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Öff.-rechtl. Rundfunk vs. Meinungsfreiheit - Verstoß gg. Art. 10 EMRK (EGMR)
Uwe:
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Prometheus - Das Freiheitsinstitut, 06.03.2018
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk vs. Meinungsfreiheit
von Dr. Helge Gondesen, Rechtsanwalt
--- Zitat ---Seit Einführung des flächendeckenden Zwangsbeitrages zur Finanzierung des staatlich organisierten Rundfunks im Jahr 2013 wehrt sich die Bevölkerung mit unzähligen Klagen. Diese richten sich gegen die Zahlung, ihre Höhe, die Art der Erhebung, die Frage, ob es sich um eine Steuer handelt, die Zahlungsmodalitäten, die Verwendung bzw. Verschwendung der Mittel etc. Das zugrundeliegende Problem ist jedoch das Betreiben der Öffentlichen selbst. Wenn man ein Recht des Staates anerkennt, ein System des öffentlichen Rundfunks zu betreiben –wie „staatsfern“ organisiert auch immer– dann muss der Staat auch die Mittel aufbringen dürfen, um diesen zu finanzieren. Wem ist gedient, wenn der Zwangsbeitrag abgeschafft, aber die Steuern entsprechend erhöht und das Ganze einfach aus allgemeinen Steuermitteln finanziert wird? Deshalb drängt sich auf zu betrachten, ob der Staat überhaupt berechtigt ist, einen quasi-staatlichen Rundfunk in dem vorhandenen Ausmaß zu betreiben und dessen Finanzierung durch die Bevölkerung zu erzwingen. [...]
Was sagt unsere Verfassung?
[...]
Dieses Grund- und Menschenrecht wird durch die Öffentlichen in rechtlicher und in tatsächlich-wirtschaftlicher Hinsicht stark eingeschränkt. In rechtlicher Hinsicht durch unzulässige Zulassungsvoraussetzungen. In tatsächlicher Hinsicht durch explosionsartig gewachsenes, permanentes Senden auf immer mehr Kanälen mit der Wirkung, ein wirtschaftliches Betreiben von Rundfunk durch Privatpersonen weitestmöglich zu verhindern. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat im TV, aber auch im Radio, in den letzten Jahren sein Programm drastisch erhöht und versucht mit gegenwärtig rund 100 Sendern, jede auch noch so kleine thematische Nische zu besetzen.
[...]
Der Konzentrationsdruck und die Programmgestaltung der Privaten wird maßgeblich durch das öffentlich-rechtliche Fernsehen verursacht und determiniert. Wenn ein privat veranstaltetes Sendeformat wirtschaftlich interessant wird, wird es häufig von den staatlich privilegierten Kollegen kopiert. Auf diese Weise wird den Privaten ein Marktanteil von der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz weggenommen mit dem Effekt, dass die privaten Veranstalter sich aus den wirtschaftlich nicht mehr tragfähigen Sendungen wieder zurückziehen müssen. Deshalb suchen die Privaten sich immer entlegenere, absurdere Nischen in diesem wirtschaftlichen Überlebenskampf. Eine Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk, wie sie Art. 10 EMRK und Art. 5 GG garantieren, ist in Deutschland nur ohne den staatlich privilegierten Rundfunk in seiner gegenwärtigen Form möglich.
[...]
Was sagt das Bundesverfassungsgericht?
[...]
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte:
[...]
Im November 1993 hat der EGMR im Fall „Informationsverein Lentia und andere“ entschieden, dass die Freiheit der Weitergabe von Meinungen durch Rundfunk nicht durch faktische Monopolisierung oder wirtschaftliche Behinderung seitens staatlicher Systeme eingeschränkt werden darf. Die Restriktionen durch staatliche Organisierung vermeintlicher Qualität und Ausgewogenheit der Programme („quality and balance of programme output“) durch Aufsichtsgremien („supervisory powers over the media“) ist wegen der technischen Entwicklung der vergangenen Dekaden nicht zu rechtfertigen und ein Verstoß gegen Art. 10. Diese Auffassung hat der EGMR nochmals bestätigt in der Entscheidung Telesystem Tyrol Kabeltelevision vom 9. Juni 1997 (ebenda, Fn.153). Eine Entscheidung zum deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht noch aus.
