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Autor Thema: Ausschuss-Bericht HH: "Telemedienauftrag"  (Gelesen 1898 mal)

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Ausschuss-Bericht HH: "Telemedienauftrag"
Autor: 24. Februar 2018, 12:52
BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache 21/12061, 16.02.2018

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien
über die Selbstbefassung „Telemedienauftrag“


Zitat
I. Vorbemerkung
Der  Ausschuss  für  Wirtschaft, Innovation  und  Medien  hatte die  Selbstbefassung  auf Antrag der SPD-Abgeordneten in seiner Sitzung am 11. Juli 2017 nach § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft einstimmig beschlossen und am 19. Dezember 2017 abschließend beraten.

II. Beratungsinhalt
Die  SPD-Abgeordneten  begründeten  ihren  Wu nsch,  das  Thema  zu  besprechen.  Die Bürgerschaft   habe   in   der   vorangegange nen   Wahlperiode   einen grundsätzlichen Beschluss  zum  Auftrag  der  öffentlich-rechtlichen  Medien  im  Zeitalter  der  Digitalisierung gefasst. Der Prozess der Anpassung habe die Wahlperiode überdauert und der Senat  verfolge  den  Auftrag  weiter.  Die SPD-Abgeordneten  wiesen  auf  die  aktuelle Diskussion  hin.  Darum  wünschten  sie, über  den  Sachstand  und  die  verschiedenen Linien der Diskussion informiert zu werden.

Die  Senatsvertreterinnen  und  -vertreter berichteten,  die  Ministerpräsidentinnen  und Ministerpräsidenten  hätten  im  Oktober  2013  und  im  Oktober  2014  das  gemeinsame Ziel  definiert,  den  sogenannten  Telemedienauftrag  des  öffentlich-rechtlichen  Rundfunks  zu  novellieren.  Hinter  dem  Ausdruck verberge  sich  die  Frage  danach,  was  die öffentlich-rechtlichen  Anstalten  im  Netz  t un  dürften.  In  der  alten  Medienwelt  habe  es einerseits eine privatwirtschaftlich organi sierte Presse gegeben, die in ihrem eigenen Marktsegment   mit   dem   Verkauf   von   Zeitungen   und   Zeitschriften   ein   klares Geschäftsmodell  gehabt  habe.  Andererseits  ha be  es  mit  den  öffentlich-rechtlichen Anstalten  einen  Markt  im  Bereich  der  audiovisuellen  Kommunikation  gegeben.  Diese beiden Bereiche träfen inzwischen mit ihren Angeboten im Netz aufeinander und sei- en  im  Zuge  der  medialen  Konvergenz  nicht  mehr  ohne  weiteres  zu  unterscheiden. Denn  die  öffentlich-rechtlichen  Anstalte n  könnten  Textangebote  präsentieren  und  die Presse  könne  bewegte  Bilder  anbieten. 
Im  Zuge  dessen  gebe  es  eine  Reihe  von Abgrenzungskriterien,  die  seinerzeit  fe stgelegt  worden  seien  und  bei  denen  es  maß- geblich  um  die  beihilferechtliche  Bewertung des  öffentlich-rechtlichen  Rundfunksys- tems  und  damit  seiner  europarechtlichen  Zulässigkeit  gehe.  Eines  der  bekanntesten Beispiele  sei  die  Beschränkung,  innerhalb  des  öffentlich-rechtlichen  Systems  regel- mäßig  Inhalte  nur  sieben  Tage  in  den  Mediatheken  vorzuhalten,  um  nicht  in  Konkur- renz zu anderen Medienangeboten zu treten und den Medienmarkt nicht über Gebühr aus beitragsfinanzierten Angeboten einseitig vorzustrukturieren. Darüber hinaus gebe es  Fragestellungen  im  Zusammenhang  mit  dem  Umgang  mit  presseähnlichen  Angeboten. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten hätten ihre Angebote kostenfrei anzubieten, da sie beitragsfinanziert seien.

