Erforderlich ist aus Gründen des Schutzes des Vollstreckungsschuldners und der Rechtssicherheit auch die Benennung des konkreten Leistungsbescheides, aus dem vollstreckt wird. Nur so erfüllt die Pfändungs- und Einziehungsverfügung die Anforderung des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss.
B E S C H L U S S
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
des Herrn XXXXX, Duisburg,
Antragstellers,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Thorsten Bölck, Bahnhofstraße 11, 25451 Quickborn, Gz.: 65/18,
gegen
die Stadt Duisburg, vertreten durch den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, 47049 Duisburg, Gz.: Vollstreckungsbehörde; Az.: 21-22-2 Pe,
Antragsgegnerin,
Beigeladener: Westdeutscher Rundfunk Köln, Anstalt des öffentlichen Rechts, Abteilung Justiziariat, Appellhofplatz 1, 50667 Köln, Gz.: Teilnehmernummer: xxx xxx xxx,
w e g e n
Rundfunk-und Fernsehrechts einschl. Gebührenbefreiung
hat Richterin Hemmer als Einzelrichterin der 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf am 7. Juni 2018
b e s c h l o s s e n :
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 9. April 2018 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf die unterste Stufe von bis zu 500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
Der am 2. Mai 2018 gestellte - sinngemäß dem Tenor entsprechende - vorläufige Rechtsschutzantrag gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 9. April 2018 (im Folgenden: Pfändungs- und Einziehungsverfügung) hat Erfolg.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere nach §§ 80 Abs. 5 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 112 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) statthaft, da die Pfändungs- und Einziehungsverfügung als Maßnahme der Vollstreckungsbehörde in der Verwaltungsvollstreckung sofort vollziehbar ist,
Der Antrag ist auch begründet.
Das Gericht macht von dem ¡hm durch § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO eingeräumten Ermessen, dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zu geben, Gebrauch, wenn das Interesse des Antragstellers, von Vollziehungsmaßnahmen (vorerst) verschont zu bleiben, das Öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung des Verwaltungsaktes überwiegt. In diese Interessenabwägung ist insbesondere die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des zu vollziehenden Verwaltungsakts - hier der Pfändungs- und Einziehungsverfügung einzubeziehen, die auch im Übrigen die Gewichtung der betroffenen Interessen zu beeinflussen vermag.
Die Ermessensentscheidung des Gerichts fällt zu Lasten der Antragsgegnerln aus. Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass die angegriffene Pfändungs- und Einziehungsverfügung rechtswidrig sein dürfte.
Die auf §§ 6, 20 Abs. 1, 40 und 44 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) gestützte Verfügung dürfte einem formellen Mangel unterliegen, da es an einer hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 37 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) fehlen dürfte.
Nach § 13 S. 1 VwVG NRW ist in der Pfändungsverfügung für die beizutreibenden Geldbeträge der Schuldgrund anzugeben. Lediglich die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung soll gemäß § 40 Abs. 1 S. 5 VwVG NRW den beizutreibenden Geldbetrag in einer Summe ohne Angabe des Schuldgrundes bezeichnen. Daraus folgt, dass mit der zur Bekanntgabe des Gebotes, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwVG NRW), erfolgenden Übersendung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung an den Vollstreckungsschuldner der Schuldgrund konkretisiert werden muss.
Dementsprechend sieht auch Nr. 40.2.2 lit.a) der Verwaltungsvorschriften zum VwVG NRW (VV VwVG NRW) vor, dass die Pfändungsverfügung insbesondere die Bezeichnung der Forderung, deretwegen die Zwangsvollstreckung betrieben wird, nach Art, Höhe und Zeitraum enthalten muss. Der Vollstreckungsschuldner muss nämlich erkennen können, welche Ansprüche der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegen (Nr. 13.1 W VwVG NRW), um die Berechtigung der Vollstreckungsmaßnahmen und die Möglichkeit der Inanspruchnahme behördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsschutzes bzw. gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Vollziehbarkeit des der Pfändung zugrunde liegenden Leistungsbescheides prüfen zu können. Werden mehrere Geldbeträge geschuldet, so sind diese einzelnen unter Angabe der Zeiträume, für die sie geschuldet werden, aufzuführen.
