Eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, die sich
kostenlos nicht(!) online findet. Die Begründungen in den Rn. 20 - 24 sind besonders interessant. Daher hier komplett zitiert:
Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 12. Dezember 2005 – Vf. 7-VII-04
Leitsatz
1. § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 7 Buchst d der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 21. Juli 1992 (GVBl S. 254, BayRS 2251-?3-1-?1-S) verstößt – soweit er zur Umschreibung des Tatbestands einer Befreiung von der Rundfunkgebühr neben anderen Voraussetzungen auch auf die Kosten der Unterkunft abstellt – nicht gegen die Bayerische Verfassung.
Orientierungssatz
1a. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nur dann, wenn noch ein objektives Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Verf BY vereinbar waren.
1b. Die Vorschrift des RdFunkGebBefrV BY 1992 § 1 Abs 1 S 7 Buchst d ist zwar gem RdFunkGebStVtr BY § 10 Abs 2 außer Kraft, jedoch besteht ein objektives Interesse an einer Sachentscheidung des VerfGH München, da noch vereinzelt Rundfunkbefreiungsverfahren nach RdFunkGebBefrV BY 1992 § 1 Abs 1 S 7 Buchst d bei den Verwaltungsgerichten anhängig sind.
2. Zu Ls:
a. Zweck der Regelung des RdFunkGebBefrV BY 1992 § 1 Abs 1 S 7 Buchst d ist es, auch denjenigen Rundfunkteilnehmern Gebührenbefreiung zu gewähren, die zwar nach ihrem Einkommen grundsätzlich Sozialhilfe beziehen könnten, die Hilfe aber nicht in Anspruch nehmen wollen oder, wie insbesondere Studierende, regelmäßig nicht in Anspruch nehmen können.
b. Mit Hilfe der Gebührenbefreiung gewährleistet die Gebührenverordnung, dass einkommensschwache Personenkreise im Sinn des Sozialstaatsprinzips (Verf BY Art 3 Abs 1 S 1) und des Grundrechts auf Informationsfreiheit (Verf BY Art 112 Abs 2) Zugang zu dem Medium Rundfunk haben (vgl BVerfG, 1994-?02-?22, 1 BvL 30/88, BVerfGE 90, 60 <103f>).
c. Wie die Parallele zum Recht der Sozialhilfe bei der Hilfe zum Lebensunterhalt knüpft der Gebührenbefreiungstatbestand des RdFunkGebBefrV BY 1992 § 1 Abs 1 S 7 Buchst d an das sozialhilferechtlich Angemessene bei den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft an und dient damit dem Ziel, tatsächlich Bedürftige zu schonen.
d. Die Sachgerechtigkeit der Norm erweist sich überdies auch dadurch, dass sie sich möglichst eng an das System der Sozialhilfe und damit an den Befreiungstatbestand des BefrVO § 1 Abs 1 S 1 Nr 6 anlehnt.
Gründe
I.
1 Gegenstand der Popularklage ist die Frage, ob § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (BefrVO) vom 21. Juli 1992 (GVBl S. 254, BayRS 2251-?3-1-?1-S) gegen die Bayerische Verfassung verstößt. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BefrVO lautet:
"§ 1
2 Gebührenbefreiung aus sozialen Gründen
3 (1) Von der Rundfunkgebührenpflicht werden befreit:
4 1. …
5 7. Personen, deren monatliches Einkommen zusammen mit dem Einkommen der Haushaltsangehörigen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus
6 a) dem Eineinhalbfachen des Regelsatzes der Sozialhilfe (§ 22 BSHG) für den Haushaltsvorstand,
7 b) dem Regelsatz der Sozialhilfe für sonstige Haushaltsangehörige und
8 c) einem Zuschlag von 30 v. H. des Regelsatzes der Sozialhilfe für jeden Haushaltsangehörigen, der das 65. Lebensjahr vollendet hat oder erwerbsunfähig im Sinn der gesetzlichen Rentenversicherung ist,
9 d) den Kosten für die Unterkunft."
10 Die Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ist infolge der Neufassung des § 10 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) durch Art. 5 Nr. 10 des Achten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 9. Februar 2005 (GVBl S. 27, 245) außer Kraft getreten (§ 10 Abs. 2 RGebStV).
II.
