"Beitragsservice" (vormals GEZ) > Alternativen zum ÖR-Rundfunk und dessen Finanzierung

Kann ein steuerfinanzierter Sender journalistisch unabhängig sein?

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drboe:
Eine Begründung für das Finanzierungskonzept zu Gunsten der ARD-Sender und des ZDF ist, dass dieses die journalistische Unabhängigkeit sichere. Nun wissen leidlich informierte Bürger natürlich, dass es mit der hochgelobten Unabhängigkeit nicht so weit her ist, da Politiker der etablierten Parteien in sämtlichen Gremien sitzen, Landesregierungen über die Einnahmen entscheiden - und sich dabei gern über die KEF hinwegsetzen, deren Funktion mehr die eines Feigenblattes ist als die einer Kontrollinstanz - und auf politischen Druck hin schon 'mal Redakteure entlassen werden, Sender sich aus dem Gemeinschaftsprogramm ausklinken und die Definition der Regeln von Wahlsendungen dem Regierungssprecher überlassen. Soweit, so bekannt.

Ganz besonders aber muss man sich darüber wundern, dass es einen öffentlich-rechtlichen Sender gibt, der von sich die gleiche Unabhängigkeit wie ARD und ZDF behauptet, jedoch zu 100% direkt aus Steuern finanziert wird. Vergessen wir also für einen Moment die Tatsache, dass der sogn. Rundfunkbeitrag ebenfalls eine Steuer ist. Anders als für die Finanzierung von ARD und ZDF wird beim fraglichen Sender nicht bestritten, dass die Mittel des Senders Steuern sind. Die Rede ist von der Deutschen Welle, DW, wie sie sich heute nennt. Deren Webseiten kann man u. a. entnehmen:


--- Zitat ---Die Deutsche Welle (DW) ist der Auslandssender Deutschlands. In journalistischer Unabhängigkeit vermitteln wir ein umfassendes Deutschlandbild, stellen Ereignisse und Entwicklungen dar, greifen deutsche und andere Sichtweisen auf. So fördern wir das Verständnis zwischen den Kulturen und Völkern. Zugleich schaffen wir einen Zugang zur deutschen Sprache.
...
Die Deutsche Welle ist öffentlich-rechtlich organisiert und wird aus Steuermitteln des Bundes finanziert. Intendant ist Peter Limbourg. In der DgW-Zentrale Bonn und am Standort Berlin arbeiten rund 1.500 festangestellte und noch einmal so viele Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 60 Nationen.
--- Ende Zitat ---

Quelle: http://www.dw.com/de/unternehmen/profil/s-30626

Der Auftrag der Deutschen Welle wurde laut Wikipedia mehrfach geändert, ebenso mussten Kürzungen der Mittel hingenommen werden. Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Welle

Da wird mit allen möglichen und unmöglichen Begründungen für den Erhalt von ARD und ZDF gestritten, gar eine Ausweitung ihrer Aktivitäten vor allem im Internet gefordert. Und natürlich soll noch viel mehr Geld per Zwang kassiert werden, weil anders ja weder der Fortbestand noch die Unabhängigkeit garantiert werden kann. Und dann gibt es da dennoch einen ÖR-Sender, der die gleiche Unabhängigkeit geniessen soll, dem man die Mittel aber ggf. auch einmal kürzt, was ja laut ARD- und ZDF-Größen nicht weniger ist als ein Anschlag auf die Demokratie.

Wenn das geht, warum zum Teufel muss man sich dann diesen Schwachsinn von ÖR-Mitarbeitern und Politikern aller Coleur anhören, die ihre Unabhängigkeitsfiktion auf Teufel komm raus verteidigen und jedem Bürger Kohle für Propaganda abpressen wollen?

Meine Erwartungen an Politiker sind nicht sonderlich hoch und und den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Aber etwas mehr Konsistenz in den Lügen darf wohl sein.

M. Boettcher

cook:
Ich glaube, diese Journalisten, ÖRR-Funktionäre und Politiker haben das Honecker-Syndrom. Der ehem. Staatschef der DDR soll ja angeblich tatsächlich geglaubt haben, dass ihm gut 97% der Bevölkerung in freier, demokratischer Wahl volle Unterstützung entgegengebracht haben.

