Die Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an die Wohnung hat den Vorteil, dass für die Beitragserhebung nur ein Wohnungsinhaber (Bewohner) bekannt sein muss.
Aus der Perspektive der geldeintreibenden Verwaltung mag das stimmen. Das Motto lautet: "Ist uns doch egal, von wem wir die Kohle kriegen. Pecunia non olet." Damit verlässt die Verwaltung jedoch den Boden des geltenden Verwaltungsrechts: Der zur Zahlung herangezogene Bewohner einer Wohngemeinschaft (also eines Haushalts mit mehr als einem Bewohner) hat ein Interesse daran, von seinen Mitbewohnern anteilig Ausgleich verlangen zu können. Dafür ist die Feststellung der Gesamtschuldnerschaft erforderlich. Die Feststellung der Gesamtschuldnerschaft ist eine
behördliche Feststellung, die zwingend zu erfolgen hat. An dieser Stelle gilt der das gesamte Verwaltungsrecht beherrschende Untersuchungsgrundsatz ("Amtsermittlungsgrundsatz"), d.h. die Verwaltung ermittelt den abgabenrelevanten Sachverhalt von Amts wegen. Hat die Verwaltung Kenntnis darüber, dass ein Haushalt von einer Wohngemeinschaft bewohnt wird, ist die Abgabenfestsetzung lediglich gegenüber
einem der Mitbewohner meiner Ansicht nach rechtswidrig, weil die Verwaltung den Untersuchungsgrundsatz verletzt hat.
Dass die Verwaltung im Rahmen des
Erhebungsverfahrens über einen Ermessensspielraum verfügt, welchen der Gesamtschuldner sie im Rahmen dieses Ermessens zur Zahlung heranzieht, bedeutet nicht, dass die Gesamtschuldnerschaft im Rahmen des
Ermittlungsverfahrens gar nicht erst ermittelt werden muss. Letzteres ist allerdings bekanntlich gängige Verwaltungspraxis, die mit dem "Grundsatz der Verwaltungsvereinfachung" gerechtfertigt wird, dem Totschlagargument, wenn man von Seiten der Verwaltung sachlich keine weiteren Argumente hat. Oder hat schon mal jemand einen Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid gesehen, der gegenüber einer Gesamtschuldnerschaft festgesetzt wurde? Wenn ja, bitte berichten!
Ein personenbezogener Maßstab (“Pro-Kopf-Beitrag”) erforderte demgegenüber einen größeren Ermittlungsaufwand, ohne zu mehr als nur geringen Verschiebungen der individuellen Beitragsbelastungen zu führen
Da haben wir es wieder, das Totschlagargument der Verwaltungsvereinfachung.
Meine Frage in die Runde: Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens treffen den Abgabenpflichtigen bekanntlich Auskunftspflichten gegenüber der Verwaltung. Meine Vermutung ist folgende: Die Frage, wer mit wem wo in welchem Zeitraum in einem Haushalt zusammenlebt, ist in Bezug auf den Rundfunkbeitrag eine abgabenrelevante Auskunft, weil (meiner Ansicht nach) ermittelt werden muss, ob eine Gesamtschuldnerschaft vorliegt oder nicht. Diese Frage wird jedoch nicht gestellt, und so werden im Ergebnis sämtliche Beiträge lediglich gegenüber einem Einzelschuldner festgesetzt. Warum wird diese Frage, wer mit wem wo in welchem Zeitraum in einem Haushalt zusammenwohnt, nicht gestellt? Meiner Ansicht nach wird sie absichtlich nicht von der Verwaltung gestellt. Warum? Sie greift viel zu stark in die Privatsphäre des Bürgers ein, und dies wäre manchen Bürgern -zu Recht- aufgefallen. Damit aber die Geldeintreibungspraxis nicht ins Stocken gerät, setzt man ausschließlich gegenüber Einzelschuldnern fest.