11 Die Antragsteller beantragen festzustellen, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO nicht mit der Bayerischen Verfassung vereinbar war. Sie rügen einen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV (Sozialstaatsgrundsatz), Art. 123 Abs. 1 BV und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Kosten der Unterkunft stünden im Gegensatz zu den Beträgen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. a - c BefrVO nicht von vornherein fest. Finanziell leistungsfähigere Personen könnten für eine etwas höhere Miete eine qualitativ höherwertige Wohnung bewohnen und würden gleichsam zur Belohnung von der Rundfunkgebührenpflicht befreit; auf diese Weise würden sie faktisch selbst über die Befreiung von der Rundfunkgebühr entscheiden. Bei finanziell leistungsschwachen Rundfunkteilnehmern sei die Rundfunkgebühr ein wesentlicher Faktor. So komme es zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass derjenige, der sich eine vergleichsweise teure Wohnung leisten könne, von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werde, wohingegen derjenige, der aufgrund seiner finanziellen Leistungsschwäche ohnehin in ärmlichen Verhältnissen wohnen müsse, Rundfunkgebühren entrichten müsse. Das sei willkürlich und verfehle zudem das Ziel des Sozialstaatsgrundsatzes, ein vernünftiges Maß an Gleichheit zu gewährleisten. Auch das Gebot der Lastengleichheit werde nicht befolgt. Demgegenüber könne sich der Verordnungsgeber etwa an den schematischen Höchstbeträgen für die Bemessung des Wohngelds nach § 8 WoGG orientieren. Kürzungen des Aufwands wegen unangemessen teurer Wohnungen kämen in der Praxis nur in besonders krassen Ausnahmefällen vor. Im Übrigen sei § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO auch unverhältnismäßig. Die Norm sei nicht geeignet, die tatsächliche finanzielle Leistungsfähigkeit eines Rundfunkteilnehmers festzustellen, weil die tatsächliche Höhe der monatlichen Kaltmiete dazu nichts aussage. Zudem sei die Norm nicht erforderlich; es sei durchaus möglich, an nicht beeinflussbare Kriterien anzuknüpfen.
III.
12 1. Der Bayerische Landtag hat sich nicht am Verfahren beteiligt.
13 2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage für unbegründet. Die Anknüpfung an die tatsächlich geleisteten Kosten für die Unterkunft gewährleiste, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners berücksichtigt werde. Der Begriff "Kosten für die Unterkunft" sei in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO nicht anders zu verstehen als der entsprechende Begriff im Sozialhilferecht. Danach komme es im Grundsatz auf die tatsächlichen Kosten an. Bei einer Überversorgung könnten nur angemessene Kosten berücksichtigt werden. Ziel des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BefrVO sei es auch, den Sozialhilfeempfänger, der durch § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BefrVO von der Rundfunkgebührenpflicht befreit sei, nicht besser zu stellen als denjenigen, der, ohne Sozialhilfe zu beziehen, ebenfalls nicht über die zur Auferlegung der Rundfunkgebührenpflicht als ausreichend erachtete finanzielle Leistungsfähigkeit verfüge.
14 3. Der Bayerische Rundfunk hält die Popularklage für unbegründet. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BefrVO solle einen Personenkreis erfassen, der finanziell noch nicht auf Sozialhilfe angewiesen, aber dennoch so einkommensschwach sei, dass ihm die Rundfunkgebühr nicht zugemutet werden solle. Der Begriff der "Unterkunft" in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO sei mit dem sozialhilferechtlichen Unterkunftsbegriff nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG identisch. Seien im Einzelfall die Kosten der Unterkunft unangemessen hoch, könnten nur angemessene Kosten berücksichtigt werden. Davon werde in der Praxis wegen § 3 Abs. 3 RegelsatzVO (seit 1.1.2005: § 29 Abs. 1 Satz 5 SGB XII) regelmäßig Gebrauch gemacht. Die Anträge auf Gebührenbefreiung nähmen die Wohnsitzgemeinden entgegen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BefrVO), weil sie direkten Zugang zu den Angemessenheitskriterien hätten. Das Einkommen werde individuell berechnet. Bei Studenten, die außerhalb des Elternhauses am Studienort wohnten, werde nach Maßgabe der "Düsseldorfer Tabelle" ein Einkommen von 600 Euro zugrunde gelegt.
15 § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO verstoße nicht gegen die Bayerische Verfassung. Die Vorschrift beruhe auf der Ermächtigung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1991 (GVBl S. 451; im Folgenden: RGebStV 1991). Die Vorstellung, bei der Wahl einer Wohnung sei die angestrebte Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ein wesentlicher Faktor, entspreche nicht der Realität. Eine monatliche Rundfunkgebühr von 16,15 Euro sei bei den Kriterien für eine Wohnungswahl völlig nebensächlich. Sofern die Antragsteller beanstandeten, die vom Verordnungsgeber gewählte Lösung entspreche nicht dem Ideal der Gerechtigkeit, so könne die angegriffene Regelung daran nicht gemessen werden. Die Praktikabilität erfordere auch eine Generalisierung. In Bayern seien am 30. September 2004 insgesamt 100.590 Rundfunkteilnehmer nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BefrVO von der Rundfunkgebührenpflicht befreit gewesen. Eine allgemeine Pauschalierung entsprechend den Höchstbeträgen nach § 8 WoGG würde dazu führen, dass einerseits Rundfunkteilnehmer nicht von der Gebührenpflicht befreit würden, obwohl sie finanziell nicht hinreichend leistungsfähig sind, andrerseits aber hinreichend leistungsfähige Rundfunkteilnehmer eine Befreiung beanspruchen könnten. Eine solche allgemeine Pauschalierung sei auch sozialhilferechtlich unzulässig. Die angegriffene Norm halte sich daher innerhalb des weiten Spielraums, den Art. 118 Abs. 1 BV dem Verordnungsgeber lasse, um den allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen.
