedschaft von Ärzten wie Austausch über wissenschaftliche Erkenntnisse und Qualitätssicherung im öffentlichem Gesundheitsinteresse. Aber das haben wir gez bei unserem Thema ZwangsTVBeitrag ja gerade nicht beim .


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 30.01.2013
- 19 AE 12.2123 –

Befreiung von Mitgliedschaft in Jagdgenossenschaft aus ethischen Gründen möglich

Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaft verstößt gegen Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
Die gesetzliche Mitgliedschaft eines Grundeigentümers, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, verstößt in einer Jagdgenossenschaft gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Dies entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH).
Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Im Bundesjagdgesetz ist vorgesehen, dass Eigentümer von Grundflächen eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks eine Jagdgenossenschaft bilden. Diese organisiert die Jagdausübung auf diesen Grundstücken. Der Kläger in dem jetzt vom BayVGH entschiedenen Eilverfahren lehnt – ebenso wie der Kläger in dem vom EGMR entschiedenen Fall – die Jagd aus ethischen Gründen ab. Das Verwaltungsgericht Würzburg hat seine Klage auf Befreiung von der Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft und auf Einschränkung der Jagd auf seinem Grundstück abgewiesen. Der BayVGH hat nun zur Abwendung der Fortdauer des Verstoßes gegen die EMRK eine vorübergehende Regelung zu Gunsten des Antragstellers getroffen.
Zwangsweise Einbindung in Jagdgenossenschaft stellt unverhältnismäßige Belastung dar
Der BayVGH setzt die Auffassung des EGMR um, wonach die Einbindung in eine Jagdgenossenschaft für einen Grundeigentümer, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, eine unverhältnismäßige Belastung darstellt. Es sei davon auszugehen, dass die Zwangsmitgliedschaft des Antragstellers in der Jagdgenossenschaft und ihre Folgen gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention verstießen. Die entsprechenden Vorschriften des Bundesjagdgesetzes (insbesondere über die Jagdausübung auf dem Grundstück, über die Beteiligung am Jagdertrag und am jagdgenossenschaftlichen Wildschadensersatzsystem) seien daher vorläufig nicht anzuwenden. Falls die Jagdbehörden Jagdmaßnahmen ausschließlich im Allgemeininteresse anordnen und durchsetzen (insbesondere zur Reduktion überhöhter Wildbestände), würde der BayVGH dies durch eine entsprechende Abänderung seiner einstweiligen Anordnung ermöglichen.


Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 02.07.2008
- 1 A 223/06 –

Pflichtmitgliedschaft in der Ärztekammer ist verfassungsgemäß

Zwangsmitgliedschaft verstößt nicht gegen Europäische Menschenrechtskonvention
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat entschieden, dass die Regelung zur Pflichtmitgliedschaft von Ärzten in der Ärztekammer Niedersachsen weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.
Der Kläger ist ein niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin und bat die beklagte Ärztekammer Niedersachsen um Entlassung aus der Zwangsmitgliedschaft bei ihr. Zur Begründung führte er unter Hinweis auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus, eine solche Zwangsmitgliedschaft zum Zwecke der Berufsausübung sei mit Art. 11 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) nicht zu vereinbaren. Dieses Ansinnen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.05.2006 ab.
Dagegen erhob der Kläger Klage, wiederholte seinen bisherigen Vortrag und führte ergänzend aus, zur Erledigung der Aufgaben der Beklagten bedürfe es einer Zwangsmitgliedschaft nicht. Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers nicht.
Grundsatz der negativen Vereinsfreiheit nicht verletzt
Es führte unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, die Zwangsmitgliedschaft in einem öffentlich-rechtlichen Verband wie der Beklagten berühre nicht den Grundsatz der sog. negativen Vereinigungsfreiheit. Der Schutz der Vereinigungsfreiheit greife ein, wenn es um einen privatrechtlichen Zusammenschluss natürlicher oder juristischer Personen gehe, der auf der Basis der Freiwilligkeit erfolge. An dieser Freiwilligkeit fehle es bei Berufskammern, so dass die Mitgliedschaft in ihnen von vornherein nicht dem Vereinsbegriff des Art. 9 Abs. 1 GG unterfielen.
Keine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG
Die Zwangsmitgliedschaft verletze den Kläger auch nicht in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Gründung von Zwangsverbänden und die Inanspruchnahme als Mitglied derartiger Zwangskorporationen zulässig, wenn diese öffentlichen Aufgaben dienten und ihre Errichtung, gemessen an diesen Aufgaben, verhältnismäßig sei. Dies sei im Hinblick auf die Beklagte der Fall, die nach § 9 Abs. 1 HKG Aufgaben habe, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft bestünde und die weder allein im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden könnten noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählten, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss. Wenn der Staat solche Aufgaben (wie z.B. die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen, Einrichtung von Schlichtungsstellen zur Prüfung von Behandlungsfehlern, Hinwirken auf eine ausreichende ärztliche Versorgung und Erstattung von Gutachten für Behörden und Gerichte) einer eigens für diesen Zweck gebildeten Körperschaft des öffentlichen Rechts übertrage, handele er grundsätzlich im Rahmen des ihm hier zustehenden weiten Ermessens.
Kein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention
Entgegen der Auffassung des Klägers verstoße seine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten auch nicht gegen Art. 11 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gewährleistet und nach dem alle Menschen das Recht haben, sich frei mit anderen zusammenzuschließen. Auch der Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 EMRK betreffe nicht Abwehransprüche gegenüber öffentlich-rechtlichen Zwangsvereinigungen. Etwas anderes gelte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lediglich dann, wenn die Berufstätigen durch den Zusammenschluss in der Kammer an der Gründung oder am Beitritt zu anderen berufsständischen Vereinigungen gehindert werden würden. Dies sei in Deutschland, wo zahlreiche weitere berufsständische Vereinigungen von Ärzten existierten, nicht der Fall. Aus dem vom Kläger angeführten Urteil des EGMR ergebe sich nichts Abweichendes. Das Urteil habe die Frage der Pflichtmitgliedschaft in einer Gewerkschaft und damit in einer privatrechtlichen Vereinigung von Arbeitnehmern, deren satzungsgemäße Aufgabe im Wesentlichen in der Wahrnehmung und Förderung der Interessen ihrer Mitglieder liegt betroffen. Es stelle im Schwerpunkt darauf ab, dass unter Umständen die Pflicht des Staates bestehe, zum Schutz der Vereinigungsfreiheit in die Beziehungen zwischen Privatpersonen einzugreifen. Es betreffe daher eine mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Rechtsfrage. Anhaltspunkte dafür, dass der EGMR mit der vom Kläger zitierten Entscheidung von seiner bisherigen Rechtsprechung abweichen und den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 EMRK auf Abwehransprüche gegen öffentlich-rechtliche Zwangsvereinigungen habe ausweiten wollen, bestünden nicht.

Herzliche Grüße
aus dem grünen Essen


--- EDIT Moderator: ---

Argumente zum Weiterdenken 1 -n, Inhaltsübersicht (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,10130.0.html)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 15. November 2014, 17:54
Wann liegt eine Zwangsmitgliedschaft vor?
Häufig besteht eine gesetzlich begründete und an bestimmte Merkmale (Wohnsitz, Beruf, Universitätszugehörigkeit u. a.) geknüpfte Zwangsmitgliedschaft. Nach den Bedingungen der Mitgliedschaft unterscheidet man Gebietskörperschaften, Personalkörperschaften und Realkörperschaften. – Körperschaften des öffentlichen Rechts sind auch die staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften.

