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Begründung Widerspruch/ Klage nach BVerfG-Urteil vom 18.07.2018?

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Kolllwitz:
Hallo,

Person A ist gerade mal wieder dabei einen Widerspruch auf Feststellungsbescheid Festsetzungsbescheid zu verfassen.

Aber was kann man jetzt noch schreiben angesichts des heutigen (18.07.2018) Urteils des BVerfG***?

Sind die hier im Forum veröffentlichen Muster für Widersprüche nunmehr überholt?
Zumindest was die Berufung auf deutsche Grund - und andere Rechte betrifft?

Vielen Dank


***Edit "Bürger" - zum betreffenden Urteil siehe bitte u.a. auch unter

BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 - Rn. (1-157),
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html

Pressemeldungen: Rundfunkbeitrag im Wesentlichen verfassungsgemäß
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28121.0.html

Urteil BVerfG 18.7.: RBeitr bis auf Zweitwohnungen verfassungsgemäß > Diskussion
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28119.0.html

BVerfG-Urteil vom 18.7.: Juristische Abhandlungen und Kommentare [Sammelthread]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28254.0.html

Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28153.0.html

Stolperfalle für den ÖRR: Die Zweitwohnungsbefreiung. Die Ungereimtheiten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28203.0.html

VG regt an, nach BVerfG-Urteil 18.7.18 die Rücknahme der Klage zu prüfen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28251.0.html

Grit:
Du kannst z.B. versuchen, die Vollstreckungsvoraussetzungen (Zahlungsfälligkeit, Zahlungsaufforderung) anzugreifen. Das BVerfG hat sich ja "nur" zur Beitragspflicht geäußert.

Und ja, die Zurwehrsetzungen und den Verwaltungsaufwand zu den "Festsetzungsbescheiden" hat man mit dem heutigem Urteil natürlich auch minimiert, also mehre Fliegen mit einer Klappe geschlagen sozusagen. Nicht auszudenken die vielen Arbeitspätze, die damit natürlich alles weiterhin am Fließband laufen lassen dürfen..... 8)
Die LRA machen es sich inzwischen ja schon einfach, indem sie in ihren aktuellen Widerspruchsbescheiden auf die davor erstellten verweisen. Es heißt dann eben einfach:

--- Zitat ---Wir verweisen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom XXXX. Die nochmalige Prüfung der vorliegenden Sach- und Rechtslage führt zu keiner anderen Entscheidung, als der im Widerspruchsbescheid des XXXX vom [Datum] getroffenen. Wir verweisen daher vollinhaltlich auf den vorgenannten Widerspruchsbescheid.
--- Ende Zitat ---

In deren Widerspruchsbescheiden wird sich ja eh nur mit dem RBStV befasst und deren Verfassungsmäßigkeit. Deshalb immer der obligatorische Satz:

--- Zitat ---Sie wenden sich gegen die Erhebung und Festsetzung von Rundfunkbeiträgen für Ihre Wohnung, weil Sie den Rundfunkbeitrag aus verschiedenen Gründen für verfassungswidrig halten.
--- Ende Zitat ---

Das ist eine Unterstellung, denn das hat man ja gar nicht getan, sondern  eben ganz andere Einwendungen erhoben (z. B. die der Vollstreckungsvoraussetzungen) Auf diese wird aber gar nicht erst eingegangen. Wahrscheinlich, um eine Klage zum VG zu provozieren, welche ja dann nicht nur von den LRA abgewiesen wird... :-[

weba:
Hallo,

mir geht's genau so. Ich muss auch wieder einen Widerspruch absenden und brauche Klagegründe.

In meiner letzten Klage, die gegenwärtig noch läuft, habe ich zwei Punkte die durch das aktuelle Urteil vielleicht noch nicht erschlagen sind:

1. Widerlegbarkeit der Regelvermutung

In dem Rechtsgutachten vom älteren Kirchof heißt es dazu

--- Zitat ---Der Bewohner einer in einem Funkloch gelegenen Alpenhütte oder der Wohnsitzinländer, der sich in einer für den Vermutungsmaßstab erheblichen Zeit – ein Jahr – ständig im Ausland aufhält, werden unter Hinweis auf das Erfordernis der Realitätsnähe des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes einwenden, dass die gesetzliche Typisierung ihren Sachverhalt nicht träfe, also widerlegbar sein müsse
--- Ende Zitat ---

Das Urteil vom jüngeren Kirchof sagt doch nur:

--- Zitat ---Hinsichtlich der Beitragserhebung im privaten Bereich sei das Abstellen allein auf die Möglichkeit des Rundfunkempfangs zulässig
--- Ende Zitat ---

Aber das ist doch nicht gleichbedeutend mit 'Ich wohne also guck ich'. Die widerlegbare Regelvermutung muss doch im Staatsvertrag ausgestaltet sein, sodass man sich auf Paragraph xy beziehen kann, um sich zu befreien (z.B. wegen einem Funkloch).