Vgl. Susenberger/Weißauer, VwVG NRW - Kommentar, Praxis der Kommunalverwaltung Landesausgabe NRW, Stand: Februar/März 2018, § 40 VwVG NRW, Erl. 8; Schlatmann, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG - Kommentar, 11. Aufl., § 260 AO, Rn. 1 f.; Loose, In: Tipke/Kruse, AO/FGO - Kommentar, Stand: März 2018, § 260 AO, Rn. 1 f.; Szymczak, in: Koch/Scholtz, AO - Kommentar, 5. Aufl., § 260, Rn. 2.
Erforderlich ist aus Gründen des Schutzes des Vollstreckungsschuldners und der Rechtssicherheit auch die Benennung des konkreten Leistungsbescheides, aus dem vollstreckt wird.
Vgl. Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 23. März 2017 - 4 B 38/17 -, juris, Rn. 35 ff.; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 19. Mai 2014 - 1 L 323/14.NW-, juris, Rn. 7; VG Oldenburg, Beschluss vom 26. August 2008 - 7 A 835/07 -, juris, Rn. 3.
Nur so erfüllt die Pfändungs- und Einziehungsverfügung die Anforderung des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss.
Diesen Anforderungen dürfte die angegriffene Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin nicht gerecht geworden sein. Die gegenüber dem Antragsteller übermittelten Informationen dürften nicht den Bestimmtheitsanforderungen genügen.
Der Antragsteller macht geltend, lediglich eine Ausfertigung der ersten drei Seiten der an die Drittschuldnerin gerichteten Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 9. April 2018 erhalten zu haben und hat entsprechende Kopien - auch des Briefumschlages vorgelegt. Trifft dies zu, erreichte den Antragsteller nicht die (einzig) auf der vierten Seite der Pfändungs- und Überweisungsverfügung abgedruckte Forderungsaufstellung mit dem Titel: „Anlage zum Schreiben vom 09.04.2018 - Kontostand 2018/25514 der nachstehend aufgeführten Forderungen". Dieses blieb bislang von der Antragsgegnerin unkommentiert. Letztere hat selber keinen das Vollstreckungsverfahren umfassenden Verwaltungsvorgang vorgelegt.
Somit war es dem Gericht verwehrt, zu überprüfen, ob (auch) dem Antragsteller dieser die Forderungsaufstellung betreffende Teil der Anlage zur Pfändungs- und Überweisungsverfügung zugesandt wurde. Anhaltspunkte, die erkennen ließen, dass der Antragsteller über die konkreten, zu vollstreckenden Leistungsbescheide auf andere Weise in der erforderlichen Bestimmtheit in Kenntnis gesetzt wurde, sind weder vorgetragen noch sonst (etwa aus dem Verwaltungsvorgang des Beigeladenen) ersichtlich. Die Vollstreckungsankündigung vom 3. Mai 2017, auf die der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 6. Juni 2017 Bezug nimmt, dürfte zeitlich überholt sein.
Zudem liegt sie - wie auch etwaige weitere Vollstreckungsankündigungen der Antragsgegnerin - dem Gericht nicht vor, so dass offen bleibt, ob aus dieser/diesen die streitgegenständlich zu vollstreckenden Leistungsbescheide hervorgegangen sind. Die Ankündigungen der Zwangsvollstreckung durch den Beigeladenen (etwa vom 1. April 2016, 1. April 2017, 2, Januar 2018 und 19. Februar 2018) dürften nicht geeignet sein, diesen Mangel zu beheben. Unabhängig davon, dass sie nicht im Rahmen des hier in Rede stehenden und gesondert zu behandelnden Vollstreckungsverfahrens erfolgt sind, ist auch diesen eine Aufstellung der der Zwangsvollstreckung unterliegenden Leistungsbescheide nicht zu entnehmen.
Dessen ungeachtet dürfte auch die „Anlage zum Schreiben vom 09.04.2018 - Kontostand 2018/25514 der nachstehend aufgeführten Forderungen" (besagte Seite 4) Fragen betreffend die Bestimmtheit aufwerfen. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf den Posten: „Sonstige Kosten, Fälligkeit: 01.09.2015, Betrag (EUR): 23,00", dessen Ursprung sich nicht ohne Weiteres erschließt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes.
... Die Anwendung des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist nur für die nicht hoheitlichen Tätigkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgeschlossen – also für Tätigkeiten, die den Kernbereich der Rundfunkfreiheit betreffen (Tucholke in Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage 2018, RBStV § 10, Rn. 33).