Realkörperschaft
eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitgliedschaft im Gegensatz zur Gebietskörperschaft und Personalkörperschaft an bestimmte reale Dinge wie den Grundbesitz gebunden ist, z. B. Wasser- und Bodenverbände, Deichverbände, Realgemeinden.

Personalkörperschaft
eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitgliedschaft und Aufgaben im Gegensatz zur Gebietskörperschaft nicht universell, im Gegensatz zur Realkörperschaft nicht an den Grundbesitz, sondern an bestimmte persönliche Merkmale wie den Beruf anknüpfen. Personalkörperschaften sind z. B. berufsständische (Anwalts-, Ärzte-, Handwerks-)Kammern.

Gebietskörperschaft
eine rechtsfähige und mit Hoheitsbefugnissen ausgestattete Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit einen räumlich abgegrenzten Teil des Staatsgebiets umfasst; vor allem die Träger kommunaler Selbstverwaltung (Gemeinde, Landkreis) mit universeller Zuständigkeit (Gebietshoheit).

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind Anstalten des öffentlichen Rechts und keine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Die dürfen doch nur Nutzer und keine Mitglieder haben.

Zitat
Es wird vom Gesetzgeber pauschalisierend vorausgesetzt, dass jeder Wohnungsinhaber aufgrund dessen er Wohnraum inne hat, auch Rundfunk empfangen könnte und diese "Rechtfertigung" allein schon zu einer Beitragspflicht führt und dadurch die Rundfunkanstalten zur Beitragserhebung berechtigt.
Das stinkt nach Zwangsmitgliedschaft.
Der Besitz einer Wohnung ermöglicht aber nachweislich nicht den Empfang von Angeboten der Öffentlich Rechtlichen Medienanstalten, dazu sind unabdingbar Empfangsgeräte notwendig.

Zitat
Bei einer Zwangsgenossenschafts- oder Zwangsvereinslösung, die in Betracht gezogen wird, stehen zur Finanzierung neben Grenzkostengebühren und freiwilligen Beiträgen auch Zwangsbeiträge zur Verfügung. Zahlungsunwillige Nutzer können so auf Basis des Öffentlichen Rechts an der Finanzierung der Bereitstellung öffentlich-rechtlicher Rundfunkdarbietungen beteiligt werden. Die Bereitstellung würde über eine öffentliche Körperschaft unterhalb des Niveaus einer Gebietskörperschaft erfolgen. Würde man ein höheres Extensionsniveau wählen, könnten zur Finanzierung auch spezielle oder allgemeine Steuern herangezogen werden.
Quelle: 2006 https://econstor.eu/dspace/bitstream/10419/42637/1/520631994.pdf (https://econstor.eu/dspace/bitstream/10419/42637/1/520631994.pdf) Da kommt das Wort "Zwang" 19 mal vor.

ps: das müssen wir genauer unter die Lupe nehmen
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 16. November 2014, 13:39
Kann es vielleicht sein, dass mit Wohnung als der Anknüpfungspunkt für den Beitrag, die verfassungswidrige Pflichtmitgliedschaft geschaffen wurde?

Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: ss32 am 16. November 2014, 17:39
Es geht nicht um Mitgliedschaft.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 16. November 2014, 22:38
Es geht nicht um Mitgliedschaft.

Hier sieht man Parallelen zur Zwangsmitgliedschaft

Zitat
Ein Austritt aus der IHK ist nicht möglich. Die Mitgliedschaft ergibt sich direkt aus dem Gesetz und endet erst, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.
http://www.hannover.ihk.de/?id=9750 (http://www.hannover.ihk.de/?id=9750)

Ein Austritt aus der IHK ist nicht möglich = Ein Austritt aus GEZ Abzocke nicht möglich
wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind = Wohnungslosigkeit usw

Zitat
Die Beitragspflicht beginnt mit der IHK-Zugehörigkeit. Die IHK-Zugehörigkeit wiederum beginnt für nicht im Handelsregister eingetragene Unternehmen (Kleingewerbetreibende), Einzelkaufleute und Personengesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG, GbR) mit der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit, das heißt mit der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Indiz dafür ist die Gewerbeanmeldung.

Gewerbeanmeldung = jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt und dort nach dem Melderecht gemeldet ist(im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist)

Zitat
Die Kammerreformer berufen sich in ihrer Verfassungsbeschwerde auf das Grundgesetz. Sie halten die Industrie- und Handelskammern für nicht ausreichend legitimiert. Deren demokratische Ausgestaltung sei "absolut unzureichend". Deshalb sei "die Grenze der Zumutbarkeit zur Zwangsmitgliedschaft überschritten".
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/heikler-fall-fuer-bundesverfassungsgericht-karlsruhe-befasst-sich-mit-zwangsmitgliedschaft-in-handelskammern-1.1924713 (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/heikler-fall-fuer-bundesverfassungsgericht-karlsruhe-befasst-sich-mit-zwangsmitgliedschaft-in-handelskammern-1.1924713)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: ss32 am 16. November 2014, 22:59
Es geht nicht um Mitgliedschaft.

Hier sieht man Parallelen zur Zwangsmitgliedschaft

Zitat
Ein Austritt aus der IHK ist nicht möglich. Die Mitgliedschaft ergibt sich direkt aus dem Gesetz und endet erst, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.
http://www.hannover.ihk.de/?id=9750 (http://www.hannover.ihk.de/?id=9750)

Ein Austritt aus der IHK ist nicht möglich = Ein Austritt aus GEZ Abzocke nicht möglich
wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind = Wohnungslosigkeit usw

Auch wenn es Parallelen (verpflichtende Zahlung) gibt, hat eine staatliche Abgabe nichts mit der Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Kammer zu tun.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 16. November 2014, 23:25
dürfen die vollrechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts auch eine Form der Zwangsmitgliedschaft annehmen?

Zitat
Landes-AöRs sind die meisten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie BR, HR, MDR, NDR, RB, RBB, SWR, SR, WDR und das ZDF, nicht aber das Deutschlandradio, das eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.
Zitat
AöR handeln im Allgemeinen in den Formen des Verwaltungsrechts, erlassen also Verwaltungsakte. Gesetzlich kann für den Bürger ein Anschluss- und Benutzungszwang vorgesehen sein. Die Rundfunkanstalten der Länder sind von der Geltung der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder häufig ausgenommen,[D 3] was gleichwohl nicht auszuschließen vermag, dass sie Verwaltungsakte erlassen (analog dem VwVfG des Landes). Teilweise handeln AöRs dem Bürger gegenüber in den Formen des Zivilrechts, so dass die Schlichtung von Streitigkeiten dann den Zivilgerichten zufällt (z. B. beim Deutschen Wetterdienst, § 5 DWD-Gesetz).
http://de.wikipedia.org/wiki/Anstalt_des_%C3%B6ffentlichen_Rechts (http://de.wikipedia.org/wiki/Anstalt_des_%C3%B6ffentlichen_Rechts)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: TVfrei am 16. November 2014, 23:54
Die Parallelen zur Zwangsmitgliedschaft scheinen doch recht ausgeprägt zu sein, den man wird als Wohnungsinhaber ja mit einem persönlichen Konto als "Beitragsschuldner" geführt, also nicht nur Zahlung sondern eine Art persönliche Mitgliedschaft mit Beitragskonto. Gerade diese "hoheitliche" Erfassung der persönlichen Daten gemahnt an eine Zwangsmitgliedschaft.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 18. November 2014, 13:15
Allerdings sollen berufsständische Vereinigungen (Ärztekammer, Rechtsanwaltskammer, Handwerkskammer, IHK) auch die jeweiligen Interessen ihrer Zahler und Mitglieder vertreten, sie sind sogar dafür geschaffen worden, zwar ist es schwierig, selbst alle oder die Mehrheit der Interessen aller Mitglieder und Zahler zu vertreten, doch gibt es sowas, wie das große Ganze, das gegenüber Politik und Verwaltung kommuniziert werden kann. Außerdem hat jedes Zwangsmitglied durch Wahlen in die entsprechenden Vertreterversammlungen, Möglichkeiten, sich persönlich dort zu engagieren, also demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten, was mit dem jeweiligen Zwangsbeitrag geschehen soll.
Ach ja, diese Versammlungen bestimmen auch über die Beitragsordnung...