IV.
16 Die Popularklage ist zulässig.
17 Bei der Prüfung, ob eine Rechtsvorschrift verfassungswidrig ist, hat der Verfassungsgerichtshof seiner Beurteilung grundsätzlich den Rechtszustand im Zeitpunkt der Entscheidung zugrunde zu legen. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO ist außer Kraft (§ 10 Abs. 2 RGebStV in der Fassung gemäß Art. 5 Nr. 10 des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom Oktober 2004 (GVBl 2005, 27, 245). § 6 RGebStV enthält keine der angegriffenen Norm entsprechende Regelung. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nur dann, wenn noch ein objektives Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 27.5.1998 = VerfGH 51, 74/81). Der Bayerische Rundfunk hat mitgeteilt, bei den Verwaltungsgerichten seien noch ganz vereinzelt Befreiungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BefrVO anhängig. Zwar steht nicht fest, ob die mit der Popularklage geltend gemachte Nichtigkeit der Norm in diesen Verfahren entscheidungserheblich wäre. Andrerseits ist nicht unwahrscheinlich, dass es dort auf die Frage ankommen wird, ob § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO gegen die Bayerische Verfassung verstößt. Das reicht aus, um ein objektives Interesse an einer Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu begründen.
V.
18 Die Popularklage ist unbegründet.
19 Art. 118 Abs. 1 BV ist nicht verletzt.
20 1. Die Rundfunkgebühr ist eine öffentlich-?rechtliche Abgabe (VerfGH vom 8.11.2002 = VerfGH 55, 143/154). Sie besteht aus der Grundgebühr und der Fernsehgebühr (§ 2 Abs. 1 RGebStV). Jeder Rundfunkteilnehmer hat für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgeräts jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten (§ 2 Abs. 2 RGebStV). § 6 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV 1991 ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht aus sozialen Gründen für Rundfunkempfangsgeräte von natürlichen Personen im ausschließlich privaten Bereich zu bestimmen. Die einkommensabhängige Gebührenbefreiung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BefrVO geht auf diese Ermächtigung zurück. Maßstab für die Gebührenbefreiung ist ein fiktiver Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt. Er setzt sich aus einem am Regelsatz der Sozialhilfe (§ 22 BSHG, § 28 SGB XII) orientierten Betrag und den Kosten der Unterkunft zusammen. Zweck dieser Regelung ist es, auch denjenigen Rundfunkteilnehmern Gebührenbefreiung zu gewähren, die zwar nach ihrem Einkommen grundsätzlich Sozialhilfe (oder auch Leistungen für Arbeitssuchende) beziehen könnten, die Hilfe aber nicht in Anspruch nehmen wollen oder, wie insbesondere Studierende, regelmäßig nicht in Anspruch nehmen können (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII; § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II; auch § 41 Abs. 3 Satz 1 WoGG), oder, wie insbesondere Berechtigte nach dem Grundsicherungsgesetz (BGBl I 2001, 1310/1335) und §§ 41 ff. SGB XII, vergleichbare Leistungen erhalten können.
21 2. Der Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV untersagt dem Normgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln. Dagegen ist wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu regeln. Der Gleichheitssatz verbietet Willkür (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 11.4.2002 = BayVBl 2002, 492/494). Es kann dahingestellt bleiben, ob Art. 118 Abs. 1 BV im Zusammenhang mit einer abgaberechtlichen Befreiungsregelung weitergehende Anforderungen stellt und voraussetzt, dass für eine vorgesehene Differenzierung oder Nicht-?Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen bzw. gleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfG vom 30.5.1990 = BVerfGE 82, 126/146; BVerfG vom 26.1.1993 = BVerfGE 88, 87/96 f.; Umbach/Clemens, Grundgesetz, RdNrn. 61 ff. zu Art. 3 Abs. 1; Hesse, AöR 109, 174/188). Denn § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO genügt auch diesen Anforderungen.
22 Die Gebührenbefreiung für die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BefrVO erfassten Rundfunkteilnehmer ist durch einen gewichtigen Grund gerechtfertigt. Mit Hilfe der Gebührenbefreiung stellt die Befreiungsverordnung sicher, dass einkommensschwache Bevölkerungskreise Zugang zu dem Medium Rundfunk haben. Damit gewährleistet die Norm im Sinn des Sozialstaatsprinzips (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) auch positiv das Grundrecht auf Informationsfreiheit (Art. 112 Abs. 2 BV; vgl. auch BVerfG vom 22.2.1994 = BVerfGE 90, 60/103 f.).
