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Autor Thema: BFH IX R 23/22 - DSGVO - Auskunftsanspruch gegen oberste Landesbehörde  (Gelesen 209 mal)

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BFH, Urteil vom 11. März 2025, IX R 23/22
Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO gegenüber einer obersten Landesbehörde
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202520113/
Zitat von: BFH, Urteil vom 11. März 2025, IX R 23/22
Leitsätze

1. NV: Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine oberste Landesbehörde unterfällt dem Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Auf eine Differenzierung nach der Art der Aktenführung, der Art der Dokumente oder der Form der Bearbeitung kommt es nicht an.

2. NV: Der Verantwortliche kann sich zur Begrenzung des Auskunftsrechts nach Art. 15 DSGVO nicht darauf berufen, dass der Betroffene über die begehrten Informationen bereits verfügt.
Zitat von: BFH, Urteil vom 11. März 2025, IX R 23/22
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a) Die Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen (als betroffene Person im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO) durch eine für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 1 AO (als Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 Halbsatz 1 DSGVO) unterliegt unabhängig von der Steuerart und der Art der Aktenführung den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung.
Zitat von: BFH, Urteil vom 11. März 2025, IX R 23/22
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aa) Als Verordnung der Europäischen Union ist die Datenschutz-Grundverordnung nach Art. 288 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Dabei ist der Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung nicht nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO auf den Bereich der harmonisierten Steuern beschränkt (Senatsurteil vom 12.03.2024 - IX R 35/21, BFHE 283, 266, BStBl II 2024, 682, Rz 21 ff.).
Zitat von: BFH, Urteil vom 11. März 2025, IX R 23/22
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cc) Gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO gilt die Datenschutz-Grundverordnung für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Auf eine Differenzierung nach der Art der Aktenführung (Papier, elektronisch, hybrid), der Art der Dokumente (interne Vermerke, Gutachten, interne E-Mails et cetera) oder der Form der Bearbeitung durch den zuständigen Sachbearbeiter (anhand von Ausdrucken oder digital) kommt es dabei nicht an (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2024 - IX R 35/21, BFHE 283, 266, BStBl II 2024, 682, Rz 17 ff.). Hierbei ist es unerheblich, ob es sich bei dem Verantwortlichen um ein Finanzamt oder um eine oberste Landesbehörde handelt.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 11. Mai 2025, 19:41 von Bürger«
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

  • Beiträge: 696
Der BFH äußert sich in diesem Urteil auch zu Art. 15 Abs. 3 DSGVO, in dem es darum geht, dass der Verantwortliche dem Betroffenen Kopien der verarbeiteten persönlichen Daten zur Verfügung stellt.
Die Richter sind der Auffassung, dass "Kopie" nicht bedeutet, dass Kopien vollständiger Dokumente ausgehändigt werden sollen, sondern nur Kopien der darin enthaltenen personenbezogenen Daten. Möchte der Betroffene Kopien von kompletten Akten und Datenbankauszügen vom Verantwortlichen zur Verfügung gestellt bekommen, dann muss er zusätzlich begründen, welche konkreten Rechte aus der DSGVO er ausüben will und warum vollständige Aktenkopien für die Ausübung dieser Rechte unerlässlich seien. Aus der DSGVO ergibt sich kein Recht auf Aktenauskunft. Diese Haltung begründet der BFH mit Urteilen des EuGH.

Zitat
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Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO stellt der Verantwortliche der betroffenen Person eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Durch die Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass Art. 15 DSGVO nicht dahin auszulegen ist, dass er in seinem Abs. 3 Satz 1 ein anderes Recht als das in seinem Abs. 1 vorgesehene gewährt. Im Übrigen bezieht sich der Begriff "Kopie" nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält und die vollständig sein müssen. Die Kopie muss daher alle personenbezogenen Daten enthalten, die Gegenstand der Verarbeitung sind (EuGH-Urteile FT (Copies du dossier médical) vom 26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 72 und Österreichische Datenschutzbehörde vom 04.05.2023 - C-487/21, EU:C:2023:369, Rz 32). Der Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie der personenbezogenen Daten setzt keine Begründung voraus, weshalb es auch nicht entgegensteht, wenn er mit anderen als den in Erwägungsgrund 63 Satz 1 DSGVO genannten Zwecken begründet wird (EuGH-Urteil FT (Copies du dossier médical) vom 26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 50 und Rz 52).