Die Printmedien hingegen hätten ein Interesse daran, Bezahlmodelle  zu  implementieren.  Die  Verleger  hätten  im  Zusammenhang  mit  der Frage  der  so  entstehenden  Konkurrenzsit uation  zahlreiche  Interventionen  unternommen. Die  Senatsvertreterinnen  und  -vertreter wiesen  auf  eine  Verfassungsrechtsprechung hin,  die  dem  öffentlich-rechtlichen  Rundfunk  eine  sogenannte  Entwicklungsgarantie zuspreche. Denn es könne nicht richtig sein, ihn auf Dauer auf Verbreitungsangebote festzulegen,  die  letztlich  dazu  führen  würden,  dass  er  am  Markt  obsolet  werde.  Bei diesem  Urteil  sei  eine  auskömmliche  Finanzierung  ein  weiterer  Aspekt.  Die  Länder seien vor diesem Hintergrund gefordert zu überlegen, welche Möglichkeiten auf neuen digitalen Vertriebswegen bestünden, ein öff entlich-rechtliches Angebot empfangbar zu machen. Darüber sei in einer Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Bundeslandes Sachsen- Anhalt  ausführlich  diskutiert  worden. 

Eine Vielzahl  von  Veränderungen  sei  erörtert worden,  unter  anderem  zur sogenannten  Sieben- Tage-Regelung,  zur  Klassifizierung von sendungsbezogenen und nicht sendungsbezogenen Inhalten, zu der Möglichkeit, Angebote vor ihrer Ausstrahlung im linearen Fernsehen in der Mediathek vorzuhalten, zur Beauftragung eigenständiger audiovisueller Inhalte, die nicht für das lineare Fern- sehen,  sondern  primär  für  das  Netz  pr oduziert  würden,  zur  Nutzung  sogenannter Drittplattformen, zur Bereitstellung von Angebot en in der Mediathek, die nicht von den Anstalten selbst produziert worden seien, zu der Frage, ob Fußballspiele länger als 24 Stunden  auf  der  Mediathek  vorgehalten  we rden  dürften  sowie  zur  Präzisierung  der Norm zur sogenannten Presseähnlichkeit. Im Kreis der Länder habe lange Zeit Einig- keit darüber geherrscht, zu einer moderaten Weiterentwicklung in den verschiedenen Bereichen zu kommen.

Ziel sei es, die öffentlich-rechtlichen Anstalten in die Lage zu versetzen,  ihr  Publikum  unter  veränderten  medialen  Rahmenbedingungen  zu  finden. Im  Kreis  der  Länder  sei  ein  ursprünglich  ko nsentierter  Vorschlag  entwickelt  worden, der  allerdings  nicht  mehr  Konsens  gewesen  sei,  als  er  zur  Beratung  angestanden habe, weil das Land Sachsen-Anhalt einen veränderten Vorschlag in die Beratung der Rundfunkkommission  eingebracht  habe.  De rzeit  werde  im  Kreis  der  Länder  daran gearbeitet, erneut einen gemeinsamen Vorschl ag einzubringen. Die Ministerpräsiden- tinnen  und  Ministerpräsidenten  hätten  vereinbart,  auf  ihrer  Sitzung  am  31.  Januar 2018  über  einen  gemeinsamen  Vorschlag  zur  Veränderung  des  Telemedienauftrags zu  beraten,  der  Teil  des  22.  Rundfunkänderungsstaatsvertrags  werden  solle.  Dieser solle  insgesamt  ein  Modernisierungsstaat svertrag  werden,  der  sich  grundlegend  mit den  Fragen  von  Strukturen  und Auftrag  des  öffentlich-r echtlichen  Rundfunksystems, des  Telemedienauftrags  und  der  medienre gulatorischen  Einbindung  von  Plattformen und  digitalen  Mittlern  auseinandersetze. 

