Aktuelles > Pressemeldungen Verhandlung BVerfG 05/18
Gegenleistung für einen „gesamtgesellschaftlichen Vorteil“: Das BVerfG-Urteil..
ChrisLPZ:
verfassungsblog.de, 19.07.2018
Gegenleistung für einen „gesamtgesellschaftlichen Vorteil“:
Das BVerfG-Urteil zum Rundfunkbeitrag
Von Simon Kempny (Professor für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Universität Bielefeld)
--- Zitat ---[…]
Auf drei Verfassungsbeschwerden von Privatleuten und eine von einem gewerblichen Kraftwagenvermietungsunternehmen hin erklärte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 18. Juli 2018, 1 BvR 1675/16 u. a., die Vorschriften über den Rundfunkbeitrag für im wesentlichen verfassungsgemäß. Lediglich die Höherbelastung von Inhabern von mehr als einer Wohnung hielten die Richter für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Als erste Frage im Rahmen seiner Begründetheitsprüfung spricht der Senat die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die Vorschriften über die Erhebung des Rundfunkbeitrags an (Rn. 50 ff.). Das ist, streng genommen, nicht ganz kunstgerecht. Denn entscheidend für die Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde ist einzig und allein, ob der Beschwerdeführer durch den unmittelbaren Beschwerdegegenstand in seinen Grund- oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt ist (S. Kempny, Der Staat 53 [2014], 577 [614]).
Diesem dogmatischen Befund Rechnung zu tragen versäumt der Senat in zweifacher Weise:
Erstens prüft er den mittelbaren Beschwerdegegenstand (die Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages und die Zustimmungsmaßnahmen der Länder) vor dem unmittelbaren (den fachgerichtlichen Entscheidungen);
zweitens prüft er die Gesetzgebungszuständigkeit wie bei einer Normenkontrolle, ohne die Verbindung zu einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht herzustellen, obschon doch ein Verstoß gegen Art. 70 ff. GG oder Art. 105 GG an sich keinesfalls zur Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde führt. […]
Rundfunkbeitrag keine Steuer
[…]
Gleichheitsgerechtigkeit mit Fragezeichen
[…]
Verfassungsrichterliche Wertschätzung des öffentlichrechtlichen Rundfunks
[…]
--- Ende Zitat ---
Weiterlesen auf:
https://verfassungsblog.de/gegenleistung-fuer-einen-gesamtgesellschaftlichen-vorteil-das-bverfg-urteil-zum-rundfunkbeitrag/
Weitere Artikel und Links zum BVerfG-Urteil vom 18.07.2018 siehe u.a. unter
BVerfG-Urteil vom 18.7.: Juristische Abhandlungen und Kommentare [Sammelthread]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28254.0.html
observer:
--- Zitat --- Verfassungsrichterliche Wertschätzung des öffentlichrechtlichen Rundfunks
--- Ende Zitat ---
Passend auf den Punkt gebracht.
NichtzahlerKa:
Ich habe zu diesem Gegenleistungsprinzip mal eine ganz grundätzliche Frage. Wo steht das?
Die Länder haben verschiedene Landesgebührengesetze. LGebG heißt es z.B. in BW, es enthält aber keine Beiträge. Im Gegensatz dazu ist das Gesetz über Gebühren und Beiträge in Berlin offenbar auch für Beiträge geltend. Auch der Anwendungsbereich ist völlig heterogen formuliert, enthält aber meines Erachtens die Rundfunkanstalten.
Kann ich mich bei Festsetzungsbescheiden etc. auf diese Gesetze berufen, auch wenn sie z.B. nur über Gebühren und Auslagen sprechen? In BW und RLP muss die "die kostenpflichtige Amtshandlung" genannt werden, im Festsetzungsbescheid stehen aber immer nur Wohnungen.
Sind Zahlungen der Rundfunkanstalten an Produktionsfirmen "Auslagen"?
Ich habe im Forum bisher kaum etwas über diese Gesetze gefunden und finde das alles ziemlich verwirrend. Es wäre aber wichtig zu wissen, ob man sich an den dort definierten Maßstäben orientieren kann, um z.B. die viel zu große Höhe des Beitrags und andere Leistungsfehler anzugreifen.
Frühlingserwachen:
Kommentar zum Artikel vom 19.07.18 im Verfassungsblog
--- Zitat ---Der Titel des Urteils hätte richtigerweise lauten müssen:
Im Namen meines Bruder ergeht gegen das deutsche Volk folgendes Urteil!
Nach diesem Urteil können Bund, Länder und Kommunen Abgaben definieren, die von ALLEN zu zahlen sind.
Auf eine Nutzung, Nutzungsmöglichkeit oder Bedarf kommt es nicht mehr an.
Bei einem Vergleich zu früheren Urteilen bemerkt man den Zick-Zack-Kurs des Gerichtes.
Z.B. die Gegenleistung: mal gibt es sie, mal nicht.
Wenn es einen Vorteil geben soll, muss es auch einen Nachteil geben.
Nachteil durch den öR ist Geldverlust.
Vorteile gibt es keine.
Und wo bitte steht im GG, dass es eine öR geben soll und dieser zu finanzieren ist?
--- Ende Zitat ---
Herr Kirchhof kann sich nun in den Ruhestand verabschieden, nachdem er ein rein politisches Gefälligkeitsurteil verkündet hat.
Und die Kirchhofdynastie darf sich erst mal beim nächsten Familientreffen gegenseitig auf die Schulter klopfen, wie man doch in den letzten Jahren das Rundfunkbeitragliche entscheidend mitgestaltet hat.
Das ist allerdings nur eine Momentaufnahme. Und die kritischen Fragen zu diesem unhaltbaren Urteil werden nicht weniger werden. Auch dieses Urteil ist nicht für alle Ewigkeit. Hochmut kommt vor dem Fall.
LECTOR:
Lesenswerter Kommentar eines Rechtsprofessors, da auf allerlei Fragwürdigkeiten des Urteils hingewiesen wird:
--- Zitat ---Gegen die neue Abgabe wurden schon vor ihrer Einführung im Schrifttum vielerlei verfassungsrechtliche Einwände erhoben, teils staatsorganisationsrechtlicher, teils grundrechtlicher Art.
[...]
Als erste Frage im Rahmen seiner Begründetheitsprüfung spricht der Senat die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die Vorschriften über die Erhebung des Rundfunkbeitrags an (Rn. 50 ff.). Das ist, streng genommen, nicht ganz kunstgerecht. Denn entscheidend für die Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde ist einzig und allein, ob der Beschwerdeführer durch den unmittelbaren Beschwerdegegenstand in seinen Grund- oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt ist (S. Kempny, Der Staat 53 [2014], 577 [614]). Diesem dogmatischen Befund Rechnung zu tragen versäumt der Senat in zweifacher Weise: [...] Die hier zu schlagende Brücke zur Entscheidungserheblichkeit des Staatsorganisationsrechts ist das Grundrecht der Allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG, denn dieses schützt auch davor, zur Entrichtung kompetenzwidriger Abgaben herangezogen zu werden. [...]
--- Ende Zitat ---
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