Ich bin der Meinung, daß solche berufsständigen Zwangsvertretungen auch nur jeweils einen ganz kleinen Teil der Bevölkerung repräsentieren, die Beteiligung an der Rundfunkfinanzierung betrifft aber alle, denn das Vorhalten einer Wohnung bzw. das Bewohnen einer solchen dürfte auf 99,x % der deutschen Bevölkerung zutreffen.
Zusätzlich werden aber auch noch die Unternehmen zur Kasse gebeten, weil sie eine Betriebsfläche (nicht mal Räumlichkeiten erforderlich) mit Mitarbeitern und Autos vorhalten.
Das bedeutet, daß sozusagen für den einzelnen ein Zusatzbeitrag entsteht, denn für einen Betrieb sind das Kosten, die an den Letztnutzer, sprich Bürger weitergereicht werden.

Der Vorteil oder Nutzen einer berufsständischen Zwangsmitgliedschaft ist zumindest theroretisch darlegbar: Die jeweilige Organisation versucht die Interessenvertretung der Mitglieder wahrzunehmen, kann beraten und weitere Dienstleistungen für ihre Mitglieder erbringen, die das Betriebsziel, nämlich Geld zu verdienen, unterstützen.
Nun möge man mir darlegen, wie die Bereitstellung von "Rundfunk" einem Unternehmen, oder gar der Mehrheit der Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, um eine Unternehmensabgabe zu rechtfertigen, oder aber auch einen Vorteil, der zu vermehrter Gewinnerwirtschaftung führt, abzuschöpfen.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 18. November 2014, 14:49
da habe ich etwas gefunden

Zitat
Die Bereitstellungsempfehlung würde unter Beachtung des Kongruenz- und des Subsidiaritätsprinzips damit vorsehen, öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehprogramme über einen Zwangsbeitrag auf Zwangsvereinsebene bereitzustellen. Zur Finanzierung sollte die Gesamtbevölkerung herangezogen werden und nicht nur diejenigen, wie heute realisiert, die ein Empfangsgerät besitzen. Es ist jedoch verfassungsrechtlich fraglich, ob eine Kopfbeitrags-Lösung einer Haushaltsabgabe vorzuziehen ist.
Quelle: https://econstor.eu/dspace/bitstream/10419/42637/1/520631994.pdf (https://econstor.eu/dspace/bitstream/10419/42637/1/520631994.pdf)

Wie definiert man "Zwangsvereinsebene"?

Das Grundrecht der Vereins- und Koalitionsfreiheit umfaßt nicht nur das Recht, eine Vereinigung zu gründen, sondern schützt auch die negative Vereinsfreiheit, d.h. das Recht, einem Verein fernzubleiben oder aus ihm auszuscheiden (vgl. BVerfGE 85, 370).

Die Bereitstellung öffentlich-rechtlicher Rundfunkdarbietungen erfolgt nicht über eine öffentliche Körperschaft.
Besitzen die Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz zur Gründung von "......."? Sind die Bundesländer berechtigt solche K.d.ö.R mit Zwangsmitgliedschaft einzuführen? Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind Anstalten des öffentlichen Rechts und keine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Wegen fehlender Ausnahmeregelung für Nichtnutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ähnelt das Ganze der Mitgliedschaft durch Gesetz.
Zur Mitgliedschaft durch Gesetz heißt es: „Bei der stärksten Form der Zwangsmitgliedschaft ist zur Erlangung derselben nicht ein besonderes Tätigwerden des davon Betroffenen erforderlich, sondern dieser wird kraft Gesetzes einem bestimmten Verband zugeordnet...“
http://www.zeit.de/1969/47/guenther-rennert-dr-jur (http://www.zeit.de/1969/47/guenther-rennert-dr-jur)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: sparks am 18. November 2014, 15:34
Noch krasser finde ich den Satz etwas weiter oben (S. 732f.):
Zitat
Da Zwangsvereine zahlungsunwillige Nutzer zur Finanzierung des bereitgestellten puren Kollektivgutes öffentlich-rechtliche Rundfunkdarbietungen zwingen können, wäre eine Lösung auf Zwangsvereinsebene sowohl mit dem Kongruenz- als auch dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar. Der Rundfunkstaatsvertrag und der Rundfunkgebührenstaatsvertrag sehen ohnehin eine solche Beitritts- und Beitragspflicht vor.
https://econstor.eu/dspace/bitstream/10419/42637/1/520631994.pdf

Also konnte schon damals (2006) eine Beitrittspflicht aus dem Staatsvertrag abgeleitet werden?
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 19. November 2014, 01:06
Zitat
Auf den Fall bezogen bedeutet dies, dass der Schutzbereich von Art. 9 I GG im Falle der Pflichtmitgliedschaft in der IHK nicht eröffnet ist, da es sich bei der IHK nach § 3 I um eine
Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt.
Quelle: http://www.jura.uni-augsburg.de/lehrende/professoren/gassner/Lehre_und_Studium/15_ss_2011/006_ag_walter/001_materialien/009_03_Fall_9_Loesung_Pflichtmitgliedschaft.pdf (http://www.jura.uni-augsburg.de/lehrende/professoren/gassner/Lehre_und_Studium/15_ss_2011/006_ag_walter/001_materialien/009_03_Fall_9_Loesung_Pflichtmitgliedschaft.pdf)

Was bedeutet dies auf Rundfunkbeitragspflicht bezogen? Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind Anstalten des öffentlichen Rechts(AöR).
Ist der Schutzbereich von Art. 9 I GG im Falle der Rundfunkzwangsmitgliedschaft eröffnet oder nicht?

