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Autor Thema: Justizgewähranspruch aus Art 2 Abs 1 GG iVb Art 20 Abs 3 GG iVb Art 6 Abs 1 EMRK  (Gelesen 483 mal)

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BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 03. Juni 2022
- 1 BvR 2103/16 -, Rn. 1-54,

http://www.bverfg.de/e/rk20220603_1bvr210316.html

Zitat
30 [...] Die maßgeblichen Fragen zur Verletzung des Justizgewährungsanspruchs und zur Leit- und Orientierungsfunktion der EMRK sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt.

Zitat
33[...] Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln (vgl. BVerfGE 7, 198 <205f.>; 42, 143 <148>). Der Staat hat auch insoweit die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und vor Verletzung durch andere zu bewahren. [...]

Zitat
38 (a) Die Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaates (vgl. BVerfGE 88, 118 <123>; 96, 27 <39 f.>; 107, 395 <401>). Das Grundgesetz garantiert Rechtsschutz vor den Gerichten nicht nur gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, sondern darüber hinaus im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs (vgl. BVerfGE 107, 395 <401>). Dieser ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 93, 99 <107>; 107, 395 <401>). Der allgemeine Justizgewährungsanspruch umfasst nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Recht auf Zugang zu den staatlichen Gerichten, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes sowie eine verbindliche Entscheidung durch ein staatliches Gericht (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 84, 366 <369>; 85, 337 <345>; 107, 395 <401>). Der Justizgewährungsanspruch garantiert darüber hinaus aber auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 88, 118 <124>; 117, 71 <122>; 122, 248 <271>).

Zitat
45 (c) Das entspricht auch den Gewährleistungen aus Art. 6 Abs. 1 EMRK. Die Europäische Menschenrechtskonvention steht in der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 151, 1 <26 Rn. 61> m.w.N., stRspr). Im Rahmen der Heranziehung der EMRK als Auslegungshilfe berücksichtigt das Bundesverfassungsgericht allerdings Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, und zwar auch dann, wenn sie nicht denselben Streitgegenstand betreffen. Dies beruht auf der jedenfalls faktischen Orientierungs- und Leitfunktion, die der Rechtsprechung des EGMR für die Auslegung der EMRK auch über den konkret entschiedenen Einzelfall hinaus zukommt (vgl. BVerfGE 111, 307 <320>; 128, 326 <368>; 148, 296 <351 f. Rn. 129>). Die innerstaatlichen Wirkungen der Entscheidungen des EGMR erschöpfen sich daher nicht in einer auf den konkreten Lebenssachverhalt begrenzten Berücksichtigungspflicht (vgl. BVerfGE 111, 307 <328>; 112, 1 <25 f.>; 148, 296 <351 f. Rn. 129>). Die Heranziehung der Rechtsprechung des EGMR als Auslegungshilfe auf der Ebene des Verfassungsrechts über den Einzelfall hinaus dient dazu, den Garantien der EMRK in der Bundesrepublik Deutschland möglichst umfassend Geltung zu verschaffen, und kann darüber hinaus helfen, Verurteilungen der Bundesrepublik Deutschland zu vermeiden (vgl. BVerfGE 128, 326 <369>; 148, 296 <352 f. Rn. 130>).

Zitat
46 Zu Art. 19 Abs. 4 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass sich dessen Maßstab mit den Anforderungen aus Art. 6 Abs. 1 EMRK und der Rechtsprechung des EGMR deckt (vgl. BVerfGE 149, 346 <364 Rn. 38 ff.> - Europäische Schulen). Im rechtsstaatlichen Kerngehalt unterscheiden sich der allgemeine Justizgewährungsanspruch und die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG als dessen Spezialregelung nicht. Unterschiede bestehen hinsichtlich der Anwendungsbereiche (vgl. BVerfGE 107, 395 <403> (Plenum); 116, 135 <150>). Der allgemeine Justizgewährungsanspruch ist in Verbindung mit den Grundrechten Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 85, 337 <345>; 93, 99 <107>; 97, 169 <185>; 107, 395 <401>).

Es könnte also erkannt werden, daß die Garantien der EMRK immer mitzudenken sind, jedenfalls überall dort, wo nicht das noch speziellere Unionsrecht verbindlichen Anwendungsvorrang findet, wie er vom Bundesverfassungsgericht in nachstehend verlinktem Thema ebenfalls bestätigt ist.

BVerfG 1025/84 - Anwendungsvorrang Unionsrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,36097.0.html

Nachtrag:

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html

Zitat
Art 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
[...]

Art 20
[...]
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
[...]

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
in der Fassung der Protokolle Nr. 11, 14 und 15 *

https://rm.coe.int/1680a6eaba

Zitat
Artikel 6 – Recht auf ein faires Verfahren
1 Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder – soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält – wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 16. Juli 2022, 20:00 von pinguin«
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Danke, @pinguin .
- Zutreffend durch dich gespürt, wie der Angriff nun zu führen ist,
- und die ausschlaggebenden Geschosse gesammelt
- und anwendungsfertig gestaltet.

Mit diesen 2 Seiten, auch wie farbig markiert, geht nun ein in de Texte der nächsten Streitphase bei obersten Gerichten.

Allerdings lasse ich den Text des EGMR-Artikels weg, das trifft unser Thema nicht. Die EMRK muss ich noch sichten, was da verletzt sein könnte in unserem Kontext des rechtlichen Gehörs.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 18. Juli 2022, 01:59 von Bürger«
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  • Beiträge: 7.316
Die EMRK muss ich noch sichten, was da verletzt sein könnte in unserem Kontext des rechtlichen Gehörs.
In jedem Falle Art 10 EMRK zur Informations- und Meinungsfreiheit, da es ja auch bereits dort heißt "without interference by public authority", bzw. "ohne behördliche Einflußnahme". Und dazu wiederum hat es ja ein Spezialthema im Forum, das sich mit dem Art 10 EMRK befasst, als auch eine Entscheidung des EuGH.

EuGH C-260/89 - Rundfunk - Keine Maßnahme rechtens, die Art 10 EMRK mißachtet
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35024.msg212248.html#msg212248

Über den Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22126.msg215615.html#msg215615
(Link führt zu #147).



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