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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Probleme mit dem Beitragsservice => Thema gestartet von: EVH am 18. August 2016, 19:01

Titel: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: EVH am 18. August 2016, 19:01
Edit "Bürger": Hinweis/ Querverweis aus aktuellem Anlass ;)

In Ausblick auf die unmittelbar bevorstehende Behandlung
BVerfG: Mündliche Verhandlung in Sachen „Rundfunkbeitrag“ 16./17. Mai 2018
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27021.0.html
und damit auch absehbare Entscheidung des BVerfG dürften nunmehr auch Anträge auf Ruhendstellungen bzw. auf Ausetzung der Verfahren gem. § 94 VwGO gut begründbar sein und könnten (sollten?) - unter Beifügung der verlinkten Pressemitteilung des BVerfG - ggf. entsprechend ergänzt/ nachgereicht/ erneuert oder vorab bzw. gleich mit Einreichung des KlageANTRAGs gestellt werden - siehe dazu tangierende Diskussionen u.a. auch unter
Aussetzung nach § 94 VwGO beim VG Darmstadt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25508.0.html
Welche Gerichte setzen das Verfahren aus nach §94 VwGO?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23918.0.html

Alle Angaben ohne Gewähr. Keine Rechtsberatung.


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Hallo,

Person EVH hat eine Frage zum Thema Ruhendstellung eines Verfahrens.

Gibt es eine Möglichkeit, dass ein VG ein Verfahren von sich aus ruhend stellt oder aussetzt, ohne dass die Gegenseite (in diesem Fall die Rundfunkanstalt) damit einverstanden sein muss?


Hintergrund:
Person EVH wurde für nächste Woche zum VG vorgeladen – erste Instanz. Unter dem Hintergrund der Verfassungsklage von maxkraft24 hat Person EVH erneuten Antrag auf Ruhendstellung und Verschiebung des Termins gestellt, da es überhaupt nicht sinnvoll erscheint zum jetzigen Zeitpunkt einen Gerichtstermin abzuhalten – das Thema wird sicher nicht beim VG in erste Instanz entschieden.

Die Frage ist also, inwiefern beispielsweise § 94 VwGO [Aussetzung der Verhandlung] hier greifen kann und welche Urteile hier vergleichsweise genannt werden könnten.

Welche Optionen kämen noch in Frage, um Zeit zu gewinnen?
Primär um das Ergebnis der Verfassungsbeschwerde abwarten zu können.

Kann man die Klage einfach zurückziehen, einen neuen Beitragsbescheid abwarten, gegen diesen Widerspruch und Klage erheben oder ist dieser Weg nicht möglich / zulässig?

Danke & Grüße
EVH
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Emge Phil am 18. August 2016, 22:37
Widerspruchsbescheid vom NDR im gelben Brief vom Oktober 2015
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16463.msg128937.html#msg128937
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: EVH am 19. August 2016, 05:33
Hallo Person Emge Phil, Hallo @all,

erst mal vielen Dank. Person EVH hat sich die Links, Beiträge und Themenverlauf anderer Personen durchgelesen.

Was bedeutet "gleiche Rechtsfrage" im Detail? Muss es sich hierbei um exakt die gleiche Formulierung handeln oder reicht eine gleiche Frage dem Sinn nach?

Die Verfassungsbeschwerde von Person maxkraft24 mit den Punkten
- Verstoß gegen Art 3(1) GG Belastungsgleichheit wegen unzulässiger Typisierung
- keine Beitragspflicht der Allgemeinheit
- keine Gegenleistung / kein Leistungstausch

...hier im Forum nachzulesen unter
>> Spendenaufruf - Verfassungsbeschwerde gegen den Rundfunkbeitrag <<
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19642.msg127424.html#msg127424
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19642.msg127778.html#msg127778
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19642.msg127779.html#msg127779

ist deutlich detaillierter und präziser formuliert als die Klagebeegründung von Person EVH aus Anfang 2015.

Müsste Person EVH nun die exakten Formulierungen 1:1 von Person maxkraft24 in seiner Klagebegründung ergänzen / nachreichen und könnte daraufhin eine Aussetzung beantragen?

(Da die Begründungen von maxkraft24 öffentlich gemacht wurden, hofft Person EVH diese 1:1 übernehmen zu dürfen, würde vorab nochmal Rücksprache mit Person maxkraft24 halten.)

Und sind die von Person Emge Phil genannten Paragraphen / ist Rechtssprechung des Finanzrechtes wirklich auf Verwaltungsrecht anwendbar? Die im unter
Widerspruchsbescheid vom NDR im gelben Brief vom Oktober 2015
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16463.msg128937.html#msg128937
genannten Urteile beziehen sich alle auf Finanzrecht, nicht auf Verwaltungsrecht.

Auch stellt sich für Person EVH immer noch die Frage, ob sie die Klage einfach zurückziehen soll? Dies sollte ja grundsätzlich jederzeit möglich sein?

Und ob es möglich ist im Anschluss wieder einen Widerspruch / eine Klage zu erheben (Zeitgewinnung).

Denn nach Einschätzung von Person EVH ist es relativ klar, dass nach jetzt aktueller Rechtssprechung und unter Berücksichtigung der Urteile vom Bundesveraltungsgericht vom März (6 C 6 15) etc. am VG unterliegen wird. Zwar öffnet das den weiteren Klageweg, aber Person EVH sieht sich dazu nicht in der Lage.

Danke & Grüße
EVH
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Emge Phil am 19. August 2016, 07:29
Das Verfahren, auf das Bezug genommen wird, müsste ein "(vorgreifliches) Rechtsverhältnis" zum Gegenstand haben, d. h. die dortige Entscheidung eine unmittelbare Auswirkung auf das auszusetzende Verfahren haben.

Vgl.
OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12.12.2008 - 1 O 153/08, m. w. N.
http://www.judicialis.de/Oberverwaltungsgericht-Sachsen-Anhalt_1-O-153-08_Beschluss_12.12.2008.html
Zitat
Indes findet § 94 VwGO vorliegend - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - keine unmittelbare Anwendung, da diese Norm ein (vorgreifliches) Rechtsverhältnis voraussetzt. Die Frage der Gültigkeit einer Rechtsnorm ist jedoch nach allgemeiner Auffassung kein Rechtsverhältnis im Sinne von § 94 VwGO (vgl. etwa: BVerwG, Beschluss vom 30. November 1995 - Az.: 4 B 248.95 -, Buchholz 310 § 138 Ziffer 6 VwGO Nr. 30; Beschluss vom 6. Dezember 1999 - Az.: 3 B 55.99 -, Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 13 [jeweils m. w. N.]).