Es ist zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht unserem Land und unserer Freiheit einen Dienst erweist und den Öffentlichen endlich Grenzen aufzeigt. Sonst muss erneut der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte feststellen, dass Deutschland rechtsstaatliche Defizite aufweist.
--- Ende Zitat ---
Weiterlesen auf:
https://prometheusinstitut.de/oeffentlich-rechtlicher-rundfunk-vs-meinungsfreiheit/
Weitere Infos zu o.g., augenscheinlich sehr interessanten EGMR-Verfahren siehe u.a. unter
"EGMR Informationsverein Lentia und andere"
https://www.google.de/search?q=egmr+"Informationsverein+Lentia+und+andere"
"EGMR Telesystem Tyrol Kabeltelevision"
https://www.google.de/search?q=egmr+"Telesystem+Tyrol+Kabeltelevision"
Hinweis:
Hochinteressanter, tlw. geradezu spannender und damit auch weitestgehend kurzweilig zu lesender, umfangreicher Artikel...
...der wahrscheinlich sogar im Wortlaut jeder Klage beigefügt und sich "zu eigen gemacht" werden sollte ;) weil er die aktuellen Begleitumstände sehr gut darlegt, welche das krampfhaft verteidigte und stur ausgeweitete real existierende System des sog. "öffentlich-rechtlichen Rundfunks" nicht nur obsolet, sondern aus sich heraus bereits verfassungswidrig/ menschenrechtswidrig machen.
Ausdrückliche LESEEMPFEHLUNG!!!
drone:
--- Zitat ---Wem ist gedient, wenn der Zwangsbeitrag abgeschafft, aber die Steuern entsprechend erhöht und das Ganze einfach aus allgemeinen Steuermitteln finanziert wird? Deshalb drängt sich auf [...]
--- Ende Zitat ---
Ist m.E. eine Frage, die erst bei Beantwortung spannende und weiterführende Erkenntnisse liefern könnte. Diese bleibt der Autor aber - in Anbetracht ihrer rein rhetorischen Natur - leider schuldig...
--- Zitat ---[...] Lässt man die Äußerungen und Urteile der Richter und die Meinungen der sonstigen Vertreter des Staates einmal unbeachtet und betrachtet nur den Wortlaut der Verfassung und der dazugehörigen Menschenrechte, zeigt der neutrale juristische Befund: [...]
--- Ende Zitat ---
Kann man das denn so einfach? Als RA, und mit dem BVerfG ganz eng im Nacken?
--- Zitat ---Es ist zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht unserem Land und unserer Freiheit einen Dienst erweist und den Öffentlichen endlich Grenzen aufzeigt.
--- Ende Zitat ---
Ist das die richtige Zieladresse?
(Ich lerne täglich etwas Neues über unseren "Rechtsstaat"...)
ope23:
Ey, der verlinkte Aufsatz ist ja superhochinteressant, gerade auch im Hinblick auf das Gesamtbild
der Entscheidungen des BVerfG.
Tausend Dank! ;D ;D ;D
pinguin:
--- Zitat von: drone am 07. März 2018, 18:56 ---
--- Zitat ---Wem ist gedient, wenn der Zwangsbeitrag abgeschafft, aber die Steuern entsprechend erhöht und das Ganze einfach aus allgemeinen Steuermitteln finanziert wird? [...]
--- Ende Zitat ---
--- Ende Zitat ---
All jenen, die aufgrund ihrer Einkommenssituation gar keine Einkommenssteuern, bspw., zahlen würden, die sich also im Bereich des steuerfreien Existenzminimums befinden.
Markus KA:
--- Zitat ---"Mehrere Generationen von Richtern haben dabei im Laufe der Zeit widersprüchliche und logisch nicht nachvollziehbare Ansichten vertreten. "
--- Ende Zitat ---
Dem kann man nur zustimmen. Auch in den letzten Jahren wurden, aus welchen Gründen auch immer, wichtige Regelungen verschlafen. Man darf gespannt sein, wie das BVerfG den Karren wieder aus dem Sumpf ziehen wird.
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