23 Begünstigt sind Rundfunkteilnehmer, deren Einkommenssituation im Wesentlichen derjenigen eines Empfängers von – ggf. nur ergänzender – Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 11 ff. BSHG, § 19 Abs. 1, §§ 27 ff. SGB XII) entspricht. Anstelle der vom sozialhilferechtlichen Regelsatz nach § 22 BSHG nicht erfassten einmaligen Leistungen (vgl. § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BSHG, § 1 RegelsatzV) sieht die Befreiungsverordnung in Anlehnung an eine schon in § 21 Abs. 1 b BSHG enthaltene Regelung einen pauschalen Zuschlag zum Regelsatz vor (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. a). Wie das Recht der Sozialhilfe bei der Hilfe zum Lebensunterhalt knüpft auch § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO ferner an die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft an (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzV; § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Die Begrenzung berücksichtigungsfähiger tatsächlicher Aufwendungen für die Unterkunft auf das sozialhilferechtlich Angemessene ist in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO zwar im Gegensatz zu den angeführten Bestimmungen des Sozialhilferechts nicht ausdrücklich geregelt; sie entspricht aber im Hinblick auf die sonstigen Parallelen zur Sozialhilfe der hierzu einmütig vertretenen Auffassung in Verwaltung, Rechtsprechung und Literatur (vgl. die Stellungnahme des Bayerischen Rundfunks vom 26.7.2004, S. 7; OVG NW vom 29.10.1993 = KStZ 1994, 196; OVG RhPf vom 8.1.2002 = FEVS 53, 555; Siekmann in Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2003, RdNr. 23 zu § 6 RGebStV).
24 Diese tatbestandliche Anknüpfung an die tatsächlichen und angemessenen Kosten der Unterkunft führt nicht zu sachfremden Differenzierungen. Sie wird im Gegenteil der Zielsetzung der angegriffenen Norm, tatsächlich Bedürftige zu schonen, in ganz besonderer Weise gerecht. Die Sachgerechtigkeit der Norm erweist sich im Übrigen auch dadurch, dass sie sich möglichst eng an das System der sozialhilferechtlichen Hilfe zum Lebensunterhalt und damit an den Befreiungstatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BefrVO anlehnt. Damit stellt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. d BefrVO auch sicher, dass die vorausgesetzte Bedürftigkeit nicht nach jeweils verschiedenen inhaltlichen Prämissen ermittelt wird.
25 Ohne sachliches Gewicht ist deshalb der Einwand der Antragsteller, es sei in sachfremder Weise möglich, eine etwas teurere Wohnung anzumieten und gerade dadurch in den Genuss der Befreiung zu kommen. Diese Annahme ändert nichts daran, dass der angenommene Begünstigte tatsächlich bedürftig sein muss und die Befreiung dann auch zu Recht erhält. Umgekehrt ist, wer ganz besonders günstig wohnt, bei gleichem Einkommen auf die Befreiung ggf. auch nicht angewiesen. Der von den Antragstellern beschriebene Effekt ist bereits im System der Sozialhilfe angelegt. Auch dort ist es so, dass derjenige Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen kann, dessen finanzielle Verhältnisse nicht mehr ausreichen, auch die Aufwendungen für seine das sozialhilferechtlich angemessene Kostenniveau etwa ausschöpfende Wohnung zu bestreiten; demgegenüber erhält keine Hilfe zum Lebensunterhalt, wer bei gleichen finanziellen Verhältnissen eine noch preiswertere Wohnung bewohnt und deshalb diese noch bezahlen kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG; § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Dieser Regelung liegt zugrunde, dass am Wohnungsmarkt regelmäßig keine ausreichende Zahl gleich großer Wohnungen zu einem gleichermaßen niedrigen wie einheitlichen Preisniveau angeboten wird. Wenn auch der Verordnungsgeber daran anknüpft, handelt er sowohl systemgerecht als auch sachgerecht. Weder aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV (Sozialstaatsgebot) noch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch – unabhängig von der Frage seiner Anwendbarkeit auf die Rundfunkgebühr – aus Art. 123 Abs. 1 BV ergeben sich Gesichtspunkte, die das in Frage stellen würden.
VI.
26 Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).
Die Frage stellt sich unweigerlich,
ob nicht die Abschaffung dieser Befreiungsregelung für sozial Schwache verfassungswidrig sein könnte. Dass auch diese Entscheidung "ein wenig verschwunden ist", wirft erneut die Frage nach der 'verschwundenen BVerfGE', die auf einen eventuellen Bedarf einer angepassten zukünftigen Zusatzregelung hingewiesen hat, auf.