Zwar vermag die Anhängigkeit einer Verfassungsbeschwerde oder einer Richtervorlage beim Bundesverfassungsgericht oder eine Vorlage bei dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die Aussetzung eines (Parallel-)Verfahrens analog § 94 VwGO zu rechtfertigen (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1993 - Az.: 11 B 81.92 -, Buchholz 310, § 94 VwGO Nr. 7; Beschluss vom 10. November 2000 - Az.: 3 C 3.00 -, BVerwGE 112, 166; Beschluss vom 4. Mai 2005 - Az.: 4 C 6.04 -, BVerwGE 123, 322; Beschluss vom 15. März 2007 - Az.: 6 C 20.06 -, zitiert nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 1998 - Az.: 14 S 812/98 -, zitiert nach juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10. September 2001 - Az.: 2 O 89/01 -, zitiert nach juris). Die dem zugrunde liegenden Erwägungen beruhen vor allem darauf, dass die erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes oder des EuGH diese Gerichte zusätzlich belasten würde, ohne dass davon irgendein zusätzlicher Erkenntniswert zu erwarten wäre. Ferner bestände die Gefahr, dass sich durch ein weiteres Vorlageverfahren die Beantwortung der entscheidungserheblichen verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlichen Fragen hinauszögern könnte. Diese Erwägungen treffen weitgehend auch auf vergleichbare landesverfassungsgerichtliche Streitigkeiten oder auf Normenkontrollverfahren im Sinne von § 47 VwGO zu.

Um solche Fallgestaltungen geht es vorliegend jedoch gerade nicht. Vielmehr stellt sich in dem hier maßgeblichen Streitfalle lediglich dieselbe verfassungsrechtliche Frage wie in dem bei dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Revisionsverfahren zum Az. 2 C 23.07 (vorangegangen: Urteil des beschließenden Senates vom 25. April 2007 - Az.: 1 L 453/05 -, veröffentlicht bei juris).

§ 94 VwGO ist indes nicht analog anwendbar, wenn in einem anderen Verfahren - wie hier - lediglich über dieselbe Rechtsfrage oder die Auslegung derselben Rechtsnorm zu entscheiden ist (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 31. März 2005 - Az.: 4 O 97/05 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 1998 - Az.: 14 S 812/98 -, zitiert nach juris; BayVGH, Beschlüsse vom 4. Juni 1991 - Az.: 8 C 91.1185 - und vom 18. Juli 1996 - Az.: 4 C 96.1848 -, jeweils zitiert nach juris; a. A. wohl OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11. Juni 1998 - Az.: 4 O 1330/98 -, zitiert nach juris). Gründe der Verfahrensökonomie mögen zwar auch in Fällen dieser Art für eine Aussetzung des Verfahrens sprechen. Eine zu weit verstandene Aussetzung würde jedoch zum einen die Grundkonzeption der Norm aus dem Auge verlieren. Danach soll nämlich die vorgreifliche Entscheidung, die Grundlage der Aussetzung ist, unmittelbar für die Entscheidung des aussetzenden Gerichtes rechtliche Auswirkungen haben, was jedoch bei einem Verfahren der hier in Frage stehenden Art, bei dem lediglich die gleiche oder eine vergleichbare Rechtsfrage Gegenstand des anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens ist, gerade nicht zutrifft. Zum anderen setzt eine Analogie eine Regelungslücke voraus. Insoweit kann nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass durch die Aussetzungsmöglichkeit des § 93a VwGO bei sog. Massenverfahren in einer besonderen Verfahrenskonstellation, in der früher eine entsprechende Anwendung von § 94 VwGO praktiziert wurde, dem Gericht nunmehr die Möglichkeit eingeräumt wurde, dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie in der durch das Gesetz geregelten spezifischen Weise Rechnung zu tragen. Damit wäre eine unbegrenzte Analogie mit Rücksicht auf die Verfahrensökonomie kaum vereinbar (OVG LSA, Beschluss vom 31. März 2005, a. a. O.; ebenso: BayVGH, a. a. O.).

Diese Auswirkung ist m. E. im vorliegenden Falle gegeben, da eine entsprechende Verfassungswidrigkeit des RBStV unmittelbar die Beitrags"schuldnerschaft" berührt und letztlich negiert.

Der Bezug auf Entscheidungen benachbarter Rechtsbereiche ist durchaus üblich. Zur hier in Rede stehenden Sachfrage vgl.

BVerwG, Beschl. v. 10.11.2000 - 3 C 3/00
https://www.jurion.de/Urteile/BVerwG/2000-11-10/3-C-3_00
Rn. 10f.
Zitat
Im Regelfall verpflichtet § 234 Abs. 3 EG das nationale Gericht, den Europäischen Gerichtshof zur Klärung einer entscheidungserheblichen und zweifelhaften Frage des Gemeinschaftsrechts anzurufen. In diesem Falle ist der Rechtsstreit jedoch ohne Vorlage an den Gerichtshof in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO auszusetzen.

Im Einklang mit der Praxis anderer oberster Bundesgerichte (vgl. BFH, Beschluss vom 14. Oktober 1998 - VII R 56.97 - BFH/NV 1999, 840 zu § 74 FGO; BAG, Urteil vom 24. September 1996 - 3 AZR 698.95 - n.v., m.w.N. zu § 148 ZPO; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 408.97 - BGHR ZPO § 148 - EuGH-Verfahren 1) hält es der Senat unter den hier gegebenen Umständen für zulässig und sachgerecht, den Rechtsstreit auszusetzen, ohne zugleich eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs einzuholen. Die im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen sind nämlich bereits Gegenstand des beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Vertragsverletzungsverfahrens. Die erneute Anrufung in einem Vorlageverfahren würde zum Einen den Gerichtshof zusätzlich belasten, ohne dass davon irgendein zusätzlicher Erkenntniswert zu erwarten wäre; weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht verlässt das vorliegende Verfahren den Rahmen, der Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens ist. Zum Anderen bestünde die Gefahr, dass sich durch ein weiteres Vorlageverfahren die Beantwortung der entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen sogar hinauszögern könnte. Unter diesen Umständen verbietet der Grundsatz der Prozessökonomie im jetzigen Zeitpunkt die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs durch den Senat.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Maverick am 19. August 2016, 10:27
Auch stellt sich für Person EVH immer noch die Frage, ob sie die Klage einfach zurückziehen soll? Dies sollte ja grundsätzlich jederzeit möglich sein?

Und ob es möglich ist im Anschluss wieder einen Widerspruch / eine Klage zu erheben (Zeitgewinnung).

Denn nach Einschätzung von Person EVH ist es relativ klar, dass nach jetzt aktueller Rechtssprechung und unter Berücksichtigung der Urteile vom Bundesveraltungsgericht vom März (6 C 6 15) etc. am VG unterliegen wird. Zwar öffnet das den weiteren Klageweg, aber Person EVH sieht sich dazu nicht in der Lage.

Ein Zurückziehen der Klage bedeutet die Anerkennung des Widerspruchsbescheides (auf den gemeinhin die Klage ja erfolgt sein dürfte), der damit rechtskräftig wird. Ansonsten würde ja jeder Kläger gegen den Rundfunkbeitrag kurz vor Urteilsverkündung die Klage zurückziehen (weil zu 99,9% negatives Urteil zu erwarten ist) um dann am nächsten Tag erneut Klage gegen den "alten" Widerspruchsbescheid einzureichen und das Spiel dann so endlos zu betreiben.

