Interessant ist eine die Bundesrepublik Deutschland betreffende Entscheidung des EuGH, die besagt, daß "technische Vorschriften" für die Dienste der Informationsgesellschaft der Vorlage und Notifizierung durch die EU-Kommission benötigen und ohne diese national gegenstandslos sind.
Damit dürften auch die Rundfunkverträge mangels Notifizierung in weiten Teilen seit Urteilsverkündung am 12. Sept. '19 irrelevant sein.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die es ausschließlich gewerblichen Betreibern von Suchmaschinen und gewerblichen Anbietern von Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten, verbietet, Presseerzeugnisse oder Teile hiervon (ausgenommen einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte) öffentlich zugänglich zu machen, im Sinne dieser Bestimmung eine „technische Vorschrift“ darstellt, deren Entwurf der Europäischen Kommission gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 98/34 in der durch die Richtlinie 98/48 geänderten Fassung vorab zu übermitteln ist.
Rn. 39Soweit eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende speziell auf die Dienstleistungen der Informationsgesellschaft abzielt, ist der Entwurf einer technischen Vorschrift nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34 der Kommission vorab zu übermitteln. Ist dies nicht geschehen, kann nach ständiger Rechtsprechung die Unanwendbarkeit einer innerstaatlichen technischen Vorschrift, die nicht gemäß dieser Bestimmung mitgeteilt worden ist, in einem Rechtsstreit zwischen Privaten geltend gemacht werden (Urteil vom 27. Oktober 2016, James Elliott Construction, C-613/14, EU:C:2016:821, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Jeder Private kann sich auf die Ungültigkeit einer notifizierungspflichtigen, aber nicht notifizierten Vorschrift berufen; cool nicht? Kommt aber noch dicker
Rn. 28Bezüglich der Frage, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung eine „Vorschrift betreffend Dienste“ im Sinne von Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 98/34 darstellt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein „Dienst“ gemäß Art. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie definiert wird als „eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung“..
Jede Vorschrift für eine auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung, also via Internet, ist eine "technische Vorschrift", die der Notifizierungspflicht unterfällt? Das gilt doch dann auch für audio-visuelle Mediendienste auf Abruf?
Rechtssache C-299/17http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=217670&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=8498598In Erinnerung:
Ein Bundesgesetz ist eine vom Bund gesetzte Norm; siehe hierzu auch BVerfG 2 BvN 1/95, ergo ist ein Landesgesetz eine vom Land gesetzte Norm, die gemäß den EU-Vorschriften der Notifizierung bedarf, wenn sie als "technische Vorschrift" einzustufen ist?
Die in der Entscheidung des EuGH benannte Richtlinie ist jetzt offenbar nicht mehr in Kraft,
Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriftenhttps://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=celex:31998L0034weil es eine Nachfolgebestimmung hat:
RICHTLINIE (EU) 2015/1535 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 9. September 2015
über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (kodifizierter Text)https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX:32015L1535Und jetzt wird es interessant, denn diese Richtlinie nimmt Bezug auf die Richtlinie über audio-visuelle Mediendienste.
Artikel 1
[...]
(2) Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf:
a)
Hörfunkdienste;
b)
Fernsehdienste gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (6). [...]
Weiter heißt es:
ANHANG I
[...]
3. Nicht „auf individuellen Abruf eines Empfängers“ erbrachte Dienste
Dienste, die im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuellen Abruf gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von einzelnen Empfängern erbracht werden (Punkt-zu-Mehrpunkt-Übertragung):
a)
Fernsehdienste (einschließlich zeitversetzter Video-Abruf) nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2010/13/EU;
b)
Hörfunkdienste;
c)
Teletext (über Fernsehsignal).
Dieses heißt also dann im Umkehrschluß, daß außer Hörfunk und den Fernsehdiensten nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2010/13/EU alle anderen Mediendienste und damit auch die Vorschriften dafür von der Richtlinie, aus der vorstehend zitiert wurde, erfasst werden und Notifizierungspflicht besteht.
Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2010/13/EU lautet:
Artikel 1
(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
[...]
e) „Fernsehprogramm“ (d. h. ein linearer audiovisueller Mediendienst) einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den zeitgleichen Empfang von Sendungen auf der Grundlage eines Sendeplans bereitgestellt wird;
[...]
RICHTLINIE 2010/13/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 10.März 2010
zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)
(kodifizierte Fassung)https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1440190481646&uri=CELEX:02010L0013-20100505Das nationale Rundfunkregelwerk wird damit noch unendlich komplizierter, weil Vorschriften für beispielsweise
Artikel 1
(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
[...]
g) „audiovisueller Mediendienst auf Abruf“ (d. h. ein nichtlinearer audiovisueller Mediendienst) einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird;
[...]
demnach der Notifizierung bedürfen?
Um die nun entstehende Verwirrung noch zu vervollständigen; ja, es hat auch noch eine Verordnung
VERORDNUNG (EU) Nr. 1025/2012 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 25. Oktober 2012
zur europäischen Normung, zur Änderung der Richtlinien 89/686/EWG und 93/15/EWG des Rates sowie der Richtlinien 94/9/EG, 94/25/EG, 95/16/EG, 97/23/EG, 98/34/EG, 2004/22/EG, 2007/23/EG, 2009/23/EG und 2009/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung des Beschlusses 87/95/EWG des Rates und des Beschlusses Nr. 1673/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rateshttps://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1572408289647&uri=CELEX:02012R1025-20151007die die Richtlinie, auf die sich der EuGH bezieht, einbezieht und ändert, wie sie auch durch jene hier zitiert Richtlinie (EU) 2015/1535 geändert wird.
Kurios, daß eine Richtlinie eine Verordnung ändern kann und die Verordnung zusätzlich weiterhin in Kraft bleibt, da nur Artikel 26 Absatz 2 der Verordnung aufgehoben worden ist, der folglich in dieser Verordnung auch nicht mehr enthalten ist; der volle Wortlaut der Verordnung ist also gültig.
Zur Erinnerung:
Während die Richtlinie der nationalen Umsetzung bedarf, ist die Verordnung auch ohne diese unmittelbar bindend.
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)
Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;
- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;
- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;