Die  Länder  seien  gehalten,  in  einem  klugen Abwägungsprozess  einerseits  dafür  zu sorgen,  dass  private  Medienangebote  Mög- lichkeiten am Markt fänden, sich refinanzieren zu können, und andererseits zu verhin- dern,  dass  das  öffentlich-rechtliche  Rundfun ksystem  sein  Publikum  nicht  mehr  errei- che  und  in  seinem  Bestand  gefährdet  we rde,  weil  es  bestimmte  Verbreitungswege nicht mehr nutzen dürfe. Die  SPD-Abgeordneten  sprachen  den  Begriff  der Presseähnlichkeit  an.  Er  stelle  den Versuch  dar,  einen  Begriff  aus  der  analogen  Welt in  die  digitale  Welt  zu  übertragen. Es sei zu fragen, wie zeitgemäß er noch sei.

Die SPD-Abgeordneten fragten, wie eng der Begriff gefasst werde. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter hiel ten den Begriff noch für zeitgemäß, weil er die  Abgrenzung  zwischen  zwei  unterschiedlichen  und  untereinander  in  Konkurrenz befindlichen Systemen markiere. Er sei nicht mehr zeitgemäß, wenn er in einem aus- schließlichen  Sinne  verwendet  werde.  Im  Kreis  der  Länder  sei  die  Frage  zu  diskutie- ren, ob es einen Punkt gebe, an dem sich das öffentlich-rechtliche als im Kern audio- visuelles Angebot so weit von seinem Kern entferne, dass es in problematischer Wei- se  in  die  Marktmöglichkeiten  privater  Anbieter  hineinreiche.  Die  Frage  sei  zu  einem Zeitpunkt aktuell, zu dem noch nicht klar se i, wie sich Marktanteile auf neuen Plattfor- men verteilten.

Der Begriff der Presseähnlichkeit dürfe nicht mit einer Ausschließlichkeit  ausgelegt  werden,  die  die  Veröff entlichung  sendungsbezogener  Inhalte,  bei- spielsweise Transkripte von Sendungen, im Ne tz verhindern würde. Allerdings bedürfe es  einer  rechtlichen  Abgrenzung  hinsichtlic h  der  Frage,  ob  die  öffentlich-rechtlichen  Anstalten ihr Korrespondentennetz nutzten, um eigenständige Textbeiträge zu produ- zieren. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter nannten die im Rundfunkstaatsvertrag festge- legte  und  bisher  gültige  Legaldefinition  des Begriffs  der  Presseähnlichkeit:  Ein  pres- seähnliches  Angebot  seien  nicht  nur  elektronische  Ausgaben  von  Printmedien,  son- dern  alle  journalistisch  redaktionell-gestal teten  Angebote,  die  nach  Gestaltung  und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprächen. Dieser Begriff sei seinerzeit politisch schwierig  zu  verhandeln  gewesen.  Er  habe  nicht  zu  einem  Rechtsfrieden  geführt.  In den  aktuellen  Verhandlungen  sei  er  nicht vollständig  ausgetauscht  worden.  Vielmehr sei  versucht  worden,  an  anderen  Stellen  für  mehr  Klarheit  zu  sorgen. 
Der  Begriff  sei dahin gehend angepasst worden, dass alle Angebote als presseähnlich zu betrachten seien,  die  in  Gestaltung  und  Inhalt  gedr uckten  Zeitungen  und  Zeitschriften  entsprä- chen. Mit der Klarstellung sei angestrebt worden, das Urteil des Bundesgerichtshofes in der Sache Tagesschau-App umzusetzen. Die Definition müsse im Zusammenhang mit  der  Regelung  des  Rundfunkstaatsvertrags ,  Paragraf  11d,  gesehen  werden.  Der Vorschlag  zu  dieser  Regelung,  der  ursp rünglich  der  Rundfunkkommission  vorgelegt worden  sei,  habe  vorgesehen,  dass  Teleme dienangebote  der  öffentlich-rechtlichen Anstalten  nicht  presseähnlich  sein  dürften. Sie  seien  presseähnlich,  wenn  die  Tele- medien,  die  überwiegend  Text  und  Bild  enthielten  und  keinen  Bezug  zu  einer  Sen- dung hätten, die Telemedien überwiegen würden, die einen Bezug zu einer Sendung auswiesen,  überwiegend  Ton,  Bewegtbild  oder internetspezifische  Gestaltungsmittel enthielten  oder  Angebotsübersichten,  Schl agzeilen,  Informationen  über  die  jeweilige Anstalt und Maßnahmen zum Zweck der Barrierefreiheit beinhalteten. Die Norm sehe also  eine  Abwägung  der  verschiedenen  Anteile  am  gesamten  Angebot  vor.  Derzeit werde  über  die  Formulierung  diskutiert.