Zitat
cc) Anwendbarkeit auf öffentlich-rechtliche Vereinigungen
Fraglich ist jedoch, ob sich der Schutz von Art. 9 I GG auch auf öffentlich-rechtliche Vereinigungen erstreckt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der h.M. unterfällt die Nichtmitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Vereinigung nicht dem Schutz des Art. 9 I GG.
 Begründet wird dies zum einen damit, dass Art. 9 I GG zwar vom Wortlaut her keine Einschränkung auf private Vereinigungen enthalte. Art. 9 II GG ziele aber erkennbar nur auf private Vereinigungen ab, da es schwer vorstellbar sei, dass sich öffentlich-rechtliche, also durch einen Hoheitsakt gegründete, Vereinigungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Aus dem systematischen Zusammenhang von Art. 9 I GG und Art. 9 II GG ergebe sich damit eine Beschränkung auf private Vereinigungen.
Quelle: http://www.jura.uni-augsburg.de/lehrende/professoren/gassner/Lehre_und_Studium/15_ss_2011/006_ag_walter/001_materialien/009_03_Fall_9_Loesung_Pflichtmitgliedschaft.pdf (http://www.jura.uni-augsburg.de/lehrende/professoren/gassner/Lehre_und_Studium/15_ss_2011/006_ag_walter/001_materialien/009_03_Fall_9_Loesung_Pflichtmitgliedschaft.pdf)

durch einen Hoheitsakt gegründete =  „Die Mitgliedschaft durch Gesetz“
http://www.zeit.de/1969/47/guenther-rennert-dr-jur (http://www.zeit.de/1969/47/guenther-rennert-dr-jur)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 21. November 2014, 01:07
Zitat
Da § 2 IHK-Gesetz Gewerbetreibende kraft Gesetzes zur Mitgliedschaft in einer IHK verpflichtet und Gewebetreibenden keine Möglichkeit geboten wird, sich dieser Pflichtmitgliedschaft zu entziehen, könnte insofern ein Verstoß gegen die durch Art. 9 I GG gewährleistete negative Vereinigungsfreiheit der Gewerbetreibenden vorliegen.
Quelle:http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/fall7_l.pdf (http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/fall7_l.pdf)
Das können wir zu unseren Gunsten verändern.

Dies setzt jedoch voraus, dass eine Industrie- und Handelskammer Rundfunkanstalt auch eine Vereinigung iSd Art. 9 I GG ist, auf die die negative Komponente des Art. 9 I GG Anwendung findet.

Zitat
Gesetzlich zur Versorgung verpflichtete Rundfunkanstalten können auch in anderen Rechtsformen als einer staatlichen Behörde oder in öffentlich-rechtlicher Form organisiert sein. So ist die schweizerische SRG SSR seit 1991 ein Unternehmen als Verein im Sinne des Artikels 60ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentlich-rechtlicher_Rundfunk (http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentlich-rechtlicher_Rundfunk)

Durch Art. 9 I GG wird auch die Freiheit geschützt, aus einer Vereinigung wieder auszutreten bzw. dieser erst gar nicht beizutreten (sog. negative Vereinigungsfreiheit).

Wenn eine Rundfunkanstalt direkt ein Unternehmen als Verein wäre, das wäre noch besser.
Ist nur eine Theorie:
Der Schutzbereich des Art. 9 I GG gewährleistet also auch die Freiheit vor Pflichtmitgliedschaften,
die nicht zu Körperschaften des öffentlichen Rechts gehören.

Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: La Volpe da Firenze am 21. November 2014, 15:06
Jede LRA ist ein Unternehmen, siehe Impressum auf den jeweiligen Seiten (Umsatzsteuer-Identifikationsnummer)
Eine solche Nummer benötigt nur ein Unternehmer, das dadurch Vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Zitat
Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (abgekürzt: USt-IdNr. in Deutschland oder UID in Österreich)[1] ist eine eindeutige Kennzeichnung eines Unternehmens innerhalb der Europäischen Union im umsatzsteuerlichen Sinne.
[...]
Sie dient innerhalb der Europäischen Union zur Abwicklung des innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehrs für Umsatzsteuerzwecke. Sie wird daher von jedem Unternehmer benötigt, der innerhalb des Gebiets der Europäischen Union am Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten teilnimmt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Umsatzsteuer-Identifikationsnummer


Übrigens: http://www.jurawiki.de/JuristischePerson
Der Unterschied zwischen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und einer Anstalt des öffentlichen Rechts liegt darin, dass Körperschaften Mitglieder haben, Anstalten aber nur Benutzer.

Benutzer bin ich nicht, aber soll zwanghaft dafür zahlen. Ähnlich den Kammerbeiträgen
Dagegen gibt es ja ebenfalls zahlreiche Klagen.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 21. November 2014, 16:19
Jede LRA ist ein Unternehmen, siehe Impressum auf den jeweiligen Seiten (Umsatzsteuer-Identifikationsnummer)

Wozu braucht LRA eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, wenn die Einnahmen nicht der Umsatzsteuer unterliegen?

Zitat
1. Die Tätigkeit der Rundfunkanstalten vollzieht sich im öffentlich-rechtlichen Bereich. Die Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung, nehmen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und erfüllen eine integrierende Funktion für das Staatsganze. Ihre Tätigkeit ist nicht gewerblicher oder beruflicher Art.   
2. Der Bund kann nicht kraft seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für die Verkehr- und Verbrauchsteuer durch eine Fiktion die in der Veranstaltung von Rundfunksendungen bestehende Tätigkeit der Rundfunkanstalten für den Bereich des Umsatzsteuerrechts in eine Tätigkeit gewerblicher oder beruflicher Art umdeuten.
Quelle: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv031314.html

Fakt ist,
es geht um die Abwehr staatlichen Zwanges (klassische Grundrechtsfunktion) und durch Art. 9 I GG wird auch die Freiheit geschützt, aus einer Vereinigung wieder auszutreten bzw. dieser erst gar nicht beizutreten (sog. negative Vereinigungsfreiheit).
Auf den Rundfunkbeitragsfall bezogen denke ich, dass der Schutzbereich von Art. 9 I GG im Falle der Zwangsmitgliedschaft in dem Unternehmen mit USt-IdNr.[....] eröffnet ist, da es sich bei der LRA nach §[....] nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt.

USt-IdNr.[....] und §[....] müssen noch ergänzt werden
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 24. November 2014, 13:18
Hier ist etwas von Person A

Zitat
Es liegt ein Verstoß gegen die durch Art. 9 I GG gewährleistete negative Vereinigungsfreiheit vor.