Die Mitarbeiter des ÖRR glauben wahrscheinlich ernsthaft, sie seien unabhängig. Es sei eben nur ihre unabhängig entwickelte Meinung, dass unsere Regierung immer alles supi macht und die NATO-Staaten sowieso stets die Guten sind. Dass sie selektiert wurden, weil sie so denken, merken sie nicht.

Auch die Politiker scheinen ernsthaft zu glauben, dass der ÖRR aufgrund höherer Magie besseren und unabhängigeren Journalismus produziert als alle anderen Medien weltweit. Sie sehen es als demokratiefördernd an, ein zwangsgeldfinanziertes Konstrukt zu unterhalten, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, wie es andere demokratische Staaten auf dieser Erdkugel denn so handhaben. USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Japan, Südafrika, Spanien, Italien, Griechenland, Malta ........ sind alles keine Demokratien! Entweder abhängig durch Steuergelder finanzierte Rundfunkanstalten oder gar privatisiert.

Ausgerechnet Deutschland, mit seiner äußerst peinlichen Vergangenheit, meint die eierlegende Wollmilchsau der Demokratie erfunden zu haben, indem sämtliche Bürger zur Bebeitragung eines durch die Regierungsparteien bestimmten Medienmolochs gezwungen werden.

Ich weiß nicht, wie man es erklären kann, dass man diesen Widerspruch nicht sieht. Ich kann nur das Honecker-Syndrom anführen, aber dessen Existenz ist nicht wissenschaftlich belegt.  (#)

michaelsch:
SUPER-BEITRAG
danke

Bürger:
Ja, die Kern-Frage dieses Threads
"Kann ein steuerfinanzierter Sender journalistisch unabhängig sein?"
die von ARD-ZDF-GEZ - mit bigotten Gründen - reflexartig regelmäßig verneint wird, ist sehr berechtigt und meiner Auffassung nach durchaus zu bejahen, selbst wenn diese nicht analog der "Kirchensteuer" eingetrieben sondern aus dem staatlichen Steuerhaushalt beige"steuert" wird - sofern weitere Randbedingungen ebenfalls mit erfüllt sind.

Um das Beispiel der Deutschen Welle aufzugreifen:

Diese hatte um die Inhaftierung von Sieglinde Baumert herum einen Artikel veröffentlicht...
DW: More and more Germans boycotting state media fees
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18223.0.html
...der durchaus umfangreich und wenig zurückhaltend - jedenfalls deutlich unabhängiger verfasst war, als alle bisherige Berichterstattung von ARD-ZDF-GEZ zum Thema "Rundfunkbeitrag" zusammen.

So jedenfalls mein Eindruck.


Jedoch: Eine bloße "Umstellung" der Finanzierungsart von ARD-ZDF-GEZ wäre wohl bei weitem nicht ausreichend. Das System ist so verkrustet, dass es mit den jetzigen Strukturen abhängig und gefallsüchtig bleibt, egal wie die Finanzierung geregelt wird. Und das ist wohl das weitaus schwierigere Problem... :-\ :-[
...was hier allerdings vom Kern-Thema abschweifen würde und daher wenn, dann eigenständig in gesondertem Thread thematisiert werden sollte.

pinguin:
Kann ein steuerfinanzierter Sender journalistisch unabhängig sein? In der Theorie kann er das, in der Praxis "pfuschen" die menschlichen Wesensarten, alles beeinflussen und beherrschen zu wollen, nichts so lassen zu können, wie es ist, bzw. über weite Bereiche vieles zu verschlimmbessern, hier wohl nachhaltig dazwischen.

Tatsache ist, daß eine journalistische Dokumentation einen Sachverhalt neutral aufgreifen muß, bzw. können muß! Es müssen sowohl positive Aspekte einer Thematik herausgearbeitet werden können, wie auch negative, da keine Thematik nur positiver oder negativer Natur sein kann.

Eine wie auch immer einseitig geartete Berichterstattung passt in jedem Falle nicht zu diesem Anspruch.

Es ist eine Frage der mentalen wie wirtschaftlichen Größe, über Dinge zu berichten oder anderen zu lesen zu geben, die einem selbst wie auch dem Kunden zwar nicht passen, nichtsdestotrotz aber den Tatsachen entsprechen und publiziert gehören.

Nur der Staat selber könnte hier die nötige Basisfinanzierung gewährleisten.

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