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Autor Thema: Material für Klagen aus Gewissensgründen  (Gelesen 2057 mal)

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Material für Klagen aus Gewissensgründen
Autor: 18. Februar 2015, 23:40
Person A ist bei ihrer Recherche auf 2 Urteile gestoßen, die den Vorrang des Grundrechtes auf Gewissensfreiheit hervorkehren:

1.)  Bundesverfassungsgericht
Beschluß v. 11.4.1972
Az: 2 BvR 75/71

Das Gericht spricht in dieser Entscheidung häufig von Glaubensfreiheit, gelegentlich auch von Glaubens- und Gewissensfreiheit. Im folgenden wird nur der Begriff Gewissensfreiheit verwendet.

Die Gewissensfreiheit gewährleistet dem Einzelnen einen Rechtsraum, in dem er sich die Lebensform zu geben vermag, die seiner Überzeugung entspricht. Hierzu gehört nicht nur die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an seinen gewissensmäßigen Überzeugungen auszurichten und nach diesen Überzeugungen zu handeln. Auf die zahlenmäßige Stärke oder soziale Relevanz einer bestimmten Glaubensüberzeugung kommt es dabei nicht an. Als spezifischer Ausdruck der in Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Menschenwürde schützt Art. 4 Abs. 1 GG gerade auch die vereinzelt auftretende Glaubensüberzeugung. (S. 28)

Die enge Beziehung der Gewissensfreiheit zur Menschenwürde als dem obersten Wert im System der Grundrechte schließt es aus, Betätigungen und Verhaltensweisen, die aus einer bestimmten Gewissensüberzeugung oder Glaubenshaltung fließen, ohne weiteres den Sanktionen zu unterwerfen, die der Staat für solches Verhalten regelmäßig vorsieht. Kennzeichnend für einen Staat, der die Menschenwürde zum obersten Verfassungswert erklärt und der die Glaubens- und Gewissensfreiheit ohne Gesetzesvorbehalt und unverwirkbar garantiert, ist vielmehr, daß er auch Außenseitern und Sektierern die ungestörte Entfaltung der Persönlichkeit gemäß ihren subjektiven Gewissensüberzeugungen gestattet, solange sie nicht in Widerspruch zu anderen Wertentscheidungen der Verfassung geraten und aus ihrem Verhalten deshalb fühlbare Beeinträchtigungen für das Gemeinwesen oder die Grundrechte erwachsen. (S. 29)

Sofern ein solcher Konflikt nicht ersichtlich ist, hat jeder, der durch eine ihm auferlegte staatliche Pflicht in einen Gewissenskonflikt gerät, das Recht, von dieser Pflicht befreit zu werden. Die Freistellung von der gesetzlichen Pflicht hebt die generelle Gültigkeit der pflichtbegründenden Norm nicht auf. Der Staat läßt in Vollziehung der Garantie des Grundrechts lediglich eine Ausnahme zu, um einen unausweichlichen, den Betroffenen in seiner geistig-sittlichen Existenz als autonome Persönlichkeit berührenden Konflikt zwischen staatlichem Gebot und Glaubensgebot zu lösen.

Zum konkreten Fall:
Die Strafprozeßordnung sieht vor, daß der Zeugeneid auch ohne Anrufung Gottes möglich ist. Damit hat der Gesetzgeber bereits zu erkennen gegeben, daß der Zeugeneid keinen religiösen Bezug mehr hat. Wer es unter Berufung auf die Bergpredigt gleichwohl mit seinem Gewissen für unvereinbar hält einen Zeugeneid zu leisten, weil auch dabei "geschworen" wird, hat einen Anspruch darauf, von dieser Pflicht freigestellt zu werden. Er darf wegen der Verweigerung des Eides auch nicht bestraft werden. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, eine Bekräftigungsformel bereitzustellen, die auch solche Menschen abgeben können, damit sie hinsichtlich der Strafandrohung im Falle der Falschaussage nicht besser gestellt werden wie solche, die einen Eid leisten.


2.)Urteil des 2. Wehrdienstsenats vom 21. Juni 2005 BVerwG 2 WD 12.04;  http://lexetius.com/2005,1829
Im Falle eines deutschen Soldaten, der aus Gewissensgründen den Befehl verweigert hatte, entschied das Bundesverwaltungsgericht: „8. Hat ein Soldat eine von dem Grundrecht der Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) geschützte Gewissensentscheidung getroffen, hat er Anspruch darauf, von der öffentlichen Gewalt nicht daran gehindert zu werden, sich gemäß den ihn bindenden und unbedingt verpflichtenden Geboten seines Gewissens zu verhalten.
a) Diesem Anspruch ist dadurch Rechnung zu tragen, dass ihm eine gewissen-schonende diskriminierungsfreie Handlungsalternative bereitgestellt wird, um einen ihn in seiner geistigsittlichen Existenz als autonome Persönlichkeit treffenden Konflikt zwischen hoheitlichem Gebot und Gewissensgebot zu lösen.“ 

Lässt sich doch auch auf unsere Fälle übertragen. Keiner muss sich zwingen lassen gegen sein Gewissen ein Programm zu finanzieren, dass er für schädlich hält.

Anm. Mod. seppl: Danke für das erneute Aufgreifen des Themas "Gewissensgründe". Es wurde aber unter anderem bereits der Thread
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,4968.0.html
dafür angelegt. Bitte die Diskussion dort weiterführen. Der Thread wird geschlossen und demnächst gelöscht. 


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 19. Februar 2015, 09:14 von seppl«

 
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