Autor Thema: Das Paradigma des Rundfunkbeitrags: Die Kastengesellschaft  (Gelesen 4186 mal)

Offline seppl

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Ich hoffe, ich kann es anschaulich erklären, was ich damit meine.

Laut Rundfunkbeitragsstaatsvertrag werden im privaten Bereich alle Bürger in Gruppen eingeteilt. Ersichtlich aus den Möglichkeiten bzw Unmöglichkeiten zur Befreiung vom Beitrag (In Klammern dahinter die Intention der Macher des RB):

"Kaste" 1 - Hartz4 Empfänger (Arme Wurst > befreit)
"Kaste" 2 - Studenten mit Bafög und eigener Wohnung (Arme schlaue Wurst > befreit)
"Kaste" 2a- Studenten ohne Bafög mit eigener Wohnung (reiche Wurst/ reiche Eltern > nicht befreit)
"Kaste" 3 - Auszubildende mit eigener Wohnung (zuviel Geld, sonst würden sie bei den Eltern wohnen > nicht befreit)
"Kaste" 4 - Selbstständige/ Kleinunternehmer ( muss Geld haben, sonst würde er seinen Kleinbetrieb nicht betreiben > Befreiung nahezu unmöglich, da es keine Regelung für den Einkommensnachweis gibt)
"Kaste" 5 - Taubblinde ( Es gibt zwar keine taubblinden Wohnungen - aber egal, wenn wir taubblinden Bürgern den Beitrag abziehen, gibts zu grosse Proteste, auch wenn es eine verschwindend kleine Minderheit ist > Stichwort Pauschalisierung)
-Hab ich noch welche vergessen?

Dieses "Kastenwesen" als Orientierung in einem freiheitlich demokratischen System zu benutzen, ist ok. Wird es aber ausschließlich zur Einteilung benutzt, entwickelt sich daraus ein totalitäres unentrinnbares Kastensystem, dass jeden hier im Lande betrifft. Es wird Einfluss auf die Gesellschaftsordnung nehmen, da ALLE beteiligt sind. Kleines Beispiel: wenn in einer Bafög Studenten-WG ein Zimmer frei wird werden evtl. Bafög Studenten bevorzugt, da sonst ein Beitrag fällig wird, der im Zweifelsfall auf einen beliebigen Bewohner umgelegt werden kann.

Die meisten Menschen fallen aber leider durch "zu viel Individualität" aus diesem System heraus.
Was ist z.B. mit den Leuten, zu deren Selbstverständnis es gehört, keine Sozialleistungen anzunehmen?
Was ist mit den schwer arbeitenden Kleinunternehmern, die mal arm, mal so lala, aber bestimmt nie reich mit ihrer Arbeit werden?
Was ist mit den Leuten, die aus Gewissensgründen aktiv die Berieselung ablehnen? Aus religiösen Gründen? Aus Gründen, die auch vielleicht schwer verständlich sind?
Und überhaupt macht es einen grossen Unterschied, ob man knapp über dem Existenzminimum steht oder 300000 Euro im Jahr verdient um den Beitrag zu zahlen.
Diese Liste lässt sich ins Unendliche weiterführen. 

Die Handhabung des Rundfunkbeitrags ist ein Relikt aus den Einflüssen dunkler Tage Deutschlands. Und dieser Geist wird fortgeführt/ weiterentwickelt. Dazu gehört auch die vom Betroffenen unabhängige Abwicklung der Vorgänge über Daten. Das Einzelschicksal wird bei den "Sachbearbeitern" unsichtbar. Da war der geräteabhängige Beitrag noch Gold gegen: man hatte eine (Pseudo-)wahlmöglichkeit. Und man konnte dem GEZ Spitzel einen Tritt vors Schienbein geben.

Ach, ich hab noch ne immer grösser werdende, elitäre Kaste vergessen: Die "Ihr-könnt-mich-mal-mit-Eurem-Rundfunkbeitrag-Kaste"
(Nachfolger von "Ich-hab-noch-nie-GEZ-bezahlt-und-werds-auch-in-Zukunft-nicht-tun"




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« Letzte Änderung: 14. Oktober 2013, 11:55 von seppl »
„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

six2seven

  • Gast
Re: Das Paradigma des Rundfunkbeitrags: Die Kastengesellschaft
« Antwort #1 am: 14. Oktober 2013, 12:22 »

Zitat  seppl:

Die Handhabung des Rundfunkbeitrags ist ein Relikt aus den Einflüssen dunkler Tage Deutschlands. Und dieser Geist wird fortgeführt/ weiterentwickelt.


…….sehr guter Beitrag.
Zu allem Elend, hat mich die -Einteilung in Kasten –
so wahr sie ist, zum Lachen gebracht.
Diese Aufteilung zeigt aber punktgenau die
Perversion der Urheber.


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Offline seppl

  • Moderator
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Re: Das Paradigma des Rundfunkbeitrags: Die Kastengesellschaft
« Antwort #2 am: 22. Oktober 2013, 10:34 »
Noch einmal ein kleines Fazit zu meinem Post:

Je allgemeiner eine Abgabenverordnung die Bevölkerung betrifft, desto individueller und flexibler müssen die Berechnungen der Abgabe gestaltet sein.

Bei KFZen wird die Steuer nicht pauschal erhoben, sondern 1) nur für KFZ Besitzer und 2) nach Hubraum und Schadstoffemissionen.

Erschließungsbeiträge gibt es nur für Grundbesitzer. Berechnung nach m² oder Länge des angrenzenden Grundstücks.

Müllgebühren fallen für alle genutzten Gebäude an. Trennung nach privat und gewerblich. Grundgebühr minimal, Abfuhrgebühr nach Menge.

Wenn die Rundfunkgebühr eine Wohnungsabgabe sein soll, wäre z.B. eine Berechnung nach "Berieselungsgrösse" (Quadrat- oder Kubikmeter der Wohneinheit) ein logischer und evtl. auch gerechterer Anhaltspunkt. Grosse Wohnung > höherer Beitrag

Ist sie eine Haushaltsabgabe, ist die Berechnung schwierig, aufgrund der Individualität der Haushaltsgemeinschaften und deren Einkommen/Ausgaben-Berechnung eigentlich unmöglich. Gilt für privat wie für gewerblich gleichermaßen.

Der Versuch, über rudimentäre, staatlich vorgegebene Kriterien (o.g. "Kastenwesen") einen staatsfernen öffentlichen Rundfunk zu finanzieren, schlägt fehl.

Ich habe zum Beispiel, abgesehen von meiner Verweigerung aus Gewissensgründen, noch mindestens eine weitere Möglichkeit, den Beitrag nicht zahlen zu müssen.


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« Letzte Änderung: 22. Oktober 2013, 10:43 von seppl »
„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

Offline caro274

  • Beiträge: 3
Re: Das Paradigma des Rundfunkbeitrags: Die Kastengesellschaft
« Antwort #3 am: 22. Oktober 2013, 18:53 »
Wirklich sehr guter Beitrag.
Der Beitrag spiegelt genau das wieder, was ich in den letzten 4 Wochen am eigenen Leib erfahren durfte.
Die regelungen decken genauso wenig alle möglichen Situationen ab wie die Formulare zum anmelden selbst.
Und dann ließt man so Dinge wie z.B., dass man Geduld haben soll, wenn man ihnen eine Mail / einen Brief schreibt bzw. die übrigens gebührenpflichtige Hotline anruft, weil es täglich so viele Anfragen gibt.
Wundern die sich da ernsthaft drüber? Eieiei.

Gruß


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