Der  Vorschlag  des  Landes  Sachsen-Anhalt sehe eine strengere Regelung gegenüber der Presse vor, indem ihre Angebote nicht im Schwerpunkt audiovisuell oder auditiv sein dürften. Die   Senatsvertreterinnen   und   -vertreter   erklärten,   die   Tagesschau-App   sei   ein anschauliches Beispiel für eine nicht press eähnliche Gestaltung eines Angebots. Dies werde  schon  an  der  Startseite  deutlich,  die lediglich  Überschriften  enthalte,  über  die die Inhalte aufgerufen werden könnten. Eine St artseite, auf der Texte präsentiert wür- den, deute auf eine Konkurrenz zu Angeboten der Presse hin. Für die Abwägung, ob ein Angebot presseähnlich sei, könnten ni cht einfach Vorgaben in Prozenten gemacht werden.  Vielmehr  müsse  eine  Abwägung  vo rgenommen  werden.  Die  Senatsvertrete- rinnen und -vertreter meinten, hier könn e von einer „regulatorischen Brückentechnolo- gie“  gesprochen  werden.  Denn  es  sei  zu erwarten,  dass  die  Ang ebote  in  15  bis  20 Jahren  weniger  unterscheidbar  sein  würden. 

Anhand  eines  Beispiels  wiesen  die Senatsvertreterinnen  und  -vertreter  auf  eine  entsprechende  Entwicklung  hin.  Künftig werde  eine  Unterscheidung  eher  über  die Organisationsform  und  die  qualitative Gestaltung des Inhalts erfolgen. Im Kreis der Länder müsse über Auftrag, Organisati- on und Struktur des öffentlich-rechtl ichen Systems gesprochen werden. Die  SPD-Abgeordneten  stellten  fest,  dass  da s  öffentlich-rechtliche  Rundfunksystem Gegenstand einer stark juristisch geprägt en Debatte sei. In einem hoch dynamischen Umfeld  mit  einer  wachsenden  Zahl  an  Medienangeboten  werde  darüber  diskutiert, welche  seiner  Angebote  zulässig  seien. 

Es  müsse  die  Frage  gestellt  werden,  ob  der öffentlich-rechtliche  Rundfunk  in  diesem Wettbewerbsumfeld  mittelfristig  überhaupt noch eine Zukunft habe, wenn jedes seiner Angebote auf der Grundlage der erläuter- ten Regelungen juristisch überprüft werde. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter führ ten aus, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei  seinerzeit  etabliert  worden,  weil  nur  wenige  Frequenzen  hätten  vergeben  werden können  und  weil  ein  Interesse  an  einer  nicht marktwirtschaftliche  Kontrolle  der  Nut- zung  dieser  Frequenzen  in  der  Verbreitung  von  Radio-  und  Fernsehangeboten bestanden habe. Viele Jahre lang habe es ausschließlich öffentlich-rechtliche Angebo- te in Deutschland gegeben. Erst in den 1980 er-Jahren seien private Sender hinzuge- kommen. Im Laufe der Zeit, insbesondere se it der Etablierung digitaler Technologien habe sich dieser Begründungszusammenhang für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erübrigt. Es gehe nicht mehr um die Verteilung eines knappen Gutes. Vielmehr hätten die  Menschen  inzwischen  weltweit  Zugang  zu  einer  Vielzahl  von  Angeboten.  Seit Langem bestehe Konsens in der Absicht, ein duales Rundfunk- und Mediensystem zu haben. 