Das neue Spiel beginnt mit erneuten Widersprüchen auf neugestelle Festsetzungsbescheiden und Klage auf den folgenden neuen Widerspruchsbescheid.

Für Person PVG bleibt nur eine Aussetzung des Verfahrens zu erwirken (eine alternative Ruhendstellung wird an nötiger Einwilligung des Beklagten scheitern), das anzunehmende negative Urteil hinzunehmen - wobei der einzige Nachteil gegenüber einer Klagerücknahme wohl darin liegen dürfte 2/3 der Gerichtskosten nicht erstattet zu bekommen. Oder eben in die Berufung zu gehen.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: EVH am 19. August 2016, 17:59
Hallo,

danke an Person Emge Phil und Person Maverick.

Person EVH habe nochmal Kontakt mit Person maxkraft24 wegen Verwendung der Begründungen der Verfassungsbeschwerde aufgenommen. Falls diese zulässig ist, würde Person EVH versuchen die Klage entsprechend zu ergänzen und das Gericht dazu zu bewegen die Klage auszusetzen, bis zumindest über die Verfassungsbeschwerde entschieden wurde. Person EVH hofft auf eine zeitnahe Rückmeldung seitens maxkraft24.

Andernfalls tendiert Person EVH eher dazu die Klage zurückzuziehen. Leider fehlt Person EVH das Spielgeld für weitere Instanzen.

Eventuell könnte Person EVH sich auch einen Vergleich vorstellen. Hierzu müssten Beklagte und Gericht schriftlich garantieren. dass Person EVH bereits bezahlte Beiträge im Falle einer zukünftigen Rechtsänderung unabhängig von aktueller oder zukünftiger gesetzlicher Regelung garantiert (und verzinst) zurückerstattet bekommt. Hat hierzu jemand einen konkreten Vorschlag wie Person EVH das konkret vorbringen könnte?

Danke & Grüße
EVH
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Frei am 19. August 2016, 18:25
Moin.

... tendiert Person EVH eher dazu die Klage zurückzuziehen. Leider fehlt Person EVH das Spielgeld für weitere Instanzen. ...
Ich könnte mir vorstellen, dass eine fiktive Person F dagegen keine Lust hätte seine 13.000 € (oder je nach Alter und Lebenserwartung auch evtl. "nur noch" 6.000 € bis 8.500 €) "Spielgeld" für rechswidrige und überhöhte lebenslänglich zu zahlende Rundfunkbeiträge zu verwenden, und gerade deshalb das "Spiel" bis zum Ende durchziehen würde.

... müssten Beklagte und Gericht schriftlich garantieren, dass Person EVH bereits bezahlte Beiträge im Falle einer zukünftigen Rechtsänderung unabhängig von aktueller oder zukünftiger gesetzlicher Regelung garantiert (und verzinst) zurückerstattet bekommt. ...
Ich könnte mir vorstellen, dass eine fiktive Person F der Meinung wäre, dass man eine solche Zusage beim bisherigen beobachteten Verhalten von den Rundfunkanstalten erstens nicht bekommen würde, und wenn doch dass die wegen irgendwelcher fadenscheinigen Begründungen diese nicht eingehalten würde. Wovon sollten die das denn dann auch überhaupt zurückzahlen, wenn kein angeblich "Beitragspflichtiger" mehr Beiträge zahlen "müsste"...!?

Frei 8)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: EVH am 19. August 2016, 18:44
Hallo Person Frei,

Person EVH kann die Argumentation von Person Frei absolut nachvollziehen. Person EVH spielt einfach alle Optionen durch.

Auch stellt sich für Person EVH die Beitragshöhe anders dar. Person muss erst seit Gültigkeit des neuen RStV Beiträge zahlen. Auch dürfte die Gesamtsumme bis zum Lebensende u.a. dank fortgeschrittenem Alter eine andere sein. Allerdings hat Person Frei in ihrer Annahme völlig Recht, dass jeder gezahlte Cent für dieses System einer zuviel ist. Nur leider hat Person EVH in der aktuellen Situation nicht allzu viele Optionen.

Grüße, EVH
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: EVH am 21. August 2016, 09:59
Hallo,

nachdem Person EVH sich eine Erlaubnis eingeholt hat die veröffentlichten Texte von Person maxkraft24 verwenden zu dürfen, steht Person EVH nun vor der Herausforderung einer wasserdichten Argumentation.

Person EVH hat sich soweit möglich in das Thema eingelesen.

Frage: Eine fiktive Aussetzung des Klageverfahrens seitens des Gerichts ist nach Verständnis von Person EVH nur möglich, wenn Person EVH dem Gericht die Möglichkeit einer weiteren Verfassungsklage "androht", die inhaltlich der von Person maxkraft24 entspricht und die gleichen Rechtsfragen beantwortet.

Soweit Person EVH es verstanden hat, hätte Person EVH jederzeit die Möglichkeit nach Artikel 93 Absatz 1 Nr. 4a GG eine Verfassungsbeschwerde einzureichen, wenn sich Person EVH in einem ihrer Grundrechte i.S. von Artikeln 1 bis 19 des Grundgesetzes sowie bestimmter grundrechtsgleicher Rechte beschnitten wird. Dies erfordert kein vorausgegangenes Gerichtsurteil. Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Verfassungsbeschwerde

Die Frage ist nun, wie man dem Gericht am besten vermittelt das man es ernst meint. "Verfassungsklage androhen"? Aus Sicht von Person EVH hängt es vom Ermessen des Gerichtes ab ob sie Person EVH ernst nimmt und daher die Verhandlung aussetzt.

Sehen das andere fiktive Personen auch so oder hat Person EVH etwas übersehen?

Danke & Grüße
EVH
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: azdb-opfer am 21. August 2016, 11:12
Soweit Person EVH es verstanden hat, hätte Person EVH jederzeit die Möglichkeit nach Artikel 93 Absatz 1 Nr. 4a GG eine Verfassungsbeschwerde einzureichen, wenn sich Person EVH in einem ihrer Grundrechte i.S. von Artikeln 1 bis 19 des Grundgesetzes sowie bestimmter grundrechtsgleicher Rechte beschnitten wird. Dies erfordert kein vorausgegangenes Gerichtsurteil.

Diese Methode haben schon einige Kläger ausprobiert. Person EVH würde vom BVerfG mit folgender Begründung abgewiesen werden:

BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2012, AZ: 1 BvR 2550/12, Richter: Ferdinand Kirchhof/Schluckebier/Baer
"Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Einführung des geräteunabhängigen Rundfunkbeitrags"

Zitat
Die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn die angegriffene Regelung den Beschwerdeführer zu Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können (vgl. BVerfGE 43, 291 <387>; 60, 360 <372>), oder wenn die Anrufung der Fachgerichte dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten ist, etwa weil das offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre (vgl. BVerfGE 55, 154 <157>; 65, 1 <38>; 102, 197 <208>).