Durch Art. 9 I GG wird auch die Freiheit geschützt, aus einer Vereinigung wieder auszutreten bzw. dieser erst gar nicht beizutreten (sog. negative Vereinigungsfreiheit). Durch den Wechsel des Anknüpfungspunktes für die Beitragspflicht (Wohnung bzw. Betriebsstätte statt Rundfunkempfangsgerät) wurde „die Mitgliedschaft durch Gesetz“ geschaffen. Zur Mitgliedschaft durch Gesetz heißt es: „Bei der stärksten Form der Zwangsmitgliedschaft ist zur Erlangung derselben nicht ein besonderes Tätigwerden des davon Betroffenen erforderlich, sondern dieser wird kraft Gesetzes einem bestimmten Verband zugeordnet...“ Da § 2 RBStV alle Wohnungsinhaber kraft Gesetzes zur Mitgliedschaft verpflichtet und den Beitragsschuldnern keine Möglichkeit geboten wird, sich dieser Zwangsmitgliedschaft zu entziehen, liegt insofern ein Verstoß gegen die durch Art. 9 I GG gewährleistete negative Vereinigungsfreiheit vor. Die Bereitstellung von öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen erfolgt über einen Zwangsbeitrag auf Zwangsvereinsebene. Bundesverfassungsgericht sieht in den Grundrechten in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Die Grundrechte beschränken sich auf das Staat-Bürger-Verhältnis und hier auf die Abwehr staatlichen Zwangs.
Da es sich bei der Landesrundfunkanstalten nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, ist der Schutzbereich von Art. 9 I GG im Falle der Zwangsmitgliedschaft eröffnet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der herrschenden Meinung unterfällt die Nichtmitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Vereinigung nicht dem Schutz des Art. 9 I GG. Begründet wird dies zum einen damit, dass Art. 9 I GG zwar vom Wortlaut her keine Einschränkung auf private Vereinigungen enthalte. Art. 9 II GG ziele aber erkennbar nur auf private Vereinigungen ab, da es schwer vorstellbar sei, dass sich öffentlich-rechtliche, also durch einen Hoheitsakt gegründete, Vereinigungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Es wird geltend gemacht, dass Art. 9 I GG kein Recht auf Gründung öffentlich rechtlicher Vereinigungen begründe und im Umkehrschluss die negative Vereinigungsfreiheit nicht weiter gehen könne, als die positive. Dieses Argument geht jedoch fehl. Für die Bereitstellung von öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen über einen Zwangsbeitrag auf Zwangsvereinsebene müsste keine Zwangsmitgliedschaft gegründet werden, weil die Zwangsmitgliedschaft durch den Wechsel des Anknüpfungspunktes für die Beitragspflicht (Wohnung bzw. Betriebsstätte statt Rundfunkempfangsgerät) geschaffen wurde.
Da der Rundfunkzwangsbeitrag auf Zwangsvereinsebene gegen verfassungsmäßige Ordnung verstößt, wird insofern die Beschränkung auf private Vereinigungen aufgehoben.
Wegen fehlender Ausnahmeregelung für Nichtnutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (es existieren keine Anforderungen an Nachweis der Nichtnutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung) und auch weil der Rundfunkbeitrag die Allgemeinheit der Steuerzahler belastet , lässt sich insofern auch kein „Freiheitsvorteil“  durch den Rundfunkbeitrag als Vorzugslast gegenüber der Steuererhebung attestieren.
Daraus ergibt sich unweigerlich die Praxis der Einschränkung von Grundrechten ohne grundgesetzliche Legitimation unter Umgehung der dafür erforderlichen Gültigkeitsvoraussetzungen, deren Nichterfüllung gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG – Zitiergebot – die Nichtigkeit des betreffenden Gesetzes zur Folge hat.

Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität des Inhalts kann ich keine Gewähr übernehmen.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 26. November 2014, 13:26
Noch etwas gefunden(als Inspiration)

Zitat
Mitgliedschaftlich organisierte Wählervereinigungen
Mitgliedschaftlich organisierte Wählervereinigungen sind Gruppierungen, die sich aufgrund einer Satzung als rechtsfähiger Verein oder auch als nicht rechtsfähiger Verein organisiert haben. Es müssen Organe vorhanden sein (in der Regel Mitgliederversammlung und Vorstand), die den Verein vertreten. Der Verein muss nicht in das Vereinsregister eingetragen sein. Mitgliedschaftlich organisiert heißt aber, dass die Wählervereinigung über feste Mitglieder verfügt. Dies ist z.B. entscheidend für die Wahlberechtigung bei Nominierungsversammlungen.
quelle:http://www.kommunalwahl-bw.de/kommunalwahl.html (http://www.kommunalwahl-bw.de/kommunalwahl.html)

Zitat
Fördermitglieder
Fördermitglieder sind natürliche oder juristische Personen, die unter bestimmten Voraussetzungen einer Körperschaft wie einem Verein angehören. Es gibt keine festgelegten Definitionen für Recht und/oder Pflichten von Fördermitgliedern, sodass diese von jeder Körperschaft selbst festzusetzen sind (bspw. in der Vereinssatzung). Typischerweise zahlen Fördermitglieder verpflichtend Mitgliedsbeiträge, erhalten im Gegensatz zu ordentlichen Mitgliedern aber kein Stimm- und/oder kein Wahlrecht.
quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Mitglied (http://de.wikipedia.org/wiki/Mitglied)

Zitat
Vereinigung iSd des Art. 9 I GG ist ein Zusammenschluss mehrerer natürlicher oder
juristischer Personen
bzw. Personenvereinigungen für längere Zeit zu einem gemeinsamen
Zweck auf freiwilliger Basis bei Unterwerfung unter eine organisatorische Willensbildung.

Diese Definition gilt jedenfalls hinsichtlich der positiven Seite der Vereinigungsfreiheit.
Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie die Industrie- und Handelskammern (vgl. § 3
IHK-Gesetz), die durch staatlichen Hoheitsakt gegründet werden und eine Mitgliedschaft
kraft Gesetzes, also eine Zwangsmitgliedschaft vorsehen, erfüllen das Merkmal der
Freiwilligkeit nicht.
quelle: http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/fall7_l.pdf (http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/fall7_l.pdf)

Zitat
AöR sind öffentlich-rechtliche Verwaltungseinrichtungen, die einem bestimmten Nutzungszweck dienen und im Unterschied zu Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht mitgliedschaftlich organisiert sind. AöRs haben stattdessen Benutzer. Das Verhältnis zwischen Anstalt und ihren Benutzern wird durch eine Anstaltsordnung bestimmt.
quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Anstalt_des_%C3%B6ffentlichen_Rechts (http://de.wikipedia.org/wiki/Anstalt_des_%C3%B6ffentlichen_Rechts)

Die Anstalt hat Benutzer, keine Mitglieder.
Mitgliedschaftlich organisiert heißt aber, dass die Wählervereinigung über feste Mitglieder verfügt

Nun stellt sich die Frage, ob die Wohnungsinhaber auch als feste Mitglieder gelten.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: Zeitungsbezahler am 26. November 2014, 19:29
Die Anstalt hat Benutzer, interessant.
Beispiel: Die Berliner Bäderbetriebe, Anstalt öffentlichen Rechts.
Aufgabe: Zurverfügungstellen von Schwimmöglichkeiten.
Hat Angestellte, Immobilien.
Hat Benutzer - die, die ins Schwimmbad gehen (und dafür bezahlen)
Bekommt Subventionen (aus Steuermitteln) für z.B. Vereinssport (kostenlose Nutzung durch Vereine).

Wer bezahlt die Dienstleistung?
Alle Nutzer (normalerweise, Drehkreuzschummler mal ausgenommen...)
zusätzlich alle Steuerzahler, parlamentsvorbehaltlich.

Wenn Anstalten öffentlichen Rechts neben Angestellten und Kapitalbeteiligungen an anderen Unternehmen nur "Nutzer" haben können, also Leute und Institutionen, die deren Dienstleistungen in Anspruch nehmen,
dann ist es nicht nur möglich, daß ich nicht ins öffentliche Schwimmbad gehe (sondern in ein privates Spaßbad, welches ich separat bezahle), sondern auch das Geld für den Nichtschwimmbadbesuch in meinem Portemonnaie behalte.
Steuern zahle ich ja sowieso pauschal, ohne Einfluß auf die einzelne Verwendung dafür zu haben (Wahlen mal ausgenommen).

Ist das ein Angriffspunkt?
Muß es nicht die Möglichkeit geben, deshalb für die Nichtnutzung auch nicht zu bezahlen?
Nur weil ich schwimmen kann und eine Badehose besitze, die ich unter anderem im Schwimmbad tragen könnte (aber auch auf der Beachparty, am Strand, beim Sex...), kann man mir wohl kaum für einen nicht stattfindenden Schwimmbadbesuch zusätzlich zu meinen Steuern noch Geld aus der Tasche ziehen?