Dies  sei  auch  höchstrichterlich  bestätigt.  Auf  der  einen  Seite  gebe  es  ein Organisationsprinzip   von   Öffentlichkeit über   privatwirtschaftliche   Organisationen, deren  Geschäftsmodell  es  sei,  die  gesamt e  Bandbreite  von  Medieninhalten  finanzie- ren und refinanzieren zu können. Auf der an deren Seite solle das öffentlich-rechtliche Angebot  beibehalten  werden,  um  einen  qua litativen  Wettbewerb  zwischen  den  ver- schiedenen   Angeboten   aufrechtz uerhalten.   Im   europarec htlichen   Kontext   seien bestimmte  Kautelen  zu  berücksichtigen,  um ein  beitragsfinanziertes  Modell  in  einem Marktsegment zu erhalten, in dem es pr ivatwirtschaftliche Angebote gebe, ohne dass es  aus  beihilferechtlichen  Gründen  als  unzulässig  gelte.  Daraus  erwüchsen  viele  der detaillierten  rechtlichen  regulatorischen  Vo rgaben.  Wie  die  Zukunft  des  öffentlich- rechtlichen  Rundfunksystems  aussehen  kö nne,  werde  in  einer  weiteren  Arbeitsge- meinschaft  der  Rundfunkkommission  disk utiert. 

Dort  habe  Hamburg  den  Vorschlag gemacht, künftig nicht mehr kleinteilig einzelne Programmangeb ote vorzugeben, son- dern in der Auftragsdefinition des Rundfunk staatsvertrages bestimmte qualitativ inhalt- liche Benchmarks für die zu produzierenden Inhalte zu entwickeln und darüber hinaus den  Anstalten  ein  Budget  für  die  Produktion  und  Distribution  dieser  Inhalte  nach angemessenen  Marktstandards  zu  geben.  Die  Kontrolle  der  Erfüllung  des  Auftrags würde  durch  Aufsichtsgremien  der  jeweili gen  Anstalten  wahrgenommen.  Damit  sei allerdings verbunden, dass die Politik auf ihre derzeit gegebene, sehr detaillierte Vor- gabefunktion  verzichte.  Dieses  Szenario bewerteten  die  Senatsvertreterinnen  und -vertreter als plausibel. Sofern die entsprechenden Aufsichtsgremien eingerichtet wür- den, sei eine solche Entwicklung im Rahmen der Entwicklungsgarantien, die das Ver- fassungsgericht  ausgesprochen  habe,  denkbar. 

Die  Diskussion  im  Kreis  der  Länder über die Zukunft der Anstalten sei nicht abgeschlossen. Die  SPD-Abgeordneten  stellten  die  Frage, ob  der  öffentlich-rechtliche  Rundfunk  der sich schnell verändernden Nachfrage folgen könne. Die  Senatsvertreterinnen  und  -vertreter  me inten,  der  öffentlich-rechtliche  Rundfunk könne der Entwicklung folgen, wenn die Rahmenbedingungen verändert würden. Der- zeit liege die durchschnittliche Dauer des Fernsehkonsums bei vier Stunden. An dem hohen Fernsehkonsum hätten nicht nur ältere Zuschauerinnen und Zuschauer Anteil. Auch  bei  jüngeren  Zielgruppen  liege  der  Anteil  des  Fernsehkonsums  höher  als  der des Internetkonsums. Noch sei Fernsehen das Leitmedium. Es sei zu erwarten, dass sich dies in der Zukunft ändere. Hamburg setze sich im Kreis der Länder dafür ein, die Zeit  bis  dahin  zu  nutzen,  um  die  Rahmenbedingungen  so  zu  verändern,  dass  die Anstalten auch im Netz präsent sein könnten.