Im vorliegenden Fall kann der Beschwerdeführer die von ihm gerügten Grundrechtsverletzungen in zumutbarer Weise in verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren gegen die Beitragserhebung geltend machen. Ein solcher Rechtsbehelf wäre jedenfalls nicht von vorneherein aussichtslos.

Verfassungsrichter Ferdinand Kirchhof ist zufälligerweise der Bruder von Paul Kirchhof, der das Auftragsgutachten zum Rundfunkbeitrag erstellt hat.


Die Frage ist nun, wie man dem Gericht am besten vermittelt das man es ernst meint. "Verfassungsklage androhen"? Aus Sicht von Person EVH hängt es vom Ermessen des Gerichtes ab ob sie Person EVH ernst nimmt und daher die Verhandlung aussetzt.

Person EVH könnte das Gericht auf die Verfassungsbeschwerde von maxkraft24 (mit Aktenzeichen) hinweisen. Person EVH sollte dem Gericht ausführlich erklären, von den gleichen Grundrechtsverletzungen betroffen zu sein.

Die Landesrundfunkanstalt muss der Aussetzung auch noch zustimmen. Wenn die Zustimmung vom Beklagten fehlt, wird das Gericht das Verfahren nicht aussetzen.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Frei am 21. August 2016, 13:13
Moin.

Die Landesrundfunkanstalt muss der Aussetzung auch noch zustimmen.
Wenn die Zustimmung vom Beklagten fehlt, wird das Gericht das Verfahren nicht aussetzen.
Warum? Ich sehe das anders. Wo steht das?

Wenn ich mir § 94 VwGO oder den identischen § 74 FGO ansehe:
Zitat von: https://dejure.org/gesetze/VwGO/94.html
§ 94 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung)
Aussetzung der Verhandlung
Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

...steht da nix davon, dass der Beklagte damit einverstanden sein muss.

vgl. auch die erläuternden Ausführungen dazu von Emge Phil unter
Widerspruchsbescheid vom NDR im gelben Brief vom Oktober 2015
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16463.msg128937.html#msg128937

Frei 8)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: EVH am 21. August 2016, 14:09
Hallo,

Person EVH denkt Person "azdb-opfer" verwechselt hier eine
- Ruhendstellung mit einer
- Aussetzung des Verfahrens.

Eine aktuell schriftlich beantragte Ruhendstellung wurde bei Person EVH bereits abgewiesen, da die Rundfunkanstalt damit logischerweise nicht einverstanden ist.

Es geht hier ausdrücklich um eine Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO und wie man diese Aussetzung am besten vor Gericht durchsetzen kann.

Ein Hinweis auf die Verfassungsbeschwerde von maxkraft24 ist aus Sicht von Person EVH dafür nicht ausreichend. Siehe Beitrag von Person Emge Phil vom 19. August 2016, 07:29.
Die dem zugrunde liegenden Erwägungen beruhen vor allem darauf, dass die erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes oder des EuGH diese Gerichte zusätzlich belasten würde, ohne dass davon irgendein zusätzlicher Erkenntniswert zu erwarten wäre. Ferner bestände die Gefahr, dass sich durch ein weiteres Vorlageverfahren die Beantwortung der entscheidungserheblichen verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlichen Fragen hinauszögern könnte.

Aus Sicht von Person EVH bedeutet dies, dass erst eine Androhung oder Einleitung einer gleichartigen Verfassungsbeschwerde das Gericht dazu bewegen kann das Verfahren auszusetzen. Und noch besser wäre, wenn mehrere Personen eine gleichartige Verfassungsbeschwerde einreichen.

Interpretiert Person EVH dies richtig?

Grüße
EVH
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: azdb-opfer am 22. August 2016, 00:23
...  Leider fehlt Person EVH das Spielgeld für weitere Instanzen. ...

Aus Sicht von Person EVH bedeutet dies, dass erst eine Androhung oder Einleitung einer gleichartigen Verfassungsbeschwerde das Gericht dazu bewegen kann das Verfahren auszusetzen.

Ich würde als Kläger nichts "androhen", wenn ich es anschließend nicht umsetzen kann.

Man könnte auch eine Vorlage beim BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 beim Verwaltungsgericht beantragen. Ich glaube aber nicht, dass irgendein Verwaltungsgericht da mitspielt. Die Gerichte haben in ihren Urteilen bisher alle Verfassungsverstöße ignoriert und werden das auch weiterhin tun. Es müssen schließlich weitere Aktenzeichen als Füllmaterial für die nächsten Widerspruchsbescheide und Urteile produziert werden.

Wenn F. Kirchhof im Juli 2018 aus Altersgründen in den Ruhestand tritt, könnte sich vielleicht was ändern. Insgesamt werden bis Mitte 2018 vier Richter "ausgewechselt". Vorher würde ich den direkten Weg zum BVerfG vermeiden. Eine Aussetzung könnte man natürlich beantragen, sollte aber nichts androhen.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: EVH am 23. August 2016, 08:13
Da hat Person azdb-opfer aus Sicht von Person EVH durchaus recht. Ein Androhen bringt nichts.

Das Einreichen einer Verfassungsklage ist kostenlos. Die Argumentation von Person azdb-opfer scheint dahingehend nicht korrekt.

Person EVH empfiehlt daher allen, bei denen ein Verfahren im Raum steht im Vorfeld rechtzeitig eine gleichartige Verfassungsklage zu maxkraft24 in Erwägung zu ziehen. Diese muss bis zum Termin ein Aktenzeichen haben. Dann könnte man unter Argumentation von Person Emge Phil / § 94 VwGO auf ein Aussetzen des Verfahrens pochen. Die Verfassungsklage kann man ja ggf. zurücknehmen.

Grüße
EVH
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Frei am 23. August 2016, 15:21
Moin.

Person EVH empfiehlt daher allen, bei denen ein Verfahren im Raum steht im Vorfeld rechtzeitig eine gleichartige Verfassungsklage zu maxkraft24 in Erwägung zu ziehen. Diese muss bis zum Termin ein Aktenzeichen haben. Dann könnte man unter Argumentation von Person Emge Phil / § 94 VwGO auf ein Aussetzen des Verfahrens pochen.

Also, während des laufenden Verfahrens eine Vorlage beim BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG (die "Verfassungsklage") beim Verwaltungsgericht beantragen? Mit Bezug auf das bereits vorhandene Aktenzeichen des laufenden Verfahrens oder als eigenständiges Verfahren?
Könnte eine fiktive Person F in einem fiktiven Fall, wo gegen Beitragsbescheide bereits geklagt würde, im Rahmen des laufenden Verfahrens eine Vorlage beim BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG beantragen?

Zitat von: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_100.html
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 100
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen...

Eine fiktive Person F könnte bisher der Meinung gewesen sein, dass die Verfassungsbeschwerde erst bei negativem Urteil in 2. Instanz eingelegt werden kann.

Oder ist die "Vorlage beim BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG" (die "Verfassungsklage") etwas anderes als die "Verfassungsbeschwerde"?