Kann man das mal bitte klagereif umformulieren?
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 26. November 2014, 22:17
Ist [.....] eine Vereinigung?
Ja. Ein Zusammenschluss mehrerer natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen(?) Zweck(Sicherstellung der Finanzausstattung)

War der Zusammenschluss auf freiwilliger Basis erfolgt?
Nein.§ 2 RBStV verpflichtet alle Wohnungsinhaber kraft Gesetzes zur Mitgliedschaft

ist die [.......] Vereinigung mitgliedschaftlich organisiert?
Ja, hat ständige(feste) Fördermitglieder(Wohnungsinhaber)
(ständig = dauernd, sich nicht ändernd, fest)

Wenn der Einzelne nicht das Recht aus Art. 9 I ableiten könne, eine öffentlich-rechtliche Vereinigung zu gründen, dann könne er aus Art. 9 I GG auch nicht das Recht ableiten, dieser fernzubleiben.
Wurde für die Bereitstellung von öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen eine öffentlich-rechtliche Vereinigung gegründet?
Nein. Für die Bereitstellung von öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen müsste keine öffentlich-rechtliche Vereinigung gegründet werden, weil die Zwangsmitgliedschaft durch den Wechsel des Anknüpfungspunktes für die Beitragspflicht (Wohnung bzw. Betriebsstätte statt Rundfunkempfangsgerät) geschaffen wurde.

Ist der Schutzbereich von Art. 9 I GG im Falle der Zwangsmitgliedschaft in [......] eröffnet?
Ja. Da es sich bei der Landesrundfunkanstalten nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, ist der Schutzbereich von Art. 9 I GG im Falle der Zwangsmitgliedschaft eröffnet.

Enthalte Art. 9 I GG vom Wortlaut her eine Einschränkung auf private Vereinigungen?
Nein. Art. 9 II GG ziele aber erkennbar nur auf private Vereinigungen ab, da es schwer vorstellbar sei, dass sich öffentlichrechtliche, also durch einen Hoheitsakt gegründete, Vereinigungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Aus dem systematischen Zusammenhang von Art. 9 I GG und Art. 9 II GG ergebe sich damit eine Beschränkung auf private Vereinigungen.

Ist der Zweck der Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet?
Ja.

[.....] ausgelassen, weil keine Ahnung wie man es nennen sollte
Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität des Inhalts kann ich keine Gewähr übernehmen.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 27. November 2014, 10:54
Welche Tätigkeiten sind vom Tatbestand "Gedanke der Völkerverständigung" erfasst? Weiß es jemand?
Wann liegt ein Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung vor?
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 27. November 2014, 12:26
Zitat
Der Gedanke der Völkerverständigung reicht aber weiter als das Verbot friedensstörender Handlungen. Daher lösen nicht nur Vereinigungen mit Angriffsbestrebungen - mit Vorbereitung von Völkermord u.ä. - den Tatbestand des Art. 9 Abs. 2 GG aus. Hierher gehören vielmehr auch alle Vereinigungen, die sich nach ihrem Zweck oder ihrer Tätigkeit gegen die elementaren Regeln der internationalen Ordnung wenden. Der Gedanke der Völkerverständigung kommt nicht zuletzt in den sogenannten Grundrechten der Staaten zum Ausdruck - insbesondere dem Recht auf Gleichheit, dem Recht auf Ehre und dem Recht auf Selbsterhaltung , dem Recht auf Ehre und dem Recht auf Teilnahme am völkerrechtlichen Verkehr.
Quelle: Link (http://books.google.de/books?id=Apau4RgJLx8C&pg=PA80&lpg=PA80&dq=der+Gedanke+der+V%C3%B6lkerverst%C3%A4ndigung&source=bl&ots=o2YHgG7wX1&sig=Tk6znOH8DwCduiuPZC663VcBff0&hl=de&sa=X&ei=lgR3VKeIMM_eaJDfgtgM&ved=0CDEQ6AEwAw#v=onepage&q=der%20Gedanke%20der%20V%C3%B6lkerverst%C3%A4ndigung&f=false)

Ich denke das ist eher unwichtig.
Wichtig ist, dass ÖRR/LRA(als Anstalt des öffentlichen Rechts (AdöR, AöR)) usw darf nicht illegal als Verband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts agieren.
Haben eine Satzung und sind mitgliedschaftlich organisiert. Ein Austritt aus GEZ Abzocke nicht möglich. Die Mitgliedschaft ergibt sich direkt aus dem Gesetz und endet erst, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.(Wohnungslosigkeit z.B.)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 27. November 2014, 18:33
Ich habe mal nach "Rechtsformwechsel", "Formwechsel", "Rechtsform" usw gesucht

Rechtsform
http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsform (http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsform)
Umwandlungsrecht
http://de.wikipedia.org/wiki/Umwandlungsrecht (http://de.wikipedia.org/wiki/Umwandlungsrecht)
Umwandlungsgesetz
http://de.wikipedia.org/wiki/Umwandlungsgesetz (http://de.wikipedia.org/wiki/Umwandlungsgesetz)
Das Umwandlungsgesetz (UmwG) regelt die Umwandlung von Rechtsträgern, die ihren Sitz in Deutschland haben. Insbesondere die Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel und Vermögensübertragungen von gesellschafts-, vereins- oder genossenschaftsrechtlich organisierten Rechtsträgern ist Gegenstand des Umwandlungsgesetzes.
Formwechsel Allgemeine Vorschriften
http://www.sadaba.de/GSBT_UmwG_190_213.html (http://www.sadaba.de/GSBT_UmwG_190_213.html)

§_193   UmwG
Umwandlungsbeschluß
(1) Für den Formwechsel ist ein Beschluß der Anteilsinhaber des formwechselnden Rechtsträgers (Umwandlungsbeschluß) erforderlich.


§_301   UmwG
Möglichkeit des Formwechsels
(1) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, kann eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts durch Formwechsel nur die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft erlangen.
(2) Der Formwechsel ist nur möglich, wenn die Körperschaft oder Anstalt rechtsfähig ist und das für sie maßgebende Bundes- oder Landesrecht einen Formwechsel vorsieht oder zuläßt.



Zitat
Bei einer Zwangsgenossenschafts-oder Zwangsvereinslösung, die in Betracht gezogen wird, stehen zur Finanzierung neben Grenzkostengebühren und freiwilligen Beiträgen auch
Zwangsbeiträge zur Verfügung. Zahlungsunwillige Nutzer können so auf Basis des Öffentlichen Rechts an der Finanzierung der Bereitstellung öffentlich-rechtlicher
Rundfunkdarbietungen beteiligt werden. Die Bereitstellung würde über eine öffentliche Körperschaft unterhalb des Niveaus einer Gebietskörperschaft erfolgen.
Quelle: https://econstor.eu/dspace/bitstream/10419/42637/1/520631994.pdf (https://econstor.eu/dspace/bitstream/10419/42637/1/520631994.pdf)

Die Bereitstellung würde über eine öffentliche Körperschaft unterhalb des Niveaus einer Gebietskörperschaft erfolgen.
Kann es vielleicht sein, dass der Rundfunkzwangsbeitrag ohne Umwandlungsbeschluß geschaffen wurde?

Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität des Inhalts kann ich keine Gewähr übernehmen.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 29. November 2014, 23:34
Nützlich oder nicht?
Gilt es auch für die Anstalt des öffentlichen Rechts?