Im Zusammenhang mit dem Telemedi- enauftrag werde unter anderem darüber diskutiert, ob Facebook genutzt werden dür- fe,  um  für  öffentlich-rechtliche  Inhalte  zu  werben  und  in  welchem  Umfang  öffentlich- rechtliche Inhalte bei YouTube eingestellt werden dürften. Hier gebe es keine eindeu- tigen rechtlichen Regelungen. Die Anstalten hätt en Interesse daran, ihr Publikum auch künftig auf neuen distributiven Wegen zu erre ichen. Es sei dafür zu sorgen, dass dies künftig zulässig sei, ohne dass die öffentlic h-rechtlichen Anbieter private Medienanbie- ter aus dem Markt drängten. Der  Abgeordnete  der  Fraktion  DIE  LINKE  erklärte,  das  Problem  der  Verleger  sei weniger der öffentlich-rechtliche Rundfunk, sondern die Tatsache, dass sie mit ihrem bisherigen Modell wirtschaftlich nicht mehr erfolgreich seien. Anlässlich der Anhörung zur  Situation  der  Regionalpresse  in  Ham burg  hätten  die  Vertreterinnen  und  Vertreter der Verlage eingeräumt, im Zusammenhang mit ihren kostenlosen Angeboten Fehler gemacht zu haben. Dieser Aspekt müsse berü cksichtigt werden. Ein weiterer sei das politische  Problem,  dass  die  Kontrolle  der  sogenannten  vierten  Gewalt  schwächer geworden  sei.  Wenn  nunmehr  ein  Streit  zwischen  den  Verlegern  und  dem  öffentlich- rechtlichen  Rundfunk  dazu  f ühren  würde,  dass  dieser  se ine  Möglichkeiten  kritisch überprüfen  und  seine  Aktivitäten  einschränken  müsse,  sei  dies  aus  politischer  Sicht problematisch.  Der  öffentlich-rechtliche  R undfunk  sei  einer  der  wenigen  Akteure,  die gegenwärtig eine kritische Aufarbeitung v on wirtschaftlichem und politischem Handeln noch  leisten  könnten.  Dies  müsse  in  der  Diskussion  im  Kreis  der  Länder  stärker berücksichtigt  werden.  Wenn  die  Ausei nandersetzung  zwischen  den  Verlegern  und dem  öffentlich-rechtlichen  Rundfunk  bewirke,  dass  die  Kontrollfunktion  der  Medien weniger ausgefüllt würde, sei das eine gefährliche Entwicklung.

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter warnten davor, das Verhältnis zwischen Pres- se und öffentlich-rechtlichem Rundfunk aussc hließlich mit Blick auf die spezielle Situa- tion in Hamburg zu bewerten. In Flächenländern sei der Raum, den eine Lokalzeitung anspreche,  deutlich  kleiner  als  das  Gebiet,  dass  eine  öffentlich-rechtliche  Anstalt  mit ihrem Regionalfenster abdecke. Im Übrigen werde im Kreis der Länder nicht über die redaktionelle  Struktur  der  Anstalten  diskut iert.  Diese  Frage  sei  der  Politik  entzogen, sondern  werde  von  einer  staat sfernen  Organisation  bewertet.  Im  Kreis  der  Länder werde über die Frage gesprochen, wo sich Konflikte in den Verbreitungswegen erge- ben  könnten.  Die  Senatsvertreterinnen  und  -v ertreter  pflichteten  dem  Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE bei in der Auffassung, dass aus medienpolitischer Sicht dar- über zu diskutieren sei, wie sich Medienmärkte durch das Hinzukommen neuer digita- ler Mittler veränderten. Der Konflikt zwischen Verlegern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei weniger scharf, als es sich der Öffentlichkeit darstelle. Der  AfD-Abgeordnete  nahm  Bezug  auf  di e  Ausführungen  der  Senatsvertreterinnen und  -vertreter  zur  Gründung des  öffentlich-rech tlichen  Rundfunksystems. 