2.  Der Rundfunkbeitrag enthält einen unzulässigen Sozialbeitrag
Das Gutachten empfiehlt:

--- Zitat ---Das Erfordernis eines einfachen, die Privatsphäre schonenden Vollzugs legt nahe, die Beitragslast allgemein zu erheben, aber im Sozialrecht auszugleichen. In dem Statistikmodell erscheint die Erhöhung des Wohngeldes um den Rundfunkbeitrag geboten, weil dieses das tatsächliche Konsumverhalten erfasst, in diesem aber bisher eine Gebührenbefreiung üblich war.
--- Ende Zitat ---

Der Staatsvertrag sieht vor, dass sich Bedürftige befreien lassen dürfen. Das findet auch im Urteil Erwähnung. Wie passt das mit überhaupt mit dem neuen Datenschutzrecht zusammen? Muss ich mich vor dem Beitragsservice als ALG2-Bezieher 'outen', wo dieser doch nicht mal eine Behörde ist?

Dazu gibt es einen Aufsatz in der Fachzeitschrift 'Die Öffendliche Verwaltung, März 2015': "Finanzierungverantwortung jenseits des Steuerstaates- Überlegungen zu den Grenzen des Rundfunkbeitrages", Abschnitt (d). Wie sieht es mit der Finanzierung  beitragsfremder Leistungen, die aber nach Rundfunkstaatsvertrag ausdrücklich geleistet werden, Abschnitt (b).

Macht das nicht den Rundfunkstaatsvertrag noch immer anfechtbar? Kann man auf Basis dessen nicht trotzdem Widersprechen/ Klagen?

Gibt es Meinungen dazu?

NichtzahlerKa:
Ich sehe ganz klar zwei Schienen:
[
--- Zitat von: weba am 19. Juli 2018, 21:14 ---Wie sieht es mit der Finanzierung  beitragsfremder Leistungen, die aber nach Rundfunkstaatsvertrag ausdrücklich geleistet werden, Abschnitt (b).
--- Ende Zitat ---
Außerdem alles Was im Urteil in den ersten zwei längeren Passagen als Voraussetzung für den Vorteil steht (und nicht geprüft wurde).
Siehe auch:
Karlsruhe erklärt Zweitwohnungs-Rundfunkbeitrag für verfassungswidrig, Telepolis (heise.de), 18.07.2018
https://www.heise.de/tp/features/Karlsruhe-erklaert-Zweitwohnungs-Rundfunkbeitrag-fuer-verfassungswidrig-4114036.html
bzw.
Pressemeldungen: Rundfunkbeitrag im Wesentlichen verfassungsgemäß
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28121.msg176975.html#msg176975

Der Beitrag ist theoretisch "Verfassungskonform", aber ob die notwendige Leistung überhaupt erbracht wurde, wurde heute nicht geprüft. Der "Binnenpluralismus" hat als Konzept völlig versagt. Das ist wie "Straßenausbaubeiträge sind Verfassungskonform" ... Wenn bei Dir aber eine Flugzeuglandebahn gebaut wurde, musst Du die noch lange nicht bezahlen.
 
Passend dazu: https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28168.msg177288.html#msg177288 ;)

Edit: Verwaltungsgerichte verweigern aus Faulheit in der Regel diese Argumente anzunehmen, also kann man gleich wieder prima zur Verfassungsklage übergehen... Aber Beweisanträge stellen ist sicher eine lustige Sache in so einem Verfahren.

Kolllwitz:
Vielen Dank für die Anregungen.

Leider ist Person A aber kein Jurist und daher nicht in der Lage allein aus Stichworten wie "Vollstreckungsvoraussetzungen", "Widerlegbarkeit der Regelvermutung", "unzulässiger Sozialbeitrag" und "beitragsfremde Leistungen" eine Klage vor dem Verwaltungsgericht zu formulieren. Person A muss wohl darauf hoffen daß im Forum möglichst bald wieder Musterklagen gepostet werden.

Ich vermute Person A kann erst einmal Frist wahrend ohne weitere Begründung Widerspruch einlegen und Aussetzung der Vollziehung beantragen? In welcher Frist muss die Begründung des Widerspruchs nachgereicht werden?

Vielen Dank

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