Zitat
Ein Gestaltungsmissbrauch in Form eines Missbrauchs der Rechtsform liegt auch in Fällen vor, in denen die formal gewählte Rechtsform nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht (vgl. BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4).
quelle: http://www.kunzrechtsanwaelte.de/urteile_zum_arztrecht_und_zum_krankenhausrecht_271.html (http://www.kunzrechtsanwaelte.de/urteile_zum_arztrecht_und_zum_krankenhausrecht_271.html)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: La Volpe da Firenze am 30. November 2014, 14:47
Beispielhaft aus der Satzung: Der Südwestrundfunk ist eine gemeinnützige rechtsfähige Anstalt [...]

Gemeinnutz (http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinn%C3%BCtzig): Nach § 52 Abs. 1 Abgabenordnung verfolgt „eine Körperschaft […] gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.“

Selbstlos (http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstlosigkeit):  Eine selbstlose Tätigkeit im Sinne des § 55 AO ist die Förderung oder Unterstützung, „wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke - zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgt werden

Des Weiteren darf die Körperschaft keine Personen durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Unter anderem ist es also nicht zulässig, Mitgliedern der Körperschaft finanzielle Zuwendungen zu machen, die über allgemein übliche und als angemessen angesehene Annehmlichkeiten hinausgehen. Auch unüblich hohe Vergütungen für Vorstand oder Geschäftsführer sind eine schädliche Mittelverwendung. Daneben liegt regelmäßig eine nicht selbstlose Verwendung von Mitteln vor, wenn die Kosten für Verwaltung, einschließlich des Fundraising, einen angemessenen Rahmen übersteigen.

Dürfte allerdings nur steuerliche Aspekte betreffen.
"Der Egoismus spricht alle Sprachen und spielt alle Rollen, sogar die der Selbstlosigkeit." - François de La Rochefoucauld
"Hüte dich vor Selbstlosigkeit! Sie basiert auf Selbsttäuschung, der Quelle allen Übels." - Robert A. Heinlein

"Selbstlosigkeit bedeutet, die anderen Menschen ihr Leben leben zu lassen und sie nicht zu stören." - Oscar Wilde
Zu schade, dass es so nicht im Grundgesetz steht.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 30. November 2014, 16:52
Ich denke mal, es liegt ein Gestaltungsmissbrauch in Form eines Missbrauchs der Rechtsform vor.
Die Anstalten des öffentlichen Rechts agieren als Verband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Eine Anstalt ist eine Verwaltungseinrichtung des öffentlichen Rechts. Sie erfüllt bestimmte öffentliche Aufgaben. Im Gegensatz zur Körperschaft ist die Anstalt nicht mitgliedschaftlich organisiert. Im Klartext: Anstalten nehmen keine Mitglieder auf, sondern bieten lediglich „Benutzungsmöglichkeiten“.
Die Anstalt des öffentlichen Rechts hat in erster Linie (typisch für eine Anstalt) "Nutzer" (Leistungsberechtigte).

Ist man Eigentümerin bzw. Eigentümer eines Grundstückes im Bereich der Gemeinde [....] geworden, so wird man über das Grundstück Mitglied eines Deichverbandes.
Die Mitgliedschaft endet mit dem Verkauf des Grundstückes.
<--- so ähnlich läuft es jetzt bei GEZ. Deichverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts

Zitat
Art. 19 III GG und "Doppelgrundrechte" am Beispiel von Universitäten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
.....
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist geprägt von der Einflussnahme gesellschaftlicher Gruppen, nicht von Verwirklichung individueller Freiheit. Plakativ ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht als Körperschaft, sondern als Anstalt verfasst ist und damit keine Mitglieder, sonder Nutzer hat.
Der Verweis auf den Rundfunk als "Sache der Allgemeinheit" kann nicht genügen, weil Art. 19 III GG auf das personale Substrat abstellt und nicht auf die öffentliche Aufgabe oder die Staatsferne.
....
Rundfunk ist ein Massenkommunikationsmittel, das von herausragender Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung und damit letztlich auch für die Demokratie ist, von dem aber gerade wegen seines großen Empfangsbereichs und seiner Eigenschaft als Massenmedium eine besondere Gefahr ausgeht.
......
Die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit und das wesensmässige Anknüpfen der Rundfunkfreiheit in erster Linie an die Rundfunkveranstalter, bei gleichzeitiger Staatsferne, verdeutlicht diese Konzeption des Doppelgrundrechts Art. 5 I S.2 GG als Erstreckung der Grundrechtsfähigkeit auf sämtliche zugelassene Rundfunkveranstalter - juristische eingeschlossen - unmittelbar durch das Grundrecht selbst und damit außerhalb der Konzeption des Art. 19 III GG.
Quelle: Link (http://books.google.de/books?id=3f5ncusQEWIC&pg=PA219&lpg=PA219&dq=keine+Mitglieder,+sondern+Nutzer+anstalt&source=bl&ots=ykf9PkbXr1&sig=xtJM80h4wpx8bL_R1i0j7q6faY0&hl=de&sa=X&ei=sC57VKjqOKfU7AbmsoGYDA&ved=0CDkQ6AEwBTgK#v=onepage&q=keine%20Mitglieder%2C%20sondern%20Nutzer%20anstalt&f=false)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: 907 am 01. Mai 2016, 19:17
Dem Einzelnen ist in Art. 9 Abs. 1 GG die – nur nach Abs. 2 einschränkbare – Freiheit garantiert, sich aus privater Initiative mit anderen zu Vereinigungen irgendwelcher Art zusammenzufinden, sie zu gründen, aber auch ihnen fernzubleiben und aus ihnen wieder auszutreten. Etwas anderes ist es, wenn der Staat sich aus Gründen des Gemeinwohls entschließt, durch Gesetz eine Körperschaft des öffentlichen Rechts als Personenverband zu errichten, der zur sachgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben ein bestimmter Kreis von Bürgern angehören muß. Sicherlich darf der Staat dies nicht unbegrenzt tun. Sein Gesetz muß zur „verfassungsmäßigen Ordnung“ gehören, d. h. es muß in formeller wie in materieller Hinsicht voll mit dem Grundgesetz vereinbar sein (BVerfGE 6, 32 [36 ff., bes. 41]). Dazu gehört auch, daß es dem Erfordernis der Rechtsstaatlichkeit genügt, das den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs in sich schließt. In dem hier vorliegenden Zusammenhang bedeutet dies, daß der Gesetzgeber im Hinblick auf die grundsätzliche Freiheitsvermutung des Art. 2 Abs. 1 GG und auf den aus Art. 9 Abs. 1 GG zu folgernden Vorrang der freien Verbandsbildung die Notwendigkeit der Errichtung solcher öffentlich-rechtlicher Körperschaften sorgfältig prüfen muß. Dem Einzelnen erwächst aus Art. 2 Abs. 1 GG das Recht, nicht durch Zwangsmitgliedschaft von „unnötigen“ Körperschaften in Anspruch genommen zu werden (BVerfGE 10, 89 [99]).