Aus  seiner Sicht sei nicht die begrenzte Anzahl an Frequenzen entscheidend gewesen, sondern die Nichtanwendung des Ausschlussprinzips. Die Bereitstellung audiovisueller Medien sei  nicht  privaten  Anbietern  überlassen  wo rden.  Vielmehr  sei  eine  gesellschaftliche Lösung gefunden worden. Inzwischen sei der Grund obsolet. Es gebe keinen ökono- mischen  Grund  mehr,  öffentlich-rechtliche n  Rundfunk  aus  diesem  Grund  noch  zu haben. Die Politiker hätten stets eine Vorlie be für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehabt. Sie hätten einen großen Einfluss auf die Medienanstalten und den Rundfunk finanziell  gut  ausgestattet.  Die  Konkurrenzsi tuation  zwischen  privaten  audiovisuellen Medien und öffentlich-rechtlichen audiovis uellen Medien sei geprägt von der finanziel- len Ausstattung, die den öffentliche-rechtlichen Medien gewährt werde. Die Höhe der Gebühren,  über  die  Politiker  entschieden,  se i  ein  wichtiger  Punkt.  Ein  weiterer  Punkt seien  die  Regelungen  zur  Werbung.  Auf  die  Ausführungen  der  SPD-Abgeordneten eingehend,  denen  zufolge  sich  der  öffentlic h-rechtliche  Rundfunk  in  der  Defensive befinde,  sagte  der  AfD-Abgeordnete,  dies  sei nicht  der  Fall.  Vielmehr  sei  der  öffent- lich-rechtliche  Rundfunk  das  dominierende  Medium  und  die  generelle  meinungsbil- dende Instanz in Deutschland. Viele andere M edien, beispielsweise die privaten Fern- sehanstalten und inzwischen auch die Zeitungen, befänden sich aufgrund von finanzi- ellen Restriktionen in der Defensive. Es gehe weniger um eine juristische als vielmehr um die politische Frage, welcher Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Rela- tion zu den anderen mit ihm konkurrierenden Medien gewünscht sei.

Die Frage betref- fe nicht nur die Nachfrageseite, sondern ebenso positionelle Güter wie die Rechte an Fußballübertragungen.  Es  müsse  eine  polit ische  Entscheidung  getroffen  werden,  die auch für die privaten Anbieter von M edien eine faire Lösung darstelle. Die  Senatsvertreterinnen  und  -vertreter  gingen  auf  die  Nutzungsreichweiten  digitaler Angebote  ein.  Unter  den  Top  25  Anbietern  am  deutschen  Meinungsmarkt  gebe  es derzeit mit tagesschau.de und heute.de zwei öffentlich-rechtliche Anbieter, die kumu- liert  einen  Anteil  von  etwa  17  Prozent  an den  Nutzungsreichweiten  erreichten.  Etwa vier Fünftel des Marktes seien in privatwirtschaftlicher Hand. Die  SPD-Abgeordneten  zeigten  die  Konfliktlin ien  in  der  Frage  der  Aktivitäten  der öffentlich-rechtlichen  Anstalten  im  Netz auf.  Der  Präsident  des  Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger habe geäußert, dass die Situation in Ordnung wäre, wenn die ARD so wäre wie das ZDF. Der für Medien zuständige Minister des Landes Sach- sen-Anhalt habe das ZDF gelobt und eine Anpassung der Tagesschau gefordert, die nur  noch  ein  regionales  Angebot  sein  solle.  Die  SPD-Abgeordneten  äußerten  sich erstaunt über diese Forderung, zumal die Verleger den Schwerpunkt auf die Regiona- lität  verlagerten.  Durch  die  Regionalisie rung  eines  öffentlich-rechtlichen  Angebots würde  eine  Konkurrenzsituation  entste hen. 

