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Autor Thema: Länder wollen am klassischen Rundfunkbegriff festhalten  (Gelesen 1654 mal)

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medienpolitik.net      20.08.2018

„Die DNA des Staatsvertrages würde sich verändern“
Länder wollen am klassischen Rundfunkbegriff festhalten

Interview mit Axel Wintermeyer (CDU), Staatsminister und Chef der Hessischen Staatskanzlei
Zitat
Seit geraumer Zeit findet eine medienpolitische Debatte darüber statt, ob der aktuelle Rundfunkbegriff und das daran anknüpfende Zulassungsregime zur Regulierung audiovisueller Internet-Bewegtbild-Angebote noch zeitgemäß ist. Diskutiert wird darüber, ob das im Rundfunkbegriff (§ 2 RStV) enthaltene Tatbestandsmerkmal der Linearität („zeitgleich“ und „entlang eines Sendeplans“) noch handhabbar und praktikabel ist und ob die Zulassungspflicht durch eine bloße Anzeigepflicht ersetzt werden sollte. Die deutsche Definition von Rundfunk wird aber durch EU-Beschlüsse beeinflusst. So steht die Novellierung der AVMD-Richtlinie kurz vor dem Abschluss. Die novellierte Richtlinie wird wie bisher zwischen audiovisuellen Mediendiensten (also „Fernsehen“ im herkömmlichen Sinne) und Mediendiensten auf Abruf unterscheiden und so an der Linearität zur Kennzeichnung von Rundfunk festhalten. Wie Axel Wintermeyer, Chef der hessischen Staatskanzlei, in einem medienpolitik.net-Gespräch betont, müsste die EU-Richtlinie im jeweiligen Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Deshalb mache es keinen Sinn, die Systematik des Rundfunkstaatsvertrags, die mit der bisherigen wie der künftigen AVMD-Richtlinie kompatibel sei, zu verändern. „Für das Phänomen Rundfunk müssten wir nämlich, selbst wenn wir den Rundfunkbegriff auf nationaler Ebene weiter fassen würden, weiterhin genau die materiellen Regelungen treffen, die durch die AVMD-Richtlinie vorgezeichnet werden.“
Zitat
medienpolitik.net:Aber im Entwurf heißt es: „Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans mittels Telekommunikation.“ Ist die Verbreitung über „Telekommunikation“ dazu nicht ein Widerspruch?

Axel Wintermeyer: Nein, das ist kein Widerspruch. In § 3 Nr. 22 des Telekommunikationsgesetzes wird der Begriff der Telekommunikation als „der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen“ definiert. Genau um diesen Vorgang geht es. Ob hierfür ein anderer, weniger missverständlicher Begriff verwandt werden könnte, wird nach Auswertung der Online-Anhörung auf Fachebene nochmals erörtert werden. Inhaltlich dient der Regelungsvorschlag allein dazu, den fernmeldetechnisch veralteten Begriff „unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen“ durch eine neutralere Formulierung zu ersetzen.
Zitat
medienpolitik.net: Damit müssen Rundfunkangebote weiterhin eine Lizenz beantragen, wenn sie nicht unter die Bagatellregelung fallen. Warum wird die Zulassungspflicht nicht durch eine Anzeigepflicht ersetzt?

Axel Wintermeyer: Das Zulassungserfordernis für den privaten Rundfunk entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend BVerfGE 57,295 (319 ff.)) und wurde durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2017 (BVerwG 6 C 42.16) erst unlängst als wichtiger Bestandteil des Ausgestaltungsauftrags der Länder bestätigt. Insofern darf schon bezweifelt werden, ob eine vollständige Preisgabe des Zulassungserfordernisses verfassungsrechtlich überhaupt zulässig wäre. Bei Ersetzung der Zulassungspflicht durch eine Anzeigepflicht würden die Landesmedienanstalten Handlungsoptionen verlieren: die Möglichkeit, eine Zulassung zu widerrufen oder zurückzunehmen, würde entfallen. Es würde sich auch die DNA des Rundfunkstaatsvertrags insgesamt verändern. Der Rundfunkstaatsvertrag macht die Zulassung bisher zum Dreh- und Angelpunkt der Rechte und Pflichten privater Rundfunkveranstalter. Die Zulassung fungiert darüber hinaus auch als ordnungspolitisches Steuerungsinstrument – etwa im Verhältnis der Regional- oder Drittsende-Fensterveranstalter gegenüber dem Hauptveranstalter. Bei Wegfall dieses Instruments dürften Kollateralschäden eintreten, die gesetzgeberisch nur schwer zu kitten sein dürften. Die Normierung einer bloßen Anzeigepflicht würde schließlich absehbar erhebliche Rechtsunsicherheit nach sich ziehen: Welche Konsequenzen knüpfen sich wann an die erfolgte Anzeige? Kann schon derjenige die Rechte eines Rundfunkveranstalters beanspruchen, dessen Angebot noch gar nicht daraufhin überprüft wurde, ob es sich überhaupt um Rundfunk oder um ein Telemedium handelt? Nach allem vermute ich, dass die Anzeigepflicht für die Landesmedienanstalten keine Erleichterung brächte. Auch für den jeweiligen Anbieter dürfte sie keinen realen Vorteil gegenüber einem gestrafften und vereinfachten Zulassungsverfahren bieten.
Zitat
medienpolitik.net:Was sind „rundfunkähnliche Telemedien“?

Axel Wintermeyer: Der Begriff der „rundfunkähnlichen Telemedien“ wurde von der AG Plattformregulierung (Vorsitz: Nordrhein-Westfalen) in den Staatsvertragsentwurf eingebracht. In § 2 Abs. 2 Nr. 12 StV-E ist eine ausführliche Legaldefinition des Begriffs vorgesehen. Ein rundfunkähnliches Telemedium ist hiernach „ein Telemedium mit Inhalten, die nach Form und Inhalt hörfunk- oder fernsehähnlich sind und die aus einem von einem Anbieter festgelegten Inhaltekatalog zum individuellen Abruf zu einem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt bereitgestellt werden; Inhalte sind insbesondere Hörspiele, Spielfilme, Serien, Reportagen, Dokumentationen, Unterhaltungs-, Informations- oder Kindersendungen“. Rundfunkähnliche Telemedien sind z.B. Mediatheken oder Online-Videotheken.
Weiterlesen auf :
http://www.medienpolitik.net/2018/08/rundfunk-die-dna-des-staatsvertrages-wuerde-sich-veraendern/



Siehe auch :
ZDF-Intendant Bellut begrüßt Änderung der AVMD-Richtlinie
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28073.0

Positionierung der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) zur privilegierten Auffindbarkeit von public value-Angeboten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28325.0

Online-Umfrage: Bürger sollen sich an Medienstaatsvertrag beteiligen (heise.de)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28233.0.html

Der (neue?) "Rundfunkbegriff" gem. Diskuss.-Entw. „Medienstaatsvertrag“ 2018
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28239.0.html

Medienstaatsvertrag: Bürger können noch länger am neuen Rundfunkrecht mitwirken
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28400.0


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 21. August 2018, 00:33 von Bürger«

 
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