Eine fiktive Person F könnte jetzt völlig verwirrt sein von diesen Begrifflichkeiten... Kann jemand das mit einfachen wenigen Worten allgemeinverständlich erklären, wie das funktionieren könnte?

Frei 8)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Bürger am 23. August 2016, 16:31
Oder ist die "Vorlage beim BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG" (die "Verfassungsklage") etwas anderes als die "Verfassungsbeschwerde"?

Eine web-suche mit
- "Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG" bzw. daran anschließend mit
- "Richtervorlage"
https://www.google.de/search?https://www.google.de/?gws_rd=ssl#q=richtervorlage
liefert u.a. dieses ziemlich aktuelle Ergebnis... ;)
...ein sehr lesenswerter Artikel ("Lesezeit ca. 3min")

rechtslupe, 12.07.2016
Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht – und das Begründungserfordernis
http://www.rechtslupe.de/verwaltungsrecht/richtervorlage-bundesverfassungsgericht-begruendungserfordernis-3112096
Zitat
Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. [...]

Konkrete Normenkontrolle (wikipedia)
https://de.wikipedia.org/wiki/Konkrete_Normenkontrolle#Situation_in_Deutschland
Zitat
In Deutschland üben das Bundesverfassungsgericht und die Landesverfassungsgerichte die Verfassungsgerichtsbarkeit aus. Die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und die Fachgerichte legen den Verfassungsgerichten eine Gesetzesnorm bei Zweifeln an deren Verfassungsmäßigkeit vor (sog. Richtervorlage).[2] [...]

Allerdings dürfte eine solche
- "Richtervorlage" und damit eine
- "Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG"
nach all den bisherigen Erkenntnissen äußerst unwahrscheinlich sein, da eine solche Richtervorlage augenscheinlich sehr strengen Anforderungen genügen muss und für die Richter immensen Aufwand bedeutet. Da die Verwaltungsgerichte ohnehin schon überlastet sind und zudem die bisherige Rechtsprechung sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des BayVerfGH und des VerfGH RhPf beruft, die beide "keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit" des RBStV formuliert haben, dürfte es auf absehbare Zeit kein VG unterer Instanzen geben, welches diese "Steilvorlagen" nicht nutzt, sondern sich stattdessen kritisch damit auseinandersetzt. Schlimm, schlimm...

Auch die Suchfunktion (http://gez-boykott.de/Forum/index.php?action=search) des Forums liefert mit "Richtervorlage" bereits einige Ergebnisse - so u.a. auch dies
VG Freiburg
[...]
vgl. Aussage Ermano Geuers zu den unterinstanzlichen Urteilen am Beispiel des Urteils des VG Bremen

FAZ.net, 06.02.2014
Rundfunkbeitrag - Wir zahlen alle zweimal
Der Passauer Jurist Ermano Geuer klagt vor dem Bayerischen Verfassungsgericht gegen den Rundfunkbeitrag.
Am 25. März wird verhandelt. Glaubt er wirklich, dass ARD und ZDF Probleme kriegen? Ein Gespräch.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/rundfunkbeitrag-wir-zahlen-alle-zweimal-12786767.html

Zitat
FAZ:Das Verwaltungsgericht Bremen hat gerade festgestellt, der Rundfunkbeitrag werde zu Recht erhoben. Grundsatz: Jeder empfängt Rundfunk, in der Wohnung oder im Betrieb, deshalb kann der Staat einen Beitrag erheben: keine Steuer.

Ermano Geuer: Das mag das Verwaltungsgericht Bremen so sehen, ändert aber meiner Meinung nach nichts an den Erfolgsaussichten der Klage. Man muss sich das Ganze auch aus der Sicht des Praktikers ansehen. Wenn das VG Bremen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Abgabe gehabt hätte, dann hätte es - da es dann die Regelung nicht einfach verwerfen darf - die Regelung dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegen müssen.

Eine solche Vorlage ist an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft und erfordert vom Gericht einen stark erhöhten Begründungsaufwand. Zugleich hat das VG Bremen ja den Rechtsweg an das Oberverwaltungsgericht Bremen zugelassen.
Wäre die Sache ganz klar, hätte es dieses nicht gemacht.
Es ist also alles offen.
Es handelt sich um eine juristische Einzelmeinung.
[...]
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: azdb-opfer am 23. August 2016, 20:52
Also, während des laufenden Verfahrens eine Vorlage beim BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG (die "Verfassungsklage") beim Verwaltungsgericht beantragen? Mit Bezug auf das bereits vorhandene Aktenzeichen des laufenden Verfahrens oder als eigenständiges Verfahren?

Ich würde den (gut begründeten) Antrag (Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG) einfach während des laufenden Verfahrens stellen. Wenn der Antrag angenommen wird, würde das Verfahren bis zur BVerfG-Entscheidung erstmal ruhen. Ein Hinweis auf die BVerfG-Aktenzeichen von maxkraft24 und anderen Klägern kann nicht schaden.

Allerdings dürfte eine solche
- "Richtervorlage" und damit eine
- "Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG"
nach all den bisherigen Erkenntnissen äußerst unwahrscheinlich sein, da eine solche Richtervorlage augenscheinlich sehr strengen Anforderungen genügen muss und für die Richter immensen Aufwand bedeutet.

Ein intelligenter Richter weiß, dass er den immensen Aufwand nur einmal hat. Wenn er einmal eine Mustervorlage erstellt hat, könnte er alle weiteren Klagen erstmal in Karlsruhe abladen und danach für mehrere Jahre die Füße hochlegen. Außerdem kann er damit auch die "Wiederholungstäter" ruhigstellen und damit verhindern, dass die Kläger nach dem Urteil beim folgenden Bescheid anschließend die nächste Klage einreichen.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Emge Phil am 24. August 2016, 00:01
Es geht hier ausdrücklich um eine Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO und wie man diese Aussetzung am besten vor Gericht durchsetzen kann.

Ein Hinweis auf die Verfassungsbeschwerde von maxkraft24 ist aus Sicht von Person EVH dafür nicht ausreichend. Siehe Beitrag von Person Emge Phil vom 19. August 2016, 07:29.
Die dem zugrunde liegenden Erwägungen beruhen vor allem darauf, dass die erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes oder des EuGH diese Gerichte zusätzlich belasten würde, ohne dass davon irgendein zusätzlicher Erkenntniswert zu erwarten wäre. Ferner bestände die Gefahr, dass sich durch ein weiteres Vorlageverfahren die Beantwortung der entscheidungserheblichen verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlichen Fragen hinauszögern könnte.

Aus Sicht von Person EVH bedeutet dies, dass erst eine Androhung oder Einleitung einer gleichartigen Verfassungsbeschwerde das Gericht dazu bewegen kann das Verfahren auszusetzen. Und noch besser wäre, wenn mehrere Personen eine gleichartige Verfassungsbeschwerde einreichen.

Interpretiert Person EVH dies richtig?