Die  SPD-Abgeordneten  fragten,  ob  die Auffassung  des  Ministers  die  Linie  der  CDU  wiedergebe  oder  eine  Einzelmeinung darstelle.  Sie  wiesen  auf  den  Beschluss  de r  Bürgerschaft  zum  Telemedienauftrag  in der  20.  Wahlperiode  hin  und  äußerten  die  Hoffnung,  dass  sich  die  Haltung  der  ham- burgischen  CDU  seitdem  nicht  geändert habe.  Die  SPD-Abgeordneten  stellten  die Frage, welche Folgen eine Regionalisierung der Tagesschau hätte. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter verwiesen darauf, dass CDU-geführte Länder in  der  Rundfunkkommission  zu  diesem  Them a  unterschiedliche  Anträge  gestellt  hätten.  Dies  deute  darauf  hin, dass  der  parteiinterne  Diskussionsprozess  noch  nicht abgeschlossen sei. In diesem Zusammenhang gehe es nicht nur um den Telemedien- auftrag. Die Senatsvertreterinnen und -vertret er wiesen auf ihre Ausführungen zu der Arbeitsgemeinschaft hin, die sich mit Auftrag und Strukturoptimierung befasse. Sie sei gegründet  worden,  weil  es  eine  Aussage  des  Vorsitzenden  der  Kommission  zur Ermittlung  des  Finanzbedarfs  der  öffentlich- rechtlichen  Anstalten  gegeben  habe,  der bei  der  Vorstellung  des  letzten  beitragsrelevanten  Berichts  der  Kommission  darauf hingewiesen  habe,  dass  es  ab  2020  zu  einer  erheblichen  Beitragsanpassung  um  bis zu 2 Euro kommen könne, wenn die Kost enentwicklung linear fortgeschrieben werde. Nach  zehn  Jahren  der  Beitragsstabilität würde  dies  einen  massiven  Anstieg  darstel- len.  In  einigen  Landtagen  seien  Resolutionen  gegen  eine  Anpassung  des  Beitrags verabschiedet  worden.  Dies  mache  es  für  die  Landesregierungen  schwer,  einer  Bei- tragsanpassung  zuzustimmen.  Die  Senatsvertr eterinnen  und  -vertreter  distanzierten sich  vom  Vorschlag  des  für  Medien  zuständigen  Ministers  des  Landes  Sachsen- Anhalt.  Eine  Regionalisierung  der  Tagesschau  bedeute  nicht  nur  eine  Schwächung des  Medienstandortes  Hamburg,  sondern  auch  die  Abschaffung  der  stärksten  Fern- sehnachrichtenmarke  und  des  höchsten  Vertrauensträgers  von  Informationen  in  der deutschen  Öffentlichkeit.  Beruhigend  sei,  das s  die  Länder  in  allen  medienpolitischen Fragen  einvernehmlich  entscheiden  müssten.  Hamburg  werde  einem  solchen  Vor- schlag nicht zustimmen.

III. Ausschussempfehlung   
Der Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien empfiehlt der Bürgerschaft, von seinen Beratungen Kenntnis zu nehmen.
Dr. Joachim S., Berichterstattung

Link zum Originaldokument (pdf, 37 kb)
http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/61325/bericht-des-ausschusses-f%c3%bcr-wirtschaft-innovation-und-medien-%c3%bcber-die-selbstbefassung-%e2%80%9etelemedienauftrag%e2%80%9c.pdf

Alternativ hier im Anhang:
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?action=dlattach;topic=26505.0;attach=20206


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Re: Ausschuss-Bericht HH: "Telemedienauftrag"
#1: 25. Februar 2018, 13:12
Grüazi!

Die "Bürgerschaft" ist wohl das Stadt-Parlament Hamburgs, nicht die Bürgerschaft als Gesamtheit der Bürger Hamburgs.

Hop Schwyz!
Michael


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Re: Ausschuss-Bericht HH: "Telemedienauftrag"
#2: 25. Februar 2018, 13:38
@maikl_nait: in der Tat heißen die Landesparlamente in Hamburg und Bremen "Bürgerschaft".

M. Boettcher


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Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.

 
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