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11:00 Verhandlung 3
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Radio Bremen wird vertreten durch Herrn Siekmann, einen Justitiar des NDR.
Der Kläger erscheint mit Herrn Bölck als anwaltliche Vertretung.
Richterin: "Wünschen Sie eine Wiederholung des Sachverhalts? Der Kläger ist ja anwaltlich vertreten."
Kläger: nicht nötig
Richterin:
- Sie sagen: NDR ist nicht passiv legitimiert
- legt Vollmacht für Herrn Siekmann vor, unterschrieben vom Intendanten Radio Bremens
Bölck: "Dieses Schreiben lag mir so nicht vor."
Richterin:
- kommen wir zur Form des Widerpspruchsbescheids
- der Kläger sagt, dass die Beklagte den Bescheid nicht selbst erstellt hätte, sondern der NDR
- Das Gericht sieht das nicht so, weil im Bescheid Radio Bremen zweimal und der NDR zweimal benannt wird
- in der Rechtsbehelfsbelehrung ist Radio Bremen benannt
- Ihnen ist bekannt, dass der Beitragsservice stellvertretend im Namen von Radio Bremen tätig ist.
- 2003 Entscheidung dieser Kammer, BVerfG 2016, September 2016 OVG Bremen
- Wir haben die Diskussion verfolgt. Es gab Diskussionen der Kläger ohne anwaltlicher Vertretung.
- Wir halten es für unter Juristen entbehrlich, eine vollständige Ausführung anzuhören
Bölck:
- Beauftragung: gibt es im öffentlichen Recht nicht
- eine Anstalt wird durch ihren Intendanten vertreten
- eine Vertretung ist nicht gesetzlich gegeben, keine gesetzliche Grundlage
- die Grundlage ist, dass die Öffentlich Rechtliche Anstalt in Person des Intendanten handelt
- eine gesetzliche Beauftragung "im Auftrag" gibt es nicht
- Radio Bremen entkleidet sich dieser verwaltungsrechtlichen Verantwortung, die gesetzlich gegeben ist §20 (3) GG
- Sind Kläger mit diesen Punkten schon vor Gericht aufgetreten?
Das Gericht weicht aus.
Bölck:
- nennt Beispiele für mögliche Abgaben, die es so nicht oder nicht mehr gibt:
- Badische Weinabgabe
- der Beitrag ist breiter als die Gebühren
- man könnte alles bebeitragen
- es gibt zum Beispiel Bibliotheken, man kann reingehen und lesen und es kostet nichts, es gibt keinen Bibliotheksbeitrag
- das Straßen- und Wegenetz: öffentliche Straßen - jeder kann sie benutzen, aber es kostet nichts
- man könnte ebenso begründen, man erhebt eine Straßenausbausteuer
- Warum gibt es keinen Bibliotheksbeitrag und keinen Straßenbeitrag?
Es ist politisch nicht durchsetzbar.
- Was ist Rundfunk?
- Legaldefinition: Erzeugung von elektromagnetischen Schwingungen
- Wann gab es diese spezifische Beziehung? Sie gab es, als es nur reine Rundfunkgeräte gab.
- rein physikalische Erscheinung, die man durch Geräte umwandeln kann
- spezifische Beziehung zum Rundfunkempfang
- Kein Gericht konnte bisher erklären, worin die spezifische Beziehung besteht! Selbst das BVerwG hat dazu nichts erklärt, was ich aber erwartet hätte. Es schweigt sich förmlich dazu aus.
- Wenn man das nicht erklären kann, besteht keine Grundlage für einen Beitrag.
- Art. 104 a Bindung an die Rechtsprechung der Verfassungsgerichte
- Worin besteht die spezifische Beziehung? Es reicht nicht eine allgemeine Begründung aus. 25.06.2014 BVerfG
- es muss ein verknüpfendes Element geben.
- Feuerwehr: es kostet nichts, aber es gibt keinen Feuerwehrbeitrag. Warum gibt es keinen? Es fehlt an der spezifischen Beziehung.
- Vielleicht können wir jetzt in dieser Verhandlung dazu kommen? Der Kläger möchte wissen, worin sie besteht!
Richterin:
- Sie verknüpfen Gedankengänge, die so nicht verknüpft werden können.
- Jegliches rechtliches Argument wäre jetzt eine Privatmeinung. Wir müssen uns besprechen und uns dann erst äußern.
- Es kommt in dieser Kammer vor, dass gegensätzliche Meinungen vertreten werden.
