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VG Kassel Beschluss vom 22. Juni 2015 - Az. 1 L 677/15.KS -
samson_braun:
Vermutlich findet sich dieser Passus in allen entsprechenden Verträgen - bloß was juckts das Gericht???
Markus KA:
vieleicht sollte man einfach mal das Gericht in der mündlichen Verhandlung darüber informieren und es nach seiner Rechtsauffassung zu diesem Punkt befragen.
Den entsprechenden Punkt auch in die Klagebegründung einzufügen kann möglicherweise nicht schaden.
Des Weiteren wird auch dieser Punkt von Dr. Hennecke in seiner Verfassungsbeschwerde thematisiert:
--- Zitat ---Der Mangel an Vollzugskompetenz
Die Rundfunkanstalten haben für den Erlass der "Festsetzungsbescheide" keine Vollzugskompetenz. Der jeweilige Landesgesetzgeber hat es versäumt, die hierfür nach Verfassungsrecht erforderlichen Rechtsgrundlagen zu schaffen. Hoheitsakte können nur von öffentlichen Behörden gesetzt werden, deren Hoheitsgewalt durch Gesetz begründet ist und die dem demokratischen Legitimationszusammenhang unterliegt.
Der hoheitliche Zugriff des Südwestrundfunks mag zwar in § 10 Abs. 5 des jeweiligen Landesgesetzes zum RBStV seine Rechtsgrundlage haben. Aber diese Rechtsgrundlage reicht nicht aus. Durch die Landesgesetze zum RBStV vom 2011 ist gegenüber dem früheren Rechtszustand seit 2013 eine neue Rechtslage entstanden. Konnte früher die Rundfunkabgabe als "Gebühr" im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen und freiwillig begründeten Anstaltsnutzungsverhältnisses und aufgrund der Selbstverwaltungskompetenz des Rundfunks erhoben werden, wird jetzt die Rundfunkabgabe ohne jedes Anstaltsnutzungsverhältnis allein aufgrund des Tatbestandes, dass jemand eine Wohnung hat, erhoben. Die Rechtsnatur der Abgabe und der Abgabentatbestand haben sich vollständig verändert. Die Rundfunkabgabe wird jetzt als landesrechtliche Abgabe unabhängig von der Rundfunknutzung erhoben. Die Abgabepflicht trifft auch Personen, die zwar eine Wohnung haben, aber keinen Rundfunk empfangen. Der Vollzug einer derartigen Abgabeverpflichtung aller Wohnungsinhaber ist damit nicht mehr Selbstverwaltung des Rundfunks, sondern Hoheitsverwaltung im Außenverhältnis, da der Verwaltungsvollzug alle Bürger jenseits der Rundfunkselbstverwaltung trifft. Der Vollzug der Rundfunkabgabe ist damit Vollzug von Landesrecht. Für den Vollzug von Landesrecht und damit für eine Hoheitsverwaltung im Außenverhältnis, d. h. im Allgemeinen Gewaltverhältnis zwischen Verwaltung und Bürger, muss die Kompetenz der Verwaltungsbehörde insoweit durch Gesetz begründet sein und muss zugleich die Verwaltungsbehörde der Fachaufsicht der demokratisch legitimierten Landesregierung und damit der parlamentarischen Kontrollen unterliegen. Dieser demokratische Legitimationszusammenhang ist unverzichtbar und Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes. Auch die kommunalen Gebietskörperschaften haben das Recht der Selbstverwaltung; in diesem Bereich unterliegen sie nicht der Fachaufsicht, sondern nur der Rechtsaufsicht durch die Landesregierung. Sind den kommunalen Gebietskörperschaften aber Sachaufgaben übertragen, die sie im Auftrag des Landes ausführen, unterliegen sie insoweit der Fachaufsicht, die dann jeweils auch durch Gesetz begründet wird. Auch die Studentenwerke als Anstalten des Öffentlichen Rechtes haben das Recht zur Selbstverwaltung; insoweit sie aber das Bundesausbildungsförderungsgesetz vollziehen, unterliegen sie der Fachaufsicht der Landesregierung. Die Unterscheidung von Selbstverwaltungsaufgaben und übertragenen Aufgaben muss auch für die Rundfunkanstalten gelten. Die Erhebung der Abgabe gegenüber einem unbeteiligten Bürger ist nicht Selbstverwaltung, sondern als Vollzug von Landesrecht übertragene Angelegenheit.
Die Rundfunkanstalten unterliegen aber im Hinblick auf die Erhebung der Rundfunkabgabe nicht der Fachaufsicht der jeweiligen Landesregierung und bestreiten dies auch in den gerichtlichen Verfahren vehement. Die Rundfunkanstalten stellen sich damit selbst außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung. Der jeweilige Landesgesetzgeber aber hat es versäumt, durch ausdrückliche Übertragung des Vollzugs von Landesrecht und die Sicherung der Fachaufsicht über den Vollzug (wie im Falle der kommunalen Gebietskörperschaften) die Kompetenz des Rundfunks für den Verwaltungsvollzug zu begründen. Mit den "Festsetzungsbescheiden" der Rundfunkanstalten wird der Bürger daher einer öffentlichen Gewalt ausgesetzt, die nicht im demokratischen Legitimationszusammenhang steht (Art. 20 Absatz 2 und 3 GG). Eine solche Hoheitsgewalt ist schlechthin verfassungswidrig.
Selbstverwaltung begründet keine Hoheitsgewalt im Allgemeinen Gewaltverhältnis zwischen Staat und Bürger. Der Bürger ist einer von der Landeshoheit unabhängigen Herrschaftsgewalt des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks nicht unterworfen. Es ist unbestritten, dass die Rundfunkanstalten hinsichtlich ihrer inneren Organisation und ihres Programmangebotes das Recht der Selbstverwaltung haben. An dieser Selbstverwaltung ist der Bürger weder im Allgemeinen noch im Besonderen als Rundfunkempfänger beteiligt. Die Selbstverwaltung des Rundfunks im Binnenbereich begründet daher keine Hoheitsgewalt gegenüber dem Bürger im Außenverhältnis. Es mag zutreffen, dass der Gesetzgeber den Rundfunkanstalten materiell-rechtliche Ansprüche gegenüber dem Bürger begründet hat. Daraus folgt aber nicht, dass die Rundfunkanstalten diese Ansprüche auch durch hoheitliche Verwaltungsakte durchsetzen dürfen.
So hat denn auch das Landgericht Tübingen Vollstreckungsmaßnahmen des Rundfunks für unzulässig erklärt, weil der Rundfunk seiner Organisation und seinen Handlungsformen nach keine Behörde ist und daher keine Hoheitsakte setzen kann.
--- Ende Zitat ---
Markus KA:
Man könnte als Kläger in einer mündlichen Verhandlung auch der Auffassung sein, dass man bereits Entscheidungen der Richterin oder des Richters kennt, die deutlich belegen, dass gegen die Entscheidung des Gesetzgebers verstoßen wurde und somit ein Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt. Dann könnte man als Kläger das Gericht fragen, ob die selben Entscheidungen beim vorliegenden Fall zutreffen. Sollte das Gericht der selben Meinung sein, wie zu bereits entscheidenen Verfahren, dann wäre ein möglicher Grund für einen Befangenheitsantrag durchaus gegeben. Hinzu käme, dass das Gericht, Richterinnen und Richter, zum einen Schuldner des Beklagten sind und gleichzeitig mit ihren Rundfunkbeiträgen den Beklagten finanziell gegen den Kläger unterstützen.
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