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Autor Thema: Prof. Dr. Kühling in Gersdorf/Paal: Die Dogmatik der Rundfunkfreiheit ...  (Gelesen 1816 mal)

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Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, Rn.94-99
Stand: 01.05.2016

Die Dogmatik der Rundfunkfreiheit im Lichte des veränderten Realbereichs
von Prof. Dr. Jürgen Kühling (Universität Regensburg)

Zitat von: Prof. Dr. Jürgen Kühling
Rn 94:
[...] Eine Gesamtbetrachtung der Auslegung der Medienfreiheiten durch das BVerfG vermittelt hier letztlich vielmehr den Eindruck einer überbordenden Interpretation der Gewährleistungsdogmatik als Kern der Rundfunkfreiheit unter Zurückdrängung der subjektivrechtlichen Komponenten, die im seltsamen Kontrast zu einer diesbezüglich starken Zurückhaltung bei den übrigen Medienfreiheiten steht.

Zitat von: Prof. Dr. Jürgen Kühling
Rn 96:
Fragwürdige Grundannahmen des BVerfG. In einer Gesamtschau der Urteile fällt jedenfalls auf, dass das Gericht an entscheidenden Stellen von folgenschweren Annahmen ausgeht, die keineswegs zwingend erscheinen. Dies gilt etwa für die pauschale Behauptung, dass die privaten Rundfunkanbieter letztlich nicht für eine hinreichende Absicherung des Pluralismus Sorge tragen können. [...] Dies mag noch im Zeitalter von zwei oder drei werbefinanzierten Rundfunkprogrammen der Fall gewesen sein. Angesichts der Existenz einer Vielzahl frei verfügbarer Programme privater Veranstalter ist diese These aber keinesfalls mehr evident. So dürften die beiden privaten Senderfamilien gegenwärtig durchaus ein hohes Maß an Pluralität gewährleisten und umgekehrt ist die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keineswegs konsequent auf die Vermeidung einer primären Ausrichtung auf Massenattraktivität der Sendeinhalte ausgerichtet, wie mit Blick auf die Sportinhalte besonders deutlich wird (->Rn. 84). [...]

Zitat von: Prof. Dr. Jürgen Kühling
Rn 97:
Skepsis gegenüber einer hinreichenden Anpassungsoffenheit. Jedenfalls wundert es nicht, dass im Bereich der zentralen Aufgabe der Pluralismussicherung trotz einer verbalen Rückkoppelung die hinreichende Verarbeitung der Änderungen in der Verfassungswirklichkeit bezweifelt wird. Besonders massive Kritik hat der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums bereits in einem Gutachten vom November 1999 an der Rundfunkrechtsprechung des BVerfG geübt: Sie gehe von einem verfehlten normativen Ausgangspunkt aus, lege unrealistische Verhaltensannahmen zugrunde, berücksichtige die veränderte Wirklichkeit nicht angemessen und führe letztlich zu einer anachronistischen Überregulierung des Rundfunks (vgl. das Gutachten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Offene Medienordnung, 2000). Diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen. [...]

Zitat von: Prof. Dr. Jürgen Kühling
Rn 99:
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die verfassungsgerichtlich imprägnierte positive Einschätzung öffentlich-rechtlich organisierter Leistungsbereitstellung mit einer größeren Skepsis zu betrachten ist. Das wurde auf tragische Weise bei den Schleichwerbeskandalen in den Jahren 2002 und 2003 deutlich, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein geradezu groteskes Ausmaß an mangelnder Neutralität, entfesseltem Gewinnstreben und korruptiven Strukturen offenbart haben, die vergleichbare Skandale im Privatfernsehen durchaus in den Schatten gestellt haben. [...]

Leseprobe (Buch):
https://beckassets.blob.core.windows.net/product/readingsample/13152382/gersdorf-informations--medienrecht-9783406661969.pdf

Weiterlesen: (Einzelartikel, nicht frei verfügbar)
https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata%2fkomm%2fBeckOKInfoMedien_19%2fGG%2fcont%2fBECKOKINFOMEDIEN%2eGG%2eA5%2eglB%2eglIV%2egl8%2ehtm

Prof. Dr. Jürgen Kühling:
http://www.uni-regensburg.de/rechtswissenschaft/oeffentliches-recht/kuehling/team/prof-dr-juergen-kuehling-llm/index.html

Gutachten "Offene Medienordnung":
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/offene-medienordnung.html

Hinweis:
überbordend = über das normale [und erträgliche] Maß hinausgehend
Quelle: https://www.duden.de/rechtschreibung/ueberbordend


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  • Beiträge: 810
Der Unterschied zwischen Prof. Kühling und Prof. Dörr ist, dass Kühling keine Funktionen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgeübt hat. Im Gegensatz dazu ziehen die Ausführungen Dörrs geradezu überdeutliche Schleimspuren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinter sich her, die einer wissenschaftlich-neutralen Haltung entgegenstehen. Hier gilt der alte Grundsatz: Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing'.


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Hier eine Verlinkung zu einem Artikel von Prof. Dr. Kühling aus der FAZ 2014

Unsere Sender, unsere Richter - Aktualisiert am 09.02.2014-16:18
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,8556.msg60599.html#msg60599


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„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

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  • ...ceterum censeo, paludem esse siccandam
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Hallo!

Manchmal kommt mir die Vermutung, es könnte sich nach jahrzehntelanger Kritik am örR um eine konzertierte Aktion handeln: der örR hat sich mit seiner Wunschkonzert-Gesetzgebung selber tief in die Sackgasse manöviert, jetzt kann man trotz Gezappel und Gezeter den Sack "einfach" zumachen und das Experiment örR beenden.

Aber nur manchmal...

MfG
Michael


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- "Überflüssige Gesetze tun den notwendigen an ihrer Wirkung Abbruch." - Charles de Secondat, Baron de la Brède et de Montesquieu
- qui custodiet custodes manipulatores opinionis?
- Schönen Gruß vom saarländischen Dachdecker "Unsern ÖRR in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf"

 
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