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Nur wenn die Zurverfügungstellung einer Kopie unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die Datenschutz-Grundverordnung verliehenen Rechte zu ermöglichen, wobei insoweit die Rechte und Freiheiten anderer zu berücksichtigen sind, besteht nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO ein Anspruch darauf, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken zu erhalten (vgl. EuGH-Urteile FT (Copies du dossier médical) vom 26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 75 und Österreichische Datenschutzbehörde vom 04.05.2023 - C-487/21, EU:C:2023:369, Rz 41 und Rz 45).

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Hierfür besteht jedoch keine generelle Vermutung. Vielmehr obliegt es der betroffenen Person darzulegen, dass die Kopie der personenbezogenen Daten sowie die Mitteilung der Informationen nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. a bis h DSGVO für die Wahrnehmung der ihr durch die Datenschutz-Grundverordnung verliehenen Rechte nicht genügt. Begehrt die betroffene Person die Zurverfügungstellung von Kopien von Dokumenten mit ihren personenbezogenen Daten, ist es an ihr zu benennen, welche ihr durch die Datenschutz-Grundverordnung verliehenen Rechte sie auszuüben gedenkt und darzulegen, aus welchen Gründen die Zurverfügungstellung von Kopien von Akten mit personenbezogenen Daten hierfür unerlässlich ist. Andernfalls liefe das durch den EuGH aufgestellte Regel-Ausnahme-Prinzip ins Leere. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Anspruch nach Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO grundsätzlich auf die Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten der betroffenen Person gerichtet (EuGH-Urteile FT (Copies du dossier médical) vom 26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 72 und Österreichische Datenschutzbehörde vom 04.05.2023 - C-487/21, EU:C:2023:369, Rz 32). Wenn dies für die Wahrnehmung der Rechte aus der Datenschutz-Grundverordnung nicht genügt, kann ausnahmsweise ein Anspruch auf eine (auszugsweise) Kopie der Quelle, in der die personenbezogenen Daten verarbeitet sind, bestehen (vgl. EuGH-Urteile FT (Copies du dossier médical) vom 26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 75 und Österreichische Datenschutzbehörde vom 04.05.2023 - C-487/21, EU:C:2023:369, Rz 41 und Rz 45). Einer entsprechenden Vermutung der Unerlässlichkeit bedarf es im Übrigen auch nicht, um einen effektiven Datenschutz zu gewährleisten. Regelmäßig genügt es für die Wahrnehmung der durch die Datenschutz-Grundverordnung verliehenen Rechte, wenn die betroffene Person Kenntnis von den über sie verarbeiteten personenbezogenen Daten erlangt und ihr die Informationen nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. a bis h DSGVO mitgeteilt werden. Insbesondere durch die Mitteilung, welche personenbezogenen Daten verarbeitet werden und zu welchem Zweck diese Verarbeitung erfolgt, ist die betroffene Person bereits regelmäßig in der Lage, die Richtigkeit der personenbezogenen Daten und die Rechtmäßigkeit deren Verarbeitung zu überprüfen (vgl. zum Ganzen Senatsurteil vom 12.03.2024 - IX R 35/21, BFHE 283, 266, BStBl II 2024, 682, Rz 27 f.).

[...]
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a) Die Datenschutz-Grundverordnung sieht keinen Anspruch auf Akteneinsicht vor (so auch Gola/Heckmann/Franck, DS-GVO, 3. Aufl., Art. 15 Rz 33, m.w.N.). Soweit der Kläger einen Anspruch auf Akteneinsicht aus Art. 15 DSGVO herleiten möchte, enthält diese Vorschrift lediglich einen Auskunftsanspruch gegenüber dem für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten Verantwortlichen.



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  • IP logged  »Letzte Änderung: 14. Mai 2025, 11:39 von Mork vom Ork«

  • Beiträge: 696
Der EuGH äußerte sich dazu, wie folgt:

C-307/22 EU:C:2023:811
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)  26. Oktober 2023
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=279125&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=128619
Zitat
3.      Art. 15 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung 2016/679

ist dahin auszulegen, dass

im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, umfasst, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird. Dieses Recht setzt voraus, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in der Patientenakte befinden und unter anderem diese Daten enthalten, wenn die Zurverfügungstellung einer solchen Kopie erforderlich ist, um der betroffenen Person die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu ermöglichen und die Verständlichkeit der Daten zu gewährleisten. In Bezug auf die Gesundheitsdaten der betroffenen Person schließt dieses Recht jedenfalls das Recht ein, eine Kopie der Daten aus ihrer Patientenakte zu erhalten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu an ihr vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen umfasst.

Als Begründung für die Erforderlichkeit einer vollständigen Aktenkopie reicht es anscheinend aus, auf die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit sowie auf die Gewährleistung der Verständlichkeit der Daten als Notwendigkeit hinzuweisen.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: Gestern um 19:33 von DumbTV«

 
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