Nicht hoheitlich handelt der Beklagte bei der Herstellung und Verbreitung von Rundfunkangeboten. Im Rahmen dieser Tätigkeiten soll § 2 Abs. 1 S. 2 HmbVwVfg das Selbstverwaltungsrecht des Beklagten und die gebotene Staatsferne gewährleisten. Dies ist bei der klassischen Verwaltungstätigkeit des Beklagten - dem Erlass von Festsetzungsbescheiden - gerade nicht geboten. Hier ist ein Rückgriff auf das Hamburgische Verwaltungsverfahrensrecht vielmehr angezeigt, da dadurch gewährleistet wird, dass die Rundfunkanstalten die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens einhalten (vgl. Tucholke in Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht 4. Auflage 2018, RBStV § 10, Rn. 33).
(...)
Dies ist bei der klassischen Verwaltungstätigkeit des Beklagten - dem Erlass von Festsetzungsbescheiden - gerade nicht geboten. Hier ist ein Rückgriff auf das Hamburgische Verwaltungsverfahrensrecht vielmehr angezeigt, da dadurch gewährleistet wird, dass die Rundfunkanstalten die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens einhalten.
(...)
(...)Hervorhebung durch user @marga
Urteil AZ: 6 K 2061/15, nicht veröffentlicht:
Bei den Festsetzungsbescheiden vom 01.08.2015 und 01.09.2015 handele es sich um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 SVwVfG, sodass wirksame Schuldtitel vorhanden seien.
(...)
aus dem Beck'schen Kommentar zum Rundfunkrecht von Frau Tucholke zitiert:
Der RA ist sein Geld wert ! ;)
Der RA ist sein Geld wert ! ;)
Ein "Leistungsbescheid" interessiert die Saarländische Verwaltungsgerichtsbarkeit einen feuchten Kehricht.
Ein Vorlageverfahren vor dem EuGH selbst ändert nichts an der Gültigkeit des mitgliedstaatlichen Rechts.
Das heißt, die Rundfunkbeitragspflicht besteht weiterhin und das Vollstreckungsverfahren ist fortzusetzen.
Die Festsetzungsbescheide enthielten jeweils auch Leistungsgebote i. S. d. § 254 Abs. 1 AO.
Der Leistungsbescheid, als häufiger Unterfall eines Bescheides, ist ein Verwaltungsakt, mit dem eine Behörde einen Leistungsanspruch mitteilt oder einen Zahlungsanspruch geltend macht.Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsbescheid
Die wissen ganz genau, dass selbst bei einem entsprechenden Urteil des EuGH der rechtswidrige Zustand jahrelang weiter bestehen wird (Übergangsfristen).Das würde dann nur die EU, bzw. den EuGH freuen; keinesfalles das dt. Bundesland, welches für seinen ÖRR die Letztverantwortung hat, (der Bund reicht das kraft GG eh durch), oder den ÖRR selber. Übergangsfristen hat es eu-seitig nur bei der Umsetzung von Richtlinien und Verordnungen; Entscheidungen des EuGH sind ab Tag der Verkündung ohne weitere Frist umsetzungspflichtig.
Datum: 19.09.2016
Gericht: Verwaltungsgericht Aachen
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 8 K 1897/14
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_aachen/j2016/8_K_1897_14_Urteil_20160919.html
Rz. 57ZitatDie Beratungspflichten des § 25 VwVfG NRW gelten für die Tätigkeit der Landesrundfunkanstalt bei der Erhebung der Rundfunkgebühren- oder -beiträge schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsverfahrensgesetz NRW nach § 2 Abs. 1 VwVfG NRW auf die Tätigkeit des Beklagten grundsätzlich nicht anwendbar ist. Lediglich einzelne Rechtsgedanken, die im Verwaltungsverfahrensgesetz zum Ausdruck kommen, sind auch auf die Tätigkeit des Beklagten anwendbar.
Deshalb legte der Betroffene mit Hilfe von RA Bölck Widerspruch ein. Außerdem wurde beim VG Düsseldorf der Antrag nach § 80 (5) VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gestellt.
Das Gericht macht von dem ¡hm durch § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO eingeräumten Ermessen, dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zu geben, Gebrauch, wenn das Interesse des Antragstellers, von Vollziehungsmaßnahmen (vorerst) verschont zu bleiben, ...