- Wir sammeln Argumente und werden sie in der Beratung besprechen.
- Wir wünschen die Wahrung des Beratungsgeheimnisses.
Bölck: Also wäre es bei einer Einzelrichterverhandlung ja möglich.
Richterin: ja
Bölck:
- Typisierung (siehe §3 GG)
- kommt bei BVerwG nicht zu tragen
- Der Gesetzgeber nimmt das Vorliegen von Tatsachen an. ... das es das Vorliegen von Rundfunkgeräten gäbe.
- Er braucht hinreichende Erkenntnissgewinnung, keine Vermutung.
- Qualitative Anforderungen.
- Das BVerwG bezieht sich auf die Statistik von "Media Perspektiven" - der Beklagte selbst steckt dahinter. Da werden vom BVerwG Zahlenwerte zitiert, die der Beklagte zusammengestellt hat.
- Es gibt die Länderbehörden/anstalten, die Statistiken erheben.
- Das BVerwG zitiert das statistische Bundesamt.
- Das Gericht muss sich anschauen, welche Statistiken es in dem entsprechenden Bundesland gibt. §70 (1) GG
- Kein Gesetzgeber hat das gemacht.
- In Berlin z.B. gibt es ca. 10% Haushalte ohne Rundfunkgeräte
- Der Bremische Gesetzgeber hat diese Erkenntnisse nicht gewonnen! Es gibt keine Statistiken darüber in Bremen.
- Es sind Erkenntnisse notwendig, die der Gesetzgeber beachten muss.
- Bei einem Bundesgesetz wäre es in Ordnung, aber bei einem Landesgesetz sind die länderspezifischen Gegebenheiten zu beachten.
- Verletzung von §3 GG, weil nicht recherchiert wurde. Das GG verlangt vom Gesetzgeber, dass er sich diese Mühe macht.
- Wir sitzen ja hier wegen Versäumnissen des Gesetzgebers. Die gesamte Argumentation ist grundgesetzbezogen.
- Ich stelle die Tatsachenfrage: Hat der Gesetzgeber in Bremen statistisch geprüft?
Gericht: Soweit wir wissen, nicht.
Bölck:
- Verfassungsgebot der Normenklarheit:
- Möglichkeit für den Abgabepflichtigen Abgabenlast vorauszuberechnen
- Bei einem Abgabengesetz muss drinstehen: Warum? Wo? Wann? Wieviel? muss gezahlt werden.
- Die Gesetze richten sich nicht an die Gerichte, sondern an den Bürger.
- Es gibt keinen Verweis auf die Höhe des Beitrags.
- Dieses Gericht und die Mandanten wissen es, aber es gibt Menschen aus dem Ausland, die nach Deutschland kommen. Diese gucken in den RBStV und finden dort keinen Hinweis auf die Höhe.
- Mir ist kein Abgabengesetz bekannt, in dem diese Rahmenbedingungen nicht aufgeführt sind.
Richterin:
- hinreichende Bestimmtheit der Höhe des Beitrags
Bölck:
- Zweckbestimmung der Abgaben:
- diese hat für den Gesetzgeber eine Kontrollfunktion, damit der Bürger und die Gerichte ihn kontrollieren können.
Richterin:
- Also eine Rechtfertigung für den Beitrag?
Bölck:
- Ja. Die Zweckbestimmung hat eine Kontrollfunktion und eine Warnung.
- man findet in verschiedenen Gerichtsentscheidungen, dass es eine Finanzierungsverantwortung jeder Person für den Rundfunk gibt.
- Die Nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit. Wer ist jede Person? Das ist identisch mit der Allgemeinheit.
- Es heißt in einer Verfassungsgerichtsentscheidung wortwörtlich "die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit"
- Man sieht hier schon eine Erosion des Rechts, durch fehlende Gehörfindung: fehlende spezifische Beziehung
- ich zitiere direkt die Rechsprechung des BVerfG. Es sind keine Aufsätze. Es wird nicht beschieden, findet keine Beachtung. Ich finde es dramatisch.
- Ausgangslage der Subsumtion sind diese Verfassungsgerichtsentcheidungen.
- Wenn das BVerwG meint, dass eine Verfassungsmäßigkeit gegeben sei.
Richterin protokolliert:
- der Kläger plädiert, den Bescheid vom 2.10.2015 in Form des Widerpspruchsbescheids vom 30.11.2015 aufzuheben.
- die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen
- in zwei Wochen muss entschieden oder niedergelegt werden
Die Sitzung wird geschlossen.
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