2. Erste Voraussetzung für die Errichtung eines öffentlichrechtlichen Verbands mit Zwangsmitgliedschaft ist, daß der Verband „legitime öffentliche Aufgaben“ erfüllt (BVerfGE 10, 89 [102]; 15, 235 [241]). Damit sind die Aufgaben gemeint, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber so geartet sind, daß sie weder im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muß. Wenn der Staat solche Aufgaben einer eigens für diesen Zweck gebildeten Körperschaft des öffentlichen Rechts überträgt, handelt er grundsätzlich im Rahmen des ihm hier zustehenden weiten Ermessens.

Weiterlesen auf:
https://freewomanontheland.wordpress.com/2012/05/24/standige-rechtssprechung-des-bundesverfassungsgerichts-zur-frage-von-zwangsmitgliedschaft/ (https://freewomanontheland.wordpress.com/2012/05/24/standige-rechtssprechung-des-bundesverfassungsgerichts-zur-frage-von-zwangsmitgliedschaft/)
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: Mork vom Ork am 09. März 2018, 09:45
Hier noch ein Fund von meiner Wenigkeit:

Zitat
BVerfGE 38, 281 vom 18.12.1974 - Arbeitnehmerkammern
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv038281.html (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv038281.html)

RN 105
Die grundsätzlich bestehende Freiheit des Staates, nach seinem Ermessen öffentliche Aufgaben durch öffentlich- rechtliche Körperschaften mit Zwangsmitgliedschaft wahrnehmen zu lassen, erfährt von diesen Verfassungsgrundsätzen her eine gewisse Einschränkung. Bei echter Konkurrenz der solchen Körperschaften zugedachten Aufgaben mit solchen, die von frei gegründeten Vereinigungen ebensogut erfüllt werden können, kann der in der Pflichtmitgliedschaft liegende Eingriff in die Freiheit des Einzelnen sich als übermäßig, weil nicht unbedingt erforderlich, und deshalb als verfassungswidrig erweisen. Dieses Bedenken ist noch nicht dadurch ausgeräumt, daß durch die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft die Gründung eines privatrechtlichen Verbands mit paralleler Zielsetzung rechtlich nicht behindert wird. Es müßte bereits als verfassungswidrig angesehen werden, wenn eine durch staatlichen Hoheitsakt gegründete Körperschaft dem freien Verband eine Tätigkeit, die er imBVerfGE 38, 281 (303)BVerfGE 38, 281 (304) Rahmen seiner Zielsetzung legitimerweise ausübt, faktisch unmöglich machte. Dies gilt besonders im Verhältnis zu den Koalitionen; denn von der Verfassung her haben sie eine institutionelle und funktionelle Garantie erhalten (BVerfGE 28, 295 [304]), und in zahlreichen Gesetzen sind ihnen Mitwirkungsrechte im öffentlichen Leben gesichert.

Das sind doch starke Argumente, eine Zwangsmitgliedschaft (bzw. Zwangs-Rundfunkbeitragspflicht eines jeden Wohnenden) bei Landesrundfunkanstalten verfassungsrechtlich auszuschließen, weil es private Rundfunkanbieter gibt, die die gleichen Aufgaben erfüllen wie die ÖR-LRA.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: brverweigerer am 09. März 2018, 09:59
Zitat
...eine Zwangsmitgliedschaft (bzw. Zwangs-Rundfunkbeitragspflicht eines jeden Wohnenden)...

Jein. Es handelt sich bei den Rundfunkanstalten um Anstalten ö. R., und nicht um Körperschaften ö. R.. Der wesentliche Unterschied ist, dass Körperschaften Mitglieder (freiwillig oder per gesetzlichem Zwang) haben, die innerhalb der Körperschaft auch Mitglieds- und Mitbestimmungsrechte haben, und die Körperschaft auf diese Weise demokratisch legitimieren. Dies ist bei Anstalten gerade nicht der Fall; die Bürger sind keine Mitglieder und es gibt entsprechend keine Mitgliedsrechte. Auch eine Zahlungspflicht (wie auch immer im einzelnen begründet und geregelt) begründet keine Mitgliedschaft.
Anstalten ö. R. sind nicht über ihre Mitglieder demokratisch legitimiert, und können daher per definitionem nur gegenüber ihren (freiwilligen) Nutzern hoheitlich tätig werden.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: Mork vom Ork am 09. März 2018, 11:36
@brverweigerer:

Mir ist bewusst, dass die LRAs Anstalten ö. R. und keine Körperschaften ö. R. sind.

Es ging mir nur darum, dass Zwangsmitgliedschaften verfassungswidrig sind, wenn KöR in "echter Konkurrenz" zu privaten Vereinigungen stehen, die die gleichen Aufgaben erfüllen.

Analog dazu wäre der Zwang zu Rundfunkbeiträgen ebenso verfassungswidrig, weil die LRA in Konkurrenz zu den privaten RF-Anbietern stehen. Das Marktversagen aus den ersten Jahrzehnten des örR ist seit dem Markteintritt von privaten RF-Anbietern nicht mehr gegeben. Deshalb war die RF-Gebühr und ist der RF-Beitrag eine unzulässige staatliche Beihilfe, die nur einzelne Marktteilnehmer bevorzugt.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: boykott2015 am 09. März 2018, 11:43
@Mork vom Ork
Zitat
Deshalb war die RF-Gebühr und ist der RF-Beitrag eine unzulässige staatliche Beihilfe, die nur einzelne Marktteilnehmer bevorzugt.

Die Gegenseite argumentiert: der Rundfunkbeitrag dient eben dem gesamten Rundfunk, da Rundfunkbeiträge auch Landesmedienanstalten finanzieren, die wiederum den privaten Rundfunk beaufsichtigen. Somit hat auch der private Rundfunk vom Rundfunkbeitrag einen finanziellen Vorteil, da er von Finanzierung seiner "Beaufsichtigungsbehörde" Landesmedienanstalt ausgenommen wurde.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: Mork vom Ork am 09. März 2018, 11:52
Die Gegenseite argumentiert: der Rundfunkbeitrag dient eben dem gesamten Rundfunk, da Rundfunkbeiträge auch Landesmedienanstalten finanzieren, die wiederum den privaten Rundfunk beaufsichtigen. Somit hat auch der private Rundfunk vom Rundfunkbeitrag einen finanziellen Vorteil, da er von Finanzierung seiner "Beaufsichtigungsbehörde" Landesmedienanstalt ausgenommen wurde.

Das Gegenargument dazu ist, dass die LMA Behörden sind, die unzulässigerweise über den RF-Beitrag finanziert werden. Eigentlich müssten die LMA aus dem Steuerhaushalt finanziert werden. Die Legitimation der LRA über die Rundfunkfreiheit nach GG Art. 5 greift nicht für die LMA Behörden.
Titel: Re: Argumente zum Weiterdenken 11: Urteile zu Zwangsmitgliedschaften
Beitrag von: pinguin am 09. März 2018, 14:21
Es führt aber dennoch kein Weg daran vorbei; daß
- eine staatliche Stelle als Marktteilnehmer im Bereich der Marktteilnahme keine hoheitlichen Befugnisse hat; (EuGH, BVerfG, BFH, BGH);
- eine staatliche Stelle mit dem Recht der Selbstverwaltung rechtstreu sein muß; (BVerfG);
- eine staatliche Beihilfe nicht für den lfd. Geschäftsbetrieb verwendet werden darf;
- ein staatlicher Ausgleich der aufgewendeten Mittel auf Grund eines staatlichen Auftrages nur in Höhe der Nettokosten erfolgen darf, die ein Wettbewerber zur Realisierung dieses Auftrages aufgewendet hätte;