E. P. könnte es anders sehen. Die Aussetzung dürfte nicht davon abhängig sein, dass dieselbe Person unmittelbar eine "erneute Anrufung" in Gang setzt. Entscheidend ist vielmehr, dass ein bereits anhängiges Verfahren vorgreiflich ist bzw. sein Ausgang das aussetzende Gericht in dessen Entscheidung bindet.

Vgl. dazu
OVG NRW, Beschl. v. 02.06.2014 - 3 E 174/14
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/3_E_174_14_Beschluss_20140602.html
R. 2-4
Zitat
Nach § 94 VwGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Die Vorschrift kann entsprechend angewandt werden, wenn Gegenstand des anderen anhängigen Rechtsstreits zwar kein konkretes Rechtsverhältnis, aber die Gültigkeit einer für die Entscheidung des aussetzenden Gerichts erheblichen Norm des Bundes- oder Landesrechts im Wege der abstrakten oder konkreten Normenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht oder ein Landesverfassungsgericht ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 1 E 175/14 -; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. Dezember 2008 – 1 O 153/08 -, juris, Rdnr. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 1998 – 14 S 812/98 -, VBlBW 1998, 348 (349); Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsprozessordnung, Stand April 2013, § 94, Rdnr. 50 und 52.

In diesen Fällen rechtfertigen die der Regelung des § 94 VwGO zugrundeliegenden Grundsätze der Verfahrensökonomie und der Vermeidung einander widersprechender gerichtlicher Entscheidungen seine entsprechende Anwendung, weil die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Landesverfassungsgerichts das aussetzende Gericht bindet (vgl. § 31 BVerfGG, § 26 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (Verfassungsgerichtshofgesetz – VGHG NRW)).
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Buntschuh am 24. August 2016, 11:11
Moin,

ein Versuch ist es allemal Wert - also Antrag ans VG gesandt - Verhandlung ist zwar noch nicht anberaumt aber wohl bald fällig.

Bin auf die Antwort gespannt.

 8)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: koybott am 24. August 2016, 11:29
Wäre das eine Option hier?
Zitat
Die nationalen Gerichte sind von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen, wenn die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV vorliegen. Sie verletzen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), wenn die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist.

BVerfG: Verletzung Pflichtvorlage EuGH & Diskriminierung (EU-Ausländer)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19994.0.html
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Markus KA am 04. November 2016, 17:46
Weitere Info zur Aussetzung des eigenen Verfahrens beim VG im Hinblick auf aktuelle Verfassungsbeschwerden:

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluß vom 13.06.2016 AZ 4 O 72/16
http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal/t/buq/page/bssahprod.psml?doc.hl=1&doc.id=MWRE160002646&showdoccase=1&doc.part=L&paramfromHL=true (http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal/t/buq/page/bssahprod.psml?doc.hl=1&doc.id=MWRE160002646&showdoccase=1&doc.part=L&paramfromHL=true)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Rochus am 08. November 2016, 11:06
Bei mir hieß es lapidar:
Zitat
Es ist nicht beabsichtigt, das Verfahren auszusetzen. [...] VG Münster
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: MMichael am 10. November 2016, 11:13
Sollte es nicht zu denken geben, dass im openPetition „Länderbericht Petitionen 2015“ (https://www.openpetition.de/blog/wp-content/uploads/2016/11/openPetition_L%C3%A4nderbericht-Petitionen-2015.pdf) als Schwerpunk der Bürgereingaben und –beschwerden das Thema „Rundfunk“ mit sieben Nennungen neben „Asyl/Flucht/Ausländer“ und „Haft/Justiz“ gleichauf steht und nach den Thema „Gesundheitheit/Soziales/Arbeit (18 Erwähnungen) den zweiten Rang aller Themenschwerpunkte einnimmt!?
Ich denke: Ja!
Also: Gleich mal den Bericht ausgedruckt und als Anhang zur Klagebegründung und Argument zur Aussetzung/Ruhendstellung wegen „Grundlegender Bedeutung“ gegeben.

PS/OT: Hallo Sachsen! Toll! Ihr habt’s in Sachsen auf Rang 1 gebracht. Nicht traurig sein, dass in der Darstellungsgrafik Euer Land mit Anhalt verwechselt wurde! ;)  -> Mein geliebtes Brandenburg leidet dafür unter der Abwassermafia und Knasthärte. :( Und es werden leider auch keine öffentlichen Petitionen anerkannt.)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Markus KA am 10. November 2016, 12:10
Danke für den Hinweis, der wieder beweist, dass der Rundfunkbeitrag ein "brandheißes" Thema unter den Bürgern ist.
Leider versuchen die meisten Medien (logischerweise) und Politiker das Thema zu verschweigen. Die Quittung gibt es dann bei den nächsten Wahlen, dann sitzt der Schock noch tiefer (leider).
Das Gericht freut sich bestimmt, diese Information in der Klagebegründung zu lesen, könnte aber für ein Ruhen oder Aussetzung des Verfahrens nicht unbedingt ausreichen. (#)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Markus KA am 29. August 2017, 12:19
Eine weitere Begründung für einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO könnte auch die Vorlage des LG Tübingen beim EuGH hilfreich sein...
Neuer Beschluss Dr. Sprißler, 5. Zivilkammer LG Tübingen: Vorlage beim EuGH
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24203.msg153607.html#msg153607 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24203.msg153607.html#msg153607)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: VorsichtStufe am 30. August 2017, 13:57
Eine fiktive Person V könnte aktuell die
- Ladung für ihre mündliche Verhandlung (Klage gegen Festsetzungsbescheid) vor einem Einzelrichter am VG Düsseldorf erhalten haben und
gleichzeitig einen
- Beschluss in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO, der laut Rechtsmittelbelehrung mit einer Beschwerde vor dem OVG anfechtbar ist (anwaltliche Vertretung erforderlich, für Person V keine Option).

Da für Person V die Aussetzung des Verfahrens die einzige, realistische Erfolgsaussicht gewesen sein könnte, könnte sie nun ziemlich ratlos sein. Denn offensichtlich hätte sie ja nun gar keine Chance mehr, bei der anstehenden mündlichen Verhandlung das VG auf aktuelle Neuigkeiten aufmerksam zu machen, die eine Aussetzung des Verfahrens ggf. rechtfertigen würden.

Hat jemand eine Idee hierzu?
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: noGez99 am 30. August 2017, 14:10
Ein Versuch:
Verfassungsbeschwerde einlegen gegen diesen Beschluss (Erschöpfung des Rechtsweges ).
Dann in der Verhandlung daruf hinweisen dass eine VB vorhanden ist -> Aussetzung des Verfahrens.

zweiter Versuch:
Beschluss vor dem OVG anfechten mit NOTANWALT. Es wird sich wahrscheinlich kein Anwalt finden, der das macht wegen dem geringen Streitwert.

Zweiter Versuch:
und zwar (sollte sich auf regulärem Wege kein Anwalt finden, der bereit wäre, aufgrund des vermutlich geringen Streitwertes aktiv zu werden -> Nachweise der Anfragen sammeln) mit NOTANWALT

Befangenheitsantrag
- Gericht muss Beiträge zahlen  -> nicht unabhängig
- Richter muss Beiträge zahlen  -> nicht unabhängig
- Richter setzt Verfahren nicht aus  -> nimmt den Schaden des Kägers in kauf

bzw alle Versuche parallel ...


Welches Bundesland?  Düsseldorf also NRW

Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: faust am 30. August 2017, 14:16
... das macht nix - wo ein Weg ist, da ist auch ein Umweg !!!

+ Verfahren verlieren (keine Schande, haben wir hier alle schon durch  (#)), lächeln
+ Urteil abwarten, Tee trinken.
+ Urteil aus dem Briefkasten holen, in Berufung  >:D gehen (4 - Wochenfrist beachten) -> und zwar (sollte sich auf regulärem Wege kein Anwalt finden, der bereit wäre, aufgrund des vermutlich geringen Streitwertes aktiv zu werden -> Nachweise der Anfragen sammeln) mit NOTANWALT  8) , der bei OVG zu beantragen wäre ...
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: VorsichtStufe am 30. August 2017, 14:29
zur Klarstellung noch ein Hinweis, worum es Person V auch gehen könnte:

ist es eindeutig zulässig oder eben nicht und somit anfechtbar, dass das VG vor der eigentlichen Verhandlung durch Beschluss über den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO entscheidet?
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: noGez99 am 30. August 2017, 14:46
Gute Fragen, d.h. genauer:
Kann man in der Verhandlung nochmal den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO stellen?
Wie ist der zu behandeln?
Kann man vor dem schriftlichen Urteil die Ablehnung des Antrags anfechten?
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Markus KA am 30. August 2017, 15:04
Ich habe bisher noch nicht erlebt, dass ein VG bereits vor der mündlichen Verhandlung auf einen Antrag reagiert hat.
Um die Fristen einzuhalten wäre man gezwungen zwei Beschwerden einzureichen, erst gegen die Antragablehnung, dann gegen das Urteil? ??? Aber diese Frage könnten man auch in der mündlichen Verhandlung klären.
 
Ein Versuch könnte es Wert sein, man sollte sein Recht auf Gehör und den Dialog mit dem Gericht ausgiebig nutzen:
In einer mündlichen Verhandlung bietet sich immer die Möglichkeit, sogar von Richterinnen und Richtern manchmal auch gefordert, "neue" Gründe oder Rechtsfragen vorzutragen, die noch nicht in der schriftlichen, bereits abgegebenen Klagebegründung enthalten sind. Es besteht auch die Möglichkeit in der mündlichen Verhandlung neue schriftlich verfasste Klagebegründungen dem Gericht und dem Beklagten (also 2fache Ausfertigung beachten) zu übergeben. Auch können, bzw. sollten Anträge in der mündlichen Verhandlung gestellt und mit dem Gericht diskutiert werden. Hierzu empfiehlt es sich zu den Anträgen entsprechend umfangreiche Begründungen zu liefern, was die Vorlage das LG Tübingen beim EuGH durchaus bieten könnte. Alle Anträge vorher schriftlich vorbereiten und die Abgabe in der mündlichen Verhandlung protokollieren lassen.

Sicher ist die Atmosphäre von Gericht zu Gericht unterschiedlich, aber danach kann man dann abwarten und Tee trinken 8)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: VorsichtStufe am 30. August 2017, 15:38
Im fiktiven Fall der Person V endet die Frist zur Einlegung der Beschwerde (2 Wochen) vor dem Termin der mündlichen Verhandlung (in ca. 3 Wochen).

Eine kleine Korrektur, da Person V die Rechtsmittelbelehrung nicht korrekt gelesen hat: Die Beschwerde wäre beim VG einzureichen, nicht beim OVG. Und  falls der Beschwerde nicht (durch das VG) abgeholfen würde, entscheidet über die Beschwerde das OVG. Die Beschwerde wäre durch einen Bevollmächtigten einzureichen (obwohl man sich ja noch beim VG befindet).
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Markus KA am 31. August 2017, 09:26
Vorsicht, Beschwerde einreichen kann man beim VG aber die Beschwerde wird an das OVG weitergeleitet und entscheiden kann nur OVG und hierfür kommen weitere Kosten und Anwaltszwang hinzu.

Hierzu weitere Anregungen und interessante Beiträge siehe:
Stadt K - Abweisung Widerspruch gg. Vollstreckungsankündigung Erfahrungsbericht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23634.msg153810.html#msg153810 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23634.msg153810.html#msg153810)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: VorsichtStufe am 31. August 2017, 13:30
Die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des VG lautet wörtlich:

Zitat
[...] über die das Oberverwaltungsgericht für das Land NRW in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. [...]
Bedeutet m.E:
> Entscheidung durch Abhilfe:   durch das VG
> andere Entscheidung:            durch das OVG

Zitat
[...] Die Beschwerde ist durch einen Bevollmächtigten einzureichen. [...]
Bedeutet m.E.:
in jedem Fall, egal ob Abhilfe oder andere Entscheidung: Anwaltszwang


Allerdings gilt der Textbaustein der Rechtsmittelbelehrung m.E. offensichtlich nicht so ohne weiteres für alle Sachverhalte, denn ich habe folgendes Urteil gefunden, welches diese Regelung erläutert::

Zitat
Die - der Zulassung nicht bedürftige (vgl. § 146 Abs. 4 VwGO) - Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen (§ 147 Abs. 1 S. 1 VwGO). Beim Verwaltungsgericht, bei dem die Beschwerde demnach einzulegen ist, besteht kein Zwang, sich von einem Rechtsanwalt oder einem sonst in § 67 Abs. 1 VwGO genannten Bevollmächtigten vertreten zu lassen (§ 67 Abs. 2 VwGO). Der Kläger bedurfte somit im vorliegenden Verfahren für die Einlegung seiner Beschwerde beim Verwaltungsgericht Freiburg nicht der Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder einen Hochschullehrer.

Die vom Kläger zulässigerweise eingelegte Beschwerde wird auch nicht etwa wegen fehlender Postulationsfähigkeit des Antragstellers im Beschwerdeverfahren (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.2.1997 - 1 S 202/97 -, NVwZ 1997, 693) unzulässig.

Zwar bestimmt § 67 Abs. 1 S. 1 VwGO, daß sich vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten lassen muß. Dies gilt jedoch nicht für die Fortführung von Beschwerden, die beim Verwaltungsgericht einzulegen sind (§ 147 Abs. 1 VwGO). Über die Zulässigkeit und Begründetheit dieser Beschwerden entscheidet zunächst das Verwaltungsgericht bzw. der Vorsitzende oder der Berichterstatter und sie wird erst dann dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt, wenn ihr nicht abgeholfen wurde (§ 148 Abs. 1 2. Halbs. VwGO). Das Verwaltungsgericht trifft demnach im Falle der Abhilfe eine endgültige Entscheidung über die eingelegte Beschwerde. Hilft es der Beschwerde dagegen nicht ab und leitet es sie an das Oberverwaltungsgericht weiter, so bedarf es für dessen Entscheidung über ihre Zulässigkeit und Begründetheit keines erneuten und damit dem Vertretungszwang unterworfenen Antrags; das Oberverwaltungsgericht entscheidet vielmehr über den beim Verwaltungsgericht gestellten Beschwerdeantrag.

Auch die Systematik der Regelung über den Vertretungszwang verbietet es, zulassungsfreie Beschwerden dem Anwaltszwang zu unterwerfen. Die Regelung in § 67 Abs. 1 S. 2 VwGO dehnt den Vertretungszwang auf die beim Verwaltungsgericht zu stellenden Anträge auf Zulassung der Berufung und der Beschwerde aus. Diese Regelung wäre überflüssig und liefe ins Leere, wenn bereits nach § 67 Abs. 1 S. 1 VwGO "für jedes Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht", soweit über einen Antrag zu entscheiden ist, für den Antragsteller Vertretungszwang bestünde. Notwendig ist diese Bestimmung jedoch, weil vor dem Verwaltungsgericht kein Vertretungszwang besteht, der Antrag auf Zulassung der Berufung oder der Beschwerde aber zwingend dort zu stellen ist und demnach ohne die Regelung des § 67 Abs. 1 S. 2 VwGO solche Zulassungsanträge vertretungsfrei gestellt werden könnten.

Der Wortlaut und die Systematik des Gesetzes führen daher dazu, daß zulassungsfreie Rechtsmittel keinem Vertretungszwang unterliegen. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Der Vertretungszwang ist unter anderem die Konsequenz aus der Einführung der Zulassungsberufung und der Zulassungsbeschwerde; zulassungsfreie Rechtsmittel soll er nicht erfassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.5.1997 - 9 S 999/97 - m.w.N.).

Der hier vertretenen Auslegung des § 67 Abs. 1 S. 1 VwGO steht schließlich nicht entgegen, daß die Beschwerdefrist auch gewahrt ist, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Beschwerdegericht eingeht (§ 147 Abs. 2 VwGO). Damit wird lediglich eine Regelung über die Fristwahrung getroffen. Im übrigen verbleibt es aber dabei, daß das Verwaltungsgericht zunächst über diese Beschwerde, die an das Verwaltungsgericht zurückzugeben ist, im Wege des Abhilfeverfahrens zu entscheiden hat, die Beschwerde also an das Verwaltungsgericht gerichtet ist.

https://openjur.de/u/237834.html

Dies bedeutet m.E.: kein Anwaltszwang bei einer zulässigen Beschwerde vor dem VG, sogar auch dann nicht, falls der Beschwerde nicht vom VG abgeholfen und diese zur Entscheidung an das OVG weitergeleitet wird.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Markus KA am 15. September 2017, 23:01
In den letzten Tagen sind mir zwei Ereignisse ausgehend von Gerichten in Baden-Württemberg zum Thema Rundfunkbeitrag
- Ruhend stellen und Aussetzung des Verfahrens -
aufgefallen.

In Fall A wird der Kläger überraschenderweise vom Gericht schriftlich aufgefordert:
Zitat
"Es wird um Mitteilung gebeten, ob ebenfalls das Ruhen des Verfahrens beantragt wird."
Überraschend deswegen, weil aus den Schriftsätzen des Beklagten kein Antrag auf Ruhen des Verfahrens ersichtlich ist. Der Kläger hat wohl den Vorschlag des Gerichtes genutzt und Antrag auf Ruhen des Verfahrens gestellt.


In Fall B hat der Kläger bereits vor der mündlichen Verhandlung Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt. Diesen hat das Gericht erst in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gebracht und protokolliert.
Das Gericht hat ergänzt, dass der Antrag in der Entscheidungsfindung berücksichtigt wird.  So dass der Kläger in der mündlichen Handlung diesen Antrag nicht mehr ein zweites Mal stellen musste.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: VorsichtStufe am 20. September 2017, 21:57
Person A hat aktuell den Beschluss des OVG Münster über die Ablehnung (da "unbegründet") der Beschwerde der Person A gegen den Beschluss des VG über die Ablehnung des  Antrags auf Aussetzung des Verfahrens erhalten. Person A hatte den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens mit dem Schreiben des BVerfG sowie der EuGH-Vorlage des LG Tübingen begründet.

(Hinweis: die Beschwerde von Person A "wäre" laut OVG unbegründet, da Sie mangels anwaltlicher Vertretung sowieso schon unzulässig ist.)

Entgegen meines vorherigen Beitrags ist es also tatsächlich so, dass bei einer Beschwerde gegen einen Beschluss des VG Anwaltszwang herrscht, da das VG bei Nichtabhilfe die Beschwerde sofort an das OVG weiterleitet und diese dort als unzulässig eingestuft wird, da die Beschwerde nicht von einem Anwalt eingelegt wurde. Man erhält vom VG keine Stellungnahme zu der Beschwerde bei Nichtabhilfe. Das VG fertigt lediglich einen internen Prüfungsvermerk, der dem Kläger nicht bekanntzugeben ist und leitet die Beschwerde dann ans OVG weiter.
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Markus KA am 24. Oktober 2017, 13:23
Ergänzung zum Thema und Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO:

Das VG Göttingen hat nun Verfahren zum Rundfunkbeitrag ausgesetzt.
VG GÖ beabsichtigt Verfahren aufgrund anh. Verfassungsbeschwerden auszusetzen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24650.msg157783.html#msg157783 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24650.msg157783.html#msg157783)
Titel: Re: Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
Beitrag von: Bürger am 08. April 2018, 20:19
Hinweis/ Querverweis aus aktuellem Anlass ;)

In Ausblick auf die unmittelbar bevorstehende Behandlung
BVerfG: Mündliche Verhandlung in Sachen „Rundfunkbeitrag“ 16./17. Mai 2018
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27021.0.html
und damit auch absehbare Entscheidung des BVerfG dürften nunmehr auch Anträge auf Ruhendstellungen bzw. auf Ausetzung der Verfahren gem. § 94 VwGO gut begründbar sein und könnten (sollten?) - unter Beifügung der verlinkten Pressemitteilung des BVerfG - ggf. entsprechend ergänzt/ nachgereicht/ erneuert oder vorab bzw. gleich mit Einreichung des KlageANTRAGs gestellt werden - siehe dazu tangierende Diskussionen u.a. auch unter
Aussetzung nach § 94 VwGO beim VG Darmstadt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25508.0.html
Welche Gerichte setzen das Verfahren aus nach §94 VwGO?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23918.0.html

Alle Angaben ohne Gewähr. Keine Rechtsberatung.

Hier bitte weiter zum Kern-Thema des hiesigen Threads, welches da lautet
Ruhendstellung oder Aussetzung des Verfahrens seitens des Gerichts
und insbesondere die Fragestellung des Einstiegsbeitrags zur Aussetzung/ Ruhendstellung verwaltungsgerichtl. Verfahren (seitens Gericht und ohne Zustimmung der Gegenseite) in Erwartung der Entscheidung des BVerfG